Freitag, 8. Mai 2009

Glasvegas, Köln, 07.05.09


Konzert: Glasvegas
Ort: Gebäude 9, Köln
Datum: 07.05.2009
Zuschauer: seit Wochen ausverkauft
Dauer: Glasvegas knapp 53 min, The Temper Trap 30 min



Ich glaube, gut Ding braucht Weile und so wollte ich nicht einfach drauflos zu tippen, als ich am Freitagmorgen aufwachte und über den Abend mit Glasvegas nachdachte.

Das Echo des Abends war denkbar schlecht, die Runde, aus welcher wir Donnerstag Köln heraus verließen, überlegte, ob man nicht lieber hätte Fußball sehen sollen. An anderer Stelle musste ich lesen, dass man nach einer gewissen Zeit den Saal verlassen hatte, zum einen um den Frust mit Bier zu bekämpfen, zum anderen um die Heimreise anzutreten.

Meine Freundin teilte mir mit, dass der Typ auf der Bühne mit der Sonnenbrille mal so gar nicht ging und dass, wer immer da Schlagzeug spielt null Taktgefühl habe, was sie aufregen würde.

Klasse Voraussetzungen um einen Bericht zu schreiben!?

Aber fangen wir von vorne an. Die vier Clubshows von Glasvegas wurden Anfang März in der Woche, als wir umzogen und internetlos waren, angekündigt. Der Zuspruch muss riesig gewesen sein, denn als ich eine Woche später feststellte, dass die Band im Gebäude 9 spielen würde, gab es schon keine Karten mehr. Klasse, ich hatte sie zwar im November interviewen dürfen, hatte sie aber nicht in Essen sehen können. Zwar wohnte ich dem Event per Stream bei, was aber nicht wirklich befriedigend war.

Donnerstagabend in Köln, auf dem schräg gegenüber vom Gebäude 9 liegenden Messeparkplatz hat die Polizei eine Art zweites Guantanamo Bay eingerichtet, als wir um 20 Uhr ankommen. Es ist einer dieser Abende der Woche, an dem es nicht regnet und somit stehen noch sehr viele Besucher des Konzerts vor dem Gebäude und drängeln sich nicht in dessen stickigen Inneren. Christoph erwähnt, dass die Besucher nicht aussehen, wie typische Gebäude 9 Besucher, weiter fällt der recht hohe Altersdurchschnitt auf. Gegen 20:20 h holen wir unsere Karten ab und kriegen noch recht gute Plätze im vorderen Drittel des kleinen Saals.

Pünktlich um 20:30 h betreten The Temper Trap aus Melbourne die Bühne. Schon wieder eine Aussi Band, und da dachte ich doch, meine Down-Under-Wochen wären mit The Living End und Eskimo Joe schon zu Ende. The Temper Trap sind uns nun als Konzertbesucher gänzlich unbekannt. Wir wissen nicht, dass die altehrwürdige BBC diese Band unter ihren TOP 15 Sounds des Jahres 2009 führt. Und schon gar nicht wissen wir etwas über die doch recht eigenwillige musikalische Mischung, die uns die fünf Herren aus Down Under dort auf der Bühne präsentieren. Ja, auf der Bühne stehen fünf Musiker, obwohl Myspace oder Wikipedia nur vier listen.

Was uns da von den Wahl-Londonern entgegengebracht wird, hört sich im ersten Moment an, wie eigentlich so viele andere Rockbands auch, die hier im Gebäude9 schon gespielt haben. Als dann jedoch Dougy Mandagi mit seiner hohen souligen Fistelstimme einsetzt, ist klar, so normal sind die Herren da oben nicht. Ist der Opener noch recht rockig, so überrascht die Band doch im Anschluss mit einer überraschenden Vielfältigkeit und witzigen Ideen, was die Umsetzung ihrer Songs angeht. Mal hört sich das ganze eher an wie U2s Where the Streets have no Name, mal beginnt man verdammt langsam und endet in einem Höllentempo, ein anderer Song wird auf weiten Strecken nur durch Klatschen und die Basedrum getragen. Interessant! Dougy erkundigt sich auch brav ob er Angst wegen der Polizeipräsenz auf dem Nachbargelände haben muss oder sich sicher fühlen darf, und bevor er die Bühne verlässt, weißt er darauf hin, dass man doch auch T-Shirts von der Band kaufen kann – nicht das Album, denn das erscheint ja selbst Down Under erst im kommenden Monat. Ich glaube für viele der Anwesenden war dieser recht radikale Mix der musikalischen Stilrichtungen doch zu viel. Die zwei Damen hinter uns sind total angetan und rücken gen Merchstand ab, um uns dann im Anschluss brühwarm über die Band zu berichten – so muss Recherche sein!

