Donnerstag, 12. März 2009

Pete(r) Doherty & Friends, Paris, 09.03.09


Konzert: Peter Doherty & Friends featuring Graham Coxon
Ort: Le Bataclan, Paris
Datum: 09.03.2009
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: ca. 80 Minuten



Im Folgenden noch einmal eine ausführliche Version meines Konzertberichtes vom 09.03.2009. Aus Zeitmangel war vorher noch keine detaillierte Beschreibung möglich.



Er wolle einen Song schreiben, dessen Melodie sich in den Kopf seines Vaters eingraviert und den er dann nie wieder vergessen kann...

In der Yellow Press wird ja eine ganze Menge über Pete Doherty geschrieben. Das meiste davon lese ich aber erst gar nicht, weil es doch nur um seine Drogenprobleme, seine versiffte Wohnung und seine oft unglücklichen Liebschaften geht. So etwas will ich gar nicht wissen, diese Art von Sensationslust und das Ergötzen an der Sucht eines kranken Menschen und den Folgen, die sich zwangsläufig daraus ergeben, finde ich eher abstoßend.

Den eingangs zitierten Satz fand ich aber bemerkenswert und berührend. Ich hatte ihn im Internet aufgeschnappt und las mit Interesse den kurzen Artikel, in dem zu erfahren war, daß der Vater von Peter - ein Armeeoffizier - den Kontakt zu seinem suchtkranken Sohn seit über zwei Jahren komplett abgebrochen hat. Doherty senior wirft Peter vor, er sei egoistisch und selbstsüchtig und denke nicht an die Familie. Er bereite seinen Eltern, seinen Schwestern und seiner Großmutter nur Sorgen.

Klassische Vorwürfe, von einem enttäuschten und verzweifelten Vater, die man nur zu gut nachvollziehen kann. Aber obwohl ich Doherty senior in seinem Zorn sehr gut verstehen kann, hoffe ich ich, daß er Peter igendwann wieder die Hand reicht. Jedes Kind möchte von seinen Eltern akzeptiert werden, das ist ein vitales Bedürnis und es gibt neben den vielen Sorgen, die der Musiker seinen Erzeugern bereitet, auch etliche Gründe stolz auf ihn zu sein.

Er hat es nämlich als Musiker weit gebracht, mit den Libertines zwei stilprägende Alben gemacht und mit den Babyshambles und nun auch solo bewiesen, daß er Talent hat und es verdient, auch aus musikalischen Gründen im Rampenlicht zu stehen!

Would'nt Mama Be Proud sang einst der großartige Elliott Smith und an diesen bewegenden Titel mußte ich oft in dem Zusammenhang mit dem Artikel denken, auch wenn es ja eher um den nichtvorhanden Stolz des Vaters ging.

Aber wie ist das denn nun? Hat Peter Doherty schon einen Song geschrieben, dessen Melodie man nie vergessen kann? Dessen Refrain sich so tief ins Gehirn eingebrannt hat, daß man immer wieder an ihn denkt?

Fans werden sagen: Einen? Peter hat mindestens ein dutzend unvergesslicher Lieder geschrieben! Egal ob für die Libertines, die Babyshambles oder solo. Aber ist das auch so? Nun, selbst wenn man strenge Maßstäbe anlegt, kommen selbst Kritiker des hochgeschossenen Mannes mit Hut kaum an Perlen wie Albion, Don't Look Back Into The Sun oder Tell The King vorbei. Die genannten drei Klassiker hat der Hüne dann auch schließlich alle gespielt, was allerdings gerade im Falle von Albion, das immer dabei ist, nicht verwundert.

Interessanter war da schon die Frage wie die nagelneuen Lieder von Waste/Graceland im ausverkauften Bataclan ankommen würden. Waren da neue potentielle Hits dabei? Melodien, die sein Vater nie vergessen werden kann?

Alle warteten gespannt darauf, daß es endlich losging. Adam Ficek, der Drummer der Babyshambles, war mit seinem Soloprojekt Roses King Castles schon durch, aber zwei ziemlich bedröhnte Typen, einer davon mit schwarzem Piratenhut, belagerten noch die Bühne. Wer waren die Kerle? Ich habe keine blassen Schimmer und den Namen, den man mir zuraunte, hatte ich auch schnell wieder vergessen. Wo hatte Peter diese Burschen schon wieder aufgelesen? Sie waren zwar nicht hundsmiserabel, jedoch auch nicht sonderlich gut...

Ganz pünktlich um 21 Uhr ging dann aber das Licht aus und hysterische Schreie junger Mädchen, die Peter erblickt hatten, erfüllten das Bataclan. Der sog. Skandalrocker mit dem Engelsgesicht ging ans Mikro und fragte erst einmal in die Runde: "Ça va?" Das Feedback darauf war so gewaltig, daß er den Kopf nach hinten warf, als hätte jemand einen Gegenstand auf die Bühne geschleudert. Nachdem er sich gefangen hatte, legte er solo mit einem Libertines Song, Music When The Lights Go Out, los. Die Stimmung war gleich prima, denn man merkte sofort, daß Peter Lust hatte, hier zu sein. Paris liegt ihm, in der Stadt der Liebe hat er in den vergangenen Monaten viel Zeit verbracht und war so vom Rummel, der um seine Person in London herrscht, halbwegs abgeschottet. Sein Französisch ist dennoch bruchstückhaft geblieben und die Sehnsucht nach seiner Heimat England bekundete eine aufgespannte Union Jack Flagge. In einer Szene, circa. in der Mitte des Konzertes , regte er sich sogar lautstark über einen nervenden Franzosen auf und belegte ihn mit den wenig schmeichelhaften Worten: "You fucking french bastard!" Aber das sollte man nicht überbewerten und daraus auch keinen Hass auf Franzosen ableiten, im Gegenteil, was sich liebt, das neckt sich bekanntlich...

