Sonntag, 22. Juni 2008

Mando Diao, Rock A Field, 21.06.08


Konzert: Mando Diao

Ort: Rock A Field Festival, Luxemburg
Datum: 21.06.2008
Zuschauer: tausende
Konzertdauer: 55 Minuten


Mein erstes Festival in diesem Jahr gleicht einem Kulturschock. Noch gestern Nacht war ich auf Pariser Konzertpisten unterwegs und heute erreiche ich zusammen mit meiner Frau völlig übermüdet das Grossherzogtum. Lediglich gut zwei Stunden Zugfahrt trennen die französische Metropole und die Hautpstadt Luxemburgs, aber irgendwie ist hier alles ein wenig anders. Die Bahnhofsgegend ist hässlich, aber das ist fast überall so. Verwunderlicher ist die Tatsache, dass es hier weit und breit keine Starbucks-Filiale gibt und dass die einzige Bäckerei, die normalerweise Kaffee anbietet, sehr deutsch aussieht und Probleme mit ihrer Maschine hat, so dass ich auf den ersehnten Koffeinkick verzichten muss. Es geht also ohne Aufputschmittel Richtung Festivalgelände...

Der heranzitierte Taxifahrer hat von Rock-a-Field wohl schon mal am Rande gehört und weiss auch, dass es in Roeser liegt, viel mehr aber auch nicht. In dem kleinen Kaff angekommen, sucht er verzweifelt nach Schildern, die den Weg zum Festival weisen. Ob wir nicht wüssten, wo es langgehe. Ja aber woher denn? Ich war zwar letztes Jahr mit Christoph schon einmal bei dieser Veranstaltung, aber damals gelangten wir von der Autobahn kommend zu dem herrlichen Waldgrundstück, wo das Gelände liegt. Der Kutscher weiss sich aber glücklicherweise zu helfen. Als er einen Polizeiwagen sieht, der von einem Feldweg kommt, versperrt er ihm einfach dreist den Weg. So hat er genug Zeit zu fragen, wie man denn zu diesem komischen Festival gelangt.

Von nun an müssen wir latschen, mit dem Auto kommt man da nicht ran. Wir wandern über Felder Richtung Wald, so wie es uns der Taxifahrer weitergegeben hat. Als wir unter den schattenspendenden Bäumen entlangmarschieren, dröhnt uns schon laute Musik entgegen. Es klingt verflucht nach amerikanischem Stadionrock. Wer spielt da? Wir sollen es bald erfahren, es sind We Are Scientists. Von den Witzbolden war ich nie Fan, obwohl sie mir als Vorgruppe oder bei Festivals schon sage und schreibe 7 (!) mal untergejubelt wurden. Auf dem ersten Album waren zwei oder drei Hits, aber der Rest war eher mau.

Einen dieser Hits, "The Great Escape", bekommen wir auch noch live mit und da kommt sogar so etwas ähnliches wie Stimmung im Publikum auf. Das erste Lied, welches wir hörten, als wir auf der weiträumigen Wiese des Geländes angekommen waren, stellte aber einen Angriff auf den guten Geschmack dar. Laut Christophs Setlist hiess die Scheusslichkeit "Lethal Enforcer". Insofern können wir von Glück reden, dass wir das Konzert der Amis weitestgehend verpasst haben.

Nachdem die falschen Wissenschaftler mit ihrem Programm durch sind, mustere ich Festivalgelände und Publikum. Die Anlage ist schon herrlich, keine Frage! Viel satter grüner Wald aussenrum, sehr erholsam, vor allem wenn man wie ich gerade aus einer stressigen Metropole kommt. Die Mädchen sind allerdings bei weitem nicht so hübsch wie in Paris. Wenn man ehrlich ist, sind sie sogar überwiegend hässlich, dick und verpickelt!* Dazu noch diese fiesen Strähnchen in den Haaren, grauenvoll! Diese an einen Bobtail erinnernden Frisuren kenne ich aus Paris nicht! Ist das etwa in Luxemburg und den umliegenden deutschen Eifeldörfern angesagt?

Ausserdem sind die Mädels in den meisten Fällen verdammt jung, man fühlt sich wie auf einer grossen Abifete. Liegt wahrscheinlich am Line-Up. Mando Diao und die Kooks an einem Tag, da schlagen Girlieherzen höher! Ich persönlich war neben The Verve hauptsächlich wegen den Babyshambles hier. Die wurden vor ein paar Wochen gestrichen, allerdings nicht ersatzlos. Statt Pete sollten es dann sein alter Kumpel Carl und seine Dirty Pretty Things richten. Die wurden jedoch kurzfristig ebenfalls gestrichen! Diesmal ersatzlos, denn der arme Monsieur Barât liegt mit akuter Bauchspeicheldrüsen-Entzündung im Krankenhaus...