Dann wird auf der Bühne umgebaut. Das Publikum wird währenddessen mit Musik von Elvis und Co. bedudelt. Bis um 21:30 Uhr wieder die Lichter im Saal erlischen und Glasvegas, begleitet von lautstarkem Applaus ganz in schwarz gekleidet die Bühne betreten. James Allan trägt eine schwarze Sonnenbrille und ein schwarzes Hemd und setzt ein, um die Show mit Geraldine zu starten.

James posed, was das Zeug hergibt, mal mit dem Rücken zum Publikum und dem Kopf im Nacken, ein anderes mal schrammelt er lässig das Intro des nächsten Songs vor sich her. Er verbeugt sich vor seiner Bandkollegin Caroline und verzieht während des ganzen Konzerts nicht eine Mine. Sein Cousin Rab hingegeben hüpft wie wild auf der linken Bühnenseite auf und ab und gibt sich ganz der Musik hin. Paul Donoghue auf der rechten Bühnenhälfte fällt nicht weiter auf, und was macht die bereits erwähnte Caroline? Nach anderthalb Jahren on tour mit dem Debüt Album, ist sie immer noch sehr bemüht, die Taktreihenfolge einzuhalten, das sieht zuweilen recht komisch aus und erinnert an Fließbandarbeit.

Ich hatte mit allem an Songs gerechnet, nur nicht mit der Tatsache, dass man Fuck you, it’s over von der immer noch nicht in Deutschland erschienen Weihnachts-CD anstimmt.

Dabei ist die Bühnenbeleuchtung genauso dezent wie das, was die vier auf der Bühne produzieren, schwarzes und weißes Licht, ab und an grün, rot oder blau bzw. Stroboskopblitze.

Ihr reguläres Set beschließen die vier Schotten mit Ice Cream Van wobei Rab den Synthie bedient und James verzückt an der Gitarre zupft. Dann verschwinden beide hinter dem schwarzen Vorhang.

Doch entgegen allem, was ich nach dem Konzert so gehört habe, verlangt das Publikum nach Zugaben! James betritt die Bühne in einem schwarzen T-Shirt, an dem die Arme großzügig abgeschnitten wurden. Man spielt Weihnachtssong Nr. 2 Please Come Back Home und beendet das Set mit Daddys Gone. Coverversionen wie einen Abend vorher in Berlin gibt es heute nicht. Und dann passiert das für mich eigentlich überaschendste an dem Konzert, James, der während des gesamten Konzertes so kühl und unnahbar schien verbleibt als einzigstes Bandmitglied auf der Bühne und bedankt sich bei den Fans. Er schüttelt lange Hände und dreht sich immer wieder winkend um, auf seinem Kurzen Weg hinter die Bühne.

Nun fällt es schwer, mit all den doch recht drastischen Bewertungen ein halbwegs neutrales Fazit zu fällen, doch ich fand das, was ich gesehen und gehört habe, nicht schlecht, schlecht wäre etwas anderes. Sicherlich, es war kein überragendes Konzert und vielleicht liegt genau da der Knackpunkt, dass zu viele Zuschauer zu hohe Erwartungen hatten. Gefallen haben muss es letztendlich auch dem ein oder anderen, ansonsten wäre nicht zu erklären, dass es auf eventim Einträge gibt, wie: "ich habe mir gleich die Karte fürs nächste Konzert gekauft …"

Ich würde jedenfalls jederzeit Glasvegas einem Abend mit Chris Martins Coldplay vorziehen. Auf mich wirkt Glasvegas nach wie vor irgendwie interessant und anders als andere und sicherlich wird es weiterhin spannend sein zu verfolgen, was aus dieser Band wird …

Im Übrigen wird das Konzert nicht vom allercoolsten Jugendsender von NRW, nämlich 1Live präsentiert, sondern von BigFM, was für mich ein wenig befremdlich wirkt, es hat aber auch etwas Positives, denn so ist der keine Raum nicht mit 1Live Werbebannern vollgehängt.

von Oliver S.

