Konzert: Dear Reader (& Weird Ways)
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 18.04.2009
Zuschauer: gut 200
Dauer: Dear Reader gut 60 min, Weird Ways 30 min
Auch wenn es gerade mal zwei Monate her ist, daß ich Dear Reader aus Johannesburg im Museum Ludwig gesehen habe, war meine Vorfreude ungemein groß, die junge Band wiederzusehen, zu gut war das Konzert im nur bedingt dafür geeigneten Foyer des Kunstmuseums. Cherilyn MacNeil, die Sängerin und Keyboarderin, und ihre beiden Kollegen Bassist und Keyboarder Darryl Torr und Schlagzeuger Michael Wright, hatten mein Herz mit ihrem wundervollen Pop schrecklich schnell erobert. Es bedurfte also keiner großen Überlegungen, sie gleich wieder anzusehen.
Ursprünglich sollten My Latest Novel für Dear Reader eröffnen. Am Vormittag wurde dann aber klar, daß es dazu nicht kommen würde. Ersatzvorgruppe wurde Weird Ways aus Köln. Sängerin Inken Witt und ihre Band waren wohl auch sehr überrascht von ihrem Auftritt, denn auf ihren Webseiten fand sich nichts zu diesem Support. Das da angekündigte Konzert fand im November vergangenen Jahres statt... Ob das auch der Grund war, warum Inken ein Akkord- bzw. Textheft vor sich hatte, weiß ich nicht, es wirkte auf mich aber charmant.
Die Musik der vier Kölner gefiel mir sehr gut, Inkens Stimme ist ruhig und schön und wurde durch Bass, Gitarren und Schlagzeug wirklich hübsch unterstützt. Die Sängerin hat sicher früher viel Saint Etienne gehört - was ja überhaupt nicht verkehrt ist.
Als dann umgebaut wurde, kam mir die Frau, die das mittige Mikro einrichtete, bekannt vor - aber nicht bekannt genug, um gleich Cherilyn zu erkennen. Die Südafrikanerin sah seit Februar sehr verändert aus, hatte eine komplett andere Frisur. Aber sonst hatte sich glücklicherweise nichts geändert! Zumindest nichts zum Negativen. Denn es gab eine neue Musikerin auf der Bühne, eine Bratschistin, den Namen habe ich leider nicht verstanden. Und genau dies Änderung gab der Musik noch den klitzekleinen Extra-Pfiff, der aus einen hervorragenden Konzert ein grandioses machte.
Es begann wie damals (haha!) mit Never goes. Ganz besonders toll ist dabei die männlich Zweitstimme, die ihren Refrain "I'm alone" mit einem "she's alone" begleitet! Den besonderen Effekt des zweiten Lieds kannte ich schon vom Februar-Auftritt. Denn bei Way of the world wird Cherilyns Gesang ("Oh oh oh oh") geloopt und macht sie so zum Chor. Bei ersten Mal hatte sie erzählt, man habe ihr erst nie geglaubt, daß sie das live einsinge. Auch wenn ich es schon erlebt hatte, ist der Effekt dieses Loopens immer noch aufregend! Überhaupt hatten all die kleinen Kniffe, auch wenn sie nicht mehr alle überraschend kamen, keinerlei Wirkung verloren - aber dazu komme ich noch. Am Ende des Lieds blieben alle Bandmitglieder plötzlich wie eingefroren stehen, bis die Loops aufhörten.
Das dritte Lied ist seit dem ersten Hören mein Dear Reader Liebling. Bend, "Our folk song", ist fabelhaft und alles mögliche mehr und sicher einer der besten Songs, die ich dieses Jahr live gesehen habe!
An der musikalischen Qualität gab es spätestens da keinen Zweifel mehr - an der Entertainment-Güte nach Bend auch nicht. Die Sängerin trank etwas und verließ sich in der Zwischenzeit daruf, daß ihr Schlagzeuger die Stille überbrücken würde. Der trank aber auch. "We can't drink in synch!" Schnell wurde das Licht runtergefahren, um die Situation zu lösen! Köstlich! Vorher hatte Michael schon einmal eine ähnlich komische Szene, als er ewig ein paar Sounds ausprobierte ("das Banjo"), um dann irgendwann zu sagen "by the way, I don't use this."
Zu The same, einem Lied über ihr Heimatland, kam der Trommler ("this Schlagzeuger", wie Cherilyn immer wieder sagte) ans Sängerinnemikro, um zwei, drei Lalalas zu singen und unter großem Gelächter nach wenigen Momenten wieder zu verschwinden. Auch das ist ein herrlich reizvoller kleiner Effekt, musikalisch sehr schön, aber eben auch sehr unterhaltend!
