Konzert: Les femmes s'en mêlent # 10 mit Rose Kemp, Plasticine & Juliette and the Licks
Datum: 23.04.2007
Ort: Bataclan, Paris
Ort: Bataclan, Paris
Zuschauer: bei weitem nicht ausverkauft
Nachdem die Franzosen über Nacht die Ergebnisse der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen zu verdauen hatten, stand heute eher Unpolitisches auf dem Programm: die zehnte Ausgabe des Festivals les femmes s'en mêlent nämlich.
Den Auftakt im ziemlich leeren Bataclan machte eine etwas füllige Engländerin, Rose Kemp aus Bristol. Die junge Dame hat gerade ihr hochgelobtes Debütalbum veröffentlicht und schon tauchen Vergleiche mit PJ Harvey auf. An die Qualitäten von Polly Jean reichte das aber nicht ganz ran, dazu fehlten ein wenig die packenden Songs. Die Musik von Rose Kemp hat eine experimentelle Note, zuweilen ist das Ganze sogar leicht gothisch.In einem ähnlichen Stil agierend, hat mich zuletzt My Brightest Diamond mehr begeistert. Trotzdem war das Set nicht langwelig, zumal phasenweise das Tempo stark angezogen wurde und knackige Gitarren und harte Drumms das Bataclan aufheizten.
Nachdem der rote Vorhang gefallen war, wartete ich gespannt auf den eigentlichen Grund meines Erscheinens: ich wollte mir einfach mal ein Konzert der jungen, hübschen und im Moment stark gehypten Plasticine aus Paris ansehen. Schon viel war in der lokalen Presse zu lesen von Katty, der Sängerin, Louise, der Bassistin und Marine der Gitarristin. Die Schlagzeugerin Zazie, die eigentlich zur Stammbesetzung gehörte, ist bereits ausgestiegen, vielleicht wurde ihr der Medienrummel zu viel...
Allein die Entstehungsgeschichte der Band ist inzwischen legendär, sollen doch die Freundinnen Katty und Marine, die aus der Banlieue von Paris stammen, die einzige "echte" Pariserin Louise bei einem Libertines-Konzert kennengelernt haben! Und da sie dringend eine Bassistin suchten, stiess Louise kurzerhand dazu. So entstand die Girlgroup, die zunächst durch kleinere Bars und Clubs der Hauptstadt tingelte, bevor sie ausgerechnet einen Vertrag beim Major-Label Virgin bekam. Von da an hatten sie genug Geld, um sich ordentliche Instrumente zu kaufen. Spötter behaupten, dass das ihrem Spiel auch nicht viel gebracht habe, da sie einfach sehr mittelmässig seien. Wobei mit Sicherheit eine gehörige Portion Neid mit im Spiel ist, wenn solche abschätzige Kommentare fallen. Einige lokale Musiker verdauen es ziemlich schlecht, dass sie immer noch in winzigen Bars für mickrige Gagen auftreten, während die Girls von Plasticine einem auf den Titelseiten von Hochglanzmagazinen zulächeln und inzwischen im renommierten Bataclan spielen dürfen.
So standen dann auch einige Leute mit einem hämischen Grinsen im Gesicht im Publikum und warteten förmlich darauf, dass den Mädels ein Patzer passiert. Aber nichts da! Von Anfang machten die Schnuckelchen Druck und Tempo und schossen ihre flotten Punk-Pop Perlen wie aus einem Maschinengewehr ab. "Un, deux, trois, quattre", ein prägnantes Gitarrenriff und schon starten die meist nicht mehr als eineinhalb Minuten langen Titel. Manchmal ist das ein bisschen wie damals bei den legendären Ramones: "Hey ho, let's go!" Zeit zum Luftholen blieb da nicht viel, zumal mir dieselbige beim Blick auf die Endlos-Beine von Louise fast wegblieb! Ich gebe es zu: für Männer war da schon was geboten, ein wahrer Augenschmauss war das. Ich halte das allerdings für ausgleichende Gerechtigkeit, dürfen doch sonst die Mädchen für Mando Diao, oder die Libertines schwärmen...
