Freitag, 14. März 2014

Ben Schadow Band, Würzburg, 02.03.2014


Konzert: Ben Schadow Band
Ort: Denckler-Kino, Würzburg
Datum: 02.03.2014
Dauer: 83 Minuten
Zuschauer: etwa 20



Bericht von Matthias aus Oberhessen:

  Da ist man nun für ein Konzert der Ben Schadow Band von Oberhessen extra nach Stuttgart (immer eine Reise wert) gefahren, nur um zu erfahren, dass es zu dem angekündigten Termin wegen Terminschwierigkeiten des Clubs gar nicht stattfindet. Was tun? Einfach nach Würzburg fahren, wo Ben kurzfristig an diesem Abend ein Hauskonzert organisieren konnte. Im Rohrschen Wohnzimmer, der Spielstätte für gepflegten Indiepop aus aller Herren Länder in Stuttgart, hatte ich Ben schon zweimal mit seinem Kumpel und Collaborator Pele Caster erlebt, so war mir dieses Konzertformat durchaus vertraut. So machten wir, Starblogger Jens, seine Kommilitonin Isi und ich, uns also am späten Nachmittag auf ins Fasching selige Würzburg. Nach einer fast seminarmäßigen Exkursion durch die Innenstadt, wo ich auf die wesentlichen Sehenswürdigkeiten hinwies (Reisen soll ja auch bilden), machten wir uns auf, die Spielstätte zu finden. Zumindest den Häuserblock, wo sie sich befand, fanden wir schnell, das Denkler Kino dann auch etwas später, ein paar Stockwerke hoch, unter dem Dach, befindet sich der improvisierte Kinosaal, der auch für Konzerte genutzt wird. 

Auf Ben Schadow, in den Neunzigern bei der deutschen Modband Les Garcons, seit 2003 als Bassist mit Bernd Begemann & Die Befreiung unterwegs, ebenfalls an Dirk Darmstaedters Bandprojekt Me and Cassity beteiligt und Ex-Bassist der deutschen Indie-Hoffnung pretty merry K, wurde ich durch die frühen Tourneen der Befreiung aufmerksam. Einen chaotischen Bühnenzauberer wie Bernd Begemann zu begleiten, ist eine echte Herausforderung, die Befreiung löste sie souverän, so dass sie heute eine der besten deutschen Livebands sind. Les Garcons, die zwei wundervolle Alben veröffentlichten, habe ich zu ihrer aktiven Zeit leider verpasst, nun gut, es waren die Neunziger, der Streit Oasis oder Blur war eben wichtiger. Vor zwei Jahren veröffentlichte Ben Schadow dann sein erstes Soloalbum „liebe zur zeit der automaten“, eine Popmeditation irgendwo zwischen den Beatles und ETA Hoffmann, zwischen den Beach Boys und William Blake, und ist seitdem regelmäßig mit der Ben Schadow Band unterwegs, dieses Mal in einer Trio-Besetzung mit Ben an Gitarre und Gesang, Pele Caster am Bass und Markus Baier am Schlagzeug. 

Nach kurzem Soundcheck, Kennenlernen des Publikums und Erforschen der Location (vielen Dank an die WG-Bewohner einen Stock tiefer, deren Toilette man benutzen durfte) ging es los mit dem Konzert der Ben Schadow Band. Die Trio-Besetzung bekommt schon dem ersten Stück „Zusammen zuletzt“, einem der poppigeren Stücke von Bens Debüt-LP, sehr gut, das Zusammenspiel von Ben und Pele, an verschiedenen Instrumenten solo oder mit Band seit Jahren erprobt, hat inzwischen eine schlafwandlerische Sicherheit erreicht, um die sie viele deutsche Popmusiker, ich nenne keine Namen, beneiden sollten. Die immer wieder versuchte Kontaktaufnahme mit dem Publikum funktioniert nicht so gut, viele wollten wohl nur mal schauen, wo der Krach herkommt, führen Dauergespräche während des Konzerts und zeigen Ben, Pele und Markus die im Wortsinne kalte Schulter, da der Dachboden unbeheizt ist. Die Ben Schadow Band läßt sich trotzdem nicht entmutigen, Bens signature tune „Gnade trägt man in Särgen“ beeindruckt mich an diesem Abend besonders. Die Musik zitiert gekonnt „Dig a Pony“ von den Beatles, der Text zelebriert geradezu Liebeskummer „Willkommen in der Welt von einem, der sich nicht traut / der wirklich nie auch nur ein bisschen froh sein will und laut“. Danach ist es Zeit für ein paar fröhliche Modsongs der Garcons, von denen Ben dieses Mal einige im Programm hat, mein Konzerthighlight ist immer wieder der Italien-Song „Buena Sera Signor, Buena Sera“, den Ben an diesem Abend auf den Knien spielt, nicht mal seine Bandkollegen scheinen zu wissen, warum. 

Die Band hat mit „Fräulein M“, einem Ausflug in die griechische Mythologie, der an Neo Noir-Filme erinnert, auch ein neues Lied im Gepäck. Das beste Lied des Abends spielt Ben anschließend solo. „Heller Fleck im schwarzen Meer“, der Höhepunkt von Bens traurigen Liebesliedern, kommt solo im Schneidersitz besonders intensiv. Der Garcons-Kracher „In einer Welt voll Sonnenschein und Bier“ ist dann schon das letzte Stück des Abends, ein großer Teil des Publikums verschwindet gleich nach dem letzten Ton, bevor der Hut, der für die Musiker herumgeht, sie erreicht. Das ist wirklich billig, kann man da nur sagen. 
Nach kurzem Gespräch mit der Band machen wir uns auf den Rückweg nach Stuttgart, der Pizzaservice einen Block weiter macht gerade zu, es gibt nichts mehr. Würzburg war zwar nicht sehr gastlich zu uns, aber für ein Konzert mit Ben Schadow nimmt man das gerne in Kauf. 

Setlist Ben Schadow Band, Würzburg: 

01: Zusammen zuletzt 
02: Herz aus Holz 
03: Touch 
04: Gnade trägt man in Särgen 
05: Gerade verliebt (Les Garcons-Song) 
06: Sie sagt, sie geht (Les Garcons-Song)
07: Dabei auf den billigen Plätzen (Les Garcons-Song) 
08: Fräulein M. (neu)
09: Ich fall immer auf die selben Dinge rein 
10: Wie leicht es wäre einfach zu bleiben 
11: Was, wenn es mich wach entdeckt 
12: Ich hab geträumt, ich sei tot 

13: Buena Sera, Signor, Buena Sera (Z) (Les Garcons-Song)
14: Heller Fleck im schwarzen Meer (Z) 
15. In einer Welt voll Sonnenschein und Bier (Z) (Les Garcons-Song)


Links:
- aus unserem Archiv:
- Bernd Begemann & Die Befreiung, Hamburg, 29.12.2013
- Ben Schadow & Pele Caster, Stuttgart, 30.08.2013
- Ben Schadow & Pele Caster, Karlsruhe, 28.08.2013
- Ben Schadow Band, Mannheim, 25.04.2013
- Ben Schadow Band, Stuttgart, 14.04.2013


 

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