Konzert: The Dodos (The Ruby Suns)
Ort: Le Point Éphémère, Paris
Datum: 14.11.2008
Zuschauer: ausverkauft
Konzertdauer: ca. 80 Minuten (The Ruby Suns gut 30 Minuten)
Leute mit Durchblick und erlesenem Musikgeschmack gingen heute nicht in die Cigale zum Festival des Inrocks, sondern ins kleine Point FMR am Canal St. Martin. Denn während der 3. Festivaltag nur indiepoppige Durchschnittskost bot (Cajun Dance Party, Black Kids, Ting Tings, allesamt Bands, die mich wenig interessieren), wartete der winzige Club im 10. Pariser Arrondissement mit wahren Gaumenfreuden auf. The Ruby Suns und The Dodos im Doppelpack, Indiekonzertgänger was willst Du mehr!?
Ich versuchte so schnell wie möglich von zu Hause aus aufzubrechen, aber die Schreibarbeiten an dem Alela Diane und Fleet Foxes Artikel hielten mich lange auf. Festivalzeiten sind für Konzertblogger wie uns Vergnügen und Dauerstress zugleich, vor allem wenn man so detailliert schreibt wie wir das beim Konzerttagebuch tun, um unsere Leser bestens zu informieren.
Ich kam also erst gegen 20 Uhr aus meiner Bude und hastete zur Metro. Auf meinem I-pod lief Mogwai und zwar Like Herod, dieses bestialisch- geniale 18 Minuten Stück, indem auf sehr ruhige Passagen brachialer Gitarrenlärm folgt. Ein wahres Meisterwerk, daß ich immer wieder gerne in der Metro höre, weil die Kühle und das abstoßend-anonyme Element irgendwie gut zur Atmosphäre in der U-Bahn passt. In der Metro gucken die Leute immer so bedrückt und mieslaunig als sei eben gerade ihre süße kleine Katze gestorben, oder als hätten sie Stress mit ihren Schwiegereltern oder ihrem Boss gehabt. Eine richtige Ansammlung von sauertöpfischen Menschen ist das, ich selbst nehme mich da gar nicht aus, vor allem wenn ich mich sputen muss, um pünktlich zum Konzert zu erscheinen. Ein versiffter Penner steigt gerade ein und fängt an, sein Sätzlein aufzusagen, daß er im Moment in einer verdammt schwierigen Lage sei, keine Arbeit und kein Dach über dem Kopf habe und Geld brauche, um heute Nacht im Trockenen zu schlafen. Man kennt das Elend dieser armen Schlucker ja, aber gerade in dem Moment, in dem er weiterreden will, gibt es auf meinen Ohren ein Donnerhagel an krawalligen Gitarren. Vor Schreck schaffe ich es nicht rechtzeitig, dem Obdachlosen ein Geldstück zuzuschieben, daß er aber wohl leider ohnehin versoffen hätte. Paris kann brutal sein, ja ein richtiger Alptraum sogar, wenn man zu denen gehört, die keine Perspektive haben und das sind nicht wenige. Aber auch der Durchschnittspariser scheint zu leiden, allein auf der rund 30 minütigen U-Bahnfahrt sehe ich mindestens 5 Personen mit völlig abgefressenen Fingernägeln.
Auch in der Gegend um Jaurès, wo das Point FMR liegt, gibt es zahlreiche Bettler und auch ein paar zwielichtige Gestalten. Natürlich wollen die zu keinem Musikkonzert, die Kerle haben ganz andere Sorgen. Aber gerade solche recht ranzigen Viertel sind der ideale Nährboden für die Subkultur. In geleckten Arrondissements wie dem 8. oder 16. kann logischerweise kaum etwas Kreatives entstehen. Das Point Éphémère ist deshalb spannend, weil die Betreiber hinsichtlich der Künstlerauswahl freie Hand haben. Der Laden- ein altes Fabrikgebäude am Kanal St. Martin, verschönert mit zahlreichen Graffitti, ist nicht groß und so ist es auch möglich, mit recht unbekannten Bands, fernab des Mainstreams, die Hütte voll zu kriegen. Hier habe ich in den vergangenen Jahren schon ein paar richtig tolle Konzerte erlebt. My Brightest Diamond 2007 (mein damaliges Konzert des Jahres!) werde ich wohl nie vergessen und auch die Hidden Cameras, The Thermals, Erase Errata, The Islands und Efterklang habe ich in sehr guter Erinnerung.
