Samstag, 18. April 2009

Matt Bauer & Troy von Balthazar, 17.04.09


Konzert: Matt Bauer & Troy von Balthazar (ben
Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 17.04.2009
Zuschauer: fast ausverkauft




Die König der Folkmusik war persönlich da! Klar, ich rede natürlich von Alela Diane, die mit ihrem Vater Tom Menig das Konzert ihres ehemaligen Banjospielers Matt Bauer verfolgte und auch genau aufpasste, wie sich ihr Drummer Benjamin Oak Goodman und ihre Begleitsängerin Alina Hardin auf der Bühne machten. Ich war gerade in ein Gespräch am Merchandising Stand vertieft, als die natürliche Schönheit mit ihrem Daddy hereinschneite und Clemence von Zamora Productions, die das tolle Konzert organisiert hatte, per Küßchen begrüßte. Klar, daß da mein Herz höher schlug! Leider gab es aber keinen Gastauftritt von Alela, den ich mir so sehnlich gewünscht hätte, da ich ihre kürzlich stattgefunden drei Konzerte in Paris (Bataclan; Salle de Billards, Olympia, Secret Gig, nur per Gewinnspiel-Glück oder Listenplatz zu genießen; Canal+, Album de la Semaine) allesamt verpasst hatte. Die König schwieg also, aber die Prinzessin, in diesem Falle ihre gute Freundin Alina Hardin sang auf das Wundervollste! Den wunderschönen Titel Crying Wolf trug die hübsche Brünette mit ihren tollen Cowboyboots und der sirenenhaften Stimme ganz alleine vor, bei dem Rest der Songs sang sie gemeinsam mit Benjamin Oak Goodman. Ein hütchentragender Bursche, dessen bescheidene Art mir Respekt abverlangte! Er hatte Alela bei sämtlichen Konzerten tatkräftig unterstützt (Alina auch), erklärte dem Publikum aber lediglich, daß er in den letzten Tagen und Wochen mit "einer" (als sei es irgendeine!) Band auf Tour war und froh sei, hier mal seine Eigenkompositionen, darunter die hübsche Single Yes My Heart vorzutragen. Er erwähnte nicht, um welche Band es sich da handelte. Herrlich tiefgestapelt!

Eine Beschäftigung mit seinem Werk, das natürlich vornehmlich aus ruhigen und reduzierten Folksongs besteht, sei hiermit empfohlen!

Auch der darauffolgende Matt Bauer hat schon oft mit Alela Diane auf einer Konzertbühne gestanden, nun aber konzentriert er sich auf seine Solokarriere. Und ich drücke ihm beide Daumen, daß es denn auch etwas wird mit der Karriere, denn er hat es wirklich verdient! Seine Stimme ist wunderbar warm und rauchig und live fast noch schöner als auf seinen zwei bisherigen Alben und sein Banjospiel selbstverständlich vorzüglich. Aber auch Gitarre spielt er gefühlvoll und filigran, so daß es mir schwerfällt, mich festzlegen, an welchem Instrument er mir besser gefällt. Das hängt natürlich auch von den Songs ab, die allesamt sehr ruhig, traurig und getragen sind. Besonders hervorzuheben sind Don't Let Me Out , Rose And Vine und Florida Rain aber auch der Rest, in der Mehrheit vom vorzüglichen letzten Album The Island Moved In The Storm stammend, war hochkarätig. Lediglich die volle Konzentration ging aufgrund meiner Müdigkeit manchmal flöten. Aber wer sagt, diese Art von Musik sei langweilig, der ist wohl zu sehr von der hektischen, modernen Welt abgestumpft, wo alles immer schnell und laut zugeht. Matt Bauer lehrt uns mit seiner ruhigen Art zuzuhören, abzuschalten und uns zurückzulehnen. Allein schon seine Cowboyboots und seine Blue Jeans weisen den Kalifornier als Fan des ländlichen Amerika mit seinen unendlich weiten Landschaften aus, aber bei ihm ist das sicherlich nicht nur eine Attitüde. Und dies obwohl er heute selbst im hektischen New York lebt...

Matt Bauer, ein Mann, der in sich selbst ruht. Ein Leisetreter, ein Sympath. Und vor allem: ein ganz exzellenter Musiker!