Dann also jetzt Mando Diao. Klingen ja auch irgendwie nach den Libertines, bloss nicht so gut. Und genau das ist das Problem! Musikalisch sind sie scheinbar nah dran an vielen Bands die ich mag (Oasis, The Jam, The Clash), erreichen aber niemals deren Klasse. Den Girlies im Publikum ist das egal, die freuen sich auch an Abziehbildern. Und dass Sänger Gustaf Noren auf recht alberne Weise Mick "Rolling Stones" Jagger hinsichtlich Mimik und Gestik imitiert, fällt ihnen wegen ihres jugendlichen Alters gar nicht auf. Mick Jagger, wer is'n das?

Aber die jungen Dinger mit ihren rot-schwarz gestreiften Mando Diao T-Shirts haben ja recht, zumindest was die Anhimmelung des blendenden Aussehens von Sänger Gustaf angeht. Dieser Gustaf Noren ist aber wirklich ein hübsches Kerlchen, gross, schlank, sexy, gut gekleidet und er hat auch nicht solch einen hässlichen Fischmund wie Old Mick. Was will Frau mehr? Mehr schöne Männer? Bitte sehr: auch der etwas kleinere und blondere Sänger Björn Dixgard ist ein Hingucker und der am linken Bühnenrand agierende Bassist ebenfalls! Alle drei würden sich bestens auf Postern in einem Teenager-Zimmer machen.

Schade, dass die Musik von Mando Diao da nicht so richtig mithalten kann. Es gibt immer mal wieder ein paar nett gemachte Melodien und Gitarrenriffs, aber insgesamt dominiert hier das Mittelmass und das unangenehme Gefühl, die gleichen Songs von anderen Bands schon einmal besser gehört zu haben. Vor allem nervt aber der kitschig-klebrige Zuckerguss, der fast über jedes Lied der Schweden drübergegossen wird. Dabei versuchen die Kerle auf der Bühne alles, um die harten Rocker heraushängen zu lassen. Beim Opener "One Blood" zum Beispiel, brüllen und keifen sie was das Zeug hält und posen wie Iggy Pop zu seinen Glanzzeiten. Auch die Sprüche sind markig und gewollt cool. Bevor Gustaf mit "Train on Fire" loslegt, will er dem Publikum zuvor nur ein Wort entgegenschreien: "Fire!!!" Schade nur, dass der Song dann nicht ganz so feurig rüberkommt, sondern irgendwann in eine Lalala- und Tralala-Passage übergeht. Gar nicht so übel sind allerdings die Trompeten und das Saxofon im Hintergrund, die neben diesem Lied auch zwei andere Stücke bereichern. Die neuen Liedern vom aktuellen Album "Never Seen The Light Of Day" ziehen aber nicht besonders gut beim Publikum, obwohl einem vor "Mexican Hardcore" der wahrhaftige Hardcore ("the true and real hardcore") versprochen wird.

Besser gehen alte Hits von "Hurricane Bar" wie z.B. "White Wall", "God Knows" und "All My Senses". Die hübschen blauen Augen der jungen Blondine mit dem schwarz-rot gestreiften Mando Diao T-Shirt neben mir bekommen einen besonderen Glanz, als diese Stücke ertönen. Hormongeschwängert guckt sie völlig entzückt ihren hochgewachsenen Freund an und will mit ihm tanzen, ganz nach dem Motto: "Schatzi, das ist unser Lied!" Dem armen Kerl ist aber nicht nach Rumgehopse zumute, er lässt seine Süsse auflaufen und lächelt etwas gequält. Vermutlich findet er Mando Diao auch eher Kacke und ist bestimmt auch ein wenig eifersüchtig auf die Prachtburschen da vorne auf der Bühne, aber er lässt sich nichts anmerken. Wenn Hasi das eben mag...

Von mögen kann bei mir keine Rede sein, auch wenn ich mich selbst dabei ertappe, bei ein paar Liedern die recht einfältigen Texte mitzusingen und beim abschliessenden "Long Before Rock 'N Roll" mitzuwippen. Der Titel stammt vom dritten Album "Ode To Ochrasy", welches in Frankreich noch nicht einmal offiziell erschienen ist! Angesichts eines recht scheusslichen Titels wie "TV & Me", der dort auch vertreten ist, allerdings auch kein Wunder! Ohnehin hätte das Werk eher den Titel "Ode To Mediocricy" verdient, denn das Wort Mittelmässigkeit beschreibt die Skandinavier doch recht passend.

Und nervige Sprüche haben sie drauf! Lieder werden abwechselnd dem langen schwedischen Winter (wo seltsamerweise "everything much easier" ist) und Gustafs Jugendidol Michael Jackson gewidmet und die beiden Schweden labern immer mal wieder von sich und ihrer Heimat ("you know we are from Sweden and there is not much sun").

Eine Sache ist allerdings wirklich recht komisch, vor allem weil es nicht vielen Leuten im Publikum aufgefallen ist. Der Trompeter und der Saxofonist werden nämlich scherzhaft als Al Green und James Brown vorgestellt und kaum einem Girlie fällt das auf. Artig klatschen sie in die Hände und denken sich wohl: ja, Al und James haben wirklich schön gespielt. Köstlich!

