Sonntag, 28. März 2010

Recoil, Köln, 27.03.10


Konzert: Recoil (& Client B)
Ort: Alter Wartesaal, Köln
Datum: 27.03.2010
Dauer: Recoil 65 min, Client B 75 min (denke ich)
Zuschauer: vielleicht 600 (nicht ausverkauft)


Alan Wilder und ich haben einiges gemeinsam. Wir mögen zum Beispiel Tasteninstrumente viel lieber als Gitarren, Depeche Mode spielte früher in unserem Leben eine große Rolle, bis wir ausstiegen, um die Band vor ein paar Wochen zum ersten mal nach vielen Jahren wieder live zu sehen. Und früher hatten wir wohl auch den gleichen Musikgeschmack.

Als Alan Wilder nämlich noch als Depeche Mode Mitglied seine ersten Platten unter dem Projektnamen Recoil veröffentlicht hatte, begeisterten die mich sehr. Irgendwann habe ich das nicht weiter verfolgt, und dann vor ein paar Tagen gemerkt, daß ich die drei ersten Alben sogar noch nicht einmal digitalisiert hatte. Das Konzert sollte also eine Katze im Sack werden.

Als ich in den Alten Wartesaal kam, fühlte ich mich wie jemand, der in einem Steakhaus in Houston ein veganisches Gericht verlangt - mit einem hellen Hemd war ich vollkommen falsch gekleidet.

Um halb neun ging die laute Musik vom Band in laute Musik vom Band mit Liveunterstützung über. Sarah Blackwood, die als Client B mit der Band Client
elektronische Musik macht, stand im Rücken des Publikums an einem Mischpult, legte Musik auf und sang live zu manchen Stücken. Manchmal klang das nach schönem Retro-Elektropop im Stile von Saint Etienne mit härteren Beats. Manchmal waren es auch nur die schnellen, elektronischen Rhythmen, und Sarah tanzte nur dazu. Egal wie, der Auftritt, dieses Konzertkaraoke - oder Karaokekonzert - war reichlich skurril! Ich weiß nicht, ob mir Client (die einige Indie-Anknüpfungspunkte haben: live tritt Charlotte Hatherley, das Girl from Ash, mit Client auf; in deren Videos haben schon Carl Barât, Peter Doherty und Tim Burgess mitgespielt) noch einmal auf einer Bühne begegnen werden, einen Platz in meinem Kuriositätenkabinett hat Sarah Blackwood sicher!

Sarahs besungenes DJ-Set ging nahtlos in den Hauptact über; die "Strange hour with
Alan Wilder & Paul Kendall" begann gegen 22.45 Uhr. Auf der Bühne des Wartesaals war rechts ein Tisch aufgebaut, auf dem zwei Notebooks, eine Menge Kabel und jede Menge Knöpfe standen. Erst erschien Paul Kendall, ein Musiker aus dem Umfeld des Depeche Mode Labels Mute, den ich bisher nicht kannte, zumindest nicht bewußt. Kurz danach kam dann auch Alan Wilder ans Notebook. Die Musik lief da schon und ließ sich nicht vom Erscheinen ihres Komponisten verunsichern.

Obwohl ich früher viel Recoil gehört habe, erkannte ich keinen der Titel. Entweder war ein Großteil des Sets neu oder mein Gedächtnis schlecht. Vermutlich gehört Faith healer zum Programm, in Berlin hatten Recoil das gespielt, bewußt wahrgenommen habe ich das Stück allerdings nicht. Nur Alan Wilders Never let me down again Mix erkannte ich dann gegen Ende des Auftritts. Soviel zum Set...

Wenn ich versuche, mich in einem Hardcore-Fan elektronischer Musik zu versetzen, war das Programm vielleicht faszinierend. Aber auch nur vielleicht... Die ineinander
übergehenden Stücke fingen schnell an, mich zu langweilen, weil ich, während ich die beiden Musiker beobachtete, keinerlei Abwechslung erlebte. Es gab eine Leinwand mit Videos, die ich aber nicht sehen konnte. Aber auch das hätte nichts daran geändert, daß zwei ältere Männer, die ein paar Knöpfe drücken, für mich nichts spannender sind als eine Platte, die ich höre. Natürlich bin ich heilfroh, die Legende Alan Wilder einmal gesehen zu haben, alleine dafür hat sich der Abend vollkommen gelohnt. Ich muß der Fairness halber auch klarstellen, daß Recoils Musik heute absolut nicht mehr meinem Geschmack entspricht, so elektronisch-experimentell ist der nicht. Aber Geschmack hin oder her: konzerttauglich ist Musik wie die von Recoil nicht. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, daß Alan Wilder mit Recoil vor 2010 niemals auf Tour war.

