Freitag, 17. April 2015

Owen Pallett, Münster, 15.04.15


Konzert: Owen Pallett
Ort: Schloßgarten-Café, Münster
Datum: 15.04.2015
Dauer: knapp 80 min
Zuschauer: 200 vielleicht



Hmm, ein wenig komisch war dieses Konzert von Owen Pallett schon. Vor etwa zehn Jahren hatte ich den Kanadier erstmals gesehen, damals nannte er sich noch Final Fantasy und supportete eine Band, in der er selbst mitspielte, im Gebäude 9 in Köln. Und weil diese Arcade Fire damals einen grandiosen Auftritt ablieferten, verblasste in meiner Erinnerung der Support ein wenig. Danach sah ich Owen Pallett glücklicherweise unzählige Male wieder, zuletzt im vergangenen Sommer wieder vor Arcade Fire und beim tollen Weekend Fest in Köln - und jedes dieser Konzerte beeindruckte mich enorm. Nur mit Geige, Keyboard und Loop-Station spielt Owen bessere Konzerte als diese ganzen hippen Bands, die überall gefeiert werden, zusammen.

Daß bei nur zwei Deutschland-Terminen (und dem näheren der beiden in Münster!) trotzdem ein Owen-Konzert gesehen werden musste, hatte also nicht nur mit der allgemeinen Sucht und dem bisher livemusikalisch erstaunlich ereignislosen Frühjahr zu tun, es lag vor allem an meiner besonderen Wertschätzung für den Kanadier. Denn ansonsten rechtfertigt  nichts, mitten in der Woche Stunden entfernt zu einem Konzert zu fahren, daß für 22:15 Uhr angesetzt war.

Das Schloßgarten-Café in Münster scheint eine typische Hochzeitsgastronomie zu sein, überall lagen Magazine über das richtige Heiraten. Der Rote Salon, der als Konzertort ausgegeben war, war wohl hübsch, er war aber zunächst einmal sehr düster, als wir während des Vorprogramms kurz reinguckten. Diese Art elektronischer Musik, die dem dabei sitzenden Publikum vorgespielt wurde, fand ich langweilig, also reichte es auch passiv aus dem Vorraum. Das komische Metall-Gestell das unmittelbar mittig vor der Bühne stand und auf dem zwei Projektoren standen, würde ja für Owen sicher weggeräumt werden. Es schien mir Teil des Vorprogramms zu sein.

Um zehn spielte der Support immer noch. Auch um viertel nach, also zu Owens Startzeit. Der verprochen pünktliche Beginn war dahin. Bei zweieinhalb, drei Stunden nächtlicher Rückfahrt tut jede Minute mehr weh. Aber allein der Abbau des Metalldings würde eben Zeit kosten, nahm ich an. Als dann der erste Geigenton erklang (Owen fängt Konzerte immer sehr unvermittelt an) und wir in den Saal kamen, stand der Projektorhalter aber noch da. Den Künstler sah ich aber erst im zweiten Anlauf, er stand hinten links irgendwo. Da wir keine Stühle mit Jacken reserviert hatten und vorne alles voller Stühle war (hier ärgerte ich mich über zu wenig Strandurlauberfahrung), blieben uns die paar Stehplätze ganz hinten. 

Owen begann sein Konzert mit drei Solo-Stücken. Ob That's when the audience died dem Sitz-Publikum gewidmet war? Wahrscheinlich nicht, es wäre aber eine schöne Geschichte. Arctic circle und Many lives -> 49 MP waren die beiden anderen, bevor er seine Begleitband auf die Bühne bat. 

Die nächsten zehn Stücke, die er mit Ausnahme* von I am not afraid in der Dreierbesetzung spielte, stammten von seinen beiden Alben, die unter seinem Namen veröffentlicht wurden. Man kann und muß da nichts hervorheben, ich kenne kein schlechtes Owen Pallett-Lied. Weder unter dem eigenen noch unter dem alten Namen.

