Konzert: Foals, Operator Please! (Inrocks Indie Club)
Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 21.02.2008
Zuschauer: ausverkauft
Christoph hatte im Rahmen seiner The Verve-Berichterstattung mal davon geschwärmt, wie viele namhafte bzw. vielversprechende Bands in London innerhalb weniger Tage so auftreten (weshalb er die scheußlichen Spice Girls mitaufzählte, ist mir allerdings bis heute nicht klar). Keine Frage, seine Liste war beeindruckend! Ich denke aber, Paris kann da durchaus mithalten, gerade in dieser Woche und besonders im Hinblick auf Gruppen, von denen man 2008 noch viel hören wird. Ihr wollt Namen zum Beweis? Kein Problem! Innerhalb von 8 Tagen spielten folgende Acts in Paris: Frank Black (Black Francis), Simian Mobile Disco, The Whip, Born Ruffians, Nada Surf, The Kills, Oh No! Oh My!, Pluramon, The Duke Spirit, Cut Off Your Hands, Yeasayer, Tunng, Operator Please!, Foals, Dirty Pretty Things, Jack Penate, Moriarty, Tiny Masters Of Today, Jose Gonzales, Chris Garneau, Caribou. Nicht schlecht, oder?
Für mich stellte sich an diesem Donnerstag das Problem, wem ich den Vorzug geben sollte: Yeasayer, die Im Nouveau Casino angesetzt waren, den vorzüglichen Elektro-Folk Barden Tunng, die im Point FMR zauberten, oder doch den gehypten Foals, die auch noch Operator Please! in die Maroquinerie mitgebracht hatten? Schwierig, schwierig, aber letzlich fiel doch die Wahl auf den Inrocks- Indie- Club mit Foals, weil ich schlicht und einfach für dies Veranstaltung seit langem Karten hatte.
Als ich in der rue Oberkampf den Bus 96 Richtung Maroquinerie nahm, guckte ich noch einmal ein wenig sehnsüchtig auf die Menschenschlange, die im Nouveau Casino auf Einlaß in das Yeasayer-Konzert wartete, konzentrierte mich aber in der Folge auf "mein" Konzert. In der Maroquinerie angekommen, zappelte gerade ein Typ mit einer unglaublich dämlich aussehenden Brille auf der Bühne rum. Kennedy nannte sich der Witzbold, der weder mit dem erschossenen Präsidenten noch mit geschmackvoller Musik etwas zu tun hat. Pop/Hip Hop/ Classic Rock kann man auf seiner MySpace Seite lesen. Nein danke! Selten, so etwas fürchterlich Trashiges gesehen! Da konnte ich noch nicht einmal drüber lachen. Ich war froh, als der Kerl endlich verschwand und talentierteren und schöneren Menschen die Bühne überließ. Zwei der Mädels (die süße Violinistin Taylor und die Keyboarderin Sarah) von Operator Please! waren komischerweise schon zu einem Gast-Auftritt bei diesem seltsamen Kennedy erschienen, aber als sie wiederkamen, war auch noch der Rest der jungen Bande dabei. Als da wären Amandah, die stämmige Sängerin und Gitarristin mit der wuchtigen Soul/Punk-Stimme, der blutjung aussehende Schlagzeuger Timmy mit seinen Engelslöckchen und der spindeldürre Bassist Ashley. Bei der Keyboarderin war ich mir allerdings nicht sicher, ob das noch die Gleiche war, die ich in der Flèche d'or bei meinem ersten Operator Please! - Konzert erlebt hatte. Ich denke, daß da bereits ein Wechsel stattgefunden hat. Wie auch immer, die "Neue" war auch schnuckelig, obwohl man ihr mal sagen müßte, daß man diese schwarze Lippenumrandung in Paris nur in der Banlieue trägt...
Der Anfang des Sets war erstaunlich punkig, ich hatte das Ganze poppiger in Erinnerung gehabt. Was man da so hörte, klang fast wie Gossip oder auch wie...die Arctic Monkeys. "Get What You Want" stelle ich sogar unter den Verdacht des Plagiats, denn einen markanten Melodiebogen haben sie bewußt, oder unbewußt von "A Certain Romance" übernommen! War aber nicht schlimm, da sowieso irgendwann in der Zunkunft jede Melodie und jedes Gitarrenriff einmal vorgekommen sein wird.