Ob meine Einschätzungen, bloß ein DJ Set zu sehen, vielleicht aber doch nur ausgemachter Blödsinn sind, fragte ich mich gegen Ende des Konzerts. Denn da griff Alan Wilder nach einem Handtuch und wischte sich den Schweiß ab. Das war dann wieder Konzert, wie ich es kenne!



19 Kommentare :

Oliver S. hat gesagt…

hi christoph, ich habbe schon diverse andere sehr aehnliche berichte der vorangegangen konzerte gelsen. also scheinst du nicht alleine zu sein ;o)

im übrigen müsst ihr doch wohl beide nochmal zu U2. Support Interpol und Kasabian ...

Oliver Peel hat gesagt…

Kasabian mag ich nicht.

Christoph hat gesagt…

Dann komm halt erst zur Hauptgruppe, Oliver!

Christoph hat gesagt…

Ich war mir nicht ganz sicher, wie so die Allgemeinheit die Konzerte sieht. Wenn man so richtig Fan ist, redet man sich langweilige Sachen ja auch gerne mal schön.

oliver s. hat gesagt…

@oliver: paris bekommt interpol ;op FFM Kasabian

18 September, 2010 Paris FR Stade De France Interpol SOLD OUT
22 September, 2010 Brussels BE Stade Roi Boudoin Interpol SOLD OUT
23 September, 2010 Brussels BE Stade Roi Boudoin Interpol SOLD OUT
26 September, 2010 San Sebastian ES Anoeta Stadium Interpol
29 September, 2010 Seville ES Olympic Stadium Interpol
2 October, 2010 Coimbra PT Estadio Cidade Coimbra Interpol SOLD OUT
3 October, 2010 Coimbra PT Estadio Cidade Coimbra Interpol SOLD OUT
8 October, 2010 Rome IT Olympic Stadium Interpol

Anonym hat gesagt…

Nein! Oliver Peel bei einem U2 Konzert brauche ich nun wirklich nicht, bleibt mal schön zu Hause.

Oliver Peel hat gesagt…

Die Gefahr, daß ich zu U2 gehe, besteht auch nicht, keine Sorge. Sollen doch andere Bonos häßliche Sonnenbrillen finanzieren. Und Interpol als Vorgruppe? Perlen vor die Säue geworfen!

Oliver S. hat gesagt…

wieso wusste ich, dass so eine antwort kommt. obwol mich zuletzt die auftitte von interpol zutiefst enttaeuscht haaben und auch die alben ... alles geschnakcsache (p.s. u2 auch)eniasm

Oliver Peel hat gesagt…

Du kennst mich halt eben schon, Oliver :)

Daß Interpol als Vorgruppe von U2 auftreten, bereitet mir Sorgen. Ich war schon verdattert, als ich im Booklet der CD von Julian Plenti eine Danksagung an Bono gefunden habe.

Hoffentlich gibt es keine Parallelen zu den Kings Of Leon. Die mochte ich am Anfang auch sehr, da waren sie roh, wild und schrammelig. Dann sind sie irgendwann mit U2 auf Tour gegangen und inzwischen klingen sie auch so. Fetter Breitwandsound, um Stadien zu beschallen. Nix für mich.

Oliver S. hat gesagt…

ich habe den kings of was auchimmer nie was abgewinnen koennen ... langweilig ... und dann auf einmal soooo schoen, die ienzige scheibe, die ich von denen habe ... interesting, was?

aber das ist das u2 niveau von vor 15-20 jahren ganz ehrlich gesagt.

und bono is halt gott (fuer viele) ganz ehrlich ist es da recht erfrischend, dass der typ hier in dublin so gehasst wird

Oliver Peel hat gesagt…

Welche sooo schöne Scheibe von den Kings Of Leon meinst Du, Oliver? Only By The Night etwa? Ich halte die für eine glattpolierte Scheußlichkeit. Aber ich will jetzt nicht ständig über diese Stadionbands sprechen, da liegt überhaupt nicht mein Fokus drauf. Eher auf Künstlern, die im Wohnzimmer auftreten, you know?

Anonym hat gesagt…

Immerhin schaffen es U2, auch in einem Stadion "Wohnzimmeratmosphäre" zu schaffen. Oliver Peel sollte sich mal einige U2-Alben anhören, Achtung Baby, Zooropa, Rattle & Hum, No Line on the Horizon sind sicher alles andere als stadiontaugliche Alben.
Übrigens ist Metallica dann wohl auch ne Stadionband...

