Konzert: The Subways (& Blackmarket, Twin Atlantic)
Ort: Batschkapp, Frankfurt
Datum: 05.11.2008
Zuschauer: ausverkauft
Dauer: The Subways ca. 60 min, Twin Atlantic 35 min, Blackmarket 40 min
Nachdem ich gestern in Köln mit den Blood Red Shoes quasi ihre Geschwister im Geiste gesehen hatte, standen heute die Subways auf dem Programm. Die dreiköpfige Band aus Hertfordshire hatte nach längerer Zwangspause im Frühling eine Art Comeback gefeiert, ihre zweite Platte (All or nothing) veröffentlicht und wieder Konzerte gespielt. Nach zweijähriger Pause zwischen Alben ist es normalerweise albern, von einem Comeback zu sprechen, hier lag der Fall jedoch anders. Eine Operation, die das Risiko barg, daß er nie wieder hätte singen können, stoppte Sänger Billy Lunn, nachdem die Band gerade ihre lange Tour zum erfolgreichen Debüt beendet hatte: Ich hatte eine Halsoperation und konnte monatelang weder singen noch sprechen. Daher liebe ich es jetzt so sehr, auf Tour zu sein und zu reden, zu singen und Gitarre zu spielen. Gesagt zu bekommen, daß ich das nicht darf, war die schlimmste Sache der Welt!
Der Eingriff verlief ohne die befürchteten Folgen, sodaß die Subways mit ordentlicher Verspätung ihr zweites Album aufnehmen konnten. Gut drei Monate vor dessen Veröffentlichung hatte ich die Gelegenheit, viele der neuen Lieder bei einem Konzert im Kölner Luxor zu hören. Seit Juni gibt es All or nothing und jetzt betouren die Subways Deutschland mit den neuen Stücken.
In der Batschkapp in Frankfurt war ich erst einmal. Die recht große und sehr sachlich geschnittene Halle gefällt mir gut, weil sie den richtigen Konzertcharme versprüht. Als erstes fiel mir auf, daß die Bühne nicht mit Gittern abgesperrt war. Eine schöne Idee, aber auch eine mutige, wenn man schon einmal ein Konzert der Engländer gesehen hat. Auch als mutig empfand ich die Ansetzung von zwei Vorgruppen an einem Mittwoch. Da wird morgen manche in der Schule fehlen...
Die erste der Supportbands erschien um 20:40 Uhr und bestand aus einem singenden Gitarristen, einem langhaarigen Schlagzeuger im selbstgebatikten T-Shirt und einem Bassisten, der vor allem dadurch auffiel, daß er eine Lieblingspose hatte, die er bis zum Erbrechen (metaphorisch) zeigte. Er kippte beim Bassspiel in den Knien ein und streckte den Oberkörper zurück. Blackmarket stammen aus New York City. Die Band scheint recht frisch im Geschäft zu sein, denn viele Informationen über sie finden sich nicht im Netz (und bei lastfm haben sie 416 Hörer...). Das für eine amerikanische Band obligatorische Obama-Lobpreisen kam direkt am Anfang, Blackmarket konnte sich dann also auf ihre Musik konzentrieren - und die gefiel mir nicht. Staubtrockener, weitestegehend melodieloser, sehr harter Rock war noch nie meine Vorliebe. Das Angebot, eine CD der Gruppe zu bekommen, wenn man sich in ihren email-Verteiler aufnehmen ließ, fand ich sehr nett... für andere.
