Freitag, 8. August 2008

The Flaming Lips, Haldern-Festival, 07.08.08


Konzert: The Flaming Lips
Ort: Hauptbühne des Haldern Pop Festivals
Datum: 07.08.08
Zuschauer: ein paar tausend
Konzertdauer: ca. 80 Minuten


„So ein Armleuchter!" Des is American Scheiß, des koan der in Kalifornia ablassen, aber net bei uns hiea. Des is net mei Niveau!" Au Backe, einem bayerischen Festivalbesucher gefiel es offensichtlich so gar nicht, was Wayne Coyne und seine Flaming Lips auf der großen Bühne in Haldern ablieferten! Dabei waren die Veranstalter so stolz, mit den Flaming Lips einen solch dicken Fisch ans Land gezogen zu haben. Eine amerikanische Kultband, die schwer zu buchen ist, spielt in einem kleinen Kaff am Niederrhein, na wenn das nichts ist! Aber die Meinung des schimpfenden bayerischen Festivalbesuchers war nicht unbedingt repräsentativ, vielen gefiel nämlich das Konzert der Amis sehr gut, vor allem die Show kam überwiegend hervorragend an. Allerdings gab es auch einige ebenfalls kritische Kommentare: „Ja, tolle Show, aber fürchterliche Musik", so oder so ähnlich urteilten nicht wenige. Und wie gefielen mir persönlich die Flaming Lips? Nun, dazu muss ich etwas weiter ausholen: Alles begann mit umfangreichen Aufbauarbeiten, die von Männern in orangefarbenen Bauarbeiterwesten durchgeführt wurden. Schon früh mischte sich der grauschläfige Wayne Coyne unter die fleißigen Helfer und sah dabei wie ein bauleitender Architekt aus. Mit seinem weißen Anzug tanzte der schlanke, mittelalte Sänger zu „I Would Die For You" von Prince, das aus den Boxen dröhnte. Anschließend lief auch noch Radiohead und die zalreichen Fotografen im Graben vor der Bühne wurden immer ungeduldiger. Wann geht es endlich los? Irgendwann erklang auch noch ein Jagdhorn und kurze Zeit später trat ein Moderator auf die Bühne und fragte auf englisch: „Do you remember your first kiss, in a car with steamy windows?" Mehrfach wiederholte der Kerl mit Kappe diese Phrase, bevor er dann die „Biggest children birthday party you can imagine" ankündigte und darum bat, den Flaming Lips „einen big kiss" (dazu schmatzte er theatralisch) zu geben. Dann hörte man Musik, die auch von Star Wars hätte stammen können, es handelte sich aber um ein Intro, das in „Race For The Prize" mündete. Musikalisch also ein Auftakt nach Maß, aber showtechnisch war natürlich alles noch viel spektakulärer! Unzählige riesige grüne Ballons stiegen in den Nachthimmel, der vor lauter Konfettiregen schon ganz bunt war. Ebenfalls bunt: die Teletubbies, in deren Kostümen Männer und Frauen schwitzten, aber dennoch über beide Backen strahlten, genauso wie ihre überdimensionalen Taschenlampen, mit denen sie jeden Winkel ausleuchteten. Man wusste gar nicht, wo man hinschauen sollte, auf Oberguru Wayne Coyne, der den Strahlemann gab, oder auf den Musiker im Skelettkostüm, oder vielleicht auf die rückwärtige Leinwand mit den grellen Bildern? Am Besten man sah sich die vielen strahlenden Gesichter im Publikum an! Das war wahrlich die versprochene riesige Kindergeburtstagsfete und (fast) jeder hier genoss das Gefühl, Teil dieses amüsanten Spektakels zu sein! Und das Spektakel wurde immer verrückter! Wayne kletterte in eine gigantische Kunststoffkugel, in der er bequem aufrecht stehen konnte und ließ sich von den Helfern in die johlende Menge befördern. Mitsamt Kugel rollte er über die Köpfe der verdutzten Leute hinweg und bewegte sich dabei wie ein Astronaut in schwerelosem Raum. Sämtliche Kameraleute rissen ihre Apparate nach oben,um diese unfassbaren Szenen für die Ewigkeit festzuhalten. Kurze Zeit später war aber mit der Knipserei auch schon Schluss, den Fotografen wurde nämlich lediglich das Abfotografieren eines einzigen Liedes zugestanden. Zugegebenermassen ereignete sich aber in dieser Zeit so viel, wie in fünf Konzerten zusammen, so dass niemand wirklich enttäuscht sein konnte. Wayne war von seinem „Ausflug" inzwischen auf die Bühne zurückgekehrt und aus seiner Umhüllung herausgeklettert. Auf Dauer dürfte es wohl auch recht ungemütlich und stickig in dieser Kugel sein! Ausserdem musste er ja auch Gitarre spielen, vor allem bei dem nachfolgenden Rockstück „Free Radicals", das ich allerdings nie so recht mochte, weil es mich an „We Will Rock You" von den unsäglichen Queen erinnert. Danach richtete der Chef erstmals warme Worte an das Halderner Publikum: „We came all the way from Oklahoma City, Oklahoma. As you know we don't play that many shows, so we try to make every show as great, as magical and unique as we can. Because maybe this could be the last show we will play in our life, you never know"...

