Dienstag, 12. November 2013

Pixies, Esch-sur-Alzette, 11.11.13


Konzert: Pixies
Ort: Rockhal, Esch-sur-Alzette
Datum: 11.11.2013
Dauer: Pixies ca. 105 min, AAAK 32 min
Zuschauer: gut 3.000 vielleicht (sehr voll)



Da brauchte ich gut 20 Jahre, um eine meiner Lieblingsbands 2009 erstmals zu sehen, und dann ermöglicht mir das wundervolle Musikjahr 2013 gleich zwei Pixies Konzerte innerhalb von sechs Wochen. Der Auftritt Anfang Oktober in Brüssel hatte mich restlos begeistert. Er passte zum Bild, das man sich von einer Lieblingsband machen möchte. Eigentlich sollte man aus Selbstschutz nach solch einem Auftritt aufhören, Konzerte der Lieblinge zu sehen, aber das funktioniert bei mir nicht. Warum auch? Die Pixies hatten in Brüssel auf der ersten Tour nach der Bandverjüngung (Bassistin Kim Shattuck, die Kim Deal ersetzt, ist Jahrgang 63, Deal 61) mit so viel Spaß gespielt, daß man wirklich nichts falsch machen kann, sie so oft wie möglich zu sehen, solange ihre Freude anhält.

Die Risiken stecken also nur im Saal und in der Setlist. Der Ort war perfekt - die Rockhal, ein echter, extrem schöner Konzertsaal in Esch-sur-Alzette ist einer der angenehmsten für Bands dieser Größe. Das Setlist-Risiko ist ein Luxusproblem. Die Pixies spielen jeden Abend andere Konzerte und mischen die Setlisten komplett durch. Scheinbar haben die Amerikaner vor der Tour einen Satz von 60, 70 Liedern einstudiert, aus denen vor dem Konzert 30 bis 40 ausgewählt werden. Aber auch das ist nicht fix. Auf den Listen, die die Roadies nach der Show zerknüllt ins Publikum warfen, fehlten Something against you, I've been tired und Bagboy, die in der Mitte des Konzerts gespielt wurden. Ob alle Lieder, die einem wichtig sind, im Tages-Programm enthalten sind, scheint Glückssache zu sein. Die Pixies haben keine schlechten Lieder, dadurch ist das Risiko überschaubar. Sie spielen aber auch leider nicht so oft, daß fehlende wichtige Stücke dann eben demnächst dabei sein werden. Nachdem Brüssel in dieser Hinsicht schon für mich gut war, hatte ich heute auf eine ganze Menge Bossanova-Songs gehofft.


Der Abend begann aber zunächst mit einem Auftritt einer in den 90er Jahren (nein, ich schreibe nicht in den "90er-Jahren des letzten Jahrhunderts" oder in den "1990er Jahren", da ich diese Formulierungen enorm dämlich finde) aktiven und 2009 wiedervereinigten britischen Band AAAK (As Able As Kane), die ich nicht kannte (heißt nichts), die aber auch den beiden sehr viel... - es gibt kein schönes Musik-Äquivalent zu "belesen", oder? - also meinen sehr viel ahnungsvolleren Freunden, die auch da waren, nichts sagten. AAAK überraschten mich vor allem dadurch, daß sie nach 30 min fertig waren. Das passte.


Zur Hauptband hatte sich der Saal, in dem ich vergangene Woche The National gesehen hatte, sehr gut gefüllt. Es war vermutlich nicht ausverkauft (durch eine Änderung des Raumlayouts hätten ohnehin noch ein paar Tausend Besucher Platz gefunden), es wirkte aber annähernd so. Im Bühnehintergrund hingen unzählige Bildschirme als eine Art Vorhang. Sie sollten aber keine Videos zeigen, sie dienten als Lampen (und waren das vermutlich auch nur). Anderen Schnickschnack gab es nicht, das passte auch nicht zu einer Band wie den Pixies.

Die verbleibenden drei Gründungsmitglieder Black Francis, Joey Santiago und David Lovering traten gemeinsam mit ihrer neuen Bassistin (die offenbar zumindest noch nicht offiziell zur Band gehört) erschien um kurz vor halb zehn und begannen mit Ed is dead und Nimrod's son von der Debüt EP, von der die Pixies mit einer Ausnahme (The holiday song) alles spielten - wie übrigens auch von der aktuellen EP 1 (da fehlte What goes boom).

