Sonntag, 8. März 2009

Neko Case, Paris, 21.02.09


Konzert: Neko Case

Ort: Le Nouveau Casino, Paris
Datum: 21.02.2009
Zuschauer: gute Raumauslastung, aber nicht zu voll
Konzertdauer: ca. 65 Minuten




Manchmal machen Konzertberichte erst richtig Sinn, wenn man das neue Album des jeweiligen Künstlers gehört hat. In diese Kategorie fällt der Rückblick auf den Gig von Neko Case, die am 21. Februar im Pariser Nouveau Casino spielte. Zum damaligen Zeitpunkt lag mir schlicht und einfach der aktuelle Output von Neko noch nicht vor, da Middle Cyclone erst im März erschienen ist. Inzwischen habe ich die neue Scheibe ein paar Mal gehört und möchte deshalb noch einmal auf jenen Februarabend zurückschauen...

Das musikalische Programm begann mit einem richtig guten Künstler, den man hier nicht unterschlagen sollte. Eric Bachmann, so der Name des Mannes, der mehr Haare im Gesicht als auf dem fast kahlen Kopfe hatte. Aber volles Haar braucht man ja nicht, um erlesene Musik zu machen. Gerade für Folkmusiker wie ihn reicht eine gute Stimme, ein gekonntes Gitarrespiel und intelligente Lyrics. All dies war bei Eric Bachmann, der auch Mitglied der Band Crooked Fingers war, der Fall. Gefühlvolle Songs mit z.T. desillusionierten Texten über das gute Gefühl zu scheitern oder ganz am Ende ein sog. Drinking Song schürten mein Interesse auf eine CD von Eric, der beim glänzenden Saddle Creek Label (Bright, Eyes, Two Gallants, Cursive, u.v.a.) gesignt ist. Am Merchandising Stand gab es aber nur Scheibchen von Crooked Fingers zu erwerben. Vielleicht gibt es seinen Neuling einfach noch nicht und ältere Sachen wie z.B. das Album To The Race von 2006 hatte er auch nicht dabei.

Eric Bachmann ist für Freunde von Micah P. Hinson und Matt Elliott zu empfehlen.

Für den nun folgenden Auftritt von Neko Case wurde natürlich ein wenig umgebaut und es gab Zeit, ein wenig auf- und abzulaufen. Musikalische Folkprominenz hatte sich heute abend eingefunden, u.a. waren Matt Bauer, Solokünstler, aber bisher vor allem als Banjospieler von Alela Diane bekannt und die bezaubernde Erica Buettner, eine junge amerikanische Folksängerin, die in Paris lebt und bald eine Oliver Peel Session in unserem Wohnzimmer spielen wird (hoffe, daß es auch wirklich klappt!) anwesend.

Nicht nur Erica, sondern alle Zuschauer staunten kurze Zeit später Bauklötze als bei Maybe Sparrow zum ersten Mal die wunderbare Contry- Stimme der rothaarigen Neko Case erklang. Wie unfassbar kraftvoll sie sang! Sagenhaft, so etwas kriegen selbst abgebrühte Konzerthasen nicht alle Tage geboten! Wenn der Sturm des FC Bayern München die Durchschlagskraft dieser Stimme hätte, bräuchte Klinsmann um seinen Job beim FC Bayern nicht mehr zu fürchten! Sen -sa-tio-nell!

Aber Neko war nicht alleine gekommen, sie hatte eine Band mit erlesenen Musikern dabei. Von dem graugelockten und bärtigen Pedal Steel Gitarristen Jon Rauhouse wurde sogar behauptet, daß er einer der besten seines Faches sei und schon bei anderen Bands wie z.B. Giant Sand oder Calexico zum Einsatz kam. Jon spielte auch E-Gitarre (im Sitzen!) und Banjo (im Stehen). Auch der deutsche Kontrabassist wechselte ab und zu das Instrument und spielte dann den Bass, den man beim Rock verwendet. Zur Band gehörten auch ein eher unauffälliger Drummer, ein Gitarrist mit Hut (Paul Rigby), der aussah, als wäre er auf Entenjagd unterwegs und eine recht füllige (schwangere?) Backgroundsängerin (Kelly Hogan), die nicht nur eine hübsche Stimme, sondern auch jede Menge trockenen Humor hatte!

