Konzert: Alela Diane
Ort: Mousonturm, Frankfurt
Datum: 03.06.2009
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft, vielleicht 400
Dauer: 75 min
Ein "schönes Konzert" (Zitat Oliver über den Vorabend in Paris), gar keine Frage! Aber der Reihe nach...
Auch wenn ich den Abend mit Alela Diane schon lange vorgemerkt hatte, war der Entschluß spontan, sie im Mousonturm zu sehen. Denn neben einigen anderen potentiellen Hinderungsgründen tauchte mit der wundervollen Caroline Keating kurzfristig noch eine Konkurrenzveranstaltung auf. Die Kanadierin spielte aber als eine von zwei Vorgruppen von Kristofer Åström im Wiesbadener Schlachthof. Die Aussicht auf einen sehr kurzen Auftritt und die fehlende Lust, den schwedischen Sänger schon wieder zu sehen, bedeuteten den letzten Funken Ausschlag (das klingt nach Spätpubertät...) für die amerikanische Folkkünstlerin.
Das Künstlerhaus Mousonturm ist neben den vielen skurrilen (und meist trotzdem charmanten) Clubs in Frankfurt ein echter Star. Sein Konzertsaal ist ein eigens dafür gebauter, was ihn für Künstler, deren Musik gute Akustik besonders gut verträgt, zum perfekten Auftrittsort macht. Auch bei Art Brut hatte ich viel Spaß im Mousonturm, so richtig punkten als Spielstätte kann der Saal aber eben bei den Paul Wellers, Mark Lanegans, Isobel Campbells oder Alela Dianes.
Saal und Empore waren bestuhlt. Ich schätze, daß so etwa 450 bis 500 Leute Platz gefunden hätten. Ganz ausverkauft schien es mir aber nicht zu sein. Beginn 21 Uhr war ausgegeben worden, was mir bei zwei Vorgruppen wie in Paris plausibel erschien. Ich hatte aber nichts von Supports gelesen (auf die ich nicht sonserlich erpicht war, besonders nach dem, was mir Oliver über die zweite im Olympia erzählt hatte) und wollte nicht riskieren, den Hauptact zu verpassen. Also kam ich um zwei vor neun im Parkhaus am Mousonturm an und sah, daß noch viele Leute draußen oder im Vorraum standen. Offensichtlich verkalkuliert. Als ich aber kurz in den Konzertraum guckte, liefen die letzten Vorbereitungen. Es würde also wirklich schon losgehen!
Um zehn nach neun erschien aber kein Warmup sondern die Kalifornierin. Alela Diane hatte aber erst nur einen zweiten Gitarristen im Schlepptau, vermutlich Tom Menig.* Die beiden guckten sich an und spielten auf ihren Instrumenten los. Lady Divine vom diesjährigen Album To be still bildete den Auftakt. Alelas Stimme ist live so, wie ich es gelesen hatte. Sie ist klar, kraftvoll und einprägsam.
Toll fand ich die Dramaturgie des Konzerts. Da sie offenbar die gleiche Setlist spielt (Paris und Frankfurt waren identisch), scheint dies so geplant zu sein. Standen bei Lady Divine noch Alela und Tom alleine auf der Bühne, war es beim zweiten Stück (Tired feet vom 2006er Debüt) schon eine dreiköpfige Band - Sängerin Alina Estelle Hardin war dazugekommen. Obwohl ihr Gesicht meist vollkommen unbeteiligt aussah, gefiel mir die zusätzliche Stimme sehr! Tired feet war dadurch deutlich intensiver als das erste Lied.
In gleicher Konstellation ging es zunächst weiter mit Tatted lace, bei denen Alelas Gesang an einer Stelle stark Jodlern glich - vielleicht können das Münchner Konzertgänger am Donnerstag bestätigen!
Zum vierten Lied - Dry grass & shadows - kam der Rest der Band dazu. Bassist Tom Bevitori und (als Vogelscheuche verkleidet) Schlagzeuger Benjamin Oak Goodman. Ich tue Benjamin aber ein wenig unrecht, sein Hut ist vermutlich mehr Hoss Cartwright als Vogelscheuchenkopfbedeckung. Vor allem tue ich seinem Spiel unrecht, denn Ho ähh Benjamin machte das ganz ausgezeichnet. Durch die beiden weiteren Musiker kam jetzt deutlich mehr Schwung in die Bude, allerdings nur auf der Bühne, denn im Saal war es ruhiger als in der Kirche (da husten Leute und klingeln Telefone). Nach jedem Lied setzte zwar freundlicher Applaus ein, mit Konzertstimmung hatte das aber nichts zu tun. Vielleicht erschwerte die Bestuhlung größere Ausgelassenheit. Natürlich ist es sehr bequem, während eines solchen Konzerts weich zu sitzen, es fördert aber auch abends, wenn man ohnehin müde ist, das langsame Wegdösen (harte, unbequeme Kirchenbänke wie bei Scott Matthews können da Wunder wirken!).
