Freitag, 5. April 2013

Daughter, Brüssel, 04.04.13


Konzert: Daughter
Ort: Botanique, Brüssel (Orangerie)
Datum: 04.04.2013
Zuschauer: 700 (ausverkauft)
Dauer: Daughter gut 80 min, Bear's Den 35 min



Es ist kein großes Geheimnis, daß ich - daß wir - seit letztem Jahr dem Londoner Trio Daughter restlos verfallen sind. Natürlich sind Elena, Remy und Igor auch lange kein Geheimtipp mehr, schon 2012 verkauften Daughter Konzert auf Konzert aus. Auch die aktuelle Tour, deren Station heute der große Saal des Botanique in Brüssel war, hat einen enormen Zuspruch. Entweder sind die Konzerte ausverkauft oder sie werden hochverlegt (in Köln z.B.). Die erste Tour nach Veröffentlichung des Debütalbums If you leave bei 4AD vor drei Wochen läuft also ausgezeichnet!

Die Karte für Brüssel hatte ich gekauft, lange bevor die deutschen Termine angekündigt worden waren. Da ich sie schon hatte, konnte ich ja auch hin, zumal das Botanique einer der tollsten Orte für Konzerte ist, die ich kenne.


Mein Timing war gut, ich kam unmittelbar vor Beginn der Vorgruppe um acht an. Bear's Den hatte ich sehen wollen, die Anfahrt, besonders das letzte Stück durch die Innenstadt der Hauptstadt sind allerdings häufig unberechenbar. Als ich in den Saal kam, war die Orangerie, der größte der drei Konzerträume des ehemaligen botanischen Gartens (mit angeblich Platz für 700 Besucher) noch nicht sehr voll. Das änderte sich schnell, als das englische Folktrio auf die Bühne kam. 


Ob Bear's Den ein glücklich gewählter Name für eine solche Band ist, weiß ich nicht, er steht ja schließlich irgendwie für Vorurteile, Folkmusikern gegenüber (viele Haare, strenger Geruch), ich mag ihn aber. Ganz sicher ist der Stil der Gruppe aber clever. Ihre schmissigen Lieder haben viel von dem, mit dem man (vor allem Mumford & Sons) zur Zeit groß punkten kann. Es dauerte zwar vier Songs, bis zum ersten Mal rhythmisch mitgeklatscht wurde, das wird sich aber schnell ändern, Bear's Den werden groß, wenn sie nicht alles falsch machen. Ich mochte den Auftritt, dem Nörgler in mir fehlte aber das Originelle der Band. Da halfen auch die zwei Banjos des bärtigen Musikers rechts nicht.


Der Umbau für Daughter verriet einige Änderungen. Gitarrist Igor und Sängerin Elena haben die Plätze getauscht, vermutlich, weil hinter Igor Platz für einen zusätzlichen Musiker gebraucht wurde. Der Tourmusiker spielte vor allem bei den neuen Stücken (also denen der Platte) Keyboard, Gitarre und Bass, hatte bei den meisten der EP-Lieder Pause.


Daughter verstehen es enorm gut, die Atmosphäre ihrer Musik auch live umzusetzen. Zentrale Bedeutung dabei hat sicher Elenas wundervolle Livestimme, die - ich versuche immer wieder zu erklären, daß das etwas Tolles ist - aufregend gelangweilt klingt! Dazu kommen die wundervollen Gitarren von Igor und Elena und das vermutlich ganz und gar nicht herkömmliche Schlagzeug von Remi (mal klackerte er wie ein Uhrwerk nur auf dem Rand einer Trommel, mal lag sein Handtuch als Dämpfer auf dem Instrument. Wie viele Musiker doch froh wären, so eine Stimmung mit ihren Stücken im Studio zu erzeugen; Daughter schaffen das auch auf der Bühne!

Und das, obwohl man Elena zwischen den Lieder anmerkt, wie wenig
professionell-abgebrüht die Bandmitglieder offenbar noch sind. Da ist nichts davon zu merken, daß sie immer größere Säle ausfüllen. Elenas Ansagen, bei denen kein Satz ohne Kichern oder lautes Lachen auskommt, wirken so, als gelten sie ein paar Freundinnen. "Warm hier drin, oder? Ich schwitze wie verrückt! Aber ich mag das so." Irgendwann fiel der Bass des vierten Manns während eines Lieds mit großem Getöse um. Igor entschuldigte sich dafür und für ein paar ihn störende Soundprobleme (von denen aber im Saal nichts zu hören war). "Der Bass ist umgefallen? Habe ich nicht gehört!" Und das immer wieder kichernd und mit ihrer herrlich tiefen, Singsang-Stimme - wundervoll! Es sollte Elenas Ansagen auf Band geben, ich würde sie mir als perfektes Mittel gegen schlechte Laune immer wieder anhören!