Neko und Kelly lieferten sich im Laufe des Konzertes regelrechte Sketchduelle, sie alberten rum wie zwei aufgedrehte Schulfreundinnen und kickten sich den Ball imer wieder hin und her. Auch der Gitarrist Paul war Opfer ihrer Scherze. Neko und Kelly machten sich nämlich über seinen Hut lustig, vor allem aber über sein schokobraunes Jacket. "You should teach Paris how to wear the color brown!", flachsten sie in Richtung des armen Kerls, der sich aber nicht weiter beeindrucken ließ. Schließlich ist er ein sehr wichtiger Teil der Band und verantwortlich für etliche Arrangements. Ein eher ruhiger Zeitgenosse, dieser Paul Rigby.

Ganz im Gegensatz zu Kelly, die jede kleine Pause zwischen den Liedern nutzte, um Anweisungen im Stile einer Stewardess an das Publikum zu geben, beispielsweise die letzte Chance zu nutzen, noch einmal schnell auf Toilette zu gehen, etc. Es war einfach köstlich den beiden "Stand- Up- Comedians" Neko und Kelly zuzuschauen!

Noch besser als die Gags zogen aber die performten Songs. Herausragend waren insbesondere der schmissige Hit Hold On Hold On vom Album Confessor Brings The Flood oder auch das zart melancholische Star Witness vom gleichen Werk. Was aber für Neko und ihre Band noch wichtiger war, war die bange Frage, wie denn die neuen Songs beim Publikum ankommen würden. Sie und Kelly kündigten jeden Neuling verängstigt mit: "scary!, scary! " an, so als hätten sie Prüfungsangst. Das war aber nicht unbedingt nötig, denn besonders People Got A Lotta Nerve zog auf Anhieb ganz beachtlich. Sicherlich das eingängigste Stück auf Middle Cyclone, der Hit des Albums, auf dem Neko immer wieder ausruft sie sei ein : "Man Man Man- eater." Das wesentlich ruhigere, aber sehr schöne Vengeance Is Sleeping hatte es da naturgemäß etwas schwieriger, Wirkung zu erzielen, aber die Chorpassagen wurden deutlich stärker betont als auf dem Album und blieben somit rasch haften. Leider weiß ich nicht sicher, ob der tolle Albumopener This Tornado Loves You gespielt wurde (mir lag schließlich das Album damals noch nicht vor), aber das etwas schwächere I'm An Animal meine ich erkannt zu haben, genau wie die Ballade Dont' Forget Me , eine Coverversion eines Harry Nilsson Songs, die mir eine Spur zu gefühlsduselig war und für mich auch nicht zu den Höhepunkten des neuen Albums gehört.

Unter dem Strich hat sich dieser Abend aber sehr gelohnt, auch wenn die Konzertdauer mit gerade mal einer Stunde und einer einzigen Zugabe doch recht kurz war. Vielleicht war die Gesundheit von Neko bereits etwas angeschlagen. Sie war - obwohl als eitel und leicht divenhaft bekannt - ungeschminkt erschienen und vermittelte den Eindruck, sie sei gerade aus dem Bett auf die Bühne gehopst gekommen. Keine Kritik diesbezüglich, das Touren ist bekanntlich beinhart und periodische Müdigkeit somit unvermeidlich. Umso lobenswerter, daß sich Neko trotzdem so ins Zeug gelegt hat! Und im August tourt sie wieder durch Europa. Wer da nicht gerade im Urlaub, oder auf irgendwelchen Festivals unterwegs ist, sollte sich die rote Zora des Alt- Country auf keinen Fall entgehen lassen!

Auszüge aus der Setlist Neko Case, Le Nouveau Casino, Paris:

- Maybe Sparrow
- Hold On, Hold On
- Star Witness
- Margaret vs. Pauline
- People Got A Lotta Nerve (neu)
- Vengeance Is Sleeping (neu)
- I'm An Animal (neu)
- Don't Forget Me (Harry Nilsson Cover) (neu)

Zusätzlich gab es auch noch andere Lieder vom nagelneuen Album Middle Cyclone

Pour nos lecteurs francais:

Neko Case a été magnifique! Elle n'a pas simplement une voix country merveilleuse et des morceaux entêtants, mais aussi plein de charme et d'humour. Accompagnée d'un groupe de grande qualité elle racontait sans cesse des histoires drôles, comme par exemple qu'elle s'est fait toucher les seins par un inconnu à Paris il y a quelques années. Apparement elle n'est pas rancunière, puisque elle semblait adorer le public parisien, qui était composé par pas mal d'américains. Quelle voix, quel personnage!

Links:

- Mehr Fotos von Neko Case hier
- Videos: Hold On Hold On live, People Got a Lotta Nerve on Q TV





1 Kommentare :

Christoph hat gesagt…

Dieser Klinsmann hat doch einen Neko-Case-Stürmer! Aber den läßt er versauern - gut für den tollen FC! :-)

 

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