Benjamin trommelte zumindest das erste Lied mit einer Rassel, ein wunderbarer Effekt! Mir schien es auch eine gute Idee zu sein, den Schlagzeuger zu betrachten, denn dem auch ausgezeichnet spielenden Bassisten Tom konnte ich beim besten Willen nicht zusehen. Sein Gehampel und Gepose machte mir wieder einmal deutlich, wie Bassisten für mich sein müssen: sie müssen stoisch auf ihrem Platz stehen und tiefe Töne erzeugen. Beispiele und Vorbilder sollten Dee Dee Ramone oder Shmoo Ritchie sein! Aber netto war Tom Bevitori sehr gut!
A propos stoisch: Alinas Müdigkeit lag vielleicht auch an der Wahnsinnsfahrt morgens von Paris nach Frankfurt, die Alela aber mochte ("we drove from Paris this morning. It's good to have a change of scenery!").
Wie bei Scott Matthew spielte auch Alela ihr ganzes aktuelles Album. Der Hauptteil des Konzerts wurde nur viermal durch andere Songs "unterbrochen", durch drei Stücke von der ersten Platte und das Neil Young Cover Heart of gold, das mich aber nicht überraschte, weil ich es in Olivers Setlist bereits gesehen hatte. Hätte ich mich mehr mit der Sängerin befasst und wäre es nicht mein erstes Konzert gewesen, hätte mich vermutlich enttäuscht, daß die Amerikanerin ihr Programm nicht variiert, so störte es mich nicht, ich erfreute mich mehr an der zunehmenden und nach The ocean wieder abnehmenden Bandgröße.
The ocean war für mich der beste Song des Abends! Neben dem erwähnten Tired feet gefiel mir auch White as diamonds besonders. Ein Highlight bot aber noch die Zugabe. Nach dem schönen Age old blue (kein Lied über Käse) kam The pirate's gospel, das böse Zungen als albern bezeichnen könnten. Ich bin wohlgesonnen und liebte das Piraten-Cowboy-Lied. Es handelt nicht von Cowboys (das glaube ich wenigstens), es wurde aber von einer Cowboy-Band gesungen, die an diesem Abend nie mehr nach Country klang (und die die leider vergessene Jeanshemd-Mode wieder aktuell gemacht hat).
Und da packte es das Publikum dann wirklich mal! Alela hatte vorher gebeten, doch aufzustehen. Zögerlich machten alle mit. Es wirkte aber fremd. Nach The pirate's gospel dagegen brach extrem langanhaltender Jubel aus. Vollkommen klar, daß die Band noch einmal rauskommen musste. Alela und Tom kamen zurück - allerdings nur, um sich zu verbeugen. Schade.
Die mit Abstand romantischste Szene hatte sich vorher ereignet. Alela und Bassisten-Tom hatten Take us back, das letzte Lied vor den Zugaben alleine bestritten. Tom stand hinter der Kalifornierin und sang in ihr Mikro. Sehr schön! Und ich hatte den Eindruck, es war nicht ganz zufällig, daß dies so romantisch wirkte.
Auch wenn ich den Abend mit Alela Diane schon lange vorgemerkt hatte, war der Entschluß spontan, sie im Mousonturm zu sehen. Denn neben einigen anderen potentiellen Hinderungsgründen tauchte mit der wundervollen Caroline Keating kurzfristig noch eine Konkurrenzveranstaltung auf. Die Kanadierin spielte aber als eine von zwei Vorgruppen von Kristofer Åström im Wiesbadener Schlachthof. Die Aussicht auf einen sehr kurzen Auftritt und die fehlende Lust, den schwedischen Sänger schon wieder zu sehen, bedeuteten den letzten Funken Ausschlag (das klingt nach Spätpubertät...) für die amerikanische Folkkünstlerin.
Das Künstlerhaus Mousonturm ist neben den vielen skurrilen (und meist trotzdem charmanten) Clubs in Frankfurt ein echter Star. Sein Konzertsaal ist ein eigens dafür gebauter, was ihn für Künstler, deren Musik gute Akustik besonders gut verträgt, zum perfekten Auftrittsort macht. Auch bei Art Brut hatte ich viel Spaß im Mousonturm, so richtig punkten als Spielstätte kann der Saal aber eben bei den Paul Wellers, Mark Lanegans, Isobel Campbells oder Alela Dianes.
