Freitag, 26. September 2014

Cold Specks, Swann, Anna Aaron, Paris, 23.09.14


Konzert: Cold Specks, Swann, Anna Aaron
Ort: La Flèche d'or Paris
Datum: 23.09.14
Zuschauer: etwa 80
Konzertdauer: Swann: 28 Minuten, Anna Aaron etwa 35 Minuten, Cold Specks ungefähr 50 Minuten


Mit Soul Musik kann man mich in der Regel jagen. Dieser langgezogene, tiefe Gesang, scheußlich. Schlimmer ist eigentlich nur Hip Hop und Emo.

Dies vorausgeschickt, hätte ich dem Auftritt der Kanadierin Al Spx alias Cold Specks eigentlich nichts abgewinnen dürfen, denn die Dame hat eine klassische Soul Stimme vorzuweisen. Dass ich aber hinterher begeistert war ist ein weiterer Beleg dafür, daß es sich immer auszahlt offen zu bleiben und sich live ein Bild zu verschaffen.

Der Auftritt von Cold Specks und ihrer Band war jedenfalls großartig und lohnte unbedingt meine Anwesenheit. Wenn ich richtig informiert bin war es der erste Auftritt der Dame aus Montreal in Paris überhaupt und dies obwohl sie schon 2012 mit ihrem Erstling I Predict A Graceful Expulsion ein Album auf den Markt gebracht hatte, daß sehr wohlwollende Kritiken einheimsen konnte. Aber gut, manchmal dauert es eben etwas länger bis Acts aus Nordamerika durch Europa touren. Und so richtig lohnenswert war der Gig aus finanzieller Hinsicht wohl auch nicht, denn die Flèche d'or war nur recht spärlich besucht. "Les absents ont toujours tort", sagt der Franzose in einer solchen Situation: "Die Abwesenden haben immer Unrecht." Stimmte auch heute wieder. Den Gig von Cold Specks hätte man sich nicht entgehen lassen sollen, er war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Da gab es vor allem die ungewohnte Verschmelzung von souligem Gesang mit postpunkigen und noisigen Gitarren, die Heirat schwarzer mit weißer Musik sozusagen. Eine Liebesheirat mit ungemein harmonischer Note. Und dann auch noch ein erstaunlicherweise ungemein gut passendes Saxofon, welches dem Sound noch eine zusätzliche Variante hinzufügte. Schließlich wartete Cold Specks auch hin und wieder mit an Gospel erinnerde a cappella Passagen auf und unterstrich hierbei eindrucksvoll ihre stimmmlichen Qualitäten.

Hervorhebenswert auch das Charisma der farbigen Sängerin. Ohne große Rumhampeleien schaffte sie es, Persönlichkeit auszustrahlen, zu wirken. Wie sie das machte, weiß ich gar nicht so genau. Vielleicht war es das gelegentliche Fixieren der Zuschauer, die gewisse Thetralik in der Gestik und Mimik die dafür sorgten. Auf jeden Fall hatte sie Talent für die Bühne, das war unbestreitbar.

Bezüglich der Songs wurde den Zuschauern ein Mix aus dem 2012 Album und dem druckfrischen Neuling Neuroplasticity geboten, der wesentlich poprockiger und imposanter als der soulig-folkige Vorgänger ausgefallen ist. Eine veritable Perle des Neulings hieß Bodies At Bay, ein Stück, welches gitarrentechnisch an Bloc Party oder Interpol erinnerte, gesanglich an Eartha Kitt aber auch an Anna Calvi.


Ähnlich gelungen auch Absisto, ein düsteres, mysteriöses Stück, das mich fast ein wenig an den Trip Hop von Portishead denken ließ, aber auch an die längst in Vergessenheit geratene Band The Noisettes.


Bester Track des ersten Albums war Hector, der mit seinem Uptempo Beat schon die musikalische Weiterentwicklung hin zu mehr Rock und weniger Folk erkennen ließ.

Unter dem Strich ein beeindruckend gutes Konzert, das auch mit einem gelungenen Nick Cave Cover von We No Who U R aufwarten konnte.


Vorher hatte auch schon die junge Französin Chloé Lénique alias Swann ihre Qualitäten unter Beweise gestellt. Die hübsche Blondine, die normalerweise mit einer Band auftritt, bestritt den Gig solo, konnte aber auch ganz alleine Glanzlichter setzen. Ihre wunderbar tiefe Stimme, ihr gefühlvolles Gitarrenspiel und ihre zeitlos guten Songs reichten, um eine feine Stimmung zu erzeugen. Sie spielte Material ihres ersten Albums Neverending, aber auch das Stück Emmanuelle, das man auf ihrem neuen Cover Album The Wonderful World of Swann auf Vinyl (Auflage: 500 bunte Exemplare) finden kann. Das hatte was von Gainsbourg und ohnehin wirkt Swann optisch ein wenig wie die junge Jane Birkin (stimmlich allerdings überhaupt nicht). Ihr Musik ist eine wunderbare Mischung französischer Melancholie und New Yorker Coolness im der Tradition von The Velvet Underground. Man wird von ihr noch viel hören, sie hat ungemein viel Talent und auch eine verblüffende Ausstrahlung für ihr junges Alter !

Ausstrahlung hatte die vorher spielende Schweizerin Anna Aaron auch. Leider aber strotzte ihr Set voller Rock Plattitüden, da erklangen schlimmste Schweineriffs im Stile von I Love Rock'n Roll (Totemheart), aber auch Versatzstücke von Personal Jesus von Depeche Mode konnte man (beim Stück Heathen) ausmachen. Ohnehin wirkte es, als habe Aaron die Gestik von Dave Gahan adoptiert, das schrammte zeitweise knapp an der Lächerlichkeitsgrenze vorbei. Letztlich wurde den Zuhörer feister Mainstream geboten, den Anna und ihre Band aber als subversive Kunst präsentierten wollten. Teilweise war fast Fremdschämen angesagt. Brr, es war wirklich ziemlich scheußlich was da kredenzt wurde! Reden wir lieber nicht mehr drüber.

Die ganz zu Beginn spielenden Still Parade hatte ich kaum mitbekommen. Zwei Lieder reichten mir aber um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Der lautete: schön, aber recht seicht, belanglos und ohne Ecken und Kanten. Kein Kracher.

Fotos morgen !

 



 

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