Als ich eintrete, haben die Ruby Suns schon angefangen, so ein Mist! Nach vorne ist auch kein Durchkommen mehr und hinten steht man rum wie Falschgeld. Vor allem aber nervt, daß schon wieder in meiner Nachbarschaft laut und ohne Unterlass geplaudert wird. Ich stelle mich in eine andere Ecke, aber auch dort muß ich mitbekommen, daß ein Schnösel hinter mir in aller Ausführlichkeit von dem Apero mit seinen Freunden erzählt. Ich warte drei Lieder ab, dann platzt mir der Kragen. Ich mache ein lautes Zischgeräusch, in Frankreich sehr beliebt, um die Leute zur Ruhe zu bitten und ernte dafür eine recht aggressive Reaktion. Man könne das doch höflicher sagen, bekomme ich mitgeteilt. Eine Frechheit! Ich antworte postwendend, daß es von ihm doch höchst unhöflich sei, während der Lieder zu quatschen, nebenan gäbe es eine Bar, da könne man sich unterhalten, wenn man das wolle. Ich glaube der Typ hätte mich am liebsten gegen den Betonpfeiler vor mir geklatscht, aber er ist so perplex, daß jetzt Ruhe herrscht und ich noch den Rest des Vortrages ungestört verfolgen kann. Die Ruby Suns, ein gemischtes Duo aus Neuseeland, sie (Amee Robinson) an der Gitarre und an den Drums, er (Ryan McPhun) am Keyboard und ebenfalls den Drums (und zwar im Stehen!), bekommt Unterstützung von Logan, dem Schlagzeuger von den Dodos, der erst Minuten zuvor seelenruhig an mir vorbeigelatscht war.
Die drei trommeln wie die Wilden und es macht Spaß, ihnen dabei zuzusehen. Die Musik der Ruby Suns zu beschreiben fällt gar nicht so leicht, denn sie vermischen karibisch anmutende Rhythmen mit elektronischem Indie und Freak Folk. Das Gemisch, daß dabei rauskommt ist gar nicht so ungenießbar wie man vermuten könnte, im Gegenteil ein Stück wie Oh Mojave macht total Laune und vertreibt häßliche Winterdepressionen im Fluge. Mnachmal klingen die Neuseeländer ein wenig wie Architecture in Helsinki, sind aber nie so nervig wie die Australier, sondern liefern einem das Bacardi-Rum-Feeling frei Haus. Ein Antidepressivum ohne Rezept sozusagen und tanzbar ist die Geschichte, die ansonsten musikalisch auch noch mit den Beach Boys, oder Animal Collective vergleichbar wäre, auch! Wenn ich nur genau wüßte wie die Titel heißen, die zum Großteil von dem 2008er Album Sea Lion stammen! Gerne hätte ich eine Setlist des rund 30 bis 40 minütigen Gigs ergattert, aber daraus wird aufgrund meiner Entfernung zur Bühne nichts. Eins ist aber klar: Diese Band werde ich im Auge behalten und ich rate jedem, der zu einem Konzert der Dodos in Deutschland geht, püntlich zu kommen, denn dort werden die beiden Kiwis auch mit von der Partie sein!
