Konzert: Fear Of Men
Ort: Forum Freies Theater Düsseldorf
Datum: 20.09.2016
Dauer: knapp 60 min
Zuschauer: 30
Am Dienstagabend spielten in Köln die Kings Of Convenience ihr neues, noch nicht aufgenommes Album in der KulturKirche. Auch ohne zu ahnen, daß Jonas Hector da sein würde, wäre das ein Pflichttermin gewesen, hätten nicht Monate vorher Fear Of Men ein einsames Konzert im FFT Düsseldorf angekündigt. Fear Of Men hatte ich im Sommer 2013 beim Indietracks Festival kennengelernt, danach als Support (und Begleitband) der Pains Of Being Pure At Heart in Köln und vor ziemlich genau zwei Jahren in Brüssel und Heidelberg wiedergesehen. Dieses alberne Städtedropping ist leider nötig, um zu verdeutlichen, wie schwierig es ist, die Band aus Brighton live zu sehen (und wie egal es mir ist, dafür zu fahren).
2016 erschien Fall forever, das zweite Album der englischen Band. Wie das erste (Loom) und die Sammlung der frühen Singles (oder schöner: Early fragments) besticht Fall forever nicht nur durch die ästhetische Gestaltung - alle Designs sind von musealen Motiven geprägt, mein Liebling ist die Green sea Single, auf der ein Topf und eine Scherbe zu sehen sind - sondern vor allem durch die grandiosen Songs. Wie sich das eben gehört. Es fehlt vielleicht der Überhit wie eben Green sea oder das Doppel Alta / Waterfall, mit dem Loom beginnt, die Platte mit dem umschlungenen, vergoldeten Paar wird von Mal zu Mal aber mehr zum Liebling (der Loom schon ist).
Das FFT, das Forum Freies Theater ist mitten in der Düsseldorfer Innenstadt. Als wir mit einer Kölner Abordnung ankamen, waren wir fast alleine im Foyer des Theaters. Die Bühne war im Vorraum der Bar aufgebaut und sah toll aus. Im Hintergrund standen zwei große (ägyptisch inspirierte) Fs wie auf der Rückseite der neuen Platte. Das Bandlogo. Auch wenn das Foyer selbst nicht viel Charme hatte (es ist eben ein Foyer mit Bar und Zugang zu den Toiletten), hatte der Veranstalter es geschafft, ein schönes Bühnenbild hinzubekommen, da merkte man, daß ein Theater der Gastgeber war.
Eigentlich sollte es um halb neun losgehen, man hoffte aber wohl noch auf mehr Zuschauer und wartete bis neun. Die 30, die bis dahin da waren (incl. Theaterpersonal) machten aber wegen des kleinen Raums zwischen Bühne und Mischpult keinen so peinlichen Eindruck, wie man denken könnte. Aber es blieben eben auch 30. Bei einer Band, die immerhin von Karsten Jahnke gebucht bzw. vermarktet wird, und die so grandios wie Fear Of Men ist, tut das sehr weh.
Um kurz nach neun kamen erst Schlagzeuger Michael Miles und die neue Keyboarderin (deren Namen ich nicht kenne) auf die Bühne. Die Nachfolgerin von Becky Wilkie (die auch bei PINS gespielt hatte) erzeugte wabernde, sich wiederholende Geräusche, in die irgendwann Michael einstieg. Diese Hintergrundmusik endete, als Gitarrist Daniel Falvey und Sängerin Jessica Weiss dazukamen. Das erste echte Lied war dann Island vom neuen Album, dem die anderen Stücke der A-Seite von Fall forever (bis auf Vesta) folgten.
Die Musik der Brightoner lebt zwar von der wundervollen Stimme von Jess, das als herausragendes Merkmal zu beschreiben wäre aber viel zu kurz gegriffen. Die Melodien der Stücke mit vielen Brüchen, Lautstärkeänderungen, die perfekt aufeinander abgestimmten Schlagzeug und Gitarre, das macht aus Fear Of Men viel mehr als eine weitere nette kleine Indiepop-Band. Bei Fall forever spielen Keyboards eine größere Rolle als vorher. So dauerte es auch bis zum ersten alten Stück, bis Jessica nach ihrer Gitarre griff und ihre Nachbarin das Keyboard gegen einen Bass eintauschte.
Dieses erste alte Stück war Teil eins der besten sieben Minuten seit langer Zeit... Alta, das die leise und zurückhaltende Einleitung von Waterfall ist - der Übergang dieser beiden Lieder ist grandios! - dann eben Waterfall und danach ohne Platz für Applaus Green sea, fantastisch!
