Montag, 25. April 2011

Best Coast, Paris, 23.04.11


Konzert: Best Coast

Ort: La Maroquinerie
Datum: 23.04.2011

Zuschauer: gut gefüllt, aber nicht ganz ausverkauft
Konzertdauer: etwa 75 Minuten



Was mich gestört hat beim Konzert von Best Coast: Dieses weite Auseinanderstehen der drei Bandmitglieder. Die mangelnde nonverbale Kommunikation, der fehlende Augenkontakt, das nicht vorhandene Teamplay. Und dann performte Bandleaderin Bethany Cosentino auch noch an der Seite, statt in der Mitte. Das bringt mich ja regelmäßig auf die Palme, wenn ich so etwas sehe. Der Sänger/die Sängerin gehört in die verfluchte Mitte! Wer als Vorsteher einer Gruppe nicht gerne im Mittelpunkt steht, sollte am besten gar keine Bühne betreten. Ging mir ja schon neulich bei Lower Dens und Deerhunter tierisch auf den Geist. Auch da agierten Jana Hunter und Bradford Cox seitlich und dies schadete der Performance merklich. Aber wahrscheinlich sind diese ganzen Slacker einfach zu cool, um sich an tausendfach erprobte Gesetzmäßigkeiten zu halten. Ist schon erstaunlich, daß in der amerikanischen Indie, Noise- Garagenrockszene eine nichte existente Bühnenperformance als das Non plus ultra angesehen wird. Man kennt es ja von J Mascis von Dinosaur Jr. Der Typ steht mit seinen weißen langen Zottelhaaren auch nur rum, murmelt sich in den Bart und sagt dann hinterher immer nur ganz knapp und cool "thanks". Doug Martsch von Built To Spill (Foto) genauso. Spult wie manisch sein Programm ab, sucht nie den Augenkontakt zum Publikum und bekommt überhaupt nicht mit, was eine Bandkollegen machen.* "Ça degage rien sur scène", sagte mir einmal Konzertfotografenzar Robert Gil zu diesem Thema und auch speziell zu Built To Spill. Ça degage rien", das heißt, da kommt nichts rüber.

Passte auch irgendwie als Beschreibung zu Best Coast. Immer die gleiche Körperhaltung, dicht hinter dem Mikro auf der Gitarre schrammelnd, kaum Bewegung in den Beinen, null Mimik. Meine Fotos sahen alle gleich aus. Am meisten Abwechslung kam rein, wenn sich Bethany zwischen den stets sehr kurzen Songs mit dem Handtuch den Schweiß abwischte, der bei der Hitze in der Maroquinerie reichlich floß. Dann kam sie nach hinten gelatscht, hob den Arm und ich konnte endlich ihr schönes Tatoo am Arm sehen (eine feine Dame mit Hut) und abknipsen. Ihre Bandkollegen waren ähnlich trantütig und langweilig zu beobachten. Die füllige Drummerin guckte beim trommeln nach unten oder zur Seite, spielte pommadig und glotzte meistens ausdruckslos wie ein Fisch. Technisch sah das für mich nicht überzeugend aus., allein schon wie sie ihre Sticks hielt.

Ähnlich unspektakulär der Basser (Bobb Bruno) mit den schwarzen langen Haaren, der drei Meter Abstand zur Chefin hielt. Ihm kann man zumindest zu Gute halten, etwas versucht zu haben. Oft schaute er zu Beth drüber,
aber nie blickte sie zurück, bekam gar nicht mit, daß da noch jemand mit ihr auf der Bühne steht.

Manno Meter, da lob ich mir doch Performer wie Troy von Balthazar oder Anna Calvi! Da gibt es Mimik und Pose zuhauf, ist jedes Foto spannend, macht es Spaß hinzugucken.

Nun gut. Aber wenn schon die Bühnenpräsenz bei Best Coast zu bemängeln war, wie stand es dann um die Musik? Riss die einen vom Hocker? Na ja, halbwegs. Der Sound war schon cool, die naiv-luftigen Songs hatten Biss und Catchiness, aber innovativ geht anders. Zur Zeit klingen unzählige Bands (Dum Dum Girls, Vivian Girls, La Sera, Tennis) so ähnlich. Live war das Ganze allerdings deutlich noisiger, weniger melodisch und poppig als auf dem Album Crazy For You, von dem natürlich die allermeisten Stücke stammten. Zwei Neulinge wurden außerdem zusätzlich ins Programm aufgenommen, einen stilistischen Unterschied konnte man aber nur schwerlich ausmachen.

Letztlich wurde das rübergebracht, was vermutlich von Anfang an bezweckt wurde, als man dieses Projekt startete: Unbeschwerte Lebensfreude, Bock auf süßlich-naiven Retrosound. Das schnelle Abspulen unprätentiöser, kurzweiliger Songs mit hohem 60ies Faktor machte deutlich, daß Best Coast nie die Absicht hatten, die Musikwelt zu revolutionieren, sondern einfach nur ein bißchen Fun haben wollten. Und das macht sie wiederum sehr sympathisch. Mann kann sie gerne haben, diese drei Westküstler, braucht ja nicht jeden Tag eine neue essentielle Band.

Performance eher scheiße, Lieder absolut ok= gefälliges Konzert, Note 6/10.

* ändert natürlich rein gar nichts an der Großartigkeit von Built To Spill.

Setlist Best Coast, La Maroquinerie, Paris

01: ?
02: Bratty B
03: Summer Mood
04: Goodbye
05: Crazy for you
06: Boyfriend
07: Gone again (neu)
08: When The Sun Doesn't Shine
09: I Want to
10: Make You Mine
11: Sun Was High (So was I)
12: Far Away
13: When you Wake Up
14: Boy
15: When I'm With You
16: Something In The Way
