Konzert: Conor Oberst and The Mystic Valley Band
Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 13.09.2008
Zuschauer: ich hatte nicht den Eindruck, dass es ausverkauft war
Konzertdauer: fast 90 Minuten, aber besser als ein Fußballspiel
Vom Band pluckert Reggae-Musik. Erinnerungen an meinen Jamaica-Urlaub werden wach, als einen die Taxifahrer mit Bob Marley (im besten Fall) oder mit saulaut aufgedrehtem Raggamuffin (wenn man Pech hatte) beschallten, sobald man in ihren kleinen alten Ladas Platz genommen hatte, um zum nächsten Strand kutschiert zu werden.
Allerdings befinde ich mich hier nicht in Kingston, sondern in Paris. Genauer gesagt im Nouveau Casino, einem schönen kleinen Club im hippen Oberkampfviertel. Eigentlich hatte ich um diese Uhrzeit (20 Uhr 30) keine Musik aus der Konserve erwartet, sondern Livebeschallung von Sky Larkin. Die sind aber schon verschwunden und man sieht nur noch eifrige Helfer auf der Bühne, die die Umbauarbeiten verrichten. Vielleicht gab es noch eine zweite Vorgruppe, wer weiß? Habe ich alles schon erlebt! Ich wende mich ratsuchend an den Tontechniker, der - ungewöhnlich für das Nouveau Casino- im unteren Teil des Raumes seine Dienste verrichtet und so recht viel Platz für die anderen Konzertgänger blockiert. Er versteht mich nicht, spricht kein französisch. Ich versuch's auf englisch und bekomme die Auskunft: "Conor Oberst is next"!
Dann fange ich halt eben sofort mit dem Hauptgericht an! Ich muss ja nicht immer vorher noch eine Suppe oder einen Salat essen, bevor ich den knusprigen Braten verzehre...
Pünktlich um 21 Uhr gehen die Kerzen der Kronleuchter aus und die Bühne wird in sehr hübsches Licht getaucht. Es wird im Laufe des Abends herrliche Grüntöne geben, aber auch rotes - und rosafarbenes Licht.
Der Auftakt ist wunderbar schmissig! Mit viel Schwung schmettern Conor und seine Jungs (ich habe neben dem Chef fünf weitere Musiker gezählt) das melodieseelige Country-Stück Moab und setzen auch textlich erste Highlights: "There is nothing that the road cannot heal"...
Toll, Roadmovies habe ich schon immer geliebt! Und der Kaktus, der die Atmosphäre noch in Köln unterstrich, fehlt mir in Paris nicht die Spur. In der Spur bleiben in der Folge aber die Musiker, nach dem herrlich relaxten Sausalito gibt es mit Get-Well-Cards einen weiteren Knüller. "I want to be your bootlegger", singt Conor und die musikalische Nähe zu Bob Dylan ist bei diesem (und ein paar anderen) Song (s) nicht zu leugnen. Mister Oberst beschränkt sich aber nicht auf das Kopieren klassischer Country-und Folkmusiker. Der Sound, den er kreiert (ob mit Bright Eyes oder hier der Mystic Valley Band), klingt gleichzeitig traditionell und modern. Countrywurzeln saugt man in Omaha wahrscheinlich schon mit der Muttermilch auf, aber dieses wehleidige Wimmern und Greinen in Conor's Stimme trägt neumodischere Spuren. Irgendwie ist da auch immer ein bißchen Robert "The Cure" Smith und New Wave drin. Das spricht auch junge Leute an, die ansonsten bei Folkkonzerten oft fehlen. Meistens sind diese Konzertabende mit Singer/Songwritern ja so eine Art Treffen für Oberstudienräte und Psychologen mit Birkenstocksandalen, aber wenn der gutaussehende Conor die Gitarre schwingt, lassen sich auch junge attraktive Girlies blicken, die man ansonsten nur bei den Kooks oder den Arctic Monkeys sieht. Eine feine Sache...