Der Bühnenaufbau für die nächste Band sah vielversprechender aus. Zunächst schleppte ein Roadie mit Kaputzenjacke und Wollzipfelmütze ein Keyboard herbei. Dann stimmte ein Kollege ein futuristisch aussehendes E-Cello (ich denke, es war eines). Ich finde diese an Luigi Colani erinnernden Design-Streichinstrumente zwar ziemlich albern (bin aber auch kein Musiker). Die Vorstellung, daß Twin Atlantic ein Cello einsetzten, gefiel mir allerdings sehr. "We are Twin Atlantic from Scotland," machte mich noch neugieriger, bis dann ein wildes Heavy-Headbang-Gewitter losging. Mich erinnerte das an Biffy Clyro, die auch schon nicht meine musikalische Kragenweite sind. Auch wenn es nicht meine Musik ist, erschienen mir die Schotten im Vergleich der Krachbands mit Blackmarket aber deutlich talentierter und abwechslungsreicher. Was nichts daran änderte, daß ich mich schrecklich gelangweilt habe. Naja, zumindest die Musik erzeugte das bei mir.
Ganz lustig, aus verschiedenen Gründen, war, das Treiben auf der Bühne zu beobachten. Zum einen Headbangten die rechts vom Schlagzeug stehenden Bandmitglieder (Bassist Ross McNae und Gitarrist Barry McKenna) wie Furien über ihre Bühneecke, während Sänger Sam McTrusty (klingt nach einer Billigfondsgesellschaft) eher ruhig (und kurzhaarig) aussah. Schlagzeuger Craig Kneale prügelte währenddessen so wild auf seinem Schlagzeug rum, daß die Bassdrum Richtung Bar im hinteren Teil der Batschkapp wanderte. Der arme Roadie, der versuchen wollte, das zu verhindern, mußte erst durch die beiden rechts stehenden Kumpels durchlaufen, um an die Trommel zu kommen. Das hatte sehr viel von Frogger und der Autobahn.
Ruhigere Teile der Lieder gefielen mir immer mal wieder, dann setzte aber immer, wenn ich mir etwas schöngehört hatte, ein infernalischer Lärm ein, der meinen zarten Wohlwollen wieder wegblasterte. Auch das Keyboard stellte sich nach und nach als Fake heraus. Es kam bei einem Lied kurz zum Einsatz. Das futuristische Cello spielte zwar in zwei Stücken eine etwas größere Rolle, diese ruhigeren Liedstellen wurden dann aber auch wieder durch höllischen Lärm beendet. Die Schotten, die wie Blackmarket zum ersten Mal in Deutschland spielten, werden sicher vielen gefallen haben, ich war erleichtert, als es vorbei war.
Um 22.35 Uhr wurde es dann wieder dunkel für die Hauptgruppe. Zu einer Intromusik, ich glaube es war eine der zahlreichen Oxygène Versionen von Jean-Michel Jarre, tauchten dann Charlotte, Billy und Josh auf. Charlotte hat mittlerweile eine sehr strubbelige Frisur, zweckmäßig, wie sich nach dem ersten Lied zeigte, denn schon da waren ihre Haare vollkommen verschwitzt. Billy, Gitarrist und Sänger - und Ex-Freund der Bassistin - erschien gleich ohne Hemd. Ich wußte nach zwei Konzerten ja schon, was mich erwartete. Billy und Charlotte stehen am Mikro, wenn sie etwas singen. Sobald das vorbei ist, sie das betreffende Pedal getreten haben, hüpfen die beiden wie von der Tarantel gestochen über die Bühne. Seit meinem ersten Konzert 2006 frage ich mich, woran mich dabei Charlottes Lauf- und Hüpfstil erinnert. In der Batschkapp fiel es mir ein. Sie hüpft wie ein Springbok. Kopf runter und los. Pünktlich zum nächsten Singen stehen beide wieder an ihren Mikros, um dann wieder zu hüpfen. Es ist so herrlich!
Billy fände ich in jeder anderen Band vermutlich peinlich. Die wiederholten "Frankfurt, let's get crazy!" Ansagen würden mich normalerweise sehr nerven. Aber der Kerl ist so furchtbar sympathisch, einer der nettesten Musiker, die ich bisher erlebt habe - und mit solch großer Begeisterung bei seiner Sache.
