Konzert: Lambchop (akustisch)
Ort: Konzerthaus Dortmund
Datum: 07.11.2008
Zuschauer: nahezu ausverkauft
Dauer: Lambchop 115 min, The Paper Hats gut 30 min
Auf der nächtlichen Rückfahrt von Dortmund Richtung Süden erzählte Doro aus dem Rhein-Main-Gebiet beim einslive-Talkradio Domian von ihrer Konzertsucht. Sie sehe im Monat mindestens fünf Konzerte und fühle sich schlecht, wenn es weniger wären. Leute gibt es!
Die Hinfahrt auf der A1 war anders spannend. Keinerlei Meldungen über Verkehrsstörungen an einem frühen Freitagabend. Erstaunlich und zu schön, um wahr zu sein! Wir wären laut Navi um 19 Uhr und damit ausreichend früh vor unseren Verabredungen in Dortmund gewesen, um noch den massiv steigenden Hunger zu stillen. Dummerweise verunglückte dann ein Auto in einer Baustelle, und wir standen... Der bequeme Puffer schmolz und schmolz. Als es endlich wieder lief und wir fuhren, schafften wir es, gerade so pünktlich zu den letzten Gongs im Konzerthaus anzukommen.
Hungrig und abgehetzt saß in meinem Stuhl, als vorne auf der Bühne ein junger Mann Blazer, Jeans und Gitarre erschien, sich auch setzte und ein erstes sehr akustisches Lied spielte. Während er das so tat, und nach den ersten Minuten offensichtlich wurde, daß er nicht singen würde, hatte ich viel Zeit, mich umzugucken. Der Saal war bis auf wenige Plätze voll. Auf der Bühne dominierte ein Flügel, es standen aber an allen Ecken Gitarren, auch E-Gitarren mit Verstärkern, ein Schlagzeug (ein abgespecktes) und ein Keyboard. Es sah also nach einem semiakustischen Konzert später aus. Während ich mich umguckte, spielte William Tyler, der als The Paper Hats auftrat, weiter dieses erste Lied. Ich weiß, daß ich hiermit als furchtbarer Banause auffalle, auf mich wirkte Williams Spiel aber eher wie ein Bewerbungsauftritt um einen Gitarristenposten, als das Vortragen von Liedern. Ganz sicher waren die Dinge, die er da tat, hoch komplex und sehr anspruchsvoll. Sie waren aber auch nicht richtig spannend. Aber auch nicht so unspektakulär, daß ich eingeschlafen wäre, wie mein Sitznachbar. Das zweite und dritte Achtminutenstück war ähnlich, dann tat sich etwas. William stand auf, nahm eine E-Gitarre, und rückte das Mikro vor seinem Mund zurecht. "I don't sing, I just like moving the microphone..."
Diese letzte Lied heiße Crystal Palace. "It's about a deserted building." Ich hörte mir also andächtig all die kleinen Anekdoten über Treppen, auf denen Gras wächst, über leere Säle und die Menschen, die da früher einmal feierten, Schicksale, die mit dem Gebäude verknüpft waren und all die kleinen anderen Momente des Londoner Gebäudes an und kam langsam besser in die Instrumentalmusik des jungen Amerikaners rein...
Nach einer guten halben Stunde waren die vier Lieder beendet und William verabschiedete sich beeindruckt von Saal und Menschenmenge. "Ich habe noch nie vor solch vielen Leuten gespielt!" Und vermutlich auch noch nicht in einem solch aufregenden Konzertsaal. Denn das Dortmunder Konzerthaus ist wirklich sehenswert. Mir gefallen die klaren Linien des Raums, die extrem hohe Decke oder der Bühnenbau extrem gut. Aber herausragend ist selbstverständlich die Akustik! Man hörte schon bei den Paper Hats jedes kleinste Kratzen an der Gitarre, alles, was William an seinem Instrument bewegte, klang laut und kristallklar im Saal wider. Das Konzept, in diesem klassischen Konzerthaus, Popkünstler auftreten zu lassen, ist brillant. Bei meinem letzten (weil bisher einzigen) Besuch hatte ich die deutsche Nummer eins Polarkreis 18 hier gesehen.