So war es dann auch vor der Single Dearheart, durch die ich - und vermutlich alle anderen - sie kennengelernt habe. Cherilyn stellte da die neue Streicherin vor. "Und sie beginnt auch das nächste Lied!" Allerdings nur durch das Zupfen von ein oder zwei Tönen! Wunderbar! Dearheart ist weiterhin phänomenal gut und rechtfertigt den Kauf der Platte (... so wie die anderen Songs auch).
Out out out heißt Out out out, weil Cherilyns Mutter damit ihre Hunde immer vor die Tür jagt. Die Sängerin macht das auch und erzählte noch andere Geschichten, was sie an Eigenheiten von ihrer Mutter unbewußt übernommen habe. Ihr Großvater, ihre Mutter und sie nehmen zum Beispiel die Hausschlüssel immer schon Kilometer vor der Ankunft in die Hand. Musikalisch besonders bei diesem schönen Stück war ein geplant eingebauter Husten von Darryl, als Percussiondings. Sehr kreativ aber dabei nicht aufgesetzt und gekünstelt!
In der nächsten Pause war es dann erst still. Michael hielt das aber nicht durch. "I really tried not to speak." Daraus entwickelte er dann später die Lebensweisheit "Smoking is a lot easier to quit than talking!"
Release me, das Lied im Anschluß, war heute einer meiner Lieblinge. Release me ist eines der langsamsten Stücke, die zweistimmigen Gesänge sind allerdings von solcher Schönheit, daß dieses eher unscheinbare Lied dadurch extrem einprägsam wird.
Michael wanderte dann wieder ans Keyboard, um da ein paar Töne zu erzeugen, sich per Handschlag von seinem Kollegen verabschiedete und wieder seinen Platz einnahm, während des Lieds. Das hört sich nach platter Klamotte an, war aber bis über beide Ohren charmant und wertete die hohe Qualität der Musik nicht ab!
Und dann der andere Liebling... Great white bear und die Geschichte dazu sind so hinreißend! Mein Gott, haben diese Leute Talent!
What we wanted, das sie im Museum Ludwig nicht gespielt hatten, beendete den normalen Teil des Konzerts. Nach heftigem Applaus erschienen die Vier sehr schnell wieder. Die Sängerin erklärte das. In Berlin im Februar seien sie vollkommen verunsichert gewesen, ob sie wieder auf die Bühne kommen sollten, sie waren schließlich nur Support von Sophia. Sie kamen dann aber doch zu einer Zugabe. Hinterher habe ihnen ihr Labelchef Christof Ellinghaus von einer Frau erzählt, die neben ihm saß und das schnelle Zurückkommen mit "sind die billig zurückzuholen!" kommentiert hatte. Seitdem wären sie verunsichert, wie lange sie warten müssten! Sie hätten sicher auch eine halbe Stunde backstage warten können, die Leute wären geblieben!
Die erste Zugabe kannte ich, konnte sie aber erst nicht einordnen. Es war der Hidden track der CD, dieses "Oh oh oh oh oh" (fünf ohs) - eines der vielen schönsten Lieder des Abends...
Heavy war dann nach einer guten Stunde der Schlußpunkt. Das Lied ist der Bonustrack der Platte bei iTunes und hat einige Kopfstimmengesangsparts von Michael.
Dear Reader hinterließen die Erkenntnis, daß Südafrika aufregende Musik, ich eine neue Lieblingsband und City Slang ein neues Juwel im Katalog hat. Gottseidank war das Gebäude 9 auch trotz vieler Konkurrenz an diesem Abend ziemlich gut gefüllt. Seht sie Euch an, Tourtermine sind weiter unten. Ich werde sie am Samstag in Nijmegen wiedersehen, wo sie gemeinsam mit ihren famosen Labelkollegen Get Well Soon in einem Kino spielen. Eine der Bands des Jahres!
Setlist Dear Reader, Gebäude 9, Köln:
01: Never goes
02: Way of the world
03: Bend
04: The same
05: Dearheart
06: Out out out
07: Release me
08: Everything is caving
09: Great white bear
10: What we wanted
11: Hidden track (Oh oh oh) (Z)
12: Heavy (Z)
Links:
- Dear Reader im Museum Ludwig in Köln Anfang Februar
- und in Paris
- mehr Fotos bei flickR
Tourtermine Dear Reader:
19.04.09 Ampere München
20.04.09 Karlstorbahnhof Heidelberg
21.04.09 Räucherkammer Wiesbaden
22.04.09 Schocken Stuttgart
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 18.04.2009
Zuschauer: gut 200
Dauer: Dear Reader gut 60 min, Weird Ways 30 min
Auch wenn es gerade mal zwei Monate her ist, daß ich Dear Reader aus Johannesburg im Museum Ludwig gesehen habe, war meine Vorfreude ungemein groß, die junge Band wiederzusehen, zu gut war das Konzert im nur bedingt dafür geeigneten Foyer des Kunstmuseums. Cherilyn MacNeil, die Sängerin und Keyboarderin, und ihre beiden Kollegen Bassist und Keyboarder Darryl Torr und Schlagzeuger Michael Wright, hatten mein Herz mit ihrem wundervollen Pop schrecklich schnell erobert. Es bedurfte also keiner großen Überlegungen, sie gleich wieder anzusehen.
