Konzerte: Bill Pritchard und Pete Astor
Ort: Petit Bain, Paris
Datum: 03.09.2016
Frankreich ist bekanntlich ein zentralistisch organisiertes Land, was man auch daran sieht, dass die 2 Monate langen (!) Sommerferien in jeder Region am gleichen Tag zu Ende sind. Man spricht von der berümt berüchtigten Rentrée, die immer so gegen Ende August stattfindet. Pariser kommen dann spätestens aus ihrem Urlaub von der Cote d'Azur, der Bretagne, Sizilien, Korsika oder Sardinien zurück. Braungebrannt (und finanziell relativ abgebrannt) stürzen sie sich dann wieder ins Arbeitsleben. Das wichtigste an der Rentree ist aber natürlich, dass in den Pariser Klubs endlich wieder Konzerte stattfinden. Der August ist traditionell tot, im September geht es dann langsam wieder los.
Zum Aufgalopp hatte ich mir ein besonders schönes Konzert rausgesucht: das spitzenmässige Doppel Bill Pritchard und Pete Astor im wunderbaren Hausboot Petit Bain, wo ich am 17. Juli 2015 meine 100 und letzte Oliver Peel Session mit The Wedding Present veranstaltet hatte. Der Gig von Pritchard und Astor hätte eigentlich Anfang Juni stattfinden sollen, aufgrund des Hochwassers musste man aber um 2 Monate verschieben. Man hatte mir damals sogar die beiden Briten im Doppelpack im Juni für eine spontane OP Session angeboten, aber das war mir dann doch leider zu kurzfristig.
Letzlich fand ich es auch besser, dass das Konzert nun zu perfekten Bedingungen stattfinden konnte. Die Akustik im Petit Bain ist exzellent und die Klimaanlage läuft glücklicherweise auch immer zuverlässig. Schade allerdings, dass der Laden schliesslich nicht besonders gut gefüllt war. Alte Hardcorefans waren da, aber neues, unbedarftes Publikum, das die Artisten vorher nicht kannte, war rar gesät. Wir waren unter Insidern, unter Bloggernerds und Nostalgikern, alten Musikjournalisten, Vinylsammlern und Indiepopliebhabern. Ich selbst muss gestehen, dass ich erst in Anfang 2016 über die beiden Namen gestolpert bin, da beide Künstler neue Alben herausgebracht hatten, die zudem sehr gut reviewt worden waren. Mother Town Hall im Falle von Bill, Spilt Milk für Pete.
Bill Pritchard hatte den Abend bereits um 20 Uhr gestartet und mit zwei Mitmusikern die Bühne eingenommen. Da ich aber noch die allerletzten Sonnenstrahlen auf meiner Terrasse ausgenutzt und auf einen späteren Beginn gehofft hatte, verpasste ich 80 Prozent des Sets und sah nur noch den Schluss. Der aber war sehr schön und der bei dem deutschen Label Tapete Records gesignte Künstler mit dem kleinen Hütchen und der Hornbrille kam authentisch, sympatisch und ungekünstelt rüber. Seine etwas rauhe und herrlich warme Stimme klang perfekt, das Ganze hatte Klasse und Stil.
Gegen Ende spielte er dann auch noch ein Daniel Darc Cover. Daniel Darc war ein drogenabhängiger französischer Popmusiker, der vor ein paar Jahren seiner Sucht erlag, von seinen Fans aber nach wie vor sehr verehrt wird. Die relative Bekanntheit in Frankreich von Bill Pritchard hängt mit Sicherheit auch mit der Zusammenarbeit mit Daniel Darc zusammen. Gespielt wurde das Stück Rien de toi und der Akzent des Briten beim Singen der französischen Parolen war witzig und charmant.
Das Set umfasste insgesamt 17 Songs mit einem Klassiker, Angelique, zum Schluss. (EP Tommy & Co, 1989)
"Sometimes it's nice to be alone"... Angelique i know what are you saying but i don't know if i cross the channel again" sang er wehmütig und man konnte leicht erraten, dass es hier um die Fernbeziehung eines Engländers und einer Französin ging.
Unter dem Strich ein tolles Konzert von Bill!
Eine Viertelstunde später dann Pete Astor mit Band. Zwei Herren (darunter James O 'Hare von den Propper Ornaments) und eine blonde attraktive Dame (stehenderweise an den Drums, ein Wink mit dem Zaunpfahl hinsichtlich Molly Tucker und The Velvet Underground, nachdem Pete Astor oft ein wenig klingt ?)
Das Quartett begann die Show sofort mit einem Klassiker namens Submarine "I feel i could sleep for serval years" sang er, aber schlaftrunken war das, was wir in der folgenden Stunde zu hören bekommen sollten ganz und gar nicht! Im Gegenteil, das Set hatte Schwung und Schmiss, strotzte nur so vor bildhübschen Gitarrenmelodien und hatten einen unwiderstehlichen Charme.
Mr. Music (vom neuen Album) könnte stellvertretend für die Brillanz des Konzerts stehen. Shalala-Gesänge, eine Melodie zum Niederknien und eine zarte Melancholie im Stile der Beatles, das war ganz grosse Klasse!
Ist schon ein interessanter Kerl dieser Pete Astor. Mit seiner Brille und dem zurückgekämmten grauen Haar erinnerte er mich an meinen damaligen Lateinlehrer und ich glaube wirklich, dass Astor im Lehrwesen tätig ist, man liest, er unterrichte Musik in England. Auch seine Mitmusiker fielen auf: James O 'Hare an der Gitarre (Foto oben) mit seinem typischen Indie Look (Ringelstreifenhemd, hellblaue Jeans) und nerdig introvertierter Bückhaltung war witzig anzusehen, die Drummerin Susanne Ballhausen mit ihrem feschen gelben Rock ebenfalls und nur der Basser war eher unauffällig und diskret.
Die vier Sympathen liessen keinen Leerlauf zu, spielten auf spritzige und frische Weise neue Sachen von Spilt Milk und alte Titel, bei denen Fans der ersten Stunde mit der Zunge schnalzten. Almost Prayed und Like Frankie Lymon wären da zu nennen. Almost Prayed, ein alter Titel von 1986 von Astors damaliger Band The Wheater Prophets hatte nichts von seinem Schwung und seiner Ohrwurmigkeit verloren und klang erstaunlich gut gealtert. Like Frankie Lymon (ebenfalls von The Weather Prophets) war eine gefühlvolle Ballade, die herrlich unpeinlich rüberkam und unfassbar betörend war.
Auch das allerletzte Lied Why Does The Rain ? war ein Uraltsong von Pete's anderer Band The Loft, gegründet 1983 und bei dem legendären Label Creation Records unter Vertrag stehend. Ein ruhiges akutisches Stück, sehr sanft, sehr nachdenklich und sentimental. Ein idealer Abgang...
Setlist Pete Astor, Petit Bain:
01: Submarine
02: Mr. Music
03: Almost Falling In Love
04: Oh You
05: Really Something
06: The Getting There
07: Sleeping Tiger
08: Very Good Lock
09: My Right Hand
10: Almost Praying
11: Why Does The Rain
Setlist Pete Astor, Petit Bain:
01: Submarine
02: Mr. Music
03: Almost Falling In Love
04: Oh You
05: Really Something
06: The Getting There
07: Sleeping Tiger
08: Very Good Lock
09: My Right Hand
10: Almost Praying
11: Why Does The Rain
Insgesamt ein perfekter Abend mit zwei britischen Singer-Songwritern die in einer gerechten Welt regelrechte Stars wären!
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