In der Pause zwischen den beiden Acts schaffe ich es, bis ganz nach vorne durchzukommen und dort sind die Leute auch viel angenehmer. Ein interessantes Völkchen an Pariser Alternativen und amerikanischen Konzertgästen steht da rum und wartet, daß es endlich los geht. Wenn ich alternativ sage, heißt das natürlich nicht, daß die Leute aussehen und so drauf sind, wie diejenigen die in den 70 er Jahren zu Friedensdemos gegangen sind. Birkenstocklatschen und selbstgestrickte Pullis trägt hier keiner mehr und das hübsche schwarzhaarige Mädchen mit der asymetrischen Frisur neben mir hat ein Brillengestell von Prada. Irgendwie witzig die heutige Indie-Szene, alle haben irgendwann einmal das Buch No Logo von Naomi Klein gelesen, aber ein paar Markensachen neben den gekonnt versifften Teilen aus dem Secondhandladen (hier sagt man "Vintage" dazu), sollen es dann doch schon sein. Und die Neohippies von heute wünschen sich sicherlich alle einen Highspeedinternetanschluß in ihrem VW-Bus, der am besten auch eine Klimaanlage haben sollte. Innerlich lache ich mich über diese Bobos= Bohème Bourgeois tot, denn man gibt sich zwar gerne politisch links und diskutiert über die schlimmen Probleme in der Pariser Banlieue, aber abends kehrt man doch erleichtert in sein schönes Apartment im 6. Arrondissement zurück. Irgendwie gehöre ich wohl auch zu diesen Bobos, auch wenn ich das gar nicht beabsichtige. Aber was soll ich machen? Etwa nach Neuseeland auswandern? An den Ruby Suns sieht man ja wohin das führt, nach Frankreich und Deutschland nämlich! Dann bleibe ich lieber gleich hier und bin wie alle anderen ein Herdentier, das sich selbst vormacht, individuell zu sein. Und diese Lemminge stehen jetzt hier und warten auf die Dodos, sogenannte Freak-Folks oder wie man die heutzutage auch immer nennen mag. Typen, die möglicherweise nie etwas mit Bob Dylan oder Neil Young anfangen konnten, sich aber trotzdem gerne auf diese Dinosaurier berufen, weil das natürlich viel besser rüberkommt, als zu sagen, daß man gerne die Strokes und Interpol hört. Ob das bei den Dodos der Fall ist, weiß ich nicht. Es ist mir aber auch egal, denn sie machen famose Musik, die trotz ihres experimentellen Charakters eine roten Faden hat und neben den tribalen Passagen, in denen wie wahnsinnig geklöppelt und auf einen alten Mülleimer geprügelt wird, wunderschöne Melodien bietet. Darüber hinaus hat der Sänger Meric Long eine wiklich fabelhafte Stimme, die statt nach Bob Dylan eher nach den Beatles klingt, ob man jetzt Lennon oder Mc Cartney nennt, spielt keine Rolle. Bestimmt hat er das weiße Album auf dem Speicher seines Vaters gefunden und diese Scheibe mindestens genauso gern gehört wie Pet Sounds, die Papi auch in seiner Sammlung hatte. Beatles und die Beach Boys, kenne schlechten Referenzen, aber die Jungs von den Dodos bieten neben den klassischen Einflüssen auch viel Neues an. Zwar haben Animal Collective schon vorher Alben gemacht, die ähnlich wie der Stoff von The Visiter klingt, aber die Dodos sind trotzdem originell und zudem wesentlich hörbarer als Animal Collective. Selbst ohne diesen ganzen Trommelwirbel, den Oberlippenbartträger Logan Kroeber da inszeniert, wären die Stücke noch sehr gut, denn Meric Long könnte sie auch problemlos alleine an der akustischen Gitarre vortragen. Nein, nein, kein Zweifel, das Duo The Dodos, das live immer zu dritt kommt, ist höllisch gut! Und szenisch eine Wucht, das kann wohl keiner bestreiten, der heute oder bei früheren Shows mit dabei war! Wanhsinnig schnell spielen die Heißsporne und verlieren trotzdem nie den Überblick. Fools, unter anderem in dem unsäglichen Film Shortbus verwendet (schlimmste Szene: ein Schwuler bläst sich mittels akrobatischer Yogastellung selbst einen und spritzt sich seinen Saft in die