Ach so, worüber gab es sonst noch zu berichten, ausser über diese unglaublich scharfe Jeans-Short von Louise? Dass Katty und Marine auch ganz niedlich sind? Auch, aber die Musik fand ich auch gar nicht so übel, zumal z.B "Loser" ein veritabler Hit ist. Einmal im Ohr, geht dieser Wurm nicht mehr so schnell raus! Geschrieben und gesungen hat das Stück übrigens Katty, wie überhaupt die allermeisten Lieder. Meinen Lieblingssong auf dem Album "LP1" sang aber ausnahmsweise die Gitarristin Marine. "(Zazie fait de la) Bicyclette" heisst dieses unwiderstehliche Stück, was übersetzt bedeutet: Zazie fährt Fahrrad. Ja, die einfachen Dinge des Lebens wie Radfahren, Knutschen und Freunde treffen sind die bevorzugten Themen der Girls. Warum auch nicht? Spannender als Politik war das allemal! Leider war das Set dann aufgrund der Kürze der Songs auch ziemlich schnell vorbei, obwohl uns Plasticine insgeamt zwei Non-Album Tracks gönnten.
Einige waren allerdings froh, dass schon Schluss war, die alten verbitterten Säcke! Mir hat's gefallen, obwohl ich nicht sicher bin, ob ich befangen war...
Setliste Plasticine Bataclan:
01: Alchimie
02: Shake (Twist around the fire)
03: Rake
04: We don't know
05: Bicyclette
06: Loser
07: No way
08: Lost in translation
09: Human Rights
10: Another Night
11: Mister Driver
12: Under Control
Vielen Dank an Marine, die mir persönlich bei der Vervollständigung der Set-List behilflich war!
Mit dem Auftritt von Plasticine hatte der Abend allerdings dann schon seinen Höhepunkt erreicht, denn das was danach kam, war wirklich unterirdisch! Juliette Lewis, die Schauspielerin, die man aus Filmen wie "Natural Born Killers" kennt, kam 2003 auf die dumme Idee, eine Band zu gründen und Musik zu machen. Juliette & The Licks nennt sich das Ganze und bietet lauten, mainstreamigen angehauchten amerikanischen Rock, der gerne punkig rüberkommen möchte, aber nicht die Spur progressiv ist.
Wenn ich sage, dass der indianische Federschmuck in den Haaren von Juliette noch das Beste an dem Set war, so ist das nicht gelogen! So zeigte dann auch der Daumen von Cécile, die heute abend mit dabei war, nachdem sie den Eisbären Knut am Wochenende in Berlin besucht hatte, schon nach zwei Liedern energisch nach unten. "Das ist schlecht, Oliver", meinte sie knapp. Ich konnte leider nicht widersprechen, denn ausser der Pose und dem Gehabe, hatte Juliette nichts von einem Rockstar. Die durchgeknallte Tante hatte aber auch wirklich keinen Song zu bieten, der halbwegs akzeptabel war! Alles höchstens Durchschnittskost, deren Mangel an Qualität auch durch die Lautstärke nicht kompensiert werden konnte. So sahen das bisher auch ziemlich einmütig die Musikkritiker, die an ihren Alben kein gutes Haar liessen und ich weiss jetzt auch warum! Nach sechs Liedern reichte es uns dann schon und wir verliessen fluchtartig das Bataclan. So etwas passiert mir selten, aber es war vielleicht auch kein gutes Omen, dass ich damals auch schon bei "Natural Born Killers" frühzeitg das Kino verliess...
Wer sich bei dem Southside/Hurricane-Festival 2007 eine Pause zwischen all den guten Acts gönnen möchte, sollte sie also bei Juliette & The Licks nehmen!
von Oliver
1 Kommentare :
rose kemp ist auf album gnadenlos zu empfehlen. das konzert mit ihr hätte ich gern gesehen, wobei sie mir als opener nicht ins rechte licht gerückt scheint.
juliette finde ich auch grundsympathisch, allerdings darf man sich bezüglich ihrer kanonenmusik einig sein.
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