Ein paar Biere später (Conor säuft hastig Corona, diese mexikanische Plörre, vielleicht weil ihn das Gesöff an das Land erinnert, in dem dieses Album entstand) kommt mit Cape Canaveral die erste Ballade. Das zauberhafte Stück lässt mich kurzzeitig von einer heißen Wüste träumen und lenkt mich davon ab, dass es in Paris nur noch knapp 20 Grad warm ist.
Im Nouveau Casino ist es aber dennoch stickig, schwitzende Leiber stehen dicht an dicht und können sich kaum rühren. Vielleicht ist deshalb der Applaus nach den Liedern recht verhalten, euphorische Stimmung sieht anders aus. An Conor und seiner Band liegt es aber nicht, die geben alles und haben auch richtig gute Songs zu bieten. Der junge Mann aus Nebraska ist auch etwas verwundert, dass es so ruhig ist und fragt deshalb gleich zwei mal nach: "Are you doing alright?"
Der Mittelteil des Sets wird gleich in doppelter Hinsicht von You Gotta Reason bestritten, aber mir persönlich hat es eher das Ende angetan. NYC - Gone, Gone klingt wie ein bereits gehörter Klassiker und die Singleauskoppelung Souled Out!!! hat sich auch schon in meine Gehörgänge eingebrannt. Dann noch ein traumhaftes Milk Thistle, das auch wieder mit einem tollen Text aufwartet und nur von Conor und seinem langhaarigen Bassisten gespielt wird und es ist erst einmal Schluss.
Der Zugabenteil ist jedoch üppig gehalten und bietet mit Harry Nilsons Everybody Talkin' und Corina, Corina gleich zwei Klassiker des Folkgenres. Und dann noch ein weiterer Doppelschlag: Lenders In The Temple, vorgetragen von Conor und seinem Keyboarder, ist das anrührendste Stück Musik, das ich seit einer halben Ewigkeit gehört habe (in dem textlich von Alphatieren die Rede ist, aber auch von pinkfarbenen Flamingos, die in einer Mall - also Einkaufsmeile- leben) und I Don't Want To Die (In The Hospital) rüttelt noch einmal so richtig auf.
Conor stellt sich auf die Drums, lässt den Rocker, der in ihm schlummert von der Leine und reisst auch seine Kumples mit, die er dann auch ausführlich vorstellt. Einen seinen Gitarristen mag er anscheinend besonders gerne. Er zieht ihn wie einen kleinen Schuljungen zu sich heran, nimmt ihn in den Schwitzkasten und reisst ihm fast die Birne ab. Die Burschen haben sichtlich Spaß gehabt, das merkt man. Und mit Breezy, das Conor am Piano spielt, ist dann nach 90 vorzüglichen Minuten wirklich Schluss.
Ein paar Mädchen warten hinterher noch vor der Tür auf Conor. Der kommt nach einer halben Ewigkeit herausgeschlurft, gibt aber mit seiner übergestreiften Kapuze zu erkennen, dass er in Ruhe gelassen werde möchte. Verständlich...
Setlist Conor Oberst and The Mystic Valley Band, Nouveau Casino, Paris:
01: Moab
02: Sausalito
03: Get - Well - Cards
04: Central City
05: Danny Callahan
06: Cape Canaveral
07: I Gotta Reason # 1
08: Gentleman's Pact
09: I Gotta Reason # 2
10: Sundown
11: NYC - Gone, Gone
12: Souled Out!!!
13: Milk Thistle
14: Everybody's Talkin (Z)
15: Corina, Corina (Z)
16: Lenders In The Temple
17: I Don't Want To Die (In The Hospital)
18: Breezy
Fotos von Conor Oberst und seiner Mystic Valley Band hier
Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 13.09.2008
Zuschauer: ich hatte nicht den Eindruck, dass es ausverkauft war
Konzertdauer: fast 90 Minuten, aber besser als ein Fußballspiel
Vom Band pluckert Reggae-Musik. Erinnerungen an meinen Jamaica-Urlaub werden wach, als einen die Taxifahrer mit Bob Marley (im besten Fall) oder mit saulaut aufgedrehtem Raggamuffin (wenn man Pech hatte) beschallten, sobald man in ihren kleinen alten Ladas Platz genommen hatte, um zum nächsten Strand kutschiert zu werden.