eigene Fresse!) ist ganz grandios und macht mir noch einmal klar, daß ich hier am richtigen Ort bin. Auch Joe's Waltz ist wunderbar und weiß sehr zu gefallen. Eines von vielen Highlights ist etwas später das mindestens 10 Minuten dauernde Paint The Rust, das scheppert und rockt wie verrückt, aber auch das mildere Eyelids, das schon sehr früh geboten wurde, liebe ich sehr. Eine besondere Freude machen mir die Dodos, als sie das wunderschöne Ashley spielen. Mit Sicherheit das lieblichste Stück, das fast ganz ohne schrammelige Gitarren auskommt und zeigt, daß es die Jungs auch drauf haben, wenn sie harmonisch und sanft aufspielen. Meistens geht aber trotzdem die Post ab und dann nicken die Leute im Publikum wie wild mit ihren Köpfen. Jodi hat einen Affenzahn drauf, während Horny Hippies, eine der Zugaben, die von dem alten Album Beware Of The Maniacs stammt, wieder poppigere Töne bietet. Beim abschließenden The Ball verausgabt sich Meric Long bis zum Äußersten, er hüpft von seinem Stühlchen auf und drischt wie besessen auf seine Gitarre ein. Als er unter lautem Applaus fertig ist, sieht sein Hemd aus, als hätte er damit unter der Dusche gestanden. Logan Koerber ist nicht ganz so feucht geworden, aber auch er und der dritte Mann im Bunde haben alles gegeben. Zwischenzeitlich waren sogar einmal vier Musiker auf der Bühne, denn der Sänger der Ruby Suns war bei einem Stück hinzugestoßen.
Die Ruby Suns und die wirklich sensationell guten The Dodos, was für eine explosive Mischung, was für ein Fest für Indiefans!
Setlist The Dodos, Point Éphémère, Paris*:
01: Walking
02: Red & Purple
03: Eyelids
04: Fools
05: Joe's Waltz
06: Winter
07: It's That Time Again
08: Paint The Rust
09: Jodi
10: Ashley
11: The Season
12: Untitled (Z)
13: Horny Hippies/The Ball (Z)
Ich versuchte so schnell wie möglich von zu Hause aus aufzubrechen, aber die Schreibarbeiten an dem Alela Diane und Fleet Foxes Artikel hielten mich lange auf. Festivalzeiten sind für Konzertblogger wie uns Vergnügen und Dauerstress zugleich, vor allem wenn man so detailliert schreibt wie wir das beim Konzerttagebuch tun, um unsere Leser bestens zu informieren.
Ich kam also erst gegen 20 Uhr aus meiner Bude und hastete zur Metro. Auf meinem I-pod lief Mogwai und zwar Like Herod, dieses bestialisch- geniale 18 Minuten Stück, indem auf sehr ruhige Passagen brachialer Gitarrenlärm folgt. Ein wahres Meisterwerk, daß ich immer wieder gerne in der Metro höre, weil die Kühle und das abstoßend-anonyme Element irgendwie gut zur Atmosphäre in der U-Bahn passt. In der Metro gucken die Leute immer so bedrückt und mieslaunig als sei eben gerade ihre süße kleine Katze gestorben, oder als hätten sie Stress mit ihren Schwiegereltern oder ihrem Boss gehabt. Eine richtige Ansammlung von sauertöpfischen Menschen ist das, ich selbst nehme mich da gar nicht aus, vor allem wenn ich mich sputen muss, um pünktlich zum Konzert zu erscheinen. Ein versiffter Penner steigt gerade ein und fängt an, sein Sätzlein aufzusagen, daß er im Moment in einer verdammt schwierigen Lage sei, keine Arbeit und kein Dach über dem Kopf habe und Geld brauche, um heute Nacht im Trockenen zu schlafen. Man kennt das Elend dieser armen Schlucker ja, aber gerade in dem Moment, in dem er weiterreden will, gibt es auf meinen Ohren ein Donnerhagel an krawalligen Gitarren. Vor Schreck schaffe ich es nicht rechtzeitig, dem Obdachlosen ein Geldstück zuzuschieben, daß er aber wohl leider ohnehin versoffen hätte. Paris kann brutal sein, ja ein richtiger Alptraum sogar, wenn man zu denen gehört, die keine Perspektive haben und das sind nicht wenige. Aber auch der Durchschnittspariser scheint zu leiden, allein auf der rund 30 minütigen U-Bahnfahrt sehe ich mindestens 5 Personen mit völlig abgefressenen Fingernägeln.