Tourtermine The Temper Trap:

13.06.2009 - Greenfield Festival, Interlaken
20.06.2009 - Magnet, Berlin
23.08.2009 - Highfield Festival, Erfurt

Tourtermine Glasvegas:

19.06.2009 Hurricane Festival, Scheeßel
19.07.2009 Melt! Festival

Setlist Glasvegas, Gebäude 9, Köln:

01: Geraldine
02: Lonesome swan
03: It's my own cheating heart that makes me cry
04: Polmont on my mind
05: Fuck you, it's over
06: Flowers & football tops
07: Ice cream van
08: Go square go

09: S.A.D. light (Z)
10: Please come back home (Z)
11: Daddy's gone (Z)

Links:

- Interview mit Glasvegas
- Glasvegas in Essen am 22.11.08
- und in Paris drei Tage vorher
- und schließlich noch einmal in Paris im Mai 2008




7 Kommentare :

DavidDevant hat gesagt…

Auch wenn das ausführliche Review noch folgt: mir ging es ähnlich...ich finde die Band klasse...die CD ist super...aber die schienen mir schon ziemlich abgespielt...routiniert bis lustlos haben die ihr ding abgezogen...stand irgendwie im Kontrast zur an sich ins Mark gehende Songmaterial.
Die Vorband dagegen war ziemlich gut...gibt es da eine Setlist?

Anonym hat gesagt…

also wenn das was die dame hinter den drums da so abgeliefert hat, routiniert sein soll, dann muss ich meinen bericht nochmal ueberdenken ... der gesamte kontext zum abend scheint zu sein: recht hohe erwartungen und grosse entaeuschungen ... ich pers. muss gestehen, dass meine erwartungen aufgrund des rockpalast streams im vergangenen jahr sehr tief waren und ich daher ehr weniger entaeuscht war ... der verfasser des noch zu komemnden berichts ... ;o)

Nummer Neun hat gesagt…

Hatte sie als Vorband von Oasis gesehen und war sehr enttäuscht. Das Album ist wirklich großartig, aber live war das nichts. Nur so ein wabernder Soundbrei.

Und rein optisch habe ich selten eine Band gesehen, die weniger zusammen gepasst hatte ;)

Christoph hat gesagt…

So, erst mal verspätet zu David: Ich habe leider von der Vorgruppe nichts mitgeschrieben. Ich habe die zur Hälfte verpasst und den Rest nicht besonders gemocht, kann also nicht helfen.

Vielen Dank, Oliver S. für den erneuten Gastbeitrag!

Ich wollte ja auch noch meine Meinung zu meinem zweiten (und letzten) Glasvegas Konzert kundtun.

Bei mir lief das unter "eine zweite Chance geben". In Essen fand ich Glasvegas schrecklich, allerdings war da die Konkurrenz mit überragenden Fleet Foxes, Travis' und Rascals riesig. Lediglich Donovan Frankendings hätte Glasvegas heller leuchten lassen können, den fand ich auch schlimm, habe das aber sofort für eine Abendesspause genutzt. Und weil ich eben wissen wollte, ob mein Essenurteil gerecht war, noch einmal im G 9.

Mein höchst subjektives Bild haben Glasvegas aber leider mehr als bestätigt. Ich fand den Auftritt herzlos und vollkommen uninteressant. Und wenn ich ein objektives Fazit versuche, käme da noch raus, daß sie lustlos wirkten, und zumindest in den Bereichen vorne, die ich gesehen habe, keine Stimmung aufkam.

Nichts für mich :-(

Oliver Peel hat gesagt…

Ja, danke vielmals, Oliver S. Starkes Foto von der Drummerin! Schöne Grüße!

Anonym hat gesagt…

danke fuer die blumen, die reiche ich aber mal weiter, christoph hat sich in den fotograben begeben und geknipst (wenigstens ein kleines highlight) und die fotos sind cool geworden!!!

ich will jetzt auch nicht gekauft daherkommen, ich denke fuer den abend und meine erwartungen war es gut, es haette sicherlich besser sein koenne .. aber tanzt man bei pink floyd pogo!? dan geniesse ich auch ... aber das ist was anderes ... jeder so wie er denkt! danke fuer die moeglichkeit des schreibens ... christoph hast du mr. pop erhalten?

oliver s.

Anonym hat gesagt…

deine konzert-besprechung findet leider auch zu 100% anwendung auf das gestrige konzert in der live music hall (jahr 2011!). es war eine wirklich herbe enttäuschung. erst in der zweiten hälfte wurde es besser...

 

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