Donnerstag, 11. April 2013

Palma Violets, 3.4.2013, Berlin

Konzert: Palma Violets (+ Big Skies)
Ort: Lido Berlin
Datum: 3.4.13
Zuschauer: fast ausverkauft
Dauer: Big Skies (45 Min,); Palma Violets (knapp ne Stunde)



Es gibt so Konzerte, bei denen habe ich schon im Vorfeld einen "Wunschtext" im Kopf. An diesem Abend hätte ich mich gerne mit wenig Erwartungen überraschen lassen. Leider habe ich sehr viele Erwartungen gehabt, welche aber nur bedingt erfüllt wurden.
Als ich so gegen halb neun das Lido betrat, waren vielleicht gerade mal 50 Leute vor Ort. Das wunderte mich, denn die Palma Violets gelten (wegen ihrer wirklich hervorragenden Tonträger) längst nicht mehr als Geheimtipp. 

Irgendwann lief ein deutlich Angetrunkener durchs Publikum und gröhlte irgendwas auf Englisch. Die Umherstehenden schauten allesamt irritiert. Er lief umher und falls dadurch irgendein Funke überspringen sollte, zur Vorbereitung auf die heutige Show, so misslang dies.
Der Raum füllte und füllte sich aber immer weiter, und als die Vorgruppe Big Skies die Bühne betraten, war der Saal ordentlich voll.

Die Band gefiel mir auf Anhieb. Sie selbst umschreiben ihre Musik als "pychedelic britpop", was es meiner Meinung auch gut getroffen hat. Der Sänger und Gitarrist Jim Cubitt strahlt das aus, was so eine Band braucht. Eine ordentliche Portion Carisma gepaart mit angenehmer Natürlichkeit. Ich fühlte mich gleich um 20 Jahre jünger und freute mich um deren Lebendigkeit. Die Lieder gefielen mir außerordentlich gut - und damit stand ich nicht alleine. Eine der Bands, die ich definitiv im Blick behalten werde. Stimme, Songs, Band - es passte alles sehr gut zusammen.

Es gab ordentlich Applaus und ich freute mich auf den weiteren Abend. 
Nach einer angenehm kurzen Umbauphase, kamen die Palma Violets auf die Bühne. Mein erster Gedanke war: Deutlich jünger als ich dachte, denn stimmlich wirkten sie mindestens um fünf Jahre älter. Sei es drum.
Als Alexander "Chilli" Jesson die Bühne betritt, spielt die restliche Bands schon ein paar Takte. Allright - are you readyyyyyyy!!!!
Sofort kommen Erinnerungen an The Libertines hoch. Leider keine allzu guten, denn diese Rotzigkeit war das einzig Großartige an diesem Abend. Es ging nicht wirklich um Musik, sondern um Punk-Attitüden und Rebellion. Alles schön und gut - das bekomme ich täglich in den Strassen Berlins massenhaft geboten.

Dabei sieht Chilli Jesson aus wie der junge Robert Stadlober gepaart mir Iggy Pop. Eigentlich eine interessante Mischung, könnte man meinen. 
Die Kinder der Bildungsbürger um mich herum finden es auch schön, endlich mal eine Möglichkeit zu bekommen, ihre Montessori-Vergangenheit mittels zögerlichem Pogo-Tanzens abzustreifen.
Viele Klischees werden geweckt und bedient - und zu wenig Musik wird geboten. 

Die eigentlich schöne Stimme von Samuel Thomas Fryer wird durch das Pseudo-Punk-Geschrei seines (leider) Gegenspielers unnötig getrübt. 
Das Wechselspiel der Gewalten und Energien ist etwas, was die Band nur bedingt beherrscht. Zu ungestüm und unkontrolliert wird dabei vorgegangen. So wird das wunderschöne All the Garden Birds live ziemlich verhunzt. Warum wurde während des Konzerts nicht einfach das Mikro von Mr. Chilli Jesson runtergeregelt? Mehr als Brüllen und Schreien gab es von seiner Seite aus nicht.
Die Band wirkte, als hätten sie die vergangenen Tage einfach nur durchgesoffen und als wäre das Konzert eine lustige Unterbrechung vom Saufgelage. Auch Best of Friends büßte deutlich an Ausdruckskraft ein.
Ein weiteres Highlight (nenen der Rotzigkeit) gab es dann doch. Bei Last of the Summer Wine zeigte die Band, dass sie doch richtig guten Sound liefern können. Da war es auch sympathisch, dass das Publikum mit reichlich Nachdruck aufgefordert wurde die Arme im Takt zu schwenken. Mit dem ebenfalls schönen 14 wurde dann das normale Set beendet.

Das traurige Finale bestand darin, dass die ihnen hörige Montessori-Jugend auf die Bühne gebeten wurde, um dort mit der Band den Abgesang des Abends einzuleiten. Ein Trauerspiel, welches bei mir keine zeitnahe Wiederholung erfordert.
Anders als bei Veronica Falls, die ich seit ihrem Konzert Debut durchgängig im Blick behalte, werde ich die spätpubertäre Rüpelphase von Palma Violets mit genügend Abstand aussitzen und hoffen, dass sie ihr Talent nicht so billig verschleudern, wie es an diesem Abend geschehen ist. Es reicht eben nicht nur, sich zum Affen zu machen, um reichlich Zucker zu bekommen.




 

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