Ursprünglich sollten My Latest Novel für Dear Reader eröffnen. Am Vormittag wurde dann aber klar, daß es dazu nicht kommen würde. Ersatzvorgruppe wurde Weird Ways aus Köln. Sängerin Inken Witt und ihre Band waren wohl auch sehr überrascht von ihrem Auftritt, denn auf ihren Webseiten fand sich nichts zu diesem Support. Das da angekündigte Konzert fand im November vergangenen Jahres statt... Ob das auch der Grund war, warum Inken ein Akkord- bzw. Textheft vor sich hatte, weiß ich nicht, es wirkte auf mich aber charmant.
Die Musik der vier Kölner gefiel mir sehr gut, Inkens Stimme ist ruhig und schön und wurde durch Bass, Gitarren und Schlagzeug wirklich hübsch unterstützt. Die Sängerin hat sicher früher viel Saint Etienne gehört - was ja überhaupt nicht verkehrt ist.
Als dann umgebaut wurde, kam mir die Frau, die das mittige Mikro einrichtete, bekannt vor - aber nicht bekannt genug, um gleich Cherilyn zu erkennen. Die Südafrikanerin sah seit Februar sehr verändert aus, hatte eine komplett andere Frisur. Aber sonst hatte sich glücklicherweise nichts geändert! Zumindest nichts zum Negativen. Denn es gab eine neue Musikerin auf der Bühne, eine Bratschistin, den Namen habe ich leider nicht verstanden. Und genau dies Änderung gab der Musik noch den klitzekleinen Extra-Pfiff, der aus einen hervorragenden Konzert ein grandioses machte.
Es begann wie damals (haha!) mit Never goes. Ganz besonders toll ist dabei die männlich Zweitstimme, die ihren Refrain "I'm alone" mit einem "she's alone" begleitet! Den besonderen Effekt des zweiten Lieds kannte ich schon vom Februar-Auftritt. Denn bei Way of the world wird Cherilyns Gesang ("Oh oh oh oh") geloopt und macht sie so zum Chor. Bei ersten Mal hatte sie erzählt, man habe ihr erst nie geglaubt, daß sie das live einsinge. Auch wenn ich es schon erlebt hatte, ist der Effekt dieses Loopens immer noch aufregend! Überhaupt hatten all die kleinen Kniffe, auch wenn sie nicht mehr alle überraschend kamen, keinerlei Wirkung verloren - aber dazu komme ich noch. Am Ende des Lieds blieben alle Bandmitglieder plötzlich wie eingefroren stehen, bis die Loops aufhörten.
Das dritte Lied ist seit dem ersten Hören mein Dear Reader Liebling. Bend, "Our folk song", ist fabelhaft und alles mögliche mehr und sicher einer der besten Songs, die ich dieses Jahr live gesehen habe!
An der musikalischen Qualität gab es spätestens da keinen Zweifel mehr - an der Entertainment-Güte nach Bend auch nicht. Die Sängerin trank etwas und verließ sich in der Zwischenzeit daruf, daß ihr Schlagzeuger die Stille überbrücken würde. Der trank aber auch. "We can't drink in synch!" Schnell wurde das Licht runtergefahren, um die Situation zu lösen! Köstlich! Vorher hatte Michael schon einmal eine ähnlich komische Szene, als er ewig ein paar Sounds ausprobierte ("das Banjo"), um dann irgendwann zu sagen "by the way, I don't use this."
Zu The same, einem Lied über ihr Heimatland, kam der Trommler ("this Schlagzeuger", wie Cherilyn immer wieder sagte) ans Sängerinnemikro, um zwei, drei Lalalas zu singen und unter großem Gelächter nach wenigen Momenten wieder zu verschwinden. Auch das ist ein herrlich reizvoller kleiner Effekt, musikalisch sehr schön, aber eben auch sehr unterhaltend!