Ob Mando Diao auch ausserhalb des deutschsprachigen Raumes Headliner auf Festivals sein könnten? Ich habe meine Zweifel! Aber wenn alle Stricke reissen, können sie ja zurück in ihre Heimat Borlänge, oder auf einer Fete der Musikzeitschrift Visions spielen. Deren Redakteuere haben bei den Alben der Band immer feuchte Augen bekommen. Und neuerdings gibt es dort im Mittelteil ja auch Poster, dort würden sich die Kerle bestens machen!

À propos Visions, wie geht es eigentlich Carsten Schuhmacher noch so?


Setlist Mando Diao, Rock A Field Festival, Luxemburg:

00: Sphärisches Intro
01: One Blood
02: White Wall
03: Train On Fire
04: Mexican Hardcore
05: Dalarna
06: TV & Me
07: Good Morning, Herr Horst
08: All My Senses
09: Song For Aberdeen
10: If I Don't Live Today, Then I Might Be Here Tomorrow
11: God Knows
12: Long Before Rock 'n Roll

Links:

- Mando Diao in Köln
- noch viel mehr Fotos von Mando Diao hier
- und weitere Fotos von Mando Diao in Luxemburg


* Natürlich gibt es auch in der Eifel viele hübsche Mädchen! Bitte nicht alles allzu ernst nehmen, was ich hier so schreibe. That's Entertainement (The Jam)!




5 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Mensch Oliver, das klingt aber nicht nach entspanntem Open Air Genuss! Keine Bange, selbst in den Eifeldörfern ist mittlerweile mehr der Kate Nash Haarschnitt angesagt. Zwar auch nicht mehr ganz hip, aber nun ja.
Wo bleibt der UNKLE Bericht? Oder ward ihr da schon weg?

Oliver Peel hat gesagt…

Aber doch, Frank! Das Wetter war herrlich, die Umgebung traumhaft und The Kooks gut, The Verve sogar sehr gut :) Alles in allem sehr entspannend und lohnend!

Kate Nash als Stilikone? Meine Güte! War mir noch gar nicht aufgefallen, dass die überhaupt einen Haarschnitt hat, der diese Bezeichnung verdient. Kate Moss als Vorbild wäre besser gewesen...

Unkle haben wir nicht mehr gesehen. Man soll bekanntlich gehen, wenn es am schönsten ist. Und das war ganz klar nach The Verve der Fall!

Anonym hat gesagt…

NICHTS gegen die Haare von meiner Kate!!!

Ruth&Clara hat gesagt…

Abgesehen davon, das dein Artikel alles andere als Entertainment ist (du schreibst nicht für ein Magazin/eine Zeitung) sieht man, dass du dich absolut nicht mit Mando Diao und ihrer Musik beschäftigt hast. (Ein kleines Beispiel: Zu deiner Beschwerde, dass so viel über den Schwedischen Winter geredet wird, das Album heißt nun mal "Never seen the light of Day" und befasst sich grade mit diesem Thema!)
Natürlich sind wir Mando Diao meisten positiv gegenüber eingestellt, das hat aber nichts damit zu tun, dass sie wie "Bravo-Boys" aussehen (du willst sie ja nicht ernsthaft mit Personen wie Zac Efron gleichsetzen?!), sondern mit ihrer Musik überzeugen (Sie und ihre Alben wurden auch von Zeitungen wie der FAZ, Spiegel, Sueddeutsche Zeitung... gelobt), die wir auch als erstes wahrgenommen haben!! Außerdem beinhaltet dein Argumentation weder eine begründete Außgangsthese noch haltbare Argumente, von Beispielen und Belegen, die aus der Luft gegriffen sind und die man genau so gut für jede andere Band anwenden könnten einmal abgesehen.
Dieser Text soll, wird und kann dich wahrscheinlich in deiner festgefahrenen Meinung gegenüber Mando Diao nicht beeinflussen, ist aber auch nicht der Sinn unseres Schreibens!
Viel mehr ist es eine Anregung dich beim nächsten Mal etwas bedachter mit deinen Kritiken auseinander zu setztn.
Mit den allerliebsten Grüßen zwei 17-Jährige weder Bravo-Leserinnen, noch Mando-Diao-Ringel-T-Shirts-Trägerinnen und sehr wohl alte Größen des Musikgeschäfts kennend und liebend aus dem schönen Münster. Ruth und Clara,weder fett noch häßlich ;)

Oliver Peel hat gesagt…

Na,Ihr habt es mir aber mal so richtig gegeben, Ruth und Clara, was?

Bewundernswert, ein solcher Einsatz für eine Lieblingsband! Ihr solltet Euch als Pressesprecherin bei Mando Diao bewerben :)

Würde mich freuen, mal wieder was von Euch zu hören. Schöne Grüße nach Münster,

Oliver

 

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