Sonntag, 22. Oktober 2017

Sigur Rós, Frankfurt, 14.10.17


Konzert: Sigur Rós
Ort: Jahrhunderthalle, Frankfurt
Datum: 14.10.2017
Dauer: knapp 60 & 55 min
Zuschauer: 4.800 (ausverkauft)



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Drei Wochen vor dem Konzert war Songkick eingefallen, daß mein Anfang Februar bestelltes Ticket ja auch irgendwann mal verschickt werden muß. Mir dagegen war entfallen, daß ich nicht eins sondern zwei geordert hatte. Beim Ausdrucken des (jetzt) e-Tickets kamen zwei aus dem Drucker. Nach acht Monaten kann man so etwas mal vergessen.



Ich war gar nicht sicher, ob ich Sigur Rós wirklich sehen wollte. Ich liebe die Musik, keine Frage. Auch habe ich bisher kein schlechtes Konzert des Isländischen Nationalheiligtums gesehen. Aber zuletzt hatten Sigur Rós live nur noch als Trio gespielt - und das hatte ich schon gesehen. Aber wie so oft gilt: wenn die sich schon die Mühe machen, extra nach Deutschland zu kommen, dann kann ich schlecht absagen. Das wäre unhöflich.

Beim Kauf meines ähh meiner Tickets hatte ich mich natürlich für Frankfurt und gegen das Palladium entschieden. Die Jahrhunderthalle hatte ich als viel angenehmer in Erinnerung (außer die Parksituation!). Als ich drin stand und problemlos sehr weit nach vorne kam, war diese Entscheidung noch einmal als sehr clever bestätigt. 

Es sollte um acht vorgruppenfrei beginnen, die zusätzliche halbe Stunde dummen Rumstehens war dann offenbar der Ersatzsupport und ein wenig ärgerlich. Eine der vielen Unsitten bei uns, Konzerte später beginnen zu lassen, um mehr Getränke zu verkaufen. Die halbe Stunde mehr war auch deshalb schwierig, weil die immergleiche Walgesang-CD lief und uns langsam müde machte. 

Um halb neun traten die drei übriggebliebenen Sigur Róse auf, Sänger Jónsi Birgisson, Bassist Georg Hólm und Schlagzeuger und Keyboarder Orri Páll Dýrason. Die Bühne war so, wie ich sie vom Primavera Sound Festival in Erinnerung hatte. Da hatte die Band hinter einer Art Metall-Vorhang gestartet, man sah die Musiker hinter dieser Projektionsfläche, wo sie dicht an dicht das neue Lied Óveður spielten. Auch in Frankfurt begann es mit etwas Neuem, es war allerdings Á (was auch immer das heißen mag). Und die Band stand vor dem Vorhang, der eine LED-Projektionsfläche war. Das Konzert war zweigeteilt, hatte ich vorher erfahren. Die erste Hälfte war im Prinzip recht ereignislos, was nicht negativ gemeint ist. Es fanden aber keine großen Aktionen auf der Bühne statt, nichts Überraschendes, keine Blaskapelle, die einmal quer durchs Bild marschiert, keine weiteren Musiker, keine Positionswechsel. Orri hatte eine spannende Kombination aus Schlagzeug und Keyboard - die Bassdrum war Teil der Keyboard-Befestigung. Wollte der Musiker also von den Drums zu den Tasten wechseln, musste er den Körper nur ein wenig drehen. 

Zweimal gab es Aktionen auf der Bühne. Nach dem fünften Lied sprachen sich Jónsi und Orri länger (und für Sigur Rós ungewöhnlich) ab. Es gab wohl technische Probleme, irgendetwas stimmte nicht. Beim letzten Lied Varða tauschten Georg und Orri die Plätze. Wir fragten uns, ob der Keyboard-Part vielleicht zu schwer zu spielen sei, die Melodie des neuen Stücks klang aber nicht zu kompliziert. Georg blieb sitzen und spielte weiter, während die beiden anderen die Bühne verließen. Warum er und nicht Orri diese Aufgabe hatte, wird ein Geheimnis blieben.

Der erste Konzertteil war schön, manchmal aber auch ein wenig sehr ruhig. Es gab einige Postrock-Phasen, es gab aber auch viele wenig rabaukige Stellen. Vielleicht lag das auch an den drei neuen Liedern, die ich noch nicht kannte. 

Nach zwanzig Minuten Pause ging es weiter. Während die Band weg war, hatten Helfer einiges an den Stangen der Bühnenkonstruktion geändert, die Pause schien also durchaus technische Gründe zu haben. Teil zwei begann so wie der Barcelona-Auftritt. Die drei Musiker standen jetzt hinter der Vorhang und spielten Óveður. Dabei standen die drei dicht beieinander. Als während Sæglópur der Vorhang hochging und Sigur Rós nach vorne kamen, begann die stärkste Zeit des Konzerts. Denn jetzt war da nicht bloß eine Band, die vor einer LED-Wand und zwischen Pfosten, auf denen Lampen aufblitzten, spielten, in der zweiten Hälfte bekam die Bühne Tiefe, die optischen Effekte bekamen mehr Raum und damit eine dritte Dimension (im übertragenen Sinne). Nicht nur die Musik wurde immer aufregender, auch die visuelle Untermalung wurde es. Mal gab es Sternenhimmel, mal eine Art Nordlichter, mal (bei Ný batterí) ein Gewitter. 

In der ersten Konzerthälfte gab es durchaus Längen, die ich bisher bei Sigur Rós nicht erlebt habe, die zweite machte Lust, nicht bloß zwei sondern gerne auch vier Stunden dazubleiben. Bei Liedern wie Vaka, Festival, dem wuchtigen Kveikur und dem traditionell abschließenden Popplagið ist dies auch nicht schwierig.

Am Ende schmissen Jónsi seine Gitarre und Orri sein Schlagzeug um. Rock'n'roll, oder wie auch immer das auf Isländisch (oder Hopelandic) heißt. Jónsi bedankte sich in seiner Muttersprache (oder er beschimpfte uns, wer weiß das schon?), Zugaben gab es nicht.

Sigur Rós können mich durchaus auch in der abgespeckten Dreierversion begeistern. Wobei sie eigentlich ein heimliches viertes Mitglied auf der Bühne hatten - die irren optischen Untermalungen.


Setlist Sigur Rós, Jahrhunderthalle, Frankfurt:

01: Á
02: Ekki múkk
03: Glósóli
04: E-bow
05: Dauðalagið
06: Niður
07: Varða

08: Óveður
09: Sæglópur
10: Ný batterí
11: Vaka
12: Festival
13: Kveikur
14: Popplagið

Links:

- aus unserem Archiv:
- Sigur Rós, Barcelona, 04.06.16
- Sigur Rós, Düsseldorf, 25.11.13
- Sigur Rós, Frankfurt, 24.11.13
- Sigur Rós, Esch-sur-Alzette, 23.11.13
- Sigur Rós, Larmer Tree Gardens, 31.08.13
- Sigur Rós, Rom, 28.07.13
- Sigur Rós, Hilvarenbeek, 23.06.13
- Sigur Rós, Wien, 04.09.12
- Sigur Rós, Paris, 15.11.08
- Sigur Rós, Köln, 11.08.08


 

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