Diese Songs gehörten zur Setlist von Matt Bauer im Nouveau Casino (ohne Rücksicht auf die Reihenfolge)

- As She Came Out Of The Water
- Water Moccasin
- Sheltering Dark
- Don't Let Me Out
- You Belong To Me
- Florida Rain
- Rose And Vine
- Carve It Out
- Blacksnake In the Carport
- Blacklight Horses

Als Letzter war der Amerikaner Troy Von Balthazar an der Reihe. Indiefans kennen ihn noch als Mitglied der Band Chokebore und mit der hatte Troy ausgerechnet im Nouveau Casino sein letztes Konzert gespielt. Als er dies erwähnte kamen Mitleidsbekundungen vom Publikum, aber er winkte sofort: "Oh, it's ok for me, no problem!"

Ein smarter Kerl, dieser Troy von Balthazar, gertenschlank, knackiger Po, markante Gesichtszüge, strahlend blaue Augen und ein diabolisches Lächeln. Die Frauen lieben ihn! Keine Wunder also, daß um mich rum viele Mädchen, in vielen Fällen Amerikanerinnen, standen, die schmachtend auf die Bühne starrten als der Ami loslegte. Er war ganz alleine mit seiner Elektrischen erschienen, auf der in der Mitte ein B (wie Balathazar? Hmm, was sonst!) eingraviert war. Schon bald gab er reichlich Kostproben seiner exzentrischen Mimik und Gestik. Wenn er singt, hat man manchmal das Gefühl, er sei gerade beim Vollzug des Liebesaktes. Wie er sich da so windert und dazu haucht und stöhnt, als käme er gleich.

Um sein Set abwechslunsgreicher zu gestalten, hatte er jede Menge Verstärker dabei und loopte und sampelte, was das Zeug hielt. Dennoch hätte es dem Konzert gut getan, wenn zumindest ein Drummer dabei gewesen wäre, da bei solchen One Man Shows oft irgendwann einen gewissse Monotonie aufkommt. Zum Glück hatte er aber einige wirklich gute Songs im Gepäck, die für Kurzweil sorgten. Dots and Hearts ganz am Anfang war zum Beispiel bereits ziemlich toll, wenngleich mir ein wenig die Frauenstimme (Adeline Fargier, eine Französin) fehlte, die auf der CD sinnlich mitzwitschert. Auch das nachfolgende I Block The Sunlight Out gehörte zu den Highlights. Ein pluckernder Elektrobeat leitete in diesen Schmachtfetzen ein, auf dem Troy mal wieder wie der traurigste Mensch der Welt singt. Ein tolles Stück, irgendwo zwischen Sparklehorse und Elliott Smith zu verorten, was ja wahrlich nicht die schlechtetsetn Referenzen sind. Einige Male wurde ich aber auch an John Lennon erinnert, ohne die peacige Note allerdings, die Zeiten haben sich eben geändert! Und jeder wird älter, auch Troy von Balthazar, obwohl ich ihm nicht abnehme, daß er 53 Jahre alt ist, wie er scherhaft behauptete, nachdem er nach einem Song gebten wurde, an dessen Lyrics er sich nicht mehr erinnern konnte. Stattdessen spielte und hauchte er sich durch Valentine, einem Lied mit starker Sogwirkung, bei dem er gekonnt Halleeffekte einsetzte und relativ abrupt abbrach, um Day Of Nothing hinterherzuschieben, das mich - nicht lachen! - ein wenig an die Melancholie und Sentimentälitat von Nothing Else Matters von Metallica erinnerte, aber auch erneut viel von der suizidalen Schwermut eines Elliott Smith hatte.

Der größte Kracher kam aber am Ende des regulären Sets, in dessen Verlauf Troy wie schon beim letzten Mal als ich ihn gesehen hatte, eine Bunny Maske aufgesetzt und damit für Schmunzler gesorgt hatte. Heroic Little Sisters hat eine unwiderstehliche Gitarrenmelodie (fast wie in der Frühphase von The Cure!) zu der man so richtig schön mitschmachten kann. Für mich ganz klar das beste Lied des Konzertes, das auch noch 3 Zugaben bereithielt.

Troy von Baltahzar kann ich letztlich jedem empfehlen. Ein exzentrischer Typ, aber auch ein großartiger Songwriter und Interpret. Hingehen, wenn er nach Deutschland kommt!