Der Vorgruppen-Sänger erschien kurz danach wieder mit den anderen Lambchop Mitgliedern, wobei dies nicht korrekt ist, denn eine eigentliche Band mit festen Musikern gibt es nicht. Heute traten neben Mastermind Kurt Wagner Pianist Tony Crow, Bassist Matt Swanson, Schlagzeuger Scott Martin und die drei Gitarristen Alex McManus, William Tyler und Ryan Norris auf. Ryan spielte zwar überwiegend akustische Gitarre, hatte aber auch Parts am Keyboard, das, es war schließlich ein Akustikkonzert, als Orgel deklariert wurde.
Kurt Wagner erschien in dem Outfit, das er schon in Paris anhatte. Outfit ist aber sicher falsch, da ich vermute, daß Kappe, abricotfarbener Pullover und weißes Hemd keine Bühnenverkleidung sind sondern seine bevorzugte Kleidung. Ich muß Olivers Beschreibung vom Pariser Konzert widersprechen. Für mich sah Kurt Wagner nicht nach einem US Trucker aus, nichts erinnerte mich an den Klischee-Trucker, der irgendwo in einem Diner sitzt und Kaffee und Bacon frühstückt. Aber ich glaube, darum geht es gar nicht.
Mein Sitznachbar machte sich solche Gedanken nicht, er schlief wieder, wachte meist nur beim Applaus zwischen den Stücken auf. Sicherlich war die sehr ruhige Musik gefährlich, wenn man sehr müde im Konzertsaal saß. Denn trotz der meist vier Gitarren war die Grundstimmung sehr still und leise. Kurt saß auf Bühnenkisten und hatte einen Stapel einzelner Blätter vor sich liegen. Nach jedem Lied legte er das gerade abgesungene Papier ordentlich auf einen zweiten Stapel auf dem Boden. Ob er Texte oder Noten auf den Zetteln hatte oder eine Setlist für Kurt einfach nicht leserlich ist, konnte ich nicht herausfinden, gesehen hatte ich so etwas aber noch nicht. Es war ziemlich komisch, Kurt beim Blättern zu beobachten.
Die erste Hälfte des Konzerts bestand zum Großteil aus Titeln des neuen Albums OH (ohio) . Einzige Ausnahme war das Bob Dylan Cover You're a big girl now. Ansonsten spielte der Musiker aus Tennessee (11 Wahlmänner) mit seinen sechs Begleitern anfangs zehn der elf Lieder des neuen Albums. Auch wenn jeder Titel mit großem Beifall bedacht wurde, schien Kurt Wagner Zweifel zu haben. "Gleich kommen Lieder, die ihr besser kennt", hielt er ein paarmal für nötig. Dabei wollte sicher niemand auf solche Perlen wie National Talk Like A Pirate Day verzichten! Mal abgesehen von dem wundervollen Titel (der sich auf den jedes Jahr am 19. September weltweit begangenen Feiertag bezieht), ist das Lied fabelhaft und hat mich auch live sehr begeistert! Ein nächstes richtiges Highlight für mich war Of Raymond! Hätte mein Nachbar das doch auch bloß genießen können.
Unmittelbar nach diesem musikalischen Knüller kam die dieser Tage unvermeidliche Kommentierung der US Wahl. Kurt Wagner beruhigte uns, daß sie selbstverständlich vor ihrer Abreise gewählt hatten. Und sie freuten sich sehr über Barack (nicht "Barak", Monsieur le Président) Obamas Wahl. "Nicht, daß McCain kein guter Kerl wäre!", das Pianist Tony präzisierte: "Er ist einer der wenigen Republikaner, der an die Evolution glaubt!" - "Weil er dabei war." Der Sänger erwiderte: "A good second choice!" - Tony: "Evolution?" Ich hatte plötzlich unglaublichen Hunger auf Spaghetti.
"Das ist jetzt das letzte unbekannte Lied," leitete der Kappenträger Popeye ein. Eine sehr gute Wahl, gerade diesen Titel ans Ende des Ohio*-Blocks zu setzen, obwohl es das drittletzte Lied der Platte ist. Eine gute Wahl deshalb, weil der Titel ganz plötzlich laut wird und sich damit von den vorhergehenden abhob. Dieser Bruch im Lied war also auch das Zeichen, daß nun ältere Titel kämen.
