Konzert: Cindy
Ort: Paradiso, Amsterdam
Datum: 10.11.2024
Dauer: knapp 40 min
Zuschauer: ca. 20
Mit Beginn der Pandemie tauchte Cindy plötzlich in meiner Musikwelt auf. Vermutlich war der Newsletter von Stephen Pastels Monorail zum zweiten Album der Grund dafür, dass mir ein Freund den Tipp weiterschickte. Kurz danach hatte ich beide Platten und war der Band aus San Francisco bedingungslos verfallen. Wenn ich beschreiben müsste, welche Musik ich liebe (muß ich viel zu selten), kann ich seitdem Cindy-Lieder vorspielen.
Cindy sind Teil der mit Abstand spannendsten Indiepop-Szene, die sich in SF und Oakland gebildet hat. Bands wie Seablite, Artsick, Kids on a Crime Spree, Jeanines, Peel Dream Magazine, Chime School, The Umbrellas oder The Reds, Pinks and Purples sind alle fantastisch und halfen mir durch die schlimmsten Covid-Zeiten. All diese Bands spielten 2022 beim Oakland Weekender, leider musste ich meine geplante Reise dahin kurz vorher absagen.
Obwohl ich plötzlich so viele neue Lieblingsbands hatte, stachen Cindy immer heraus. Wie gut, dass die Band um Karina Gill so wahnsinnig produktiv ist. Seit 2020 sind drei LPs, mehrere Singles und ganz frisch eine EP erschienen - alle fantastisch. Karina Gill ist spätberufen als Künstlerin. Nach einer Trennung zog sie in eine WG, fand dort eine verlassene Gitarre und begann Lieder zu schreiben, die sie auf der Debütplatte Cindy veröffentlichte.
Auf der Bühne des kleinen Saals im Paradiso stand ein spannendes Instrumentarium. Neben Verstärkern waren da drei Mikros, zwei Gitarren und ein Bass, kein Schlagzeug, kein Keyboard. Die Band stand zu viert im Publikum, während die sehr nette Vorgruppe The Hobknobs (NL) spielte, wir waren uns aber nicht sicher, ob alle vier auch auftreten würden. Taten sie, Cindy sind auf der aktuellen Tour Karina Gill (Gitarre), Oli Lipton (Now, Violent Change) und Will Smith (Now) and Gitarre und Bass. Den vierte Platz ohne Instrument nahm Staizsh Rodrigues (Children Maybe Later) ein und spielte Tamburin. Das klingt viel banaler als es war, das Tamburin ersetzte das Schlagzeug. Das wurde so konsequent umgesetzt, dass ein Lied sogar mit dem Tamburin eingezählt wurde. Wie wundervoll!
Das Konzert war so großartig, wie wir es uns erhofft hatten. Cindy setzten die kunstvolle Langsamkeit ihrer Lieder eindrucksvoll auch live um. Auch wenn es entsetzlich war, wie leer der Saal war, half das, weil es während der Stücke extrem still war. Das Publikum war extrem aufmerksam, puh!
Cindy spielten fast alle Lieder von der neuen EP Swan Lake, die leider schon auf der UK-Tour ausverkauft war. Wahrscheinlich hätte die Band aber auch ausschließlich unveröffentlichte Skizzen spielen können und mich restlos damit begeistert. Es war perfekt, jedes einzelne Lied, auch das kurze Instrumentalstück The birds in Birmingham Park.
"Haben wir noch Zeit für ein Lied?", fragte Karina nach dem letzten Stück. "Wollt Ihr ein langsames Stück? Oder ein langsameres?" Es wurde das langsamere Why not now, fantastisch!
In Berlin spielen Cindy heute, andere Deutschland-Termine gab es nicht. Es ist tragisch, dass solch fantastische Bands bei uns nicht stattfinden können. Nachdem ich den Oakland Weekender verpasste hatte, habe ich mir vorgenommen, alle neuen Lieblingsbands irgendwann live nachzuholen. Cindy war nach Chime School und Peel Dream Magazin die dritte und die mit Abstand wichtigste. Mein Konzertjahr ist erfüllt.
Setlist Cindy, Paradiso, Amsterdam:
01: Take my place
02: Party in the atelier
03: To be true
04: All weekend
05: My friend
06: Violins
07: Seeing double
08: Consolation's test
09: The birds in Birmingham Park
10: St. Mark's
11: Playboy
12: The bell
13: Why not now