Weiter nun im chronologischen Ablauf: Zum zweiten Song des Abends, nämlich Arcady (der Opener des Albums) stieß ein ganz besonders hochrangiger Gast hinzu. Ich rede von Graham Coxon, dem kultigen Gitarristen mit der schwarzen Hornbrille, der auf Peters Album mitgewirkt hat und im Sommer auch mit seiner alten Band Blur nach jahrelanger Trennung wegen Meinungsverschiedenheiten wieder auftreten wird. Aber Grahm war nicht der Einzige, der Peter heute unterstütze. Vielmehr kamen auch Drew (Bass und Kontrabass ) und Adam (Schlagzeug) von den Babyshambles hinzu und sogar eine klassische ausgerichtete Background- Band mit zwei Streichern und einem Cello, Melodica, Orgel etc., war Teil der Inszenierung.

Ein richtiges kleine Orchester hatte Doherty also am Start, damit hatte ich vorher nicht unbedingt gerechnet! Grund hierfür war aber schlicht und einfach, daß es all dieser Musiker bedarf , um die Songs vom ersten Soloalbum umzusetzen.

Schon bei Last Of The English Roses wurden effektiv sphärische Melodicaklänge eingesetzt und die bezaubernden Ballett - Tänzerinnen (eine Französin und eine Engländerin) wirbelten über die Bühne und warfen ihre Beine steil in die Höhe. Last of The English Roses ist ein guter Song, aber für mich nicht der Beste vom Album. 1939 Returning, ein melancholisches Stück mit dezentem Streicherinsatz und berührenden Lyrics über den zweiten Weltkrieg war da schon eine Steigerung, aber der Vogel abgeschossen wurde durch die Ballade A Little Death Around The Eyes. Ein Lied, das so ähnlich auch vonm französischen Nationalhelden Serge Gainsbourg hätte stammen können und auch auf den Soundtrack eines James Bond Streifens ein gute Figur machen würde. Salome war ähnlich gehalten, tieftraurig, poetisch und dank der Streicher einfach wunderschön.

Danach wurde es aber wieder rockiger, schließlich sollten die Zuschauer ja nicht wegdämmern. Wo Through The Looking Glass herkam, entzieht sich meiner Kenntnis, aber Palace Of Bone ist ein countrylastiger Albumtrack und zwar ein guter. Hier hatte auch Grahm Coxon seine besten Momente und steuerte mit wenigen, aber hocheffizienten Riffs seinen Anteil zum Gelingen bei.

Den Mittelteil bestritt dann Peter ganz alleine und schmetterte auf der Akustischen die Libertines Klassiker Death On The Stairs, Tell The King und Don't Look Back Into The Sun.

Zu Sheepskin Tearaway stieß dann die blonde Sängerin Dot Alllison hinzu und wimmerte sinnlich ein paar Strophen ins Mikro, das war irgendwie fast wie bei Serge Gainsbourg und Jane Birkin.

Mit dem swingenden Bluesstück Sweet By and By Drew wurde schließlich das Finale eingeläutet, das an Höhepunkten nicht arm war. Das sphärische New Love Grows On Trees ist jetzt schon fast ein Klassiker, bei dem die Lyrics: "If you are still alive when you are 25, or should I kill you as you asked me to" sofort haften bleiben und der Broken Love Song hat nicht nur eine dramatische zweite Hälfte, bei dem das Tempo erhöht wird, sondern auch einen ohrwurmigen Refrain.

Zwei neue Knüller, auf die abschließend mit Albion und Time For Heroes noch zwei altbekannte Klassiker draufgepackt wurden. Besonders Time For Heroes schlug hierbei granatenmäßig ein und Doherty war am Ende so aufgepeitscht und adrenalingeladen, daß er einen Hechtsprung in die Menge vollzog. Die bulligen Ordner hatten ihre liebe Mühe und Not, den langen Kerl wieder zurück auf die Bühne zu hieven, schafften es aber schließlich doch.

Ob Peters Vater wohl die neue CD seines Sohnes hören wird? Wenn ja, werden sich bestimmt ein paar Melodien unauslöschbar in sein Gedächntnis einbrennen, ansonsten hat der Mann wirklich kein Herz. Und dann hat Peter gewonnen! Sein Daddy sollte deshalb nicht nur die Schwächen seines Kindes sehen. Und über einen kurzen Anruf zu seinem 30. Geburtstag würde sich Peter sicherlich sehr freuen...

Links:

- Pete Doherty, Paris, 10.03.09
- Pete Doherty, Paris, 09.03.09
- Pete Doherty, Paris, 28.11.08
- Pete Doherty, Paris, 05.06.08




4 Kommentare :

Anna hat gesagt…

Du schreibst wunderbar.

Oliver Peel hat gesagt…

Oh, danke schön, Anna!

Lena hat gesagt…

Hi ;)

war auch da, und die beiden Typen am Anfang waren Alan Wass und Kristian Mar. Alan Wass finde ich richtig gut.

http://www.myspace.com/alanwassmusic

xLena

Anonym hat gesagt…

endlich mal kein beschissener mode.scheiß blog!

pete war schon sehr gut.
aber in einer sache muss ich dir wiedersprechen. die taenzerinnen waren alles andere als bezaubernd, sie waren absolut laecherlich, sinnlos und ueberfluessig.

 

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