Konzert: Down the Rabbit Hole Festival
Ort: Nimwegen
Datum: 24.-26.06.2016
Dauer: 3 Tage
Zuschauer: 20.000 ausverkauft
Nachdem ja schon vier Berichte vom diesjährigen "Down the Rabbit Hole" Festival in unserem Archiv zu finden sind, hier noch der Überblick vom restlichen Wochenende: Das "Down the Rabbit Hole" ist die kleine Schwester des beliebten "Lowlands"-Festival in den Niederlanden.
Hier wurde schon vor mehr als zehn Jahren demonstriert was ein Festival an Komfort und Esprit neben einem extrem variablen Line-Up alles Leisten kann. Doch die Zeiten für das "Lowlands" änderten sich. Mit 55.000 Menschen immer ausverkauft konnte es kein reines "Indie"-Festival bleiben, der Schwerpunkt verlagerte sich auf Pop und Dance und es wurde für den Veranstalter Mojo Zeit für ein neues, kleineres Lieblingskind.

Wie beim "Lowlands" könnte man auch hier den ganzen Tag von einer Mini-DJ-Bühne zur nächsten Aktion (Hula-Hoopen mit DJ), Kino, Yoga oder Stijldansen im Spiegelzelt flanieren, ohne überhaupt eines der großen Bühnenzelte zu betreten. Drei davon gibt es, von der Kapazität Headliner (10.000), Stadthalle (5.000) bis Clubact (1.000) ist alles dabei.
Wenn man sich anschaut, wie entspannt die Menschen auf eine liebevolle Gestaltung des Geländes und des Programms reagieren, fragt man sich wirklich, warum es so etwas in Deutschland (trotz erster Versuche) immer noch nicht gibt.
Nach "Sun Kil Moon" (siehe Bericht) und den "Pavement"-Jüngern von "Parquet Courts", die von einem vollen Zelt erstaunlich viel Anerkennung erhielten, war es Zeit für "Courtney Barnett". Vielfach als "Album des Jahres" ausgezeichnet ist sie immer noch auf Tour, wirkt gegenüber dem fantastischen Nachtauftritt in Haldern letztes Jahr jetzt aber natürlich schon wesentlich routinierter.

Der zweite Tag beginnt mit den holländischen "My Baby" durchaus vielversprechend, aber hier wäre ein kleineres Zelt sicher schöner gewesen, tolle Live-Band allemal. "Whitney" und "Rhodes", beides für mich zu poppig und nicht fesselnd genug, da bietet der Elvis-Imitator auf einer Waldbühne aus alten Kühlschränken und Elektroschrott noch mehr Abwechslung.
"The Cinematic Orchestra" gibt es auch noch. Aber so richtige Begeisterung kann bei den zum Teil anstrengenden Jazz-Klängen am Nachmittag auch nicht aufkommen. Somit sind "Savages" zum genau richtigen Zeitpunkt da, um einem nach dem zweiten Pulled-Pork Sandwich wieder etwas Leben einzuhauchen.

Direkt danach spielt "Glen Hansard" zum Tanz auf. Seit langer Zeit erstmals wieder mit großer Band (Streicher und Bläsern) unterwegs, kann er einerseits seinem Sound alle Details entlocken, auf der anderen Seite ging dadurch die Spontanität etwas dahin. Zudem lag der Schwerpunkt der Songs bei seinen Soloalben, so das einige Klassiker seiner diversen Bands trotz der langen 90minütigen Spielzeit keinen Platz fanden.

Als Cover sind diesmal eine fantastische Version von Van`s "Astral Weeks", Marvin Gaye´s "Don`t do it" und Daniel Johnston`s "Devil Town" an Board. Eine weitere musikalische Glanzvorstellung von Hansard der noch bis Ende des Jahres mit dieser Band auf Tour sein wird.
"TV Segall" fallen leider wegen der Überschneidung mit "The National" (siehe Bericht) aus, wären aber vielleicht nachträglich die bessere oder zumindest spannendere Wahl gewesen.
Der Sonntag beginnt für uns wegen der nervigen Schauern später. "Frightened Rabbit" und "Alex Vargas" fallen somit aus, dafür ist aber pünktliches Antreten bei der Indie-Sensation des Jahres (gibt ja nicht mehr so viele) Pflicht: "Car Seat Headrest", deren Sänger wie ein Sohn von "E" ausschaut, spielen einen sich ständig steigernden, tollen Auftritt mit vielen Songs des neuen Albums "Teens of denial".
Zehn wunderschöne, kleine Indieperlen mit am Ende voll aufgedrehten Gitarren und herrlichem 90er Sound. Nichts neues, aber immerhin etwas sehr gutes.

Die armen "Suede" kommen am frühen Abend dann leider auf der größten Bühne unter die Räder, nicht einmal halbvoll ist das Zelt. Trotzdem gibt die Band alles, aber heute soll es einfach nicht sein. Dafür ist die Konkurrenz des modernen Pop, hier in Form von "M0" einfach zu groß.
Die "DMA`s" sind, nachdem man den Gag einmal gesehen hat, leider nicht mehr witzig, also ab zu Anohni (siehe Bericht), dem trojanischen Pferd des Festivals, die mit Politik, Kunst und diversen wichtigen Botschaften die Zuschauer staunend zurücklässt.
Was bleibt ist ein tolles Festival, dass in allen Bereichen punkten kann. Drei völlig verschiedene und doch allesamt fantastische Headliner, ein unfassbares Rahmenprogramm und eine tolle Organisation machen das "Rabbit Hole" zu einem Festival für Leute, die nie auf Festivals gehen würden.
Fotos: Michael Graef
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