Man merkte schon: der Mann ist Vollprofi, der weiß, wie man dem Publikum das Gefühl geben kann, es sei ihm das liebste, das er je erlebt hat. Mit seinen Anspielungen auf die deutsche Band Kraftwerk prallte er aber mehr oder weniger ab. „We dedicate this next song to Kraftwerk" - Kaum Reaktion - „Hey, come on Kraftwerk! They come from Düsseldorf (witzig: er spricht Düsseldorf ohne ü aus, also Dusseldorf)... Das gewidmete Lied war übrigens „Vein of Stars", jene süß-saure Schmachtballade, in der es die tolle Textzeile: „If there is no heaven, maybe there ain't no hell" gibt. Zweifelsohne ein Highlight des Sets! Das Gleiche galt natürlich auch für das an siebter Stelle gespielte Kultstück „Yoshimi Battles The Pink Robots Pt. 1", das von dem gleichnamigen Album stammt und von dem Kampf gegen die bösen Roboter handelt. Vor allem die himmlichen Glöckchen und das herrliche Pianospiel machten das Lied zu einem Hörgenuss! „Pompeii am Götterdämmerung" folgte und danach war wieder die Zeit für eine Coynsche Ansage gekommen: „You guys live in Germany here and it's a very beautiful country. But we have in America this dumb ass President George Bush! Let's get those guys get back from this stupid war! But we have these elections in November. So let's spread the word of kindness, intelligence and peace!"... So sprach der Gutmensch Wayne, bevor er zu „The W.A.N.D." wieder seine Gitarre sprechen ließ. Besser als dieser rockige Song war aber das nachfolgende „She Doesn't Use Jelly (she uses Vaseline)", das von einer gesampelten Stimme vom Band angekündigt worden war. Zum Abschluss gab es dann noch eine lange Instrumentalpassage, in der sich der Himmel giftgrün verfärbte und man Zeuge einer eindrucksvollen Lightshow wurde. Eigentlich fehlte nur noch, das tatsächlich ein UFO in Haldern landet! Aber dazu kam es natürlich nicht, es sei denn man befand sich auf einem LSD Trip. Auch ohne diesen rauschhaften Zustand konnte man aber zu dem Smash Hit „Do you Realize??" mitfeiern, der standesgemäß dieses absolut unterhaltsame Spektakel beendete. Und selbst wenn es (wie unserem eingangs erwähnten bayerischen Festivalgast) nicht jedem gefallen hat, dürften sich alle an diese riesige Kindergeburtstagsfete noch lange erinnern!

Setlist The Flaming Lips, Haldern-Pop Festival:

01: Race For The Prize
02: Free Radicals
03: Fight Test
04: ? (wird nachgereicht)
05: Vein Of Stars
06: Instrumental
07: Yoshimi Battles The Pink Robot Pt. 1
08: Pompeii Am Götterdämmerung
09: The W.A.N.D.
10: She Doesn't Use Jelly
11: Do You Realize??

Links:

- mehr Fotos!



3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Danke für den tollen Bericht.
Do you realize hätte ich ja so gern live gesehen.
Der Song ist ja wirklich so groß wie kaum ein anderer, davon gibts auch eine kurze akkustik-radiosession-version von Beck, sehr toll betont.

Verarbeitung des Hobbit-Traumas hat gesagt…

Ich bin übrigens Tinky Winky (lila Teletubbie, Anmerk.d.Red.) auf dem letzten Bild. Watt'n Spaß! Haste noch mehr Bilder??

Oliver Peel hat gesagt…

Hallo Tinky Winky! Witzige Geschichte und ja: es war ein großer Spaß!!

Folge einfach dem Link am Ende des Artikles, da findest Du meine anderen Fotos von den Flaming Lips. Wenn ich richtig gezählt habe, bist Du noch auf drei weiteren Fotos drauf :-)

http://www.flickr.com/photos/oliverpeel/sets/72157606677342635/

 

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