Auf Platte ist das alles toll, live eine Ecke toller. Daniel und Jess wiegen ihre Instrumente in Pendelbewegungen hin und her. Hat die Sängerin die Hände frei, was jetzt häufiger vorkommt, bewegt sie Kopf und Körper ununterbrochen.
Während des Konzerts war mir aufgefallen, daß ich, obwohl es mein fünftes FoM-Mal war, die Band noch nie mit einem eigenen Konzert gesehen habe, immer nur als Vorgruppe oder mittags beim Indietracks. Und immer nur gut 35 Minuten lang.
Als Fear Of Men nach Inside von der Bühne gingen, hatte ich auch den Eindruck, als hätten sie gerade erst begonnen. Es war enorm kurzweilig, die zweite Konzerthälfte bestand vor allem aus älteren (zwei Gitarren und Bass-) Liedern. Nur die beiden Stücke vor Inside (Trauma und Sane - bei Sane wurde es am Ende wild rockig, Jess headbangte dazu, obwohl sie etwa so sehr nach Rockerin aussieht wie Erlend Øye von den Kings of Convenience) stammten vom neuen Album.
Nach Inside legten sie ihre Instrumente ab (es gab keine Gitarrenständer, obwohl sonst alles perfekt war) und kamen nach kurzer Pause zurück. Am Merch probierte einer der Zuschauer in der Zeit schon einmal die eleganten Baseballkappen mit Band-F an. Die beiden großen Fs auf der Bühne leuchteten jetzt! Die zwei Zugaben waren noch einmal alte Perlen von frühen Singles, Mosaic und Ritual confession.
Apropos Perlen... Es war ein wundervolles Konzert, das Forum Freies Theater ist ein toller Veranstaltungsort, das Publikum war sehr begeistert (und nicht nur die angereisten Fangirls und -boys) und aufmerksam. Aber daß so eine brillante Band nicht vor mehr als 30 Leuten spielt und daß es drei Jahre dauerte, bis sie überhaupt für eigene Konzerte nach Deutschland kam, ist schon eine große Verschwendung von Talent.
Nach dem gut einstündigen Konzert fand ich es jedenfalls überhaupt nicht mehr irre, 2014 für je 35 min nach Brüssel und Heidelberg gefahren zu sein.
Setlist Fear Of Men, FFT Düsseldorf:
01: Island
02: Undine
03: A memory
04: Until you
05: Alta
06: Waterfall
07: Green sea
08: Luna
09: Doldrums
10: Descent
11: Vitrine
12: Trauma
13: Sane
14: Inside
15: Mosaic (Z)
16: Ritual confession (Z)
Links:
- aus unserem Feor Of Men Archiv:
- Fear Of Men, Heidelberg, 06.10.14
- Fear Of Men, Brüssel, 03.10.14
- Fear Of Men, Köln, 25.06.14
- Fear Of Men, Ripley, 28.07.13
2 Kommentare :
In Antwerpen waren es 60 - 70 Zuschauer. Dafür gab es aber keine Zugaben, die diversen Stecker und Schalter wurden umgehend nach Island ausgeschaltet als klare Ansage, dass nichts mehr kommt und die Band ging direkt zum Merch.
Fand das Konzert nur "ganz gut", der Gitarrenhelikopter hat mich irritiert und dass die Sängerin langsam zur Frontsau wird auch. L. hingegen war restlos begeistert. Doldrums stand zwar auf der Setlist, wurde aber kurz vorher durchgestrichen. Ausgerechnet bei Waterfall ist zudem die Gitarre der Sängerin ausgefallen.
Fear Of Men habe ich damals in Köln im Vorprogramm der pains of being pure at heart gesehen und von dem Moment stand bereits fest, dass ich die Band nochmal sehen muss.
Auch das Konzert in Düsseldorf konnte mich überzeugen, wenngleich es auch etwas schwerer war sich mit dem veränderten Stil der Band anzufreunden. So oder so, Fear Of Men scheinen mit ihrem zweiten Album irgendwie mehr in Richtung Art-Rock zu gehen und die Darbietung von Jessica Weiss hatte schon fast etwas von einer Performance. Von dem Standpunkt aus gab es sehr viel Sinn, das der Auftritt in einem Theater stattfindet.
Alles in allem war es in meinen Ohren (und Augen)ein wirklich tolles Konzert, aber ich gebe Christoph absolut Recht: so wenig Zuschauer bei gleichzeitig so viel Talent tut echt weh und die Band hat das auch nicht verdient!
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