Die folgenden Titel kannte ich mehrheitlich noch nicht, da das Debütalbum der Australier, "Yes Yes Vindictive" erst im März in Europ in den Läden stehen wird. Die Besucher in der Maroquinerie bekamen aber einen guten Vorgeschmack auf das, was einen da erwarten wird: Frecher, jugendlich ungestümer Indie-Rock mit Hitpotential! Und viel Charme, den man vor allem live erlebt, dann nämlich, wenn man einen oder mehrere Blicke auf die unglaublich süße Violinistin Taylor wirft! Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mich davon nicht beeinflussen zu lassen, um die musikalischen Qualitäten einigermaßen fair bewerten zu können, aber ich kam nicht umhin, die Blondine immer wieder anzustarren. Da sie zudem noch jedes Lied mit einem zauberhaften französischen Akzent ansagte, war die Befangenheit perfekt. Insofern bin ich mir nicht ganz sicher, ob das Album durchgängig gelungen sein wird. Eines kann ich aber eindeutig sagen: "Leave It Alone" ist ein Smash-Hit, der 2008 noch so manchen Indie-Club rund um den Globus aufmischen wird! Auch in der Maroquinerie schlug das Teil wieder ein wie eine Bombe und die ersten Crowdsurfer gleiteten über die Köpfe der Leute in den ersten Reihen hinweg. Mit "Just A Song About Ping Pong" konnte die Intensität spielend gehalten werden und die häufigen Tempwechsel erwischten einige Tänzer auf dem falschen Fuß. Zum Abschluß gab' s dann noch "Zero Zero" und 40 dynamische und mitreißende Minuten lagen hinter Band und Publikum.
Setlist Operator Please!, La Maroquinerie, Paris
01: Get What You Want
02: Ghost
03: Terminal Disease
04: Other Song
05: Icicle
06: Yes! Yes! Vindictive
07: 6/8
08: Cringe
09: Whip It
10: Leave It Alone
11: Just A Song About Ping Pong
12: Zero Zero
Konzertdauer: 40 Minuten
Konzerttermine Operator Please:
12. März 2008: Brüssel
13. März 2008: Rotterdam
14. März 2008: Amsterdam
15: März 2008: Utrecht
17. März 2008: München (Atomic Café)
18. März 2008: Köln (Studio 672)
19. März 2008: Berlin (Magnet)
20. März 2008: Hamburg (Molotow Rock n Roll Circus)
Noch viel mehr Fotos von Operator Please hier
Zum Abschluß dann Foals, die Headliner des Abends. "Salut, Salut" riefen sie in die erwartungshungrige Menge um dann erst einmal knapp vier Minuten lang nur die Instrumente sprechen zu lassen. Es zirpte, rumpelte, klimperte und mathrockte wie bei Battles den Amerikanern. Bei "French Open" dann zum ersten Mal etwas Gesang. Hierfür verantwortlich: Yannis Philippakis, der kleingewachsene, schwarzhaarige Kerl, der meistens ziemlich grimmig dreinblickte und zudem Gitarre spielte. Mußte er sich auf seinen stark an "Robert The Cure Smith" erinnernden Gesang konzentrieren? Dieses wehklagende Stimmchen des unverstandenen und orientierungslosen Jugendlichen kennt man ja noch aus der Post-Punk Ära (wenn man so ein alter Knochen ist wie ich), oder hat es spätestens bei Bloc Party kennengelernt. Das nervte schon einmal! Zumindest mich! Das überwiegend sehr junge Publikum hingegen ging wahnsinnig ab. "Wie unglaublich toll und kreativ das ist!", werden die grünschnäbeligen Menschen wohl gedacht haben und tanzten sich in einen Rausch. Manche hatten sich diese wieder in die Mode gekommenen Neon-Leuchtstäbchen hinter die Ohren geklemmt, oder wedelten wild mit ihnen durch die Luft und dirigierten so die Musiker, die wie ein Hühnerhaufen über die Bühne jagten. Warum finden die das alle so toll?, fragte ich mich. Das hat man doch schon so ähnlich von diesen komischen Test-Icicles (oder auch Forward Russia) gehört! Klar, die extrem kurz angerissenen Gitarrenriffs, die fast wie Synthesizer klangen, der knarzige Bass und die plötzlichen Rhythmuswechsel hatten schon etwas Berauschendes. Aber deshalb gleich nach einer neuen Sensation rufen? Wo blieben die richtigen Songs, mit einer irgendwie gearteten Struktur? Oder schöne Melodien? Warscheinlich war ich zu alt und verknöchert, um das zu verstehen...