Saal und Empore waren bestuhlt. Ich schätze, daß so etwa 450 bis 500 Leute Platz gefunden hätten. Ganz ausverkauft schien es mir aber nicht zu sein. Beginn 21 Uhr war ausgegeben worden, was mir bei zwei Vorgruppen wie in Paris plausibel erschien. Ich hatte aber nichts von Supports gelesen (auf die ich nicht sonserlich erpicht war, besonders nach dem, was mir Oliver über die zweite im Olympia erzählt hatte) und wollte nicht riskieren, den Hauptact zu verpassen. Also kam ich um zwei vor neun im Parkhaus am Mousonturm an und sah, daß noch viele Leute draußen oder im Vorraum standen. Offensichtlich verkalkuliert. Als ich aber kurz in den Konzertraum guckte, liefen die letzten Vorbereitungen. Es würde also wirklich schon losgehen!
Um zehn nach neun erschien aber kein Warmup sondern die Kalifornierin. Alela Diane hatte aber erst nur einen zweiten Gitarristen im Schlepptau, vermutlich Tom Menig.* Die beiden guckten sich an und spielten auf ihren Instrumenten los. Lady Divine vom diesjährigen Album To be still bildete den Auftakt. Alelas Stimme ist live so, wie ich es gelesen hatte. Sie ist klar, kraftvoll und einprägsam.
Toll fand ich die Dramaturgie des Konzerts. Da sie offenbar die gleiche Setlist spielt (Paris und Frankfurt waren identisch), scheint dies so geplant zu sein. Standen bei Lady Divine noch Alela und Tom alleine auf der Bühne, war es beim zweiten Stück (Tired feet vom 2006er Debüt) schon eine dreiköpfige Band - Sängerin Alina Estelle Hardin war dazugekommen. Obwohl ihr Gesicht meist vollkommen unbeteiligt aussah, gefiel mir die zusätzliche Stimme sehr! Tired feet war dadurch deutlich intensiver als das erste Lied.
In gleicher Konstellation ging es zunächst weiter mit Tatted lace, bei denen Alelas Gesang an einer Stelle stark Jodlern glich - vielleicht können das Münchner Konzertgänger am Donnerstag bestätigen!
Zum vierten Lied - Dry grass & shadows - kam der Rest der Band dazu. Bassist Tom Bevitori und (als Vogelscheuche verkleidet) Schlagzeuger Benjamin Oak Goodman. Ich tue Benjamin aber ein wenig unrecht, sein Hut ist vermutlich mehr Hoss Cartwright als Vogelscheuchenkopfbedeckung. Vor allem tue ich seinem Spiel unrecht, denn Ho ähh Benjamin machte das ganz ausgezeichnet. Durch die beiden weiteren Musiker kam jetzt deutlich mehr Schwung in die Bude, allerdings nur auf der Bühne, denn im Saal war es ruhiger als in der Kirche (da husten Leute und klingeln Telefone). Nach jedem Lied setzte zwar freundlicher Applaus ein, mit Konzertstimmung hatte das aber nichts zu tun. Vielleicht erschwerte die Bestuhlung größere Ausgelassenheit. Natürlich ist es sehr bequem, während eines solchen Konzerts weich zu sitzen, es fördert aber auch abends, wenn man ohnehin müde ist, das langsame Wegdösen (harte, unbequeme Kirchenbänke wie bei Scott Matthews können da Wunder wirken!).
Benjamin trommelte zumindest das erste Lied mit einer Rassel, ein wunderbarer Effekt! Mir schien es auch eine gute Idee zu sein, den Schlagzeuger zu betrachten, denn dem auch ausgezeichnet spielenden Bassisten Tom konnte ich beim besten Willen nicht zusehen. Sein Gehampel und Gepose machte mir wieder einmal deutlich, wie Bassisten für mich sein müssen: sie müssen stoisch auf ihrem Platz stehen und tiefe Töne erzeugen. Beispiele und Vorbilder sollten Dee Dee Ramone oder Shmoo Ritchie sein! Aber netto war Tom Bevitori sehr gut!
A propos stoisch: Alinas Müdigkeit lag vielleicht auch an der Wahnsinnsfahrt morgens von Paris nach Frankfurt, die Alela aber mochte ("we drove from Paris this morning. It's good to have a change of scenery!").