Nur einmal kam die Pausen-Elena auch während eines Stücks durch. Bei Candles, einem meiner Lieblinge, vergass die Sängerin den Text. Sie setzte wieder neu an, es klappte aber auch da nicht so recht. Danch, als das Lied durchgestanden war, ging sie kurz zu ihren Kollegen und besprach etwas. Das ursprünglich vorgesehene Lifeforms (es stand auf der Setlist, die auslag - und nicht wie in Luxemburg auf Elenas Hand notiert war) wurde ersatzlos gestrichen. Ob das an Unsicherheit oder zu wenig Zeit lag, weiß ich nicht, es war jedenfalls schade!

Nach 75 Minuten beendete Home mein drittes hervorragendes Daughter-
Konzert. Die Engländer spielen keine Zugaben, das wusste ich. Auf meinem Weg durch den knallvollen Saal Richtung Ausgang und viel zu langer Heimfahrt sah ich aber, daß die Band zurückkam. "Wir versuchen etwas, das wir neulich fürs Radio gespielt haben." "Etwas" war eine Kombination aus einem Bon Iver (Perth) und einem Hot Chip Cover (Ready for the floor); zusammen ein Lied, das nach einem homogenen Stück klang, und nach einem von Daughter - sagenhaft!

Der Abend hat mich in meiner Meinung bestärkt, daß Daughter höchstens mit The xx vergleichbar sind. Beide Bands verbindet eine Menge, auch wenn das musikalisch nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist. Vorrangig sind beide aber mit einem originellen, eigenen Stil auf der Bildfläche erschienen und werden da nicht so schnell wieder verschwinden! Auch hier bei uns nicht - Montag geht es weiter.

Setlist Daughter, Botanique, Brüssel:

01: Winter
02: Love
03: Amsterdam
04: Tomorrow
05: Landfill
06: Run
07: Still
08: Candles
09: Human
10: Smother
11: Shallows
12: Youth
13: Home

14: Perth / Ready for the floor (Bon Iver / Hot Chip Cover) (Z)

Tourdaten Daughter (Auswahl):

08.04.: Bürgerhaus Stollwerck, Köln (ausverkauft)
09.04.: Festsaal Kreuzberg, Berlin (ausverkauft)
15.04.: Knust, Hamburg (ausverkauft)
16.04.: Zoom, Frankfurt (ausverkauft)
17.04.: Mascotte, Zürich (ausverkauft)
19.04.: Café de la Danse, Paris (ausverkauft)

Links:

- aus unserem Archiv:
- Daughter, Luxemburg, 10.11.12
- Daughter, Paris, 07.11.12
- Daughter, Haldern, 11.08.12
- Daughter, Haldern, 11.08.12 


6 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Kein 'Lifeforms' bei diesem Konzert? Schade, bester Daughter Song.

Christoph hat gesagt…

Lifeforms ist auch einer meiner Lieblinge.

Es stand ursprünglich auf der Setlist, wurde aber während des Konzerts gestrichen.

Anonym hat gesagt…

Hallo, darf ich kurz fragen, wie man sich den Aufbau vorstellen darf? Also, sagen wir, wenn man auf die Bühne schaut (und nicht, wie die Musiker, aus Bühnensicht spricht)? Wenn Du das hier schreibst: "Der Umbau für Daughter verriet einige Änderungen. Gitarrist Igor und Sängerin Elena haben die Plätze getauscht, vermutlich, weil hinter Igor Platz für einen zusätzlichen Musiker gebraucht wurde."
Danke für Euer Tagebuch, deckt wirklich so gut wie alles für mich ab :-) Grüße, Sophie

Christoph hat gesagt…

Also mit Blick auf die Bühne stehen Elena jetzt links und Igor rechts. Igor hat an seinem Mikro einen Köcher für einen Geigenbogen, falls sie noch mal die Plätze tauschen!

Anonym hat gesagt…

Danke für die Antwort, darauf werde ich morgen, nein, später achten!

Christoph hat gesagt…

Viel Spaß!

 

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