Auch in der Gegend um Jaurès, wo das Point FMR liegt, gibt es zahlreiche Bettler und auch ein paar zwielichtige Gestalten. Natürlich wollen die zu keinem Musikkonzert, die Kerle haben ganz andere Sorgen. Aber gerade solche recht ranzigen Viertel sind der ideale Nährboden für die Subkultur. In geleckten Arrondissements wie dem 8. oder 16. kann logischerweise kaum etwas Kreatives entstehen. Das Point Éphémère ist deshalb spannend, weil die Betreiber hinsichtlich der Künstlerauswahl freie Hand haben. Der Laden- ein altes Fabrikgebäude am Kanal St. Martin, verschönert mit zahlreichen Graffitti, ist nicht groß und so ist es auch möglich, mit recht unbekannten Bands, fernab des Mainstreams, die Hütte voll zu kriegen. Hier habe ich in den vergangenen Jahren schon ein paar richtig tolle Konzerte erlebt. My Brightest Diamond 2007 (mein damaliges Konzert des Jahres!) werde ich wohl nie vergessen und auch die Hidden Cameras, The Thermals, Erase Errata, The Islands und Efterklang habe ich in sehr guter Erinnerung.
Als ich eintrete, haben die Ruby Suns schon angefangen, so ein Mist! Nach vorne ist auch kein Durchkommen mehr und hinten steht man rum wie Falschgeld. Vor allem aber nervt, daß schon wieder in meiner Nachbarschaft laut und ohne Unterlass geplaudert wird. Ich stelle mich in eine andere Ecke, aber auch dort muß ich mitbekommen, daß ein Schnösel hinter mir in aller Ausführlichkeit von dem Apero mit seinen Freunden erzählt. Ich warte drei Lieder ab, dann platzt mir der Kragen. Ich mache ein lautes Zischgeräusch, in Frankreich sehr beliebt, um die Leute zur Ruhe zu bitten und ernte dafür eine recht aggressive Reaktion. Man könne das doch höflicher sagen, bekomme ich mitgeteilt. Eine Frechheit! Ich antworte postwendend, daß es von ihm doch höchst unhöflich sei, während der Lieder zu quatschen, nebenan gäbe es eine Bar, da könne man sich unterhalten, wenn man das wolle. Ich glaube der Typ hätte mich am liebsten gegen den Betonpfeiler vor mir geklatscht, aber er ist so perplex, daß jetzt Ruhe herrscht und ich noch den Rest des Vortrages ungestört verfolgen kann. Die Ruby Suns, ein gemischtes Duo aus Neuseeland, sie (Amee Robinson) an der Gitarre und an den Drums, er (Ryan McPhun) am Keyboard und ebenfalls den Drums (und zwar im Stehen!), bekommt Unterstützung von Logan, dem Schlagzeuger von den Dodos, der erst Minuten zuvor seelenruhig an mir vorbeigelatscht war.