Aber es war natürlich nur ein symbolischer Bruch, denn es ging weiter wie zuvor - wundervolle Lieder, mit Instrumentierung, die in diesem besonderen Konzertsaal traumhaft klang. Und diese Stimme! Das Nörglige, Genuschelte, das so gut klingt, die tollen Höhenunterschiede. Beeindruckend!
Irgendwann wurde Kurt Wagner unruhig und nahm sein Handy aus der Tasche, um auf die Uhr zu gucken. Tony bemerkte es auch: "Expecting a call?" Irgendwie der Humor zur Musik.
Unruhig wurde ich langsam auch. Nicht wegen meines Hungers, sondern weil das Parkhaus der 500.000 Einwohner-Stadt, in dem wir geparkt hatten, um Mitternacht schloß. Aber Kurt blätterte und blätterte, und die Band spielte weiter. Ich weiß nicht, ob der Tourbus auch in unserem Parkhaus stand, die Blicke auf die Handyuhr wurden häufiger. Nach Flick nahm der Mann aus dem schönsten US-Staat die restlichen Partituren und sah durch, was noch geplant war. "Wir spielen noch ein Lied, habt ihr Wünsche?" Zum zugerufenen Is a woman gab es ein Blatt, das letzte Lied war also ausgewählt. Mit diesem sehr schönen Titel endete um kurz vor halb zwölf der Hauptteil des Konzerts.
Nach ganz kurzer Pause erschienen die Musiker wieder. Tony zählte ab, ob alle da waren, es fehlten aber der Bandleader und Bassist oder rechter Gitarrist. Als alle da waren, wurden wir wieder befragt, was wir hören wollten. " Your fucking sunny day!" - "For real?" entgegnete Kurt. Auch seine Kollegen schienen nicht sicher zu sein. Was macht man in einer Wahlwoche? Lambchop stimmten ab, Kurt Wagner befragte alle, ob sie einverstanden wären, um dann kopfschüttelnd "Kids!" zu kommentieren.
Ganz zum Schluß folgte dann noch der eine fehlende Titel von Ohio, I believe in you. Und ein Witz von Tony, den ich wieder vergessen habe, der aber zu erstauntem Gemurmel im Publikum führte. Es ging um einen Vater mit zwei Geschlechtsteilen und die Erklärung des Sohns dafür. Kurt Wagner, der vorher noch ein wenig erleichtert gesagt hatte, daß wir Glück gehabt hätten, daß Tony sich mit seinen Witzen zurückgehalten habe ("manchmal macht er das nicht..." ), fand, "that might be a little bit inappropriate." Ich fand nichts an diesem Abend unangemessen. Es war sehr schön. Daß ich mich nicht hundertprozentig auf die Musik konzentrieren konnte, lag an Hunger und Anreise, die innere Ruhe fehlte. Meinem Nachbarn nicht. Der konnte sich prima fallen lassen.
Setlist Lambchop, Konzerthaus Dortmund:
01: Ohio
02: Slipped dissolved and loosed
03: You're a big girl now (Bob Dylan Cover)
04: National Talk Like A Pirate Day
05: Close up
06: Sharing a Gibson with Martin Luther King jr.
07: I'm thinking of a number (between 1 and 2)
08: A hold of you
09: Of Raymond
10: Please rise
11: Popeye
12: Give it
13: The daily growl
14: The new cobweb summer
15: Autumn's vicar
16: Flick
17: Is a woman
18: Your fucking sunny day (Z)
19: I believe in you (Z)
* Obama 51%
Links:
- Lambchop am 25.10.08 in Paris
- Kurt Wagner gemeinsam mit Calexico am 08.09.08 in Paris
Die Fotos sind gefälscht. Sie stammen vom Pariser Auftritt der Band. Ich versichere aber hier reinsten Gewissens, daß die Künstler in Dortmund genauso aussahen.
