Sonntag, 22. Oktober 2017

The Wedding Present, Heerlen, 21.10.17


Konzert: The Weding Present (30 Jahre George Best)
Ort: Nieuwe Nor, Heerlen
Datum: 21.10.2017
Dauer: knapp 85 min
Zuschauer: vielleicht 150



The National in der Elbphilharmonie, die Railway Children beim Jubiläum von Firestation Records, Godspeed you! Black Emperor oder The Wedding Present mit ihrem George Best Jubiläum... der 21. Oktober war seit Monaten ein Hass-Tag. In so Fällen geht immer Herz vor Verstand, also waren die Railway Children gesetzt. Das klappte dann kurzfristig aber dann leider doch nicht, also blieb der beste vorstellbare Trostpreis, The Wedding Present in Heerlen. Die Band von David Gedge ist wieder einmal auf George Best Tour. 2007 wurde die erste Platte der Engländer 20, damit begann eine Serie von Konzerten, bei denen The Wedding Present Platten komplett spielten. Zwischendurch hatte ich Sorgen, daß damit Ende sei, weil Saturnalia nicht richtig betourt wurde, das rettete aber Olivers Wohnzimmerkonzert-Jubiläum, bei dem 2015 Cinerama spielten und The Wedding Present als Vorgruppe ihre fünfte Platte vortrugen. Bevor es irgendwann hoffentlich mit Take fountain weitergeht, wird bei Davids Festival At the edge of the sea der Sampler Tommy gespielt.

George Best also wieder, das nach dem nordirischen Star von Man United benannte Album. Bevor Sonntag die Deutschland-Schleife der Tour beginnt, fand das erste Konzert auf dem Kontinent 20 km vor Aachen statt. Damit war es nicht nur gut erreichbar sondern auch in einem Land, das Popmusik ganz anders wertschätzt als Deutschland - wobei das vermutlich jedes macht. In den Niederlanden (wie in Belgien) hat nach meiner Wahrnehmung jede mittelgroße Stadt eigens dafür gebaute Popmusik-Säle (die mit "Poppodium" sogar einen eigenen Namen haben). Im Nieuwe Nor ("neues Gefängnis") war ich vor Jahren schon einmal bei Get Well Soon. Und wie üblich hatte ich die Größe des Clubs falsch in Erinnerung, er ist viel kleiner als gedacht. Im Eingangsbereich zeichnete David Gedge gerade noch die Preise der unzähligen Platten, Bücher, Comics und Shirts aus. 

Einige Minuten später um halb neun begann das Vorprogramm, dem ich eine ein Lied dauernde Chance geben wollte, um mich dann in die hauseigene Bar zu setzen. Da standen alte Männer auf der Bühne, die vermutlich entsetzlich sein würden. Das erste Lied (und Google) machten mich aber neugierig, also blieb ich. Struggler sind eine Punkband aus dem belgischen Limburg, die seit 1979 besteht. Sänger Rene Hulsbosch hat eine Stimme mit viel Punk-Vibrato (oder Tremolo, bin nicht sicher), dadurch hörte ich immer mal wieder die Dead Kennedys raus. Das halbstündige Konzert war sehr kurzweilig, einige Lieder wirklich enorm gut, ich hätte etwas verpasst, wenn ich gegangen wäre. Dabei hatte der DJ vor dem Support mit Songs von den UK Subs oder Sham 69 darauf hingewiesen, was kommen würde. Das DJ Set war wundervoll, wären alle so, hätte ich keine Angst mehr vor DJs vor Konzerten.

Nach ein paar Liedern legte Rene die Gitarre ab und übergab an einen jungen Gitarristen, der die gleiche Sideshow-Bob-Frisur wie er hatte - ganz sicher sein Sohn. Rene sang in der zweiten Hälfte des Konzerts nur, Rene II spielte Gitarre. Nach gut 30 min war Schluß. Ob Struggler so legendär ist, wie das Internet sagt, weiß ich nicht, sie waren aber aber sehr kurzweilig und gut.


Der Umbau verriet schon das Lineup der Hauptgruppe, denn bis auf den Chef richten alle Bandmitglieder ihre Arbeitsplätze selbst ein. Gitarrist Marcus Kain aus Australien war wieder dabei, was mich überraschte, was ich aber bei meiner Platzwahl eingeplant hatte. Beim Indietracks stand ich vor dem jungen Musiker und verfolgte gemischt entsetzt und fasziniert sein Rocker-Gepose. Als er irgendwann über die Monitor-Box kletterte, guckte auch David verwirrt, und der hat in seinem Leben vermutlich alles schon gesehen. Ich war sicher, daß Marcus nicht mehr dabei sein würde ("the Weddos don't do this"), er war aber. Sicherheitshalber stand ich aber bei Bassistin Danielle.