Die gute Stunde Programm ist eigentlich genauso schnell erzählt, wie sie mir während des Konzerts vorkam. Das Set war ausgewogen zwischen Liedern von beiden Platten. Die Titel vom Debüt sind mir viel vertrauter als die neuen Stücke, erscheinen mir insgesamt aber auch weiterhin stärker zu sein, obwohl zum Beispiel Alright, Girls and boys oder Kalifornia echte Ohrwürmer sind. Young for eternity hatte aber bis auf wenige Ausnahmen nur solche Knüller, die auch live unverändert ziehen. So jung und schon so viele Evergreens, das ist beeindruckend.
Konzerte der Subways zählen (abgesehen von Gogol Bordello) zum denen mit der besten Stimmung. Da machte das in Frankfurt keine Ausnahme. Es wurde getanzt, geschoben, gebrüllt, (aber nur vereinzelt gecrowdsurft). Man kann aber auch schwerlich still stehen, während Charlotte und Billy über die Bühne fegen.
Eine lustige Szene gab es bei Mary. Billy (beim Soundcheck hatte der Roadie sein Mikro mit "This is William's vocal" abgestimmt) hielt bei der Textzeile "just a bed and a TV" den letzten Ton sehr lange. Danach verschluckte oder räusperte er sich, was durch das Mikro per Echo verlängert wurde, wie sein TV-Ton vorher offenbar auch. So ertappt mußte er erst einmal breit grinsen.
Mit dem Bonus-Lied This is the club for people who hate people endete der Hauptteil nach 50 Minuten. Natürlich war es das aber noch nicht. Zunächst erschien William wieder alleine und begann Strawberry blonde sehr ruhig mit der Gitarre. Erst später stiegen Schlagzeuger Josh und Charlotte (die einen Mini, ein glitzerndes Oberteil und Ballett-Schuhe trug) ein. Es folgte Girls and boys, der Hit vom aktuellen Album, bevor dann Rock and Roll Queen abräumte. Dabei hüpfte der Sänger dann endlich auch selbst ins Publikum und ließ sich gestenreich auf Händen bis weit nach hinten in den Saal tragen, kickte gegen die Discokugel und hatte mächtigen Spaß. Als er irgendwann wieder oben bei seinen Kollegen war, kam eine deutsche Strophe des Hits ("Du bist die Sonne, Du bist so cool, Frankfurt ist Rock and R0ll").
Ich mag nicht vergleichen, wer mir besser gefällt, Subways oder Blood Red Shoes. Beide Bands ähneln sich in einigen Merkmalen, sind aber musikalisch leicht anzugrenzen. Aber gemeinsam haben sie, daß sie mit relativ einfachen Mitteln großartige Konzerte spielen. So wie Dienstag und Mittwoch.
"See you next week", und die Subways waren verschwunden. "Next week", weil sie da ein Zusatzkonzert in der Batschkapp spielen (naja, fast, es ist am 22.11.).
Setlist: The Subways, Batschkapp, Frankfurt:
01: Kalifornia
02: Young for eternity
03: Oh yeah
04: All or nothing
05: Alright
06: Mary
07: Always tomorrow
08: Shake! Shake!
09: I won't let you down
10: I want to hear what you have got to say
11: Turnaround
12: With you
13: This is the club for people who hate people
14: Strawberry blonde (Z)
15: Girls & boys (Z)
16: Rock & Roll Queen (Z)
Subways Konzerte sind extrem empfehlenswert! Die meisten sind ausverkauft, für die hier gibt es wohl noch Tickets:
06.11.08 Live Music Hall Köln
15.11.08 Rohstofflager Zürich
18.11.08 Longhorn Stuttgart
19.11.08 Zeche Bochum
20.11.08 Skaters Palace Münster
23.11.08 Den Atelier Luxemburg
Links:
- The Subways im Februar 2008 in Köln
- und 2006 in Duisburg
- Interview mit Charlotte und Billy
- Bilder vom Konzert in der Batschkapp
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