Ort: Konzerthaus Dortmund
Datum: 07.11.2008
Zuschauer: nahezu ausverkauft
Dauer: Lambchop 115 min, The Paper Hats gut 30 min
Auf der nächtlichen Rückfahrt von Dortmund Richtung Süden erzählte Doro aus dem Rhein-Main-Gebiet beim einslive-Talkradio Domian von ihrer Konzertsucht. Sie sehe im Monat mindestens fünf Konzerte und fühle sich schlecht, wenn es weniger wären. Leute gibt es!
Die Hinfahrt auf der A1 war anders spannend. Keinerlei Meldungen über Verkehrsstörungen an einem frühen Freitagabend. Erstaunlich und zu schön, um wahr zu sein! Wir wären laut Navi um 19 Uhr und damit ausreichend früh vor unseren Verabredungen in Dortmund gewesen, um noch den massiv steigenden Hunger zu stillen. Dummerweise verunglückte dann ein Auto in einer Baustelle, und wir standen... Der bequeme Puffer schmolz und schmolz. Als es endlich wieder lief und wir fuhren, schafften wir es, gerade so pünktlich zu den letzten Gongs im Konzerthaus anzukommen.
Hungrig und abgehetzt saß in meinem Stuhl, als vorne auf der Bühne ein junger Mann Blazer, Jeans und Gitarre erschien, sich auch setzte und ein erstes sehr akustisches Lied spielte. Während er das so tat, und nach den ersten Minuten offensichtlich wurde, daß er nicht singen würde, hatte ich viel Zeit, mich umzugucken. Der Saal war bis auf wenige Plätze voll. Auf der Bühne dominierte ein Flügel, es standen aber an allen Ecken Gitarren, auch E-Gitarren mit Verstärkern, ein Schlagzeug (ein abgespecktes) und ein Keyboard. Es sah also nach einem semiakustischen Konzert später aus. Während ich mich umguckte, spielte William Tyler, der als The Paper Hats auftrat, weiter dieses erste Lied. Ich weiß, daß ich hiermit als furchtbarer Banause auffalle, auf mich wirkte Williams Spiel aber eher wie ein Bewerbungsauftritt um einen Gitarristenposten, als das Vortragen von Liedern. Ganz sicher waren die Dinge, die er da tat, hoch komplex und sehr anspruchsvoll. Sie waren aber auch nicht richtig spannend. Aber auch nicht so unspektakulär, daß ich eingeschlafen wäre, wie mein Sitznachbar. Das zweite und dritte Achtminutenstück war ähnlich, dann tat sich etwas. William stand auf, nahm eine E-Gitarre, und rückte das Mikro vor seinem Mund zurecht. "I don't sing, I just like moving the microphone..."
Diese letzte Lied heiße Crystal Palace. "It's about a deserted building." Ich hörte mir also andächtig all die kleinen Anekdoten über Treppen, auf denen Gras wächst, über leere Säle und die Menschen, die da früher einmal feierten, Schicksale, die mit dem Gebäude verknüpft waren und all die kleinen anderen Momente des Londoner Gebäudes an und kam langsam besser in die Instrumentalmusik des jungen Amerikaners rein...
Nach einer guten halben Stunde waren die vier Lieder beendet und William verabschiedete sich beeindruckt von Saal und Menschenmenge. "Ich habe noch nie vor solch vielen Leuten gespielt!" Und vermutlich auch noch nicht in einem solch aufregenden Konzertsaal. Denn das Dortmunder Konzerthaus ist wirklich sehenswert. Mir gefallen die klaren Linien des Raums, die extrem hohe Decke oder der Bühnenbau extrem gut. Aber herausragend ist selbstverständlich die Akustik! Man hörte schon bei den Paper Hats jedes kleinste Kratzen an der Gitarre, alles, was William an seinem Instrument bewegte, klang laut und kristallklar im Saal wider. Das Konzept, in diesem klassischen Konzerthaus, Popkünstler auftreten zu lassen, ist brillant. Bei meinem letzten (weil bisher einzigen) Besuch hatte ich die deutsche Nummer eins Polarkreis 18 hier gesehen.
