Samstag, 6. September 2008

The Rascals, Paris, 05.09.08


Konzert: The Rascals (The Week That Was, The Acorn, The Wave Pictures)

Ort: La Flèche d'or, Paris
Datum: 05.09.2008
Konzertdauer: The Rascals ca. 45 Minuten, die anderen Bands kürzer



Einen Konzertabend mit vorzüglichen musikalischen Gästen hielt die Flèche d'or heute abend bereit. Im Rahmen des Festivals Wild Cards, gab es eine Veranstaltung des Labels Cooperative Music und das Programm konnte sich wirklich sehen (und hören) lassen!


Schon die erste Band, The Week That Was aus Sunderland, bot intelligenten und ausgefeilten Pop, was aber nicht weiter verwunderlich ist, wenn man weiß, daß hinter dem Namen die beiden Brewis Brüder (ex- Field Music) stecken, die vor Kreativität nur so strotzen.

Field Music habe ich geliebt, vor allem ihr zweites Album Tones Of Town (2007). In der Musikpresse hageltes dafür auch verdientermaßen Kritikerlob, aber kurze Zeit später kam die schockierende Meldung, dass sich Field Music aufgelöst haben. Vor allem die Begründung war seltsam, da sprachen die Brewis Brüder nämlich davon, daß es Zeit sei, einer richtigen Arbeit nachzugehen ("It's time to go and do some proper work). Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie diese beiden (vom Publikum weitgehend unentdeckten) kleingewachsenen Genies in einer Bank oder bei einer Versicherung Dienste verrichten würden und so kam es wie es kommen musste: David und Peter Brewis machten weiter und zwar als Musiker und nicht als Bürohengste.

David veröffentlichte unter dem Projektnamen School Of Language im Februar 2008 ein Album, mit der auch fast live in Paris Station gemacht hätte, wenn, ja wenn das Geld gereicht hätte! Angeblich konnte sich die Plattenfirma den Auftritt im Café de la Danse nämlich nicht leisten und so musste man sich in Paris noch weiter gedulden, um die Gebrüder Brewis wiederzusehen (zumindest als Field Music hatte ich mit ihnen während eines Inrock Indie Clubs in der Maroquinerie einmal das Vergnügen).

Heute am 05.09.2008 dann endlich das Wiedersehen mit den Boys aus Sunderland, die auch beste Kontakte zu den ebenfalls großartigen Futureheads pflegen.

The Week That Was ist das Projekt von Peter Brewis und das Debütalbum ist gereade erst erschienen. Ich habe es leider noch nicht und kam somit völlig unbedarft in die Flèche d'or, war aber sofort angetan von den intelligenten Arragements der Band, die zu viert gekommen war. Neben den Brüder Brewis an Schlagzeug und Bass agierte auch noch ein blonder Herr am Xylophon und es gab auch noch einen Pianisten, der am Ende mit Peter die Instrumente tauschte. Zusammen zauberten sie sehr hübsche Kompositionen aus dem Hut und ich bin sicher, dass die Lieder - wie so oft bei den Herren Brewis - ihre volle Blüte erst nach dem x-ten Mal Hören entfalten. Die Kerle aus Sunderland machen es sich nämlich nie so leicht, wie andere englische Bands. Da wird nicht auf den eingängigen Hit hingearbeitet, sondern an ausgetüftelten Strukturen und ständigen Spannungs-und Tempowechseln gefeilt.

Wer sich selbst einen Eindruck verschaffen möchte: Bei Youtube findet man Videoclips von den tollen Songs Scratch The Surface (hier), The Airport Line (hier in einer Liveversion von guter Qualität) und der Ballade Come Home (hier), die Peter Brewis in Paris am Piano vortrug.

Also, unbedingt The Week That Was Gehör schenken, es lohnt sich!

Anschließend bereiteten mir die Kanadier The Acorn ebenfalls eine gute halbe Stunde. Gerade die ersten Lieder waren sehr gelungen, bevor es dann ein klein wenig abflachte. Die Band, die dieses Jahr bereits bei South By Southwest in Texas gespielt hat, wartete ebenfalls mit intelligentem Pop auf, der sich weitab vom Mainstream bewegt und traumhafte Melodien bot. Die Kanadier kamen zu fünft, angeführt von dem bärtigen Sänger Rolf Klausener (seine Mutter stammt aus Honduras), der hervorragend franzöisch sprach (was aber wohl einfach daran liegt, daß die Gruppe, neben Ottawa, zumindest zum Teil in Montréal beheimatet ist) und eine sehr schöne Stimme hat und komplettiert durch die Keyboarderin Keiko Devaux.