Zwischendurch fragte der seit einiger Zeit bärtige Sänger, ob wir etwas wissen wollten. Niemand wollte. "Dabei habe ich so viel zu erzählen!" Es ergab sich nur ein kurzer Dialog, der - weil nach vorne gesprochen - kaum verständlich war. Ich meine, ein Zuschauer vorne habe den Künstler mit der Aussage überrascht, Owen sei ein Genie. Er wollte sich dazu nicht äußern und fand den Dialog ganz offenkundig überflüssig.

Das Hören allgemein war kein Problem, im Gegenteil! Der Sound im Saal war brillant (und laut), man sah aber wenigstens hinten kaum etwas. Oder besser, man sah nur animierte Blumen. Teil des AV-Picknicks sind Animationen. Rund um die Bühne hingen Papierblumen, die von den beiden Projektoren angeleuchtet wurden. Ein angeleuchteter Künstler hätte mir auch gefallen, man kann aber nicht alles haben.

Als er nach dem großartigen The riverbed und dem Schlußsong The great elsewhere zu den Zugaben zurückkam, fragte Owen Pallett nach Wünschen. Ich bin leider nicht so der Reinschrei-Typ. Jemand in meiner Nähe schon - er wünschte sich This lamb sells condos. Owen antwortete, er spiele etwas von Steve Reich. Das machte er - und das herrlich minimalistische Stück dauerte bestimmt zwölf Minuten und lichtete die Reihen deutlich. Wie schade, denn zum einen war diese Steve Reich Demonstration hörenswert, zum anderen folgten mit The CN Tower... und ...Win and Régine noch zwei Final Fantasy Perlen zum Abschluß.

Wie dem Künstler das Konzert wohl gefallen hat? War die lange erste Zugabe sein Weg, Mißfallen auszudrücken? Ich weiß es nicht. Mir hat es musikalisch wie immer ausgezeichnet gefallen. Und wie Owen Pallett aussieht, weiß ich mittlerweile ja langsam auch.

Setlist Owen Pallett, AV-Picknick, Münster:

01: That's when the audience died (Final fantasy)
02: The arctic circle (Final fantasy)
03: Many lives -> 49 MP (Final fantasy)
04: In conflict
05: Keep the dog quiet
06: Soldier's rock
07: Tryst with Mephistopheles 
08: Song for five & six
09: I am not afraid
10: The secret seven
11: Infernal fantasy
12: The riverbed
13: The great elsewhere

14: Violin phase (Steve Reich) (Z)
15: The CN Tower belongs to the dead (Final Fantasy) (Z)
16: This is the dream of Win and Régine (Final Fantasy) (Z)

Links:


- aus unserem Archiv:
- Owen Pallett, Karlsruhe, 30.11.14
- Owen Pallett, Köln, 29.11.14
- Owen Pallett, Dresden, 17.06.14
- Owen Pallett, Paris, 11.12.12
- Owen Pallett, Düsseldorf, 26.05.12
- Owen Pallett, Eindhoven, 11.11.11
- Owen Pallett, Köln, 23.06.11
- Owen Pallett, Paris, 22.02.11
- Owen Pallett, Eindhoven, 18.02.11
- Owen Pallett, Paris, 01.06.10
- Owen Pallett, Barcelona, 28.05.10
- Owen Pallett, Frankfurt, 15.03.10 


* wahrscheinlich... Sehen konnte man von hinten kaum etwas. 
 

3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Ach wärst du doch besser zu Hause geblieben.

Christoph hat gesagt…

Waren meine Augenringe gestern so schlimm, Papa?

Anonym hat gesagt…

Teil der AV-Picknick-Reihe ist es "leider" auch, dass es sich hierbei in der Regel um reine "Sitzveranstaltungen" (Hier den PicknickAspekt denken) handelt. In sofern war dieses mal eher die Bestuhlung für viele befremdlich.

Ich kann nur sagen, dass aus den ersten Sitzreihen, das Konzert unglaublich wundervoll und intim verfolgbar war (Platz gab es übrigens noch genug in den vorderen Reihen).

 

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