Donnerstag, 20. Dezember 2012

Rozi Plain, King Creosote, BRNS, Paris, 15.12.12


Konzert: Rozi Plain, King Creosote, BRNS
Ort: La Flèche d'or, Paris
Datum: 15.12.2012
Zuschauer: relativ gut besuchte Veranstaltung


Ein ganz ausgezeichnetes Line Up erwartete die Besucher am vergangenen Samstag in der Pariser Fléche d'or.


 


Insgesamt traten vier erlesene Ats auf, von denen ich freilich wie so oft den ersten, Her Magic Wand aus Frankreich, verpasst hatte. 





Dann aber schon Rozi Plain aus Bristol, UK. Sie stand gemeinsam mit Kate "This Is The Kit" Stables und Jessie "Morningstar" D. Vernon auf der Bühne. Kate an der Trompete, Rozi an der Gitarre und Jessie am Bass so die Rollenverteilung. 



Mit diesem kargen Instrumentarium schafften es die drei überaus sympathischen Musiker, kleine feine Songs zu kreieren, die in punkto Charme und Liebenswürdigkeit Bestnoten verdienten. Alles hier war so sanft, so dezent, so herzerwärmend. Kein Bedarf an Effekten, Gekünsteltheiten oder wilden Posen, Rozi und ihren Freunden reichten leise Harmoniegesänge, schöne Melodien und eine spärliche musikalische Untermalung  völlig aus, um uns zu verzaubern. Man merkte ihnen die Liebe zu ihrer Musik an, wurde Zeuge einer eindrucksvollen Demonstration von Entschleunigung. In hektischen Zeiten und einer stressigen Stadt wie Paris Gold wert, so etwas. Da kommt man eingepfercht wie ein Sardine aus der übervollen Metro an und findet sich plötzlich in einer Oasis der Ruhe und Harmonie wieder. Und sofort fühlt man sich schon etwas besser, fängt an zu entspannen, loszulassen und die Muskeln zu lockern.







Auf der Bühne wurden unterdessen tolle Lieder wie Humans oder See My Boat gespielt, die man sogar als Vinylsingle mit schönem Art Work käuflich erwerben konnte.


 


Dabei sind eigentlich alle Tracks auf dem aktuellen Album Joined Sometimes Unjoined und viele von dem ersten Longplayer Inside Over Here sehr gelungen. Insofern ist eine Konzentrierung auf einzelne Hits also nicht notwendig. See My Boat ist allerdings wirklich ein Kleinod. Wenn die Gitarren da so herrlich auffunkeln, das Lied im Verlauf immer intensiver wird und der Gesang ins Herz vordringt, ist man als romantisch veranlagter Mensch einfach chancenlos und gibt sich wie ich der Sache widerstandslos hin.


 


Den Vogel schoß dann zum Schluss noch Sides ab, als sich King Creosote und seine Freundin hinzugesellten, man zu fünft kindliche Gesänge anstimmte und dazu gemeinsam die Arme in die Luft riss. Das war eine Atmosphäre wie auf einem Kindergeburtstag und die habe ich eigentlich immer geliebt.

Mit angenehmen Gefühlen im Bauch endete also dieser wundervolle Auftritt und ein kurzer Plausch am Merch mit Kate und Rozi steigerte mein Befinden noch weiter.

Setlist Rozi Plain, La Flèche d'or, Paris:

01: Take It
02: I Know
03: Sololo
04: Humans
05: Catch Up
06: Cold Tap
07: Friend City
08: See My Boat
09: Sides






Ideale Voraussetzungen um den nun startenden Schotten King Creosote zu genießen. Wir hatten ihn ja schon kurz bei Rozi auf der Bühne erlebt und nun nahm er diese (zunächst) ganz alleine ein. Ein relativ kleines Männchen mit grauen Haaren und ein paar Furchen im Gesicht, die darauf schließen ließen, daß er keine 20 mehr war.


 


Seine Stimme klang wahnsinnig gut. Er verfügt über eine ganz außergewöhnlich puren und naturreinen Gesang, der mich an seinen Landsmann Alasdair Roberts denken ließ. Beide eint ein poetischer, literarischer Ansatz, eine Art des zeitlosen Songwritings, die man fast als mittelalterlich, zumindest aber als althergebracht bezeichnen kann. Der Bursche verfügte zudem über viel (schwarzen) Humor, schmunzelte zynisch als bei Lied vier seine junge Lebensgefährtin zu ihm auf die Bühne kam und bluffte einen Herrn in der ersten Reihe an: "Ah, jetzt guckst du und fotografierst! Eben als ich hier allein stand, haste das nicht gemacht. Aber ich verstehe das, wenn man die Wahl zwischen einem alten häßlichen Mann und einer jungen hübschen Frau hat..."


 


Die beiden sangen dann auch perfekt zusammen, wenngleich ich keine einzelnen Lieder namentlich benennen kann.* King Creosote hat bereits über vierzig (!) Alben veröffentlicht, unter anderem auf dem renommierten Label Domino (Franz Ferdinand, Arctic Monkeys, The Kills u.va.) und arbeitet auch mit vielen anderen Künstlern zusammen, so zum Beispiel mit Jon Hopkins, mit dem er gemeinsam sogar für den Mercury Prize nominiert worden war.


Ein Tausendsassa also, der mit Fence Records sogar sein eigenes Label betreibt und darauf unter anderem Werke von James Yorkston, François and The Atlas Mountains und...Rozi Plain! veröffentlicht.

Wer lieblichen, feinfühligen Folk schätzt, der ist bei King Creosote und seinem Fence Label in besten Händen. Ein betörendes Konzert!



Dann wurde es musikalisch ganz anders. Statt Folk gab es nun Indierock mit leicht experimenteller Note. BRNS aus Belgien hieß die vierköpfige Truppe, die nun den Zuschauern gewaltig einheizte.


Schon ihr Bühnenaufbau war ungewöhnlich. Der Sänger und der Schlagzeuger (der ebenfalls sang) waren vorne seitlich zum Zuschauer aufgestellt und sahen sich somit an. Hinten agierten dann noch zwei weitere Musiker, diese allerdings mit dem Blick Richtung Publikum.

Gespielt wurde ein sehr flotter und zackiger Sound mit vielen Tempo- und Rhythmuswechseln, Cowbells, schräg schönen Harmoniegesängen und einem eigenwilligen Charme. Das erinnerte entfernt an Alt-J, Animal Collective oder auch Yeasayer, hatte aber keinesfalls den Charakter von Trittbrettfahrer- Musik.


Überragend der schnauzbärtige Drummer! Wie der draufknallte und mit vollem Körpereinsatz rödelte wie ein Besessener, das war schon ganz großes Tennis! Kein Wunder, daß die Musik so euphorisierend wirkte, obwohl ihr eine zarte Melancholie innewohnte, die BRNS in eine gwisse Nähe zu den Girls In Hawai stellte.

Das Publikum reagierte begeistert auf BRNS und feuerte die Jungs so richtig schön an, zumal es das allerletzte Konzert ihrer Tour war.

Ich fieberte ebenfalls mit und war enorm froh, eine solch kreative Band für mich entdeckt zu haben!


 

Insgesamt ein prima Konzertabend, der sich voll gelohnt hatte!

* vorher sang er Nothing Compares To You von Sinead O'Conor bzw. Prince, das kannte ich natürlich.


 

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