Konzerttermine Troy Von Balthazar:

14. Mai. 2009: Orangerie, Brüssel, Les Nuits Botaniques
04. Juni 2009: Lovelite, Berlin
06. Juni, Studio der Schaubühne, Berlin
03. Juli: Schokoladen, Berlin



Setlist Troy Von Baltahzar, Le Nouveau Casino, Paris:

01: Rainbow
02: Dots and Hearts
03: I Block The Sunlight Out
04: Communicate
05: Took Some $$
06: Valentine
07: Days Of Nothing
08: My Diamond Brain
09: Right Woman
10. Bunny dance about being hurt
11: Heroic Little Sisters

12: Playground
13: Real Strong Love
14: Wings

Links:

Videos Troy von Balthazar: Heroic Little Sisters live @ Nouveau Casino, Paris, Valentine/Days Of Nothing




6 Kommentare :

peppi hat gesagt…

Wir haben Alela in Berlin im Lido gesehen, Benjamin Oak Goodman war der heimliche Star. Ansonsten war das Konzert leider eher enttäuschend und das Publikum war ein Horror.

E. hat gesagt…

das hätte ich doch bitte gern ausführlicher, peppi. warum war goodman der star und was sprach gegen das publikum. eine ähnliche entwicklung hörte ich bereits aus hamburg.

peppi hat gesagt…

Goodmans Art Schlagzeug zu spielen fand ich schlicht faszinierend. Diese hochgezogenen Schultern und das Erzeugen von ungewohnten Geräuschen, indem er aus dem gesamten Oberkörper über seine Drums zu "schmieren" schien, gepaart mit dieser wundervollen Klischee-Hippiekluft (sah aber sehr stilvoll aus) haben einfach Spaß gemacht. Der Bassist war dagegen auch gut, wirkte aber wie die Karrikatur eines Hauptdarstellers aus einem Texas-Softporno, Gestik, Mimik und Klamotten, köstlich...

Das Publikum fand ich dagegen einfach anstrengend affektiert. Pärchen weit jenseits jeglichen Alters, in dem man noch ausgehen dürfen sollte in engumschlungenem Paarungstanz, verzweifelt versucht, über 90 Minuten im gleichen Rhythmus die Hüften zu schwingen und dabei Zungenküssen auszutauschen, Typ Kieferorthopäden mit randloser Brille und verkrampft locker um die Hüften geknoteter Joop-Jeansjacke und Erweckungszuckungen, die sowohl völlig außerhalb jeden Taktes waren als auch eher in eine Gospelchurch gepasst hätten...viele Äußerlichkeiten eben. Sehr gutbürgerlich oder altalternativ, sehr unlocker, sehr unkonzentriert, sehr spießig. Für diese Klientel vielleicht auch einfach eine falsche Location und man selber war in Wirklichkeit deplatziert, alleine das Lido zu bestuhlen wirkte schon sehr irritierend. Vielleicht war es einfach zu verkopft. Vom Gefühl her war die Klientel so, wie wenn man seine Eltern beim Sex erwischen würde. Man weiß, dass es theoretisch möglich ist, will aber lieber nix davon wissen...man weiß, auch solche Leute mögen manchmal Musik, man möchte sie aber nicht auf der selben Veranstaltung treffen.

Ausführlich (und miesepetrig) genug?
:-)

Oliver Peel hat gesagt…

Das war einer der amüsantesten Kommentare, den wir je hier hatten, Peppi! Ich habe schallend gelacht :)

Möchtest Du nicht auch mal eine Konzertreview für unser Tagebuch beisteuern? Würde mich sehr freuen!

peppi hat gesagt…

Oliver, ich fühle mich geschmeichelt...:-)
Aber ich bin bei weitem kein so ausführlicher Konzertgänger wie Du und Christoph. Sollte ich aber mal etwas Erwähnenswertes erlebt haben und sollte ich dann auch noch mein Mitteilungsbedürfnis nicht im Zaum halten können, wende ich mich gerne an Euch, falls Ihr dem eine Plattform bieten möchtet...;-)
Ansonsten lese ich viel lieber Eure Beiträge...

E. hat gesagt…

danke, peppi! eindrucksvoll geschildert.
@oliver: zur ergänzung ein hinweis auf ganz hervorragende fotos des franzosen laurent: http://lorseau.hinah.com/gallery.php?c=pzic&s=concert&g=matt-bauer

 

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