Man sollte sich also auch mit The Acorn einmal beschäftigen, zum Beispiel indem man diesen hübschen Videoclip von Flood Pt. 1 anhört - und sieht.

Miles Kane von den Rascals ließ sich danach recht viel Zeit, brachte den völlig überfüllten Saal aber dann zusammen mit seinen beiden Kumpels, Joe Edwards am Bass und Greg Mighall an den Drums, richtig zum Kochen. Der Stilmix aus bluesigem amerikanischem Stonerrock im Stile der Queens Of The Stone Age gepaart mit dem schnörkellosen englischen Vorstadtsound der Arctic Monkeys schlug ein wie eine Bombe und begeisterte vom ersten Lied an.

Einer hübschen Blondine aus Marseille neben mir schien die Reaktion des Publikums aber zu lahm auszufallen: "Ist das In Paris immer so steif?", fragte sie mich, bekam dann aber die Antwort gleich beim nächsten Lied geliefert, denn da ging so richtig die Post ab! Man muss sich nur einmal Out Of Dreams anzuhören, um zu wissen, warum das so ist. Ein Song, der relativ schleppend beginnt, aber in der Folge immer schneller und explosiver wird und auch eine psychedelische Note bekommt. Super!

"Is this exellent?" wollte Miles Kane dann auch irgendwann wissen und als ihm die Reaktion zu dürftig ausfiel, wiederholte er seine Frage, diesmal mit mehr Inbrunst: "Is this excellent?"

Diesmal gab es mehr Applaus und es ging munter im Programm weiter. Zwischen den Liedern nippte Miles immer mal wieder an einem Glas Rotwein, eine Sache, die mir übrigens schon bei seinem Konzert mit Alex Turner bei den Last Shadow Puppets aufgefallen war.

Und noch eine Parallele gab es zu den Last Shadow Puppets: Auch bei den Rascals schleichen sich manchmal Passagen ein, die einen angenehm an einen James Bond Film erinnern! (Kein Wunder also, dass ein Lied "Bond Girl" heißt)

Natürlich ist die musikalische Nähe zu den Arctic Monkeys recht frappierend, aber die Rascals sind noch deutlicher sphärischer, weniger roh und haben auch eine stärker bluesig ausfallende Note.

Meinen Segen hat das junge Trio auf jeden Fall, die Typen rocken wie Hölle und sind tausendmal besser als gehypte Lutscher wie z.B. die Klaxons!

Daumen also hoch für Miles und seine Rascals!

Die ebenfalls interessant klingenden Engländer The Wave Pictures schenkte ich mir dann aber. Irgendwann hat auch ein Nerd wie ich mal genug Konzerte intus...


Setlist The Rascals, La Flèche d'or, Paris (Merci à Stéphane!)

01: Rascalize
02: Does Your Husband Know That You're On The Run
03: Out Of Dreams
04: Bond Girl
05: Fear Invicted To The Perfect Stranger
06: Freakbeat Phantom
07: People Watching
08: Stockings To Suit
09: Wicked Way
10: I'll Give You Sympathy
11: Is It Together?



5 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

The Week That Was. The Acorn. The Rascals. Verdammt. Ich möchte auch in einer Stadt wohnen, wo ich mir diese Bands mal eben so hintereinander angucken kann. Mein Neid lässt sich kaum in Worte fassen.

Oliver Peel hat gesagt…

Feine Sache, was? - Und gratis obendrein, Christina!

Anonym hat gesagt…

grrrmmmmmrrrrrmmmmpf!

...der Xylophonmensch müsste Pete Gofton sein, oder?

Na super, du siehst 3 meiner Lieblingsmusiker auf einer Bühne und ich...sitze bloß hier rum :(

Oliver Peel hat gesagt…

Komme auch nach Paris, Christina! Du bist herzlich willkommen :)

Danke für die Info über Pete Gofton, der Herr hat also auch seine eigenen Projekte, interessant...

Anonym hat gesagt…

...der Herr war mal bei Kenickie! Er ist also schon etwas länger im Geschäft :)

Stimmt es, dass man in Frankreich im Schnitt 37 Urlaubstage hat? Wenn ja komme ich sofort nach Paris!

 

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