So war es dann auch vor der Single Dearheart, durch die ich - und vermutlich alle anderen - sie kennengelernt habe. Cherilyn stellte da die neue Streicherin vor. "Und sie beginnt auch das nächste Lied!" Allerdings nur durch das Zupfen von ein oder zwei Tönen! Wunderbar! Dearheart ist weiterhin phänomenal gut und rechtfertigt den Kauf der Platte (... so wie die anderen Songs auch).
Out out out heißt Out out out, weil Cherilyns Mutter damit ihre Hunde immer vor die Tür jagt. Die Sängerin macht das auch und erzählte noch andere Geschichten, was sie an Eigenheiten von ihrer Mutter unbewußt übernommen habe. Ihr Großvater, ihre Mutter und sie nehmen zum Beispiel die Hausschlüssel immer schon Kilometer vor der Ankunft in die Hand. Musikalisch besonders bei diesem schönen Stück war ein geplant eingebauter Husten von Darryl, als Percussiondings. Sehr kreativ aber dabei nicht aufgesetzt und gekünstelt!
In der nächsten Pause war es dann erst still. Michael hielt das aber nicht durch. "I really tried not to speak." Daraus entwickelte er dann später die Lebensweisheit "Smoking is a lot easier to quit than talking!"
Release me, das Lied im Anschluß, war heute einer meiner Lieblinge. Release me ist eines der langsamsten Stücke, die zweistimmigen Gesänge sind allerdings von solcher Schönheit, daß dieses eher unscheinbare Lied dadurch extrem einprägsam wird.
Michael wanderte dann wieder ans Keyboard, um da ein paar Töne zu erzeugen, sich per Handschlag von seinem Kollegen verabschiedete und wieder seinen Platz einnahm, während des Lieds. Das hört sich nach platter Klamotte an, war aber bis über beide Ohren charmant und wertete die hohe Qualität der Musik nicht ab!
Und dann der andere Liebling... Great white bear und die Geschichte dazu sind so hinreißend! Mein Gott, haben diese Leute Talent!
What we wanted, das sie im Museum Ludwig nicht gespielt hatten, beendete den normalen Teil des Konzerts. Nach heftigem Applaus erschienen die Vier sehr schnell wieder. Die Sängerin erklärte das. In Berlin im Februar seien sie vollkommen verunsichert gewesen, ob sie wieder auf die Bühne kommen sollten, sie waren schließlich nur Support von Sophia. Sie kamen dann aber doch zu einer Zugabe. Hinterher habe ihnen ihr Labelchef Christof Ellinghaus von einer Frau erzählt, die neben ihm saß und das schnelle Zurückkommen mit "sind die billig zurückzuholen!" kommentiert hatte. Seitdem wären sie verunsichert, wie lange sie warten müssten! Sie hätten sicher auch eine halbe Stunde backstage warten können, die Leute wären geblieben!
Die erste Zugabe kannte ich, konnte sie aber erst nicht einordnen. Es war der Hidden track der CD, dieses "Oh oh oh oh oh" (fünf ohs) - eines der vielen schönsten Lieder des Abends...
Heavy war dann nach einer guten Stunde der Schlußpunkt. Das Lied ist der Bonustrack der Platte bei iTunes und hat einige Kopfstimmengesangsparts von Michael.
Dear Reader hinterließen die Erkenntnis, daß Südafrika aufregende Musik, ich eine neue Lieblingsband und City Slang ein neues Juwel im Katalog hat. Gottseidank war das Gebäude 9 auch trotz vieler Konkurrenz an diesem Abend ziemlich gut gefüllt. Seht sie Euch an, Tourtermine sind weiter unten. Ich werde sie am Samstag in Nijmegen wiedersehen, wo sie gemeinsam mit ihren famosen Labelkollegen Get Well Soon in einem Kino spielen. Eine der Bands des Jahres!
Setlist Dear Reader, Gebäude 9, Köln:
01: Never goes
02: Way of the world
03: Bend
04: The same
05: Dearheart
06: Out out out
07: Release me
08: Everything is caving
09: Great white bear
10: What we wanted
11: Hidden track (Oh oh oh) (Z)
12: Heavy (Z)
Links:
- Dear Reader im Museum Ludwig in Köln Anfang Februar
- und in Paris
- mehr Fotos bei flickR
Tourtermine Dear Reader:
19.04.09 Ampere München
20.04.09 Karlstorbahnhof Heidelberg
21.04.09 Räucherkammer Wiesbaden
22.04.09 Schocken Stuttgart
1 Kommentare :
Nicht zu voreilig, lieber Christoph. Tiger Lou kommen doch heute Abend noch ;-)
Aber hast Recht, ein potentieller Anwärter auf das Konzert des Jahres war der Auftritt gestern auf jeden Fall. Wenn man das jetzt schon sagen darf...
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