Oliver S. hat gesagt…

also ich finde 'fuer mien musikalisches' musikverstaendnis. ist only by the night eine wundervolle platte (ich empfehle ja mal platten der in europa recht unbekannten Tea Party zu hoeren). aber das ist halt geschmacksache, ich finde harmonien schoen, eine gitarre die sing. den ersten kings alben habe ich nie was abgewinnen koennen ausser ohrenweh. so sind wir halt alle verschieden.

zu U2 ich pers. liebe POP, zooropa und R&H und gerade pop & zooropa waren so unerfolgreich fuer diese Band. Ich muss im uebrigen dem anonymen zustimmen, ich hatte nicht gedacht, dass es moeglich ist eine solche athmo in einem stadion zu kreieren wie es u2 nun mit diesem 'Ding' geschafft haben ... trotzdem laesst das, was unter dem 'Ding' abgeht leider absolut zu wuenschen uber ...

Oliver Peel hat gesagt…

Achtung Baby, Zooropa, The Unforgettable Fire, sogar All That You Can Leave Behind und die beiden Best Of CDs (1980-1990 und 1990-2000) stehen doch in meinem CD Regal, also soviel massentaugliche Musikkultur sollte man mir schon zutrauen :)

Und selbstverständlich ist Metallica eine Stadionband, was denn sonst? Die Jungs waren in Bercy toll, keine Frage! Und The Cure auch. Außerdem spielen starke Bands wie Portishead, Radiohead, My Bloody Valentine, Sonic Youth, The Pixies auch in Stadien. Mein nächstes größeres Konzert in einer Halle wird das von Pavement sein.

Aber mein Fokus liegt auf kleineren Acts, auch wenn ich größere Locations nicht per se verteufele.

Bono wird damit leben können, wenn ich nicht zu seinem Konzert komme, er hat ja genug Fans...

Oliver S. hat gesagt…

na, ich weiß ja nicht, ob das nicht an bonos auch so grossem ego kratzen wird ...

sagen wir doch mal so, es ist nicht schlimm eine band zu sein, die in stadien spielt, weil das ja ergo nur auf die nachfragfe bezogene situation ist. U2 wuerden auch in Hallen spielen, wenn die Stadien wie 1997 halb leer bliebe. und wenn sie so weitermachen, werden sie es auch wieder (hoho)

Anonym hat gesagt…

Wieso lässt das was unter dem "Ding" stattfindet zu Wünschen übrig? Würde mich wirklich mal interessieren...
Ich finde die 360 Tour viel besser als die Vertigo Tour. Die Songauswahl war bei den meisten Konzerten großartig, wesentlich abwechslungsreicher als bei dem Europa-leg der Vertigo Tour.
Und No Line on the Horizon ist auch ein besseres Album als Atomic Bomb.
Und im Sommer gibt es bestimmt wieder ne Menge Änderungen, da bin ich ziemlich sicher...

Oliver S. hat gesagt…

also ich habe u2 3x mal gesehen
paris 1 (was nur durch die kaiser chiefs gerettet wurde), amsterdam2, was richtig gut war und eine wirklich gute setliste hatte und gelsenkirchen (was einfach nur schlecht war). ueber vertigo brauchen wir hier garnicht reden. letztes wirklich gute konzert, was ich gesehen have war 2001 in arnheim nr.3

pers. finde ich die setliste des letzten jahres durchweg langweilig, ich hoffe, dass aendert sich diesen sommer noch etwas - aber das ist geschmacksache (und ja ich brauche the unforgettable fire nicht und haette lieber last night on earth, gone oder numb)

Anonym hat gesagt…

Also Paris 1 fand ich abgesehen von der Schaltung ins All sehr gut. Amsterdam 2 fand ich ebenfalls sehr gut und Schalke war halt solide, ohne Überraschung und etwas kürzer als sonst. Am besten fand ich London 1 (gleiche Setlist wie Schalke + Mysterious ways) da ich es dort ganz nach vorne geschafft habe und London 2 weil dort die beste Setlist gespielt wurde.
Ja, ich würde auch gerne mal wieder einige Songs von Pop hören, denke aber, da hat jeder so seine eigenen Vorlieben und TUF mal wieder zu hören fand ich auch nicht schlecht. Ultraviolet ist auch sehr schön. Liegt aber auch an den Stadien, die große Masse möchte natürlich die übichen "Klassiker" hören aber immerhin ändern U2 die Setlist, viele Bands spielen doch immer die gleiche auf einer Tour. Im Sommer gibt es sicher einige Änderungen...

Oliver S. hat gesagt…

immer eine frage des geschmacks, ich bin auch nicht bereit mehr als diese 30€ tickets fuer die band zu zahlen, alles aender waer mir zuviel

 

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