Die drei trommeln wie die Wilden und es macht Spaß, ihnen dabei zuzusehen. Die Musik der Ruby Suns zu beschreiben fällt gar nicht so leicht, denn sie vermischen karibisch anmutende Rhythmen mit elektronischem Indie und Freak Folk. Das Gemisch, daß dabei rauskommt ist gar nicht so ungenießbar wie man vermuten könnte, im Gegenteil ein Stück wie Oh Mojave macht total Laune und vertreibt häßliche Winterdepressionen im Fluge. Mnachmal klingen die Neuseeländer ein wenig wie Architecture in Helsinki, sind aber nie so nervig wie die Australier, sondern liefern einem das Bacardi-Rum-Feeling frei Haus. Ein Antidepressivum ohne Rezept sozusagen und tanzbar ist die Geschichte, die ansonsten musikalisch auch noch mit den Beach Boys, oder Animal Collective vergleichbar wäre, auch! Wenn ich nur genau wüßte wie die Titel heißen, die zum Großteil von dem 2008er Album Sea Lion stammen! Gerne hätte ich eine Setlist des rund 30 bis 40 minütigen Gigs ergattert, aber daraus wird aufgrund meiner Entfernung zur Bühne nichts. Eins ist aber klar: Diese Band werde ich im Auge behalten und ich rate jedem, der zu einem Konzert der Dodos in Deutschland geht, püntlich zu kommen, denn dort werden die beiden Kiwis auch mit von der Partie sein!
In der Pause zwischen den beiden Acts schaffe ich es, bis ganz nach vorne durchzukommen und dort sind die Leute auch viel angenehmer. Ein interessantes Völkchen an Pariser Alternativen und amerikanischen Konzertgästen steht da rum und wartet, daß es endlich los geht. Wenn ich alternativ sage, heißt das natürlich nicht, daß die Leute aussehen und so drauf sind, wie diejenigen die in den 70 er Jahren zu Friedensdemos gegangen sind. Birkenstocklatschen und selbstgestrickte Pullis trägt hier keiner mehr und das hübsche schwarzhaarige Mädchen mit der asymetrischen Frisur neben mir hat ein Brillengestell von Prada. Irgendwie witzig die heutige Indie-Szene, alle haben irgendwann einmal das Buch No Logo von Naomi Klein gelesen, aber ein paar Markensachen neben den gekonnt versifften Teilen aus dem Secondhandladen (hier sagt man "Vintage" dazu), sollen es dann doch schon sein. Und die Neohippies von heute wünschen sich sicherlich alle einen Highspeedinternetanschluß in ihrem VW-Bus, der am besten auch eine Klimaanlage haben sollte. Innerlich lache ich mich über diese Bobos= Bohème Bourgeois tot, denn man gibt sich zwar gerne politisch links und diskutiert über die schlimmen Probleme in der Pariser Banlieue, aber abends kehrt man doch erleichtert in sein schönes Apartment im 6. Arrondissement zurück. Irgendwie gehöre ich wohl auch zu diesen Bobos, auch wenn ich das gar nicht beabsichtige. Aber was soll ich machen? Etwa nach Neuseeland auswandern? An den Ruby Suns sieht man ja wohin das führt, nach Frankreich und Deutschland nämlich! Dann bleibe ich lieber gleich hier und bin wie alle anderen ein Herdentier, das sich selbst vormacht, individuell zu sein. Und diese Lemminge stehen jetzt hier und warten auf die Dodos, sogenannte Freak-Folks oder wie man die heutzutage auch immer nennen mag. Typen, die möglicherweise nie etwas mit Bob Dylan oder Neil Young anfangen konnten, sich aber trotzdem gerne auf diese Dinosaurier berufen, weil das natürlich viel besser rüberkommt, als zu sagen, daß man gerne die Strokes und Interpol hört. Ob das bei den Dodos der Fall ist, weiß ich nicht. Es ist mir aber auch egal, denn sie machen famose Musik, die trotz ihres experimentellen Charakters eine roten Faden hat und neben den tribalen Passagen, in denen wie wahnsinnig geklöppelt und