Donnerstag, 4. September 2008

H-Burns, Paris, 03.09.08


Konzert: H-Burns (My Girlfriend Is Better Than Yours)
Ort: Sunset Jazz Bar, Paris
Datum:03.09.2008
Zuschauer: hmm, vielleicht 100-130




Zum ersten Male den Namen H-Burns hatte ich gehört, als ich mich mit Dorothée, der Sängerin der Band Hopper und ihres eigenen Projekts The Rodeo, unterhielt.

"Da gibt's so nen Typen aus Valence (Frankreich), der singt und spielt, als käme er aus Nashville, Tennessee! schwärmte sie mir vor und legte mir ans Herz, mich doch einmal mit H-Burns zu beschäftigen.

Kurze Zeit später bekam ich die Gelgenheit, den robust gebauten Sänger, der mit bürgerlichem Namen Renaud Brustlein heißt, live kennenzulernen. Er spielte vor meinen Augen im Café de la Danse, im Vorprogramm von Syd Matters. Schon damals fiel mir seine famose Country-Stimme auf, die so klingt, als würde er morgens mit Whiskey gurgeln.

Ich besorgte mir sein zweites Album How Strange It Is To Be Anything At All und war schon nach wenigen Hördurchgängen völlig begeistert. Wie wunderbar erdig und warm das alles klang! Und dann auch noch diese harmonischen Arrangements mit Mandoline und so. Hach, einfach toll! Mir war schnell klar: H-Burns müsste ich schnell wiedersehen!

Und siehe da, kurz nach Ende der Festivalsaison ergab sich die Gelegenheit und zwar im Jazzkeller Sunset, wo ich zuletzt die sirenenhafte Mariee Sioux gesehen hatte.

Oben vor der Tür war schon so einiges los, Olivier Marguerit von My Girlfriend Is Better Than Yours (und Syd Matters) stand noch draussen rum, daneben sein lockenköpfiger Partner Rémie Alexandre (Gitarrist bei Syd Matters) und auch Renaud Brustlein aka H-Burns selbst.

Besonders freute ich mich aber meine Bekannten June et Jim wiederzutreffen, die ich bei Alina Simone kennengelernt hatte. Das reizende französisch, spanische Pärchen spielt selbst sehr hübsch gemachte Folkmusik und guckt sich auch gern Konzerte von Folk-Größen an, zuletzt sah ich sie bei Bill Callahan (Smog).

H-Burns kannten die beiden noch nicht, aber ich versprach ihnen, dass das ganz nach ihrem Geschmack sein würde.

Man trat ein und ich sah zu meiner Freude, dass auch Jonathan Morali, der sympathische Sänger von Syd Matters da war. Er sollte später aktiv ins Geschehen eingreifen.

Dann ging es mit der mir bestens bekannten Vorgruppe My Girlfriend Is Better Than Yours los. Olivier schnappte sich seine Gitarre und Lola (Name von der Redaktion geändert, da ich nicht weiß, ob sie ihren richtigen Namen nennen will) stellte sich hinter ihr Keyboard.

Olivier und Lola aka Dirty Holy und Bud Low startetem mit dem verträumten Stück From My Sofa, das man auch auf ihrer MySpace Seite anhören kann. Herrlicher French Pop mit psychedelischem Einschlag ist das, süß sauer angerichtet sozusagen!

Auch Girl From South danach war unterhaltsam, Lola spielte zu diesem indianischen Folksong die Squaw und imitierte witzigerweise auch die passenden Angriffsgeräusche (wie kleine Kinder, die Cowboy und Indianer spielen). Köstlich!

Schade, dass man das folgende Sahnestück Like A Rebirth nicht bei MySpace anhören kann, das schwungvolle Lied hat nämlich auf jeden Fall Hitqualitäten, genau wie die von mir bereits in anderen Reviews beschriebene Country-Ballade Winterfarmlands.