Der Vorgruppen-Sänger erschien kurz danach wieder mit den anderen Lambchop Mitgliedern, wobei dies nicht korrekt ist, denn eine eigentliche Band mit festen Musikern gibt es nicht. Heute traten neben Mastermind Kurt Wagner Pianist Tony Crow, Bassist Matt Swanson, Schlagzeuger Scott Martin und die drei Gitarristen Alex McManus, William Tyler und Ryan Norris auf. Ryan spielte zwar überwiegend akustische Gitarre, hatte aber auch Parts am Keyboard, das, es war schließlich ein Akustikkonzert, als Orgel deklariert wurde.
Kurt Wagner erschien in dem Outfit, das er schon in Paris anhatte. Outfit ist aber sicher falsch, da ich vermute, daß Kappe, abricotfarbener Pullover und weißes Hemd keine Bühnenverkleidung sind sondern seine bevorzugte Kleidung. Ich muß Olivers Beschreibung vom Pariser Konzert widersprechen. Für mich sah Kurt Wagner nicht nach einem US Trucker aus, nichts erinnerte mich an den Klischee-Trucker, der irgendwo in einem Diner sitzt und Kaffee und Bacon frühstückt. Aber ich glaube, darum geht es gar nicht.
Mein Sitznachbar machte sich solche Gedanken nicht, er schlief wieder, wachte meist nur beim Applaus zwischen den Stücken auf. Sicherlich war die sehr ruhige Musik gefährlich, wenn man sehr müde im Konzertsaal saß. Denn trotz der meist vier Gitarren war die Grundstimmung sehr still und leise. Kurt saß auf Bühnenkisten und hatte einen Stapel einzelner Blätter vor sich liegen. Nach jedem Lied legte er das gerade abgesungene Papier ordentlich auf einen zweiten Stapel auf dem Boden. Ob er Texte oder Noten auf den Zetteln hatte oder eine Setlist für Kurt einfach nicht leserlich ist, konnte ich nicht herausfinden, gesehen hatte ich so etwas aber noch nicht. Es war ziemlich komisch, Kurt beim Blättern zu beobachten.
Die erste Hälfte des Konzerts bestand zum Großteil aus Titeln des neuen Albums OH (ohio) . Einzige Ausnahme war das Bob Dylan Cover You're a big girl now. Ansonsten spielte der Musiker aus Tennessee (11 Wahlmänner) mit seinen sechs Begleitern anfangs zehn der elf Lieder des neuen Albums. Auch wenn jeder Titel mit großem Beifall bedacht wurde, schien Kurt Wagner Zweifel zu haben. "Gleich kommen Lieder, die ihr besser kennt", hielt er ein paarmal für nötig. Dabei wollte sicher niemand auf solche Perlen wie National Talk Like A Pirate Day verzichten! Mal abgesehen von dem wundervollen Titel (der sich auf den jedes Jahr am 19. September weltweit begangenen Feiertag bezieht), ist das Lied fabelhaft und hat mich auch live sehr begeistert! Ein nächstes richtiges Highlight für mich war Of Raymond! Hätte mein Nachbar das doch auch bloß genießen können.
Unmittelbar nach diesem musikalischen Knüller kam die dieser Tage unvermeidliche Kommentierung der US Wahl. Kurt Wagner beruhigte uns, daß sie selbstverständlich vor ihrer Abreise gewählt hatten. Und sie freuten sich sehr über Barack (nicht "Barak", Monsieur le Président) Obamas Wahl. "Nicht, daß McCain kein guter Kerl wäre!", das Pianist Tony präzisierte: "Er ist einer der wenigen Republikaner, der an die Evolution glaubt!" - "Weil er dabei war." Der Sänger erwiderte: "A good second choice!" - Tony: "Evolution?" Ich hatte plötzlich unglaublichen Hunger auf Spaghetti.
"Das ist jetzt das letzte unbekannte Lied," leitete der Kappenträger Popeye ein. Eine sehr gute Wahl, gerade diesen Titel ans Ende des Ohio*-Blocks zu setzen, obwohl es das drittletzte Lied der Platte ist. Eine gute Wahl deshalb, weil der Titel ganz plötzlich laut wird und sich damit von den vorhergehenden abhob. Dieser Bruch im Lied war also auch das Zeichen, daß nun ältere Titel kämen.
