Donnerstag, 4. September 2008

Bowerbirds, My Girlfriend Is Better Than Yours, Paris, 02.09.08


Konzert: Bowerbirds u. My Girlfriend Is Better Than Yours (Domingo)
Ort: La Flèche d'or, Paris
Datum: 02.09.2008
Zuschauer: so ein paar

Konzertdauer: jeweils circa 35 Minuten



Schon am 29.Mai 2007 schwärmte der bayrische Ausnahmeblogger Eike (hier!) vom stets bestens informierten Klienicum von den Bowerbirds aus Raleigh (North Carolina). Der Ort ließ ihn an den Namen seines vernachlässigten englischen Rennrades denken, aber auch zu der Musik des amerikanischen Trios hatte er schon ein hübsches Sätzlein parat: "Akustische Musik, die warm und offenherzig wie das weite Land daherkommt".

Irgendwann stieß auch der Pariser Dokumentarfilmer Vincent Moon (er hat kürzlich mit The National und R.E.M. gearbeitet), einer der Mitbegründer der Blogothèque, ebenfalls auf die Bowerbirds und drehte mit ihnen ein paar seiner legendären Sessions (hier musizieren die Bowerbirds in einem Feinkostladen in New York!) und zu guter Letzt, das heisst im Sommer 2008, hatte auch die lahme Musikzeitschrift Musikexpress davon Wind bekommen, dass die Bowerbirds toll sind.

Im August 2008 schließlich haben die Veranstalter des wunderbar besetzten Musikfestivals La Route Du Rock, das Kunsttstück fertiggebracht, die Amerikaner für ihr Line-Up zu gewinnen.

Und nun schreiben wir den 2. September 2008 und endlich lässt sich das aufstrebende Folk-Trio auch auf Pariser Bühnen blicken!

Zunächst einmal spielten aber Franzosen. Jeweils Duos und jeweils ein gemischtes Pärchen. Aber noch viel wichtiger: in beiden Fällen gut und hörenswert!

Den Auftakt machten Domingo, die ich bereits einmal im Divan Du Monde gesehen hatte. In der Zwischenzeit ist ihr Debütalbum erschienen und was soll ich sagen: es ist hübsch geworden! Warmer, intimer Folk, ohne große Schnörkel, versehen mit wundervollen Melodien und einer sanften melancholischen Note.

Bei dem Duo spielt sie die akustische - er die elektrische Gitarre. Die Dame singt und zwar sehr schön! Alles ist eher reduziert gehalten und der Gesang ist sanft und verträumt, genau richtig um abzutauchen und sich fallenzulassen.

Domingo sind keine Band der großen Sprüche oder Gesten und vielleicht fanden es deshalb auch ein paar Leute hinterher etwas zäh, ich hingegen war von dem dezenten Auftreten der jungen Musiker angetan. Ihr Set erinnerte mich angenehm an andere Nachwuchs-Folkbands, die ich dieses Jahr schon genossen hatte, unter anderem This Is The Kit oder Pollyanna.

Also unbedingt mal in die Stücke bei MySpace reinhören (dort vertreten u.a. das Lied The Grace welches auch heute gespielt wurde), oder am besten gleich das selbstbetitelte Album bestellen, es lohnt sich!

Danach waren meine Bekannten von My Girlfriend Is Better Than Yours an der Reihe. Ich kenne das Pärchen nun schon eine ganze Weile, vor allem ihn, Olivier Marguerit, der sich bei dem hier beschriebenen Projekt den Namen Dirty Holy gibt. Olivier kann man eigentlich gar nicht verpassen, wenn man sich in Pariser Konzertkreisen bewegt. Er spielt aktiv mit bei Syd Matters, (Los) Chicros, Fugu, Tahity Boy And The Palmtree Family und wird auch oft als Gastmusiker gebucht. Olivier, die Allzweckwaffe! Kein Wunder, er spielt nicht nur Gitarre, sondern auch Querflöte, Piano, Schlagzeug und was weiß ich noch alles!

Den weiblichen Part bei My Girlfriend Is Better Than Yours bestreitet ein reizendes, äusserst charmantes Mädchen, das innerhalb der Band den Kunstnamen Bud Low trägt. Sie hat ausser My Girlfriend kein anderes Projekt und konzentriert sich ausschließlich auf diese lustige Geschichte.

Humor ist Trumpf bei MGIBTY, das verrät ja bereits der Name! Man muss sich nur einmal auf der MySpace Seite umschauen, um über den Humor der beiden zu stolpern. Beispiel Influences: God, Dreams, Sumos, Trucks (ja, nicht Drugs!), Sex and Rock'n Roll.

Gut was? Aber auch musikalisch bietet das Duo so einiges. Ihren Stil würde ich als folkigen Dream Pop mit psychedelischer Note beschreiben. Und an eine spezielle Band dachte ich bei ihnen sofort: Stereolab, da auch bei den kultigen Engländern eine Französin singt und es auch sonst gewisse Ähnlichkeiten gibt. Interessanterweise kennen MGIBTY Stereolab aber gar nicht richtig, musikalische Parallelen sind also rein zufälliger Art!