Das Publikum fraß allerdings den Musikern aus der Hand und nahm dem kleinen Jannis auch ab, daß er Paris für seine "Favorite City" halte und er bis zum nächsten Mal französisch gelernt habe ("I dropped that at school"). Nun gut, ob ich das mit den Sprachkenntnissen überprüfen werde, weiß ich noch nicht, sicher bin ich aber, daß ich mir das demnächst erscheinende Debütalbum nicht zulegen werde. Es wird mit ganz großer Wahrscheinlichkeit mit glänzenden Kritiken überhäuft werden, der NME wird bestimmt mindestens 9/10 Punkte springen lassen und alle werden schreien: "Das ist die kreativste Band 2008 und live sind die sooo geil!"
Um beim Thema zu bleiben: Mir ging davon keiner ab! Und daß, obwohl die letzte Einlage, bei der Klein-Yannis auf ein stehendes Drumm einprügelte und die anderen mit ihren Gitarren und Bässen wie Hexen auf einem Besen rumhüpften, gar nicht so übel war.
Setlist Foals, La Maroquinerie, Paris:
01: XXXXXX
02: The French Open
03: Cassius
04: Olympic Airwaves
05: Balloons
06: Heavy Water
07: Two Steps, Twice
08: Hummer
09: Red Socks Pugie
10: Mathletics
11: Electric Bloom
Konzertdauer: 45 Minuten
7 Kommentare :
Ach was. Foals sind toll.
Wie kann man sich hier über die Melodienlosigkeit beschweren und dann die Born Ruffians loben? Die waren doch wohl wirklich die melodienlosigste Band die ich jemals gesehen habe!
Ha, ha, ha, ich wußte, Daß ich von Dir ein paar auf die Löffel kriegen würde, Christina!
Aber denk' an meinen Maximo Park Bericht. Spätestens, wenn Du Foals 2-3 mal live gehört hast, hängen sie Dir auch zum Halse raus.
Wer braucht schon eine Band, die sich anhört, als hätte man einen Cocktail aus Battles und Bloc Party kredenzt? Ich nicht!
"Die melodienlosigste Band" ist übrigens ein lustiger Ausdruck :)
Melodienlosig-melodienlosiger- am melodienlosigsten, das ist kreativ! Kreativer als Foals!;-)
zunächst eine Verständnisfrage
in der Banlieue dort tragen Bordsteinschwalben diesen Lippenstift oder wie und was lassen die fallen, als Trick mein ich ?
über foals lass ich jetzt auch das Fallbeil kreisen oder wie sagt man - fallen?
so eine Grütze.
werden aber sehr wahrscheinlich fürs Haldern dies Jahr angefragt werden :-(
aber dafür holen sie Soko nach D
:-)
Bordsteinschwalben tragen Lippenstift? Hmm, muß ich mal überprüfen!
Und mit Foals, Soko und Okkervil River sollte ja dann in Haldern für jeden etwas dabei sein.
Oh Mann, Stephanie Soko Sokolinski in Deutschland, das wird ein Heidenspaß!
Achso, die Setlist von Okkervil River stimmte anfänglich nicht ganz, da eine falsche Liste kursierte. Habe sie an den entsprechenden Stelle verbessert und jetzt sollte eigentlich alles richtig sein. Bei Interesse vielleicht noch mal nachlesen.
Soko wird zunächst mal im Rahmen eines Konzertes (Anzahl und Ort noch nicht klar) von Haldern Pop vorgestellt, u.a. dabei Loney Dear, Guillemots und White Rabbits.
Somit aber auch hohe
Festivalauftrittwahrscheinlichkeit.
Siehe auch neue Bands im Haldern Film Teil II :-)
Banlieu nachgeschlagen, hamm wir wieder was gelernt.
...ich habe zumindest diverse Foals Livemitschnitte schon mehr als 3 Mal gehört und sie hängen mir noch nicht zum Hals raus ;) Die Band so oft live zu sehen, dazu hatte man hier ja noch keine Chance...aber bald :)
In Paris waren sie auch "erst" zweimal, kommen aber schon im April wieder. Vielleicht gehe ich hin und bin dann auch völlig begeistert?
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