Allerdings befinde ich mich hier nicht in Kingston, sondern in Paris. Genauer gesagt im Nouveau Casino, einem schönen kleinen Club im hippen Oberkampfviertel. Eigentlich hatte ich um diese Uhrzeit (20 Uhr 30) keine Musik aus der Konserve erwartet, sondern Livebeschallung von Sky Larkin. Die sind aber schon verschwunden und man sieht nur noch eifrige Helfer auf der Bühne, die die Umbauarbeiten verrichten. Vielleicht gab es noch eine zweite Vorgruppe, wer weiß? Habe ich alles schon erlebt! Ich wende mich ratsuchend an den Tontechniker, der - ungewöhnlich für das Nouveau Casino- im unteren Teil des Raumes seine Dienste verrichtet und so recht viel Platz für die anderen Konzertgänger blockiert. Er versteht mich nicht, spricht kein französisch. Ich versuch's auf englisch und bekomme die Auskunft: "Conor Oberst is next"!
Dann fange ich halt eben sofort mit dem Hauptgericht an! Ich muss ja nicht immer vorher noch eine Suppe oder einen Salat essen, bevor ich den knusprigen Braten verzehre...
Pünktlich um 21 Uhr gehen die Kerzen der Kronleuchter aus und die Bühne wird in sehr hübsches Licht getaucht. Es wird im Laufe des Abends herrliche Grüntöne geben, aber auch rotes - und rosafarbenes Licht.
Der Auftakt ist wunderbar schmissig! Mit viel Schwung schmettern Conor und seine Jungs (ich habe neben dem Chef fünf weitere Musiker gezählt) das melodieseelige Country-Stück Moab und setzen auch textlich erste Highlights: "There is nothing that the road cannot heal"...
Toll, Roadmovies habe ich schon immer geliebt! Und der Kaktus, der die Atmosphäre noch in Köln unterstrich, fehlt mir in Paris nicht die Spur. In der Spur bleiben in der Folge aber die Musiker, nach dem herrlich relaxten Sausalito gibt es mit Get-Well-Cards einen weiteren Knüller. "I want to be your bootlegger", singt Conor und die musikalische Nähe zu Bob Dylan ist bei diesem (und ein paar anderen) Song (s) nicht zu leugnen. Mister Oberst beschränkt sich aber nicht auf das Kopieren klassischer Country-und Folkmusiker. Der Sound, den er kreiert (ob mit Bright Eyes oder hier der Mystic Valley Band), klingt gleichzeitig traditionell und modern. Countrywurzeln saugt man in Omaha wahrscheinlich schon mit der Muttermilch auf, aber dieses wehleidige Wimmern und Greinen in Conor's Stimme trägt neumodischere Spuren. Irgendwie ist da auch immer ein bißchen Robert "The Cure" Smith und New Wave drin. Das spricht auch junge Leute an, die ansonsten bei Folkkonzerten oft fehlen. Meistens sind diese Konzertabende mit Singer/Songwritern ja so eine Art Treffen für Oberstudienräte und Psychologen mit Birkenstocksandalen, aber wenn der gutaussehende Conor die Gitarre schwingt, lassen sich auch junge attraktive Girlies blicken, die man ansonsten nur bei den Kooks oder den Arctic Monkeys sieht. Eine feine Sache...
Ein paar Biere später (Conor säuft hastig Corona, diese mexikanische Plörre, vielleicht weil ihn das Gesöff an das Land erinnert, in dem dieses Album entstand) kommt mit Cape Canaveral die erste Ballade. Das zauberhafte Stück lässt mich kurzzeitig von einer heißen Wüste träumen und lenkt mich davon ab, dass es in Paris nur noch knapp 20 Grad warm ist.