Die anschließenden 100 Minuten waren dann so, wie Pixies Konzerte vermutlich immer sind (ich habe ja erst drei gesehen): Hit nach Hit nach Hit nach Hit... bis man bei rund 30 angekommen ist, die Band kurz von der Bühne geht und noch ein paar spielt. Obwohl die vier Indiehelden ihre Platten Come on pilgrim (1987), Surfer rosa (1988) und Doolittle (1989) zu großen Teilen spielten, fehlten mir eine ganze Menge Lieblinge, weil Bossanova (1990) bis auf das wundervolle Ana komplett ausgelassen wurde. 2009 hatte die Band eine Doolittle Jubiläums-Tour gemacht, seitdem hatte ich gehofft, daß Bossanova irgendwann (vor mir aus auch zum 27. Geburtstag) in gleicher Form gewürdigt würde. Es ist wohl meine Version der Geschichte vom Fischer und seiner Frau. Ich bekomme einige der großartigsten Lieder der letzten 25 Jahre vorgesetzt und vermisse Allison, Cecilia Ann und die anderen Perlen.

Die konkrete Songauswahl war in Brüssel besser, das schnachnasige Publikum hinter mir in Luxemburg eine Ecke schlechter, trotzdem war das heutige Konzert sehr gut. Daß man sich die heutigen Pixies bedenkenlos ansehen kann, obwohl der Ausstieg von Kim Deal problematisch erschien, liegt sicher auch am reibungslosen Übergang an der Bass- / weiblicher Gesang-Position. Die neue Kim, Kim Shattuck erscheint nicht nur musikalisch hervorragend zu passen, ihre große Freude an den großen Bühnen ist offensichtlich. Dazu harmonisiert Kims Stimme irre gut mit der des Frontmanns. Von einem Gewinn für die Band zu sprechen ist sicher heikel, aber so scheint es nunmal zu sein.


Die zahlreichen neueren Stücke im Set (Indie Cindy, Andro queen und Another toe in the ocean von der neuen EP, Bagboy, Greens and blues und Blue eyed hexe) passten gut ins Programm (und sind viel weniger schlimm, als zunächst befürchtet - gerade die EP-Stücke).

Am Ende bei Vamos hatte dann Gitarrist Joey Santiago wieder seinen Auftritt. Er spielte mit einem Mirko Gitarre, etwas, das mich bei anderen Bands massiv nerven würde, hier aber nicht gar nicht störte. Er machte das - wie alles andere - mit großer Freude.

Mir hätte das Konzert mit mehr Bossanova-Songs und mehr Euphorie im Publikum besser gefallen. In der Mitte des Saals war herrlich viel los, in meiner Umgebung standen die Leute ruhig und anteilslos rum. Gottseidank fiel mir der Vollbartträger rechts erst sehr spät auf. Er kaute Kaugummi und machte riesige Blasen. Bei einem langweiligen Konzert hätte ich ihn sicher durchgängig beobachtet und darauf gewartet, daß das Klebezeug in den Bart platzt. Aber dann fing Wave of mutilation an und ich konnte mich wieder auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren.

Setlist Pixies, Rockhal, Esch-sur-Alzette:

01: Ed is dead
02: Nimrod's son
03: Mr. Grieves
04: Here comes your man
05: Ana
06: Indie Cindy
07: La la love you
08: Bone machine
09: Dead
10: Another toe in the ocean
11: Levitate me
12: Head on (The Jesus and Mary Chain Cover)
13: River Euphrates
14: Isla de Encanta
15: Something against you
16: I've been tired
17: Bagboy
18: Greens and blues
19: Monkey gone to haven
20: Brick is red
21: No. 13 baby
22: Blue eyed hexe
23: Gauge away
24: Tame
25: Wave of mutilation (normale Version)
26: Hey
27: Caribou
28: In heaven (Lady in the radiator song) (Peter Ivers Cover)
29: Andro queen
30: Where is my mind

31: Planet of sound (Z)
32: Cactus (Z)
33: Vamos (Z)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Pixies, Brüssel, 02.10.13
- Pixies, Barcelona, 28.05.10
- Pixies, Frankfurt, 11.10.09




1 Kommentare :

Rolf hat gesagt…

Schöne Zusammenfassung eines sehr gelungenen Abends. Für mich war Esch das erste Pixies Konzert, nachdem ich in den letzten Jahren Frank Black einige Male live gesehen habe. Da ich 1-2 Reihen hinter der Pogo-Meute stand, war es zwar etwas rauer, aber das Umfeld bestand nur aus aufmerksamen und begeisterten Menschen. Hat dann auch den Anblick von Kaugummi-Kauern erspart... Habe Euren Blog heute entdeckt. Macht Spass, die engagierten Beiträge zu lesen.

 

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