Samstag, 21. April 2007

Midlake & Stephanie Dosen, Paris, 20.04.07

Konzert: Midlake & Stephanie Dosen
Datum: 20.04.2007
Ort: Le Trabendo, Paris
Zuschauer: waren trotz des schönen Wetters einige da


An einem abermals herrlich sonnigen Frühlingstag zog es mich zum zweiten Mal in dieser Woche raus auf das Gelände von La Villette. Der Müll, den die pubertierenden Tokio Hotel Fans hinterlassen hatten, war inzwischen geräumt und die schöne Wiese auf dem Areal wieder ziemlich einladend, da die Abendsonne noch wärmte... Auch die Géode strahlte im Glanz der letzten UV-Strahlen, so dass ich am liebsten hier mein Haupt gebettet hätte, um gemütlich wegzudämmern.

Aus musikalischer Sicht wäre das aber bedauerlich gewesen, denn das glänzende Label Bella Union, das vom ehemaligen Cocteau Twins Musiker Simon Raymonde gegründet wurde, feierte sein zehnjähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurden drei Bands bzw. Künstler des Labels für den heutigen Abend engagiert, als da wären, der gutaussehende Sonnyboy Robert Gomez aus Denton, Texas, die hübsche Blondine Stephanie Dosen und als Haupt-Act die ebenfalls aus Denton stammenden Midlake.

Als ich etwas unmotiviert den Weg Richtung Trabendo einschlug und in den Saal eintrat, bekam ich gerade noch das letzte Lied von Robert Gomez mit. Musikalisch wird er oft mit Elliott Smith verglichen, was ich da hörte, war allerdings etwas rockiger. Ich denke, es lohnt sich den Lockenkopf zu entdecken, zumal bei Bella Union eh keine schlechten Musiker vertreten sind.

Hatte ich von Herrn Gomez zumindest schon mal gelesen, so sagte mir Stephanie Dosen bisher überhaupt nichts und dass obwohl, wie ich am Merchandising Stand sah, eine CD aus dem Jahre 2003 erhältlich war. Im Mai 2007 erscheint dann ihr neues Album "A Lily For The Spectre", von dem sie auch eine handvoll Lieder spielte (es waren genau deren fünf) und das sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen! Die zierliche Frau hat nämlich eine wundervolle Stimme, die mir auf Anhieb gefiel. Lieder voller Poesie und Melancholie, heute dargeboten von einer ebenfalls blonden Violinistin und einer brünetten Dame am Kontrabass. Toll! Besucht doch mal die MySpace-Seite, dort finden sich auch zwei Songs, die heute gespielt wurden, "Overcome" und "Vinalhaven Harbor". Zum Abschluss des leider kurzen Sets gab es dann noch den Titelsong des neuen Werkes.

Die Einstimmung in den Abend war also gelungen, der Spass an einem Musikkonzert zurückgekehrt. Die fünf Burschen von Midlake sollten dann auch keine Spielverderber sein, im Gegenteil. Schon mit dem Opener "Gathered in Spring" hatten sie mich wieder in ihren Bann gezogen und ich fragte mich, warum ich eigentlich ihr fabelhaftes Album "The Trials of van Occupanther" in letzter Zeit nicht mehr so oft gehört hatte, war es doch schliesslich eines meiner Top Ten-Alben des Jahres 2006. Und nicht nur bei mir stand dieses zweite Werk ganz hoch im Kurs, sondern auch bei etlichen Musikjournalisten. So war es Platz 9 in der Jahresbestenliste bei Mojo, 7 bei Uncut, ebenfalls Top Ten bei Les Inrocks und immerhin 21 bei Q und 40 beim NME.Viel Lorbeer also, für eine Band, die doch eigentlich "altmodisch" klingt, wenn man gemein ist. So einiges aus den 70ern kann man aus ihrem Sound raushören, manche sagen Crosby Stills & Nash, andere sprechen von Pink Floyd und so weiter. Das mag zutreffen, fest steht aber, dass es die feingliedrigen Texaner geschafft haben, den 70er-Mief ausgemistet zu haben und nur die schönen melancholischen und oft psychedelischen Melodien ins neue Jahrtausend transportiert zu haben.

Ganz glänzend dann auch Titel zwei des Abends, "Roscoe", eines der besten Lieder der Band, ein treibender, mittelschneller Folk-Rock Song. Ein ganzes Feuerwerk brillanter Songs brannten sie dann ab, was vom fachkundigen Pariser Publikum auch hinreichend gewürdigt wurde. "Es ist schon seltsam, aber es ist tatsächlich so, dass wir in Frankreich die meisten Platten verkaufen, vielen, vielen Dank!", sagte Sänger Tim Smith aufrichtig gerührt. Recht haben sie die Franzosen, wenn sie schon selbst keine sonderlich gute Musik machen, beweisen sie doch zumindest in der Auswahl englischer Musik ein sicheres Händchen! Auch ein nagelneuer Song wurde gespielt, ansonsten stammte alles bis auf zwei Ausnahmen vom "Occupanther" Album. Die Ausnahmen bezogen sich auf Songs vom Erstling "Banman and Silvercork", darunter, das an die Flaming Lips und Coldplay (!) erinnernde "Some of them were superstitious". Besonders gut zogen dann auch noch "Young Bride", das die Leute schon an seinem glänzenden Basslauf erkannten und die Singleauskoppelung "Head Home". Da kam richtig ausgelassene Stimmung auf, es sage also bloss keiner mehr, Midlake machten Altherrenmusik! Berauscht von der zarten Sentimentalität der Lieder und den psychedelischen Gitarren hätte ich noch stundenlang zuhören und schwelgen können. Leider war aber dann mit "Branches" zum Abschluss endgültig ausgeschwoft und ich entschwand beseelt in die Pariser Nacht.

Setlist Midlake

01: We gathered in Spring
02: Roscoe
03: Van Occupanther
04: Bandits
05: neu
06: Some of them were superstitious
07: ? (auf jeden Fall vom ersten Album)
08: In this camp
09: Young Bride
10: Chasing after deer
11: Head home

12: It covers the hillside (Z)
13: Branches (Z)

von Oliver


1 Kommentare :

E. hat gesagt…

midlake sind mir letztes jahr durch die lappen gegangen. klasse band, großes album zuletzt!

 

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