auf einen alten Mülleimer geprügelt wird, wunderschöne Melodien bietet. Darüber hinaus hat der Sänger Meric Long eine wiklich fabelhafte Stimme, die statt nach Bob Dylan eher nach den Beatles klingt, ob man jetzt Lennon oder Mc Cartney nennt, spielt keine Rolle. Bestimmt hat er das weiße Album auf dem Speicher seines Vaters gefunden und diese Scheibe mindestens genauso gern gehört wie Pet Sounds, die Papi auch in seiner Sammlung hatte. Beatles und die Beach Boys, kenne schlechten Referenzen, aber die Jungs von den Dodos bieten neben den klassischen Einflüssen auch viel Neues an. Zwar haben Animal Collective schon vorher Alben gemacht, die ähnlich wie der Stoff von The Visiter klingt, aber die Dodos sind trotzdem originell und zudem wesentlich hörbarer als Animal Collective. Selbst ohne diesen ganzen Trommelwirbel, den Oberlippenbartträger Logan Kroeber da inszeniert, wären die Stücke noch sehr gut, denn Meric Long könnte sie auch problemlos alleine an der akustischen Gitarre vortragen. Nein, nein, kein Zweifel, das Duo The Dodos, das live immer zu dritt kommt, ist höllisch gut! Und szenisch eine Wucht, das kann wohl keiner bestreiten, der heute oder bei früheren Shows mit dabei war! Wanhsinnig schnell spielen die Heißsporne und verlieren trotzdem nie den Überblick. Fools, unter anderem in dem unsäglichen Film Shortbus verwendet (schlimmste Szene: ein Schwuler bläst sich mittels akrobatischer Yogastellung selbst einen und spritzt sich seinen Saft in die eigene Fresse!) ist ganz grandios und macht mir noch einmal klar, daß ich hier am richtigen Ort bin. Auch Joe's Waltz ist wunderbar und weiß sehr zu gefallen. Eines von vielen Highlights ist etwas später das mindestens 10 Minuten dauernde Paint The Rust, das scheppert und rockt wie verrückt, aber auch das mildere Eyelids, das schon sehr früh geboten wurde, liebe ich sehr. Eine besondere Freude machen mir die Dodos, als sie das wunderschöne Ashley spielen. Mit Sicherheit das lieblichste Stück, das fast ganz ohne schrammelige Gitarren auskommt und zeigt, daß es die Jungs auch drauf haben, wenn sie harmonisch und sanft aufspielen. Meistens geht aber trotzdem die Post ab und dann nicken die Leute im Publikum wie wild mit ihren Köpfen. Jodi hat einen Affenzahn drauf, während Horny Hippies, eine der Zugaben, die von dem alten Album Beware Of The Maniacs stammt, wieder poppigere Töne bietet. Beim abschließenden The Ball verausgabt sich Meric Long bis zum Äußersten, er hüpft von seinem Stühlchen auf und drischt wie besessen auf seine Gitarre ein. Als er unter lautem Applaus fertig ist, sieht sein Hemd aus, als hätte er damit unter der Dusche gestanden. Logan Koerber ist nicht ganz so feucht geworden, aber auch er und der dritte Mann im Bunde haben alles gegeben. Zwischenzeitlich waren sogar einmal vier Musiker auf der Bühne, denn der Sänger der Ruby Suns war bei einem Stück hinzugestoßen.
Die Ruby Suns und die wirklich sensationell guten The Dodos, was für eine explosive Mischung, was für ein Fest für Indiefans!
Setlist The Dodos, Point Éphémère, Paris*:
01: Walking
02: Red & Purple
03: Eyelids
04: Fools
05: Joe's Waltz
06: Winter
07: It's That Time Again
08: Paint The Rust
09: Jodi
10: Ashley
11: The Season
12: Untitled (Z)
13: Horny Hippies/The Ball (Z)
* Noch eine Anmerkung zu der Setlist: Der Sänger Merci Long hat sie mir nach dem Konzert persönlich auf einen Zettel notiert, denn es gab offiziell keine. Wer also diese Setliste für einen Blog oder eine Musikseite übernimmt, möge bitte einen Link zu uns setzen. Danke!