Bevor die Band endgültig auf der Bühne erschien, kam das erste WP-Lied aus der Konserve, Marblehead vom letzten Album Going, going... von 2016. Das erste Livelied war dann nicht Everyone thinks he looks daft, der Startsong von George Best sondern Once more, eine der frühen Singles, die auf Tommy gesammelt sind. Bei diesen Platten-Konzerten spielen TWP mal die Platte am Anfang, mal am Ende. Aufgefüllt wird mit Hits aus dem riesigen Katalog der Gruppe. In diesem Best-of-Teil, der eine gute halbe Stunde dauerte, kamen Stücke aus allen Karriephasen, darunter Corduroy (Seamonsters), Lead vom neuen Album und The girl from the DDR von Valentina (die Platte, die Davids Zweitband Cinerama 2015 komplett gecovert hat). Mir unbekannt war das Instrumental-Lied England, das auf einer neuen EP, auf der sich auch Wales befindet. Mein Highlight der ersten Konzerthälfte war aber Perfect blue (Take fountain). David kündigte das an, was wenig Reaktionen hervorrief. "Perfect blue... not very well known here."

Bei The girl from the DDR sang Danielle die deutsche Zweitstimme. "Ihr sprecht hier zwei Sprachen, oder? Niederländisch und Deutsch?", fragte der Sänger, was zu den erwartbaren Reaktionen führte. Allerdings waren auch viele Deutsche im Publikum, die sich da outeten. Die Landsleute in meiner Nähe hatten das vorher schon, die unterhielten sich nämlich sehr laut im ersten Teil des Sets. Deutsche im Ausland... genauso schlimm wie im Inland. Später fiel der lauteste Redner noch einmal auf, als er in Davids Ansage eines George Best Songs sich brüllend Felicity wünschte. "You've come to the wrong album." Vielleicht sogar zur falschen Band, er trug ein Motörhead-Shirt.


George Best spielte die Band wie üblich in der richtigen Reihenfolge ("the vinyl version, not CD or cassette"). Musikalisch war da nichts überraschend, das ist aber ja auch gut so. Natürlich ist George Best immer noch so gut gealtert wie vor zehn Jahren. David Gedge verschleißt wie üblich Gitarre über Gitarre, wenn er mit irrem Tempo über die Saiten schrammelt. Das wird mich nie langweilen. 

Nach You can't moan, can you?, dem letzten Lied von George Best ("vinyl, not CD or cassette") folgte noch Bewitched (Bizarro), Zugaben spielt die Band nie. Es gab allerdings ein neues Feature stattdessen: den Wedding Present Fact of the day, den Danielle vortrug. Heerlen sei die Stadt mit dem weltweit ersten Kraftwerk, das ehemalige Minen für Tiefenwärme nutzt.

Der Saal ist toll, der DJ war klasse, die Vorgruppe unterhaltsam, The Wedding Present wie immer (großartig), wie kann ich da von einem Trostpreis sprechen?

Setlist The Wedding Present, Nieuwe Nor, Heerlen:

01: Once more
02: Yeah yeah yeah yeah yeah
03: Lead
04: Corduroy
05: The girl from the DDR
06: No
07: Perfect blue
08: England

George Best:
09: Everyone thinks he looks daft
10: What did your last servant die of?
11: Don't be so hard
12: A million miles
13: All this and more
14: My favourite dress
15: Shatner
16: Something and nothing
17: It's what you want that matters
18: Give my love to Kevin
19: Anyone can make a mistake
20: You can't moan, can you?

21: Bewitched

"The Wedding Present don't do encores." 


Links: 

- aus unserem Archiv:
- The Wedding Present, Ripley, 29.07.17
- The Wedding Present, Paris, 05.11.16
- The Wedding Present, Luxemburg, 24.10.16
- The Wedding Present, Paris, 17.07.15
- The Wedding Present, Arlon, 20.11.14
- The Wedding Present, Barcelona, 30.05.14
- The Wedding Present, Düsseldorf, 26.09.13
- The Wedding Present, Paris, 24.10.12
- The Wedding Present, Wien, 04.10.12
- The Wedding Present, Köln, 23.09.12
- The Wedding Present, Barcelona, 30.05.12
- The Wedding Present, Köln, 15.10.10
- The Wedding Present, Köln, 15.11.07
- The Wedding Present, Paris, 02.11.07




 

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