Kommen wir zu den Liedern der Spaßmacher: Da gibt es zum einen den herrlichen Popsong Before My Memory, mit dem heute ins Programm gestartet wurde. Er beginnt eigentlich ganz klassisch, bevor plötzlich ein Sampler mit der Stimme eines französischen Forschers einsetzt, der von der "Migration des styrènes" plappert. Macht eigentlich keinen Sinn, ist aber ein witziger Effekt, genauso wie das Ende des Liedes bei dem rückwärts (!) gesungen wird.

Desweiteren spielen sie auch regelmässig Girl From South,Winterfarmland und From My Sofa, Songs die man allesamt auf ihrer MySpace Seite anhören kann. Besonders hübsch davon ist Winterfarmland, eine süß saure Country-Ballade, die mit schönen Chorgesängen aufwartet.

Nicht auf MySpace findet man allerdings das Stück My Girlfriend Is Better Than Yours, das demnächst als Single veröffentlicht werden soll. Es entspricht nicht dem üblichen Folkstil der Pariser, sondern ist ein lupenreiner Disco-Song mit Ohrwurmqualitäten!

Der originellste Titel im Programm war aber ein Lied. das Bud Low auf deutsch sang! "Wer reitet so spät durch Nacht durch Wind", na das ist doch... der Erlkönig! Deutsches Kulturgut auf Pariser Bühnen, na wenn das nicht abgefahren ist! Aber wer hat's geschrieben? Antworten bitte im Kommentarteil hinterlassen! Aber nicht schummeln, nachschlagen bei Wikipedia oder anderen Quellen ist nicht erlaubt!


Ein deutsches Lied hatten schließlich die Bowerbirds nicht im Programm, dafür aber ihre wunderbaren Seelentröster vom famosen Album Hymns For A Dark Horse.

Zu dritt, also in Vollbesetzung, sind sie angetreten heute in Paris, nachdem sie in Saint Malo bei der Route Du Rock noch auf ihren Geiger (der manchmal auch Trommler ist) Mark Paulson verzichten mussten. Gerade der Blondschopf sorgte aber bei einem Lied wie dem wundervollen Dark Horse für die gefühlvollen Streicherparts, die ich nicht missen wollte.

Aber vielleicht muss ich die Bowerbirs doch noch einmal kurz vorstellen. Sänger und Gitarrist ist der bärtige Phil Moore, der äusserst einfühlsam seine Texte intonierte und manchmal so in die himmlischen Lieder versunken war, dass er geniesserischen Blicks die Augen schloss und seinen Kopf sanft von links nach rechts wiegte. Dann gibt es die bildhübsche Beth Tacular, die zwischen Trommel und Akkordeon abwechselte und auch für die Background-Vocals verantwortlich zeichnete. Und schließlich den bereits erwähnten Mark Paulson, der optisch am wenigsten auffiel, aber musikalisch wichtige Akzente setzte.

Diese drei Sympathen sorgten für eine knisternde Atmosphäre, die nicht nur vor dem winterlichen Kaminfeuer, sondern auch an einem Septembertag wohlige Gefühle auslöste.

Und Songmaterial, um zu begeistern hat das Trio aus North Carolina bereits reichlich, schwer zu sagen, was besser war, Bur Oak oder My Oldest Memory, oder oder...

Die heftigsten Reaktionen beim Publikum erzeugte allerdings das schwungvolle In Our Talons ("dididididi"), bei dem die hübsche Beth auf himmlische Weise ihr schweres Schifferklavier spielte und mit ihren sexy weißen Stiefeln auf den Boden tippte. Ein Mitschunkler erster Güte, der das Potential zum Lied des Jahres hat!

Aber die Amis verließen sich nicht nur auf (Insidern) bekannte Songs. Sie boten auch drei neue Stücke, von denen aber lediglich House of Diamonds einen definitven Titel hat. Teeth und Bleed hingegen heißen eventuell später dann anders, im Moment tragen sie nur Arbeitstitel. Die drei Neulinge fügten sich harmonisch in die älteren Sachen ein und geben jetzt schon Lust auf das zweite Album. Dabei ist das erste in Deutschland gerade erst erschienen.

Eike kannte es allerdings schon wieder ein Jahr früher. Er hatte wieder einmal den richtigen Riecher...



Zur Setlist der Bowerbirds gehörten neben den Hits vom Album Hymns For A Dark Horse folgende neue Lieder, die zum Teil erst Arbeitstitel tragen: House of Diamonds, Teeth, Bleed


Mehr Fotos von den Bowerbirds hier




1 Kommentare :

E. hat gesagt…

ha, freunde aus hamburg haben die birds schon gesehen, nun du. ich harre bis anfang oktober aus. eine gemeinheit. dabei hatte ich sie wahrlich sehr früh auf der karte. domingo gefallen mir wirklich ausgezeichnet, 'hübsch' ist da in der wertung eindeutig zu wenig. danke für die links, mein lieber!

 

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