Im Nouveau Casino ist es aber dennoch stickig, schwitzende Leiber stehen dicht an dicht und können sich kaum rühren. Vielleicht ist deshalb der Applaus nach den Liedern recht verhalten, euphorische Stimmung sieht anders aus. An Conor und seiner Band liegt es aber nicht, die geben alles und haben auch richtig gute Songs zu bieten. Der junge Mann aus Nebraska ist auch etwas verwundert, dass es so ruhig ist und fragt deshalb gleich zwei mal nach: "Are you doing alright?"
Der Mittelteil des Sets wird gleich in doppelter Hinsicht von You Gotta Reason bestritten, aber mir persönlich hat es eher das Ende angetan. NYC - Gone, Gone klingt wie ein bereits gehörter Klassiker und die Singleauskoppelung Souled Out!!! hat sich auch schon in meine Gehörgänge eingebrannt. Dann noch ein traumhaftes Milk Thistle, das auch wieder mit einem tollen Text aufwartet und nur von Conor und seinem langhaarigen Bassisten gespielt wird und es ist erst einmal Schluss.
Der Zugabenteil ist jedoch üppig gehalten und bietet mit Harry Nilsons Everybody Talkin' und Corina, Corina gleich zwei Klassiker des Folkgenres. Und dann noch ein weiterer Doppelschlag: Lenders In The Temple, vorgetragen von Conor und seinem Keyboarder, ist das anrührendste Stück Musik, das ich seit einer halben Ewigkeit gehört habe (in dem textlich von Alphatieren die Rede ist, aber auch von pinkfarbenen Flamingos, die in einer Mall - also Einkaufsmeile- leben) und I Don't Want To Die (In The Hospital) rüttelt noch einmal so richtig auf.
Conor stellt sich auf die Drums, lässt den Rocker, der in ihm schlummert von der Leine und reisst auch seine Kumples mit, die er dann auch ausführlich vorstellt. Einen seinen Gitarristen mag er anscheinend besonders gerne. Er zieht ihn wie einen kleinen Schuljungen zu sich heran, nimmt ihn in den Schwitzkasten und reisst ihm fast die Birne ab. Die Burschen haben sichtlich Spaß gehabt, das merkt man. Und mit Breezy, das Conor am Piano spielt, ist dann nach 90 vorzüglichen Minuten wirklich Schluss.
Ein paar Mädchen warten hinterher noch vor der Tür auf Conor. Der kommt nach einer halben Ewigkeit herausgeschlurft, gibt aber mit seiner übergestreiften Kapuze zu erkennen, dass er in Ruhe gelassen werde möchte. Verständlich...
01: Moab
02: Sausalito
03: Get - Well - Cards
04: Central City
05: Danny Callahan
06: Cape Canaveral
07: I Gotta Reason # 1
08: Gentleman's Pact
09: I Gotta Reason # 2
10: Sundown
11: NYC - Gone, Gone
12: Souled Out!!!
13: Milk Thistle
14: Everybody's Talkin (Z)
15: Corina, Corina (Z)
16: Lenders In The Temple
17: I Don't Want To Die (In The Hospital)
18: Breezy
Fotos von Conor Oberst und seiner Mystic Valley Band hier
3 Kommentare :
Tolle Fotos, bin gespannt auf die Review! :)
Ließen sich in Paris irgendwelche Erkenntnisse gewinnen, warum das Mannheim Konzert heute abgesagt wurde?
Wahrscheinlich sind Conor und seine Jungs in einer Kneipe im Oberkampfviertel versackt. Man sah sie zumindest nach dem Konzert auf der Suche nach der nächsten Whiskeybar (kleine Anspielung auf einen Song der Doors).
Aber ich will nichts unterstellen...
aehem ja sie waren noch um 2Uhr in einer Bar bei der Place de la République, alles schien OK - seltsam dass Mannheim also (kurzfristig?) abgesagt wurde!! vielleicht nicht genug VVK?
hoffentlich wird dieses Konzert aufgeholt, also hoffe ich jedenfalls fuer Dich - und dann wuerde ich nach Mannheim reisen, um ihn/die Band live wiederzusehen ;)
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