Wie bei Scott Matthew spielte auch Alela ihr ganzes aktuelles Album. Der Hauptteil des Konzerts wurde nur viermal durch andere Songs "unterbrochen", durch drei Stücke von der ersten Platte und das Neil Young Cover Heart of gold, das mich aber nicht überraschte, weil ich es in Olivers Setlist bereits gesehen hatte. Hätte ich mich mehr mit der Sängerin befasst und wäre es nicht mein erstes Konzert gewesen, hätte mich vermutlich enttäuscht, daß die Amerikanerin ihr Programm nicht variiert, so störte es mich nicht, ich erfreute mich mehr an der zunehmenden und nach The ocean wieder abnehmenden Bandgröße.
The ocean war für mich der beste Song des Abends! Neben dem erwähnten Tired feet gefiel mir auch White as diamonds besonders. Ein Highlight bot aber noch die Zugabe. Nach dem schönen Age old blue (kein Lied über Käse) kam The pirate's gospel, das böse Zungen als albern bezeichnen könnten. Ich bin wohlgesonnen und liebte das Piraten-Cowboy-Lied. Es handelt nicht von Cowboys (das glaube ich wenigstens), es wurde aber von einer Cowboy-Band gesungen, die an diesem Abend nie mehr nach Country klang (und die die leider vergessene Jeanshemd-Mode wieder aktuell gemacht hat).
Und da packte es das Publikum dann wirklich mal! Alela hatte vorher gebeten, doch aufzustehen. Zögerlich machten alle mit. Es wirkte aber fremd. Nach The pirate's gospel dagegen brach extrem langanhaltender Jubel aus. Vollkommen klar, daß die Band noch einmal rauskommen musste. Alela und Tom kamen zurück - allerdings nur, um sich zu verbeugen. Schade.
Die mit Abstand romantischste Szene hatte sich vorher ereignet. Alela und Bassisten-Tom hatten Take us back, das letzte Lied vor den Zugaben alleine bestritten. Tom stand hinter der Kalifornierin und sang in ihr Mikro. Sehr schön! Und ich hatte den Eindruck, es war nicht ganz zufällig, daß dies so romantisch wirkte.
Setlist Alela Diane, Mousonturm, Frankfurt:
01: Lady Divine
02: Tired feet
03: Tatted lace
04. Dry grass & shadows
05: White as diamonds
06: The alder trees
07: To be still
08: Heart of gold (Neil Young Cover)
09: Every path
10: My brambles
11: The ocean
12: The rifle
13: Oh! My mama
14: Take us back
15: Age old blue (Z)
16: The pirate's gospel (Z)
Links:
- aus unserem Archiv:
- Alela Diane, Paris, 02.06.09
- Alela Diane, Paris, 12.11.08
- Alela Diane, München, 04.11.08
- Alela Diane, Paris, 19.03.08
- Alela Diane, Paris, 24.10.07
- Fotos aus Frankfurt
* Leser dieser Seite werden wissen, daß er Alelas Vater ist
6 Kommentare :
Die Geschichte mit dem hohen Altersdurchschnitt ist interessant. In Paris war das Publikum gemischt, es gab auch viele junge Leute. Die zwei Mädchen neben mir, die waren circa zwischen 16 und 18 und sahen aus, als würden sie sonst zu den Kooks gehen. Leider haben sie aber unentwegt geplappert...
Sehr gut zusammengefasst Christoph! Alle Details werden erwähnt, bravo Kollege!
Die Setlist entspricht auch genau dem Auftritt in Berlin, auch die "Dramaturgie", inklusive des Liedes was Alela mit ihrem Bassisten vorgetragen hat, inklusive der leicht turteligen Atmosphäre, inklusive der Bestuhlung und der fürchterlich steifen Atmosphäre. Insgesamt - vor allem nach den beiden Berichten von Euch, muss ich sagen, dass ich ein wenig enttäuscht bin. Die Frau ist toll, sieht toll aus und ist eine tolle Künstlerin, dennoch wirkt das ein wenig sehr routiniert und distanziert. Ich höre mir in Zukunft weiter gerne ihre Musik an, werde aber wohl eher nicht erneut zu einem Konzert von ihr gehen...
Oder Du siehst Dir Alela noch einmal in Paris an, Peppi, denn dort war das Publikum altersmäßig gemischt und die Atmosphäre keineswegs fürchterlich steif. Lies am besten noch einmal meinen neuen Bericht, ich stelle ihn sehr bald online.
@ Christoph: Genau richtig erkannt, Alela jodelt bei Tatted Lace!
@Oliver: Ja, vielleicht. Oder noch besser, ihr macht eine Oliver Peel Session mit Alela, aber bei uns in Berlin...:-)
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