Konzert: The Rolling Stones
Ort: Düsseldorf, Esprit Arena
Datum: 09.10.2017
Dauer: ca. 140min
Zuschauer: ca.55.000 ausverkauft
Vom Büro mit der Straßenbahn zu den Stones. Rock`n`Roll in den 60ern sah wohl anders aus.
Oft ergibt sich ja eine völlig andere Sichtweise auf ein Konzert, wenn man nicht als langjähriger Edelfan anreist. Zwar hatte ich die Rolling Stones schon mehrfach bei ihrer "Abschiedstournee" (damals galten die Stones mit Anfang 50 als "alte Säcke") in Köln und Rotterdam erlebt, danach verblasste unsere Freundschaft aber immer mehr.
Erst als ich in den letzten Wochen bei YouTube kurze Ausschnitte der laufenden Tour sah, packte es mich wieder. Den genauen Grund dafür sollte ein spontaner Konzertbesuch klären.
An der Halle zeigte sich schnell, das trübe Wochentage für Tickethändler kein Zuckerschlecken sind. So musste man in diverse traurige Gesichter schauen, als für viele Karten nicht mehr als 30 EUR geboten wurden. Ich entschied mich für ein gutes Ticket im Unterrang, nahe der Bühne, die diese Mal nur aus vier hochhausartigen Türmen mit riesigen Leinwänden besteht.
Aus dem Dunkeln erklingen die ersten Töne, und die ersten Zeilen schallen durch die Arena. "Pleased to meet you...", die schlanke Reinkarnation des Allmächtigen, imposant im Gehabe und sehr gut bei Stimme.
Als wären Sänger und Song nicht schon gut genug für einen Opener grätscht die Gitarre dazwischen und der freie Blick auf Keith Richards lässt das Stadion beben.
Keith bewegt sich auf der Bühne wie eine Wanderdüne. In seinen viel zu großen Sneakern schleicht er mit meist gesenktem Kopf daher, fast vermutet man eine Fußheberparese, nicht ungewöhnlich in diesem Alter.
Jeder Ton seiner Gitarre, das Spiel lebt mittlerweile von den Pausen, wirkt wie auf Spinal Tabs Verstärker auf Stufe 11 abgespielt und axt sich laut und klar durch die Halle.
Es ist die alte Nummer, aber sie ist immer noch einzigartig. Schon dieser erste Song wäre die lächerlichen Eintrittspreise wert. Das eigentlich wunderschöne an diesem Abend aber ist: ALLE haben Spaß.
Die Arena singt, lacht und grölt wie beim Oktoberfest und die eigentlich für noch viel größere Stadien ausgelegte PA dankt es mit besonders lautem aber präzisen Klang.
Es folgt Hit auf Hit, wie eigentlich immer in den letzten 30 Jahren. Einzig das vom Publikum gewünschte und lange nicht gehörte "Get off of my cloud" und die beiden Blues-Coverversionen unterbrechen die Party.
Keine Ahnung, wie Charlie Watts mit 76 Jahren noch fast 2,5 Stunden am Stück Schlagzeug spielen kann: lächelnd, taktvoll und mit bunten Socken. Und spätestens bei der auch musikalisch anspruchsvollen Endlosversion von "Midnight Rambler" wird mir klar, warum das alles so viel besser wirkt als noch vor Jahren.
Der Tourname "No Filter" scheint wirklich einen Sinn zu haben. Die Show und die Band wirken reduziert. Keine aufblasbaren Gummifrauen und übertriebene Showeinlagen werden geboten. Die Screens zeigen ausschließlich Close-Ups der Band und die setzt das Konzept mit einem sehr viel rauerer und dem Blues verpflichteten Sound um.
Tolle Momente gibt es im Minutentakt. Wenn der immer noch sture Jagger nach einer perfekten Tanzeinlage wütend zur Bühne schielt, weil Keith und die anderen einfach lachend weiter jammen oder wenn Keith bei seinen zwei üblichen Solonummern einen Patzer nach dem anderen vorträgt und mit einem fetten Grinsen die Halle trotzdem sofort zu Jubelstürmen hinreißt.
Dieser gigantische Kontrast von einer Band, die durch vollständige Kommerzialisierung oft unsympathisch daher kommt, zu der diebischen Spielfreude und der unbändigen Lust an Musik und Freundschaft, das sind die Rolling Stones.
Mit einem "Bis bald" blendet einen die Leinwand am Ende. Es wirkt wie ein Versprechen und nicht, wie vorab befürchtet, wie eine Drohung.
1 Kommentare :
Das klingt nach einem sehr gelungenen Auftritt!
Kaum zu glauben, dass die Jungs schon so alt sind und noch immer auf Tour gehen. Der Wahnsinn!
Liebe Grüße :)
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