Konzert: Eddie Vedder
Ort: Berlin, Zitadelle
Datum: 01.06.2017
Dauer: 120min
Zuschauer: 3.500 (ausverkauft)
Ein grandioser Abend war das, am Donnerstag in der Zitadelle von Spandau. Nicht alles deutete von Anfang an darauf hin. Bestuhlung (nicht immer schlecht), extrem hohe Ticketpreise sowie die Unsicherheit was überhaupt geboten würde, standen vorab im Raum.
Eine CD von Eddie Vedder gab es lange nicht, eine Band war nicht angekündigt. "Lediglich" Glen Hansard, den als Vorgruppe zu verpflichten schon extrem hohes Selbstbewusstsein voraussetzt, sollte den Abend unterstützen. Vieles kam zum Glück ganz anders.
Die Zitadelle als Veranstaltungsort ist jedenfalls über alle Zweifel erhaben. Bei schönstem Sommerwetter inmitten von Brunnen, alten Gemäuern und riesigen Bäumen ein Open-Air genießen zu können, war schon die weite Anreise wert.
Selbst die von mir zunächst als Abzocke gewerteten, zusätzlich an den Seiten der Bestuhlung verkauften Stehplätze hatten eine gute Sicht auf die Bühne. Glen Hansard beginnt mit etwas Verspätung, am Eingang wurde jeder sogar mit Metalldetektoren kontrolliert, und nimmt am linken Bühnenrand auf einem Stuhl platzt.
Wie immer hat er der Publikum innerhalb weniger Sekunden auf seiner Seite: er scherzt, jault, schreit und gibt den Derwisch. Trotz der nur sieben Songs wechseln sich Lieder der "Frames", "Swell Season" und Cover von "Woody Guthrie" ab und bereiten einen so schon mal auf das Konzept des Abends vor.
Wer die Zeit nutzen wollte um einen Ausflug zum Merch zu machen, sah sich getäuscht. Vom Einlass bis zum Ende von Vedders Konzert sollte die Schlange vor dem Zelt nicht abreißen. Am Schluß gab es nur noch Sticker und Buttons. Der übrige Pavillon war komplett leer gekauft.
Aber auch ohne handfestes Erinnerungsstück sollte es ein Abend werden, den man nicht vergessen sollte. Nach etwas überlangem Umbau der keiner war (die Bühne stand fertig verhüllt da), schlurft Eddie Vedder wie gewohnt mit seiner Lieblingsmappe auf die Bühne, nachdem nochmal ausdrücklich jegliche Handyfotos verboten wurden.
Eddie startet furios, aber immer noch verhalten mit den Pearl Jam Songs "Sometimes", "Wishlist" und "Can`t keep", sowie kürzeren Covern von Cat Stevens "Trouble" und Pink Floyds "Brain Damage". Und schon ist man in seiner Welt, die für viele hier auch die eigene ist.
Eine Setlist nach Lebenslust-und Laune, ein Abend mit alten Freunden der trotzdem nie nostalgisch oder antiquiert wirkt, sondern das Gefühl des Moments aufgreift und weiterträgt. Eddie spielt E-Gitarre, das hier ist kein langweiliger, akustischer Liederabend, allein schon weil man eigentlich die ganze Zeit Gänsehaut hat. Vedders Stimme ist einfach immer noch ein Ereignis.
Und so geht es dann zwei Stunden weiter, 30 tolle Lieder lang. Höhepunkte sind das lange nicht gehörte "Immortality" und die irre "Masters of War" Version von Dylan. Danach eine wütendes "Porch" bei der Vedder so auf dem Stuhl wackelt wie damals beim MTW-Unplugged Konzert.
Nach 2/3 der Zeit kommt eine angebliche Zugabenpause, einen Unterschied in der Klasse der Songs macht das nicht. Streicher aus den Niederlanden hat Vedder auch noch mitgebracht. Die spielen dann im Zugabenblock eine instrumentale Version von "Alive" während Vedder sich etwas übertrieben feiern lässt. Wahrscheinlich der einzige entbehrliche Moment des Abends.
"Bowie" und die "Beatles" kommen als Cover auch noch vorbei und dann ist es an Hansard den Abend nach Hause zu spielen. Wie sie beide da sitzen, voller Inbrunst und künstlerischer Klasse, dabei so nahbar und voller Freude über den Augenblick und dann zusammen "Falling Slowly" anstimmen, den Song der Hansard den Oscar brachte und vieles auch schwieriger machte, so muss Musik sein.
Beide Stimmen hallen durch die Zitadelle in die Nacht und Hansards, mit Löchern durchgespielte Gitarre, droht endgültig zu bersten, so hart spielen sich beide jetzt in Rage. "Rockin` in the free world" und eine wahnwitzige Gospelversion von "Hard Sun" beenden den Rausch. Oscar und Hall of Fame, manchmal trifft es einfach auch die Richtigen.
Vedder zeigt an diesem Abend seine ganze Klasse und ich bin immer wieder überrascht, dass mich seine Stimme auch nach 25 Jahren immer noch so mitnimmt. Hansard ist auf dem besten Weg in die gleiche Liga. Was für ein Abend.
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