Mittwoch, 25. April 2007

Laura Veirs & Marissa Nadler, Paris, 24.04.07

Konzert: Laura Veirs & Marissa Nadler
Ort: La Maroquinerie, Paris
Datum: 24.04.2007
Zuschauer: Wahrscheinlich ausverkauft


Nachdem sich die Präsidentschaftskandidaten in Frankreich während des Wahlkampfs so rührend um Einzelschicksale gekümmert haben, werde ich mich demnächst auch mal schriftlich an den - oder die Präsidentin der Republik wenden und kürzere Taktzeiten für die Buslinie 96 einfordern! Jedes Mal, wenn ich zur Maroquinerie möchte, warte ich ewig an der Haltestation "Filles du calvaire" und verpasse deshalb regelmässig die oft guten Vorgruppen. Zum Glück bekam ich diesmal von der schüchternen Amerikanerin Marissa Nadler noch den Grossteil des Sets mit, auch wenn mir wiederum der ein oder andere frühgebrachte Song durch die Lappen ging. Was ich da so hörte, gefiel mir durchaus gut, denn die brünette Dame aus Providence/Rhode Island hat schon eine besondere Stimme. Nur mit ihrer Klampfe bewaffnet, hauchte sie ein melancholisches Lied nach dem anderen ins Mikro und liess die Temperaturen in der ohnehin brütend heissen Maroquinerie noch weiter ansteigen.

"It' so hot in here, let's go swimming after the show!" Gute Idee Marissa, aber wo finden wir nachts in Paris einen See, oder Swimming-Pool? Während mir der Schweiss von der Stirn tropfte, genoss Fräulein Nadler sichtlich ihren Auftritt in der Stadt der Liebe und gab einige Stücke von ihrem neuen Album "Song 3: Bird on the water", aber auch ältere Titel von den Vorgängeralben zum Besten. Auf ihrer MySpace-Seite kann man nachlesen, welchem Musikstil das Ganze zugeordnet werden kann. "Melodramatischer Pop-Song/ Gothic/Amerikanisch" steht da neben ihrem Bildchen. Gothic? Nun ja, schon ein bisschen, es hatte schon eine schwarze und depressive Seite, aber ihre sirenenhafte, an Hope Sandoval oder Joni Mitchell erinnernde Stimme hat mich ziemlich schnell verzaubert. Ich beschloss, mir mal ein paar Lieder von ihr zu besorgen, was ich Freunden dieser Stilrichtung auch empfehlen kann.

Laura Veirs schien dagegen fast fröhlich rüberzukommen, mit ihren Handclaps, der lustig gekleideten männlichen Band, die sie mitgebracht hatte (die Herren trugen allesamt mit unfassbaren Stickereien verzierte Anzüge, z.B. aufgenähte Schmetterlinge und Octopusse!), und ihrer witzigen runden Brille. Für den Paris-Auftritt hatte sie extra ein blau-weiss gepunktetes Kleid und rote, flache Schuhe angezogen. Wahrscheinlich stellen sich Amerikaner so die typische Pariserin vor...

Nach Paris kommt Laura Veirs eh gerne, spielte sie doch heute bereits zum dritten Male in der Maroquinerie. Beim ersten Auftritt an diesem Ort war ich auch schon dabei und bedauerte damals, dass nur so wenige Leute den Weg in den Kellerraum gefunden hatten. Heute aber war die Hütte voll! Und das hat sie verdient, denn mit dem neuen Opus "Saltbreakers" liefert Laura bereits ihr fünftes gutes Album in Folge ab. Von eben jenem "Saltbreakers" stammten dann auch gleich die ersten drei - und die meisten anderen Songs des Konzertes. Den Auftakt bildete "Pink light", gefolgt von "Saltbreakers" und der wundervollen Ballade "Nightingale". Danach bedankte sich die Blondine dann erst einmal... auf deutsch! Ja genau, auf deutsch, sie sagte "danke schön", da sie gerade von Deutschland gekommen war und sie noch Umstellunsprobleme hinsichtlich der jeweiligen Landessprache hatte. Das nahm ihr das Pariser Publikum aber natürlich nicht übel, da sie schnell auf das "Merci" umschwenkte und vor allem, weil sie mit "Parisian Dream" einen der Kapitale Frankreichs gewidmeten Titel vortrug. Besonders gut gefiel mir dann im Anschluss "Shadow Blues" das einzige Lied , das sie von dem tollen Album "Carbon glacier" brachte.

Aber auch die neuen Stücke verfehlten nicht ihre Wirkung, vor allem "Drink deep" hatte es mir angetan, mit seinem gefühlvollen Piano und seinem zarten Gitarrenspiel. Ein Lied zum "Drin-Versinken"! Auch "Black-eyed-Susan" von dem Album "The triumphs & Travels of Orphan Mae", drückte mächtig auf die Tränendrüse. Tränen flossen aber heute keine, denn das Set war deutlich rockiger als ich es von Laura Veirs gewohnt war. Die dreiköpfige männliche Band, "The Saltbreakers", liessen es phasenweise richtig krachen, so dass man auch nicht mehr ohne weiteres von Laura Veirs der "Singer/Songwriterin" reden kann. Ich finde, dass ist auch gut so, denn schliesslich muss sich ihr Sound ja weiterentwickeln und der Prozess weg von der Sängerin mit der Klampfe hin zur Indie-Rockerin ist ihr sehr ordentlich gelungen. Das sah wohl auch das Pariser Publikum so, das minutenlangen Beifall spendete und noch mit zwei Zugaben verwöhnt wurde.

See you next year, Laura, an gleicher Stelle mit neuem Album im Gepäck!

Setlist Laura Veirs:

01: Pink Light
02: Saltbreakers
03: Nightingale
04: Secret Someones
05: Parisian Dream
06: Cast a hook
07: Shadow Blues
08: Where gravity is dead
09: Ocean Night Song
10: Drink Deep
11: Galaxies
12: To the county
13: Black-eyed Susan
14: Black Butterfly
15: Don't loose yourself

16: Rialto (Z)
17: Wrecking (Z)

von Oliver



 

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