Aber es war natürlich nur ein symbolischer Bruch, denn es ging weiter wie zuvor - wundervolle Lieder, mit Instrumentierung, die in diesem besonderen Konzertsaal traumhaft klang. Und diese Stimme! Das Nörglige, Genuschelte, das so gut klingt, die tollen Höhenunterschiede. Beeindruckend!
Irgendwann wurde Kurt Wagner unruhig und nahm sein Handy aus der Tasche, um auf die Uhr zu gucken. Tony bemerkte es auch: "Expecting a call?" Irgendwie der Humor zur Musik.
Unruhig wurde ich langsam auch. Nicht wegen meines Hungers, sondern weil das Parkhaus der 500.000 Einwohner-Stadt, in dem wir geparkt hatten, um Mitternacht schloß. Aber Kurt blätterte und blätterte, und die Band spielte weiter. Ich weiß nicht, ob der Tourbus auch in unserem Parkhaus stand, die Blicke auf die Handyuhr wurden häufiger. Nach Flick nahm der Mann aus dem schönsten US-Staat die restlichen Partituren und sah durch, was noch geplant war. "Wir spielen noch ein Lied, habt ihr Wünsche?" Zum zugerufenen Is a woman gab es ein Blatt, das letzte Lied war also ausgewählt. Mit diesem sehr schönen Titel endete um kurz vor halb zwölf der Hauptteil des Konzerts.
Nach ganz kurzer Pause erschienen die Musiker wieder. Tony zählte ab, ob alle da waren, es fehlten aber der Bandleader und Bassist oder rechter Gitarrist. Als alle da waren, wurden wir wieder befragt, was wir hören wollten. " Your fucking sunny day!" - "For real?" entgegnete Kurt. Auch seine Kollegen schienen nicht sicher zu sein. Was macht man in einer Wahlwoche? Lambchop stimmten ab, Kurt Wagner befragte alle, ob sie einverstanden wären, um dann kopfschüttelnd "Kids!" zu kommentieren.
Ganz zum Schluß folgte dann noch der eine fehlende Titel von Ohio, I believe in you. Und ein Witz von Tony, den ich wieder vergessen habe, der aber zu erstauntem Gemurmel im Publikum führte. Es ging um einen Vater mit zwei Geschlechtsteilen und die Erklärung des Sohns dafür. Kurt Wagner, der vorher noch ein wenig erleichtert gesagt hatte, daß wir Glück gehabt hätten, daß Tony sich mit seinen Witzen zurückgehalten habe ("manchmal macht er das nicht..." ), fand, "that might be a little bit inappropriate." Ich fand nichts an diesem Abend unangemessen. Es war sehr schön. Daß ich mich nicht hundertprozentig auf die Musik konzentrieren konnte, lag an Hunger und Anreise, die innere Ruhe fehlte. Meinem Nachbarn nicht. Der konnte sich prima fallen lassen.
Setlist Lambchop, Konzerthaus Dortmund:
01: Ohio
02: Slipped dissolved and loosed
03: You're a big girl now (Bob Dylan Cover)
04: National Talk Like A Pirate Day
05: Close up
06: Sharing a Gibson with Martin Luther King jr.
07: I'm thinking of a number (between 1 and 2)
08: A hold of you
09: Of Raymond
10: Please rise
11: Popeye
12: Give it
13: The daily growl
14: The new cobweb summer
15: Autumn's vicar
16: Flick
17: Is a woman
18: Your fucking sunny day (Z)
19: I believe in you (Z)
* Obama 51%
Links:
- Lambchop am 25.10.08 in Paris
- Kurt Wagner gemeinsam mit Calexico am 08.09.08 in Paris
Die Fotos sind gefälscht. Sie stammen vom Pariser Auftritt der Band. Ich versichere aber hier reinsten Gewissens, daß die Künstler in Dortmund genauso aussahen.
1 Kommentare :
Kurt hatte doch mit Sicherheit in Dortmund die gleiche Kappe an, oder? Die trägt er immer!
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