* Merci de ne pas reprendre ce setliste sans citer notre blog, car c'est le chanteur Meric qui me l'a notée après le concert. Donc personne ne peut l'avoir en fait. Merci!
* Merci de ne pas reprendre ce setliste sans citer notre blog, car c'est le chanteur Meric qui me l'a notée après le concert. Donc personne ne peut l'avoir en fait. Merci!
Ausgewählte Konzerttermine von den Dodos (zusammen mit den Ruby Suns):
17.11.2008: Nachtleben, Frankfurt
18.11.2008: Headcrash, Hamburg
19.11.2008: Aarhus, Dänemark
20.11.2008: Kopenhagen, Dänemark
21.11.2008: Knaack, Berlin
22.11.008: Akropolis, Prag, Tschechische Republik
23.11.2008: 59-1, München, im schönen Bayern
24.11.2008: Chelsea, Wien, Österreich
25.11.2008: Stalker, Padova, Italien
26.11.2008: Casa 139, Mailand
27.11.2008: Isc, Bern, Schweiz (mit Jennifer Gentle)
28.11.2008: Le Romandie, Lausanne (mit Jennifer Gentle)
29.11.2008: Luxor, Köln (mit Jennifer Gentle)
30.11.2008: Vera, Groningen, Niederlande (mit Jennifer Gentle)
02.12.2008: Melkweg, Amsterdam, Niderlande (mit Jennifer Gentle)
03.12.2008: VK Concerts, Brüssel, Belgien (mit Jennifer Gentle)
17.11.2008: Nachtleben, Frankfurt
18.11.2008: Headcrash, Hamburg
19.11.2008: Aarhus, Dänemark
20.11.2008: Kopenhagen, Dänemark
21.11.2008: Knaack, Berlin
22.11.008: Akropolis, Prag, Tschechische Republik
23.11.2008: 59-1, München, im schönen Bayern
24.11.2008: Chelsea, Wien, Österreich
25.11.2008: Stalker, Padova, Italien
26.11.2008: Casa 139, Mailand
27.11.2008: Isc, Bern, Schweiz (mit Jennifer Gentle)
28.11.2008: Le Romandie, Lausanne (mit Jennifer Gentle)
29.11.2008: Luxor, Köln (mit Jennifer Gentle)
30.11.2008: Vera, Groningen, Niederlande (mit Jennifer Gentle)
02.12.2008: Melkweg, Amsterdam, Niderlande (mit Jennifer Gentle)
03.12.2008: VK Concerts, Brüssel, Belgien (mit Jennifer Gentle)
Links:
- Videoclip The Dodods - Fools
- The Dodos - Red And Purple Studiosession
- Ashley live in Montreal, wunderbar!
- Jodi, ebenfalls live in Montreal, unfassbar schnell!
- The Ball live, gute Qualität
- The Ruby Suns, Tane Mahuta, Video von der Blogothèque, die Band spielt mitten auf der Straße zwischen fahrenden Autos!
- The Ruby Suns - Oh, Mojave, ebenfalls von der Blogothèque, angucken!
- Videoclip The Dodods - Fools
- The Dodos - Red And Purple Studiosession
- Ashley live in Montreal, wunderbar!
- Jodi, ebenfalls live in Montreal, unfassbar schnell!
- The Ball live, gute Qualität
- The Ruby Suns, Tane Mahuta, Video von der Blogothèque, die Band spielt mitten auf der Straße zwischen fahrenden Autos!
- The Ruby Suns - Oh, Mojave, ebenfalls von der Blogothèque, angucken!
1 Kommentare :
the dodos zeigen sich so agil, wie man erwarten durfte. ein klasse album gibts oben drauf. danke für den tollen bericht!
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