Und den Erlkönig kann man im Internet zwar nicht in der Version von My Girlfriend Is Better Than Yours anhören, dafür aber in seiner gut sortierten Bibliothek finden.

"Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind"; Na wer weiss, wie das Gedicht weitergeht? Und von wem stammt es? Antwort a) Rilke b) Goethe c) Skorpion...

Gelehrte Mitmenschen schlagen bitte mal in einem Lexikon nach, wenn sie es nicht wissen, oder kaufen sich das Büchlein am besten.

Wie schon gesagt, ein höchst unterhaltsames Duo, das von Jonathan Morali von Syd Matters höchstpersönlich am Piano begleitet wurde und mit dem psychedelischen My Dictionary das tolle Konzert beschloss.

Setlist My Girlfriend Is Better Than Yours, Sunset, Paris:

01: From My Sofa
02: Girl From South
03: Like A Rebirth
04: Winterfarmland
05: Der Erlkönig (nach Goethe)
06: My Dictionary

Danach waren H-Burns und seine Band an der Reihe. Es wurde u.a. eine Pedalsteel-Gitarre, eine Mandoline und sogar eine sängende Säge aufgeboten, um die knisternden Songs, zum Großteil dem Album How Strange It Is To Be Anything At All entstammend, perfekt dazubieten.

Renaud aka H-Burns fing zunächst aber ganz alleine an und zwar mit einem Stück, das man auf seiner MySpace Seite finden kann. Nach dem mir unbekannten Invitation stieß dann Jonathan Morali aka Syd Matters bei Blame It On The Distance mit hinzu. Er spielte im Verlaufe des wundervollen Konzertes Piano, Gitarre und die singende Säge (!).

Blame It On The Distance ist eines der Sahnestücke des zweiten Albums von H-Burns, es ist im Gegensatz zu den anderen, teilweise recht stark reduzierten Stücken, ziemlich stark instrumentiert und begeisterte vor allem in der schwungvollen Liveversion. Auch Contrary Winds war gelungen, kam aber nicht an gegen das was danach kam. Horses With No Medals ist nämlich ein unverschämter Ohrwurm und heisser Kandidat für den besten Countrysong des Jahres! Olivier Marguerit kam zu diesem melodieseligen Schunkler mit hinzu und spielte Gitarre, während im Hintergrund die Pedalsteel auf das Schönste jaulte. Wir befanden uns in der besten Phase des ohnehin an Höhepunkten nicht armen Sets. Bei dem melancholischen Big City Blues spielte Jonathan die bereits erwähnte singende Säge, bevor gegen Ende mehere neue, noch unveröffentlichte Stücke erfolgreich getestet wurden. Innerhalb der Albumsongs ragte auch noch Daylight Vs You heraus, ein Lied mit einer himmlischen Melodie und einer entzückenden Mandoline. Ich liebe es, so wie ich ohnehin so einiges an H-Burns liebe. Seine rauchige Stimme, seine natürlich-bescheidenen Art, seine Poesie, sein Songwriting...

Sollte etwa ausgerechnet ein Franzose das Erbe Bob Dylans antreten? Warum nicht, die Nordamerikaner scheinen den Frenchie schon in ihr Herz geschlossen zu haben, im Sommer 2008 spielte er etliche Konzerte in Quebec (Kanada) und sogar in New York. Stark! Genau wie das Konzert heute.

Bis bald, Cowboy aus Valence!

01: So Long Dying Cities
02: Invitation
03: Blame It On The Distance
04: Contrary Winds
05: Horses With No Medals
06: Big City Blues
07: Two Headed Boy
08: Hogtown
09: Daylight vs You
10: Easter Everyday (neu)
11: Are You Scared Of The Dawn? (neu)

12: Lonely Nights On Queen St (Z)
13: I Can Haunt You (Z)


Links:

- Horses With No Medals live in einer Kellergruft!

- Daylight Vs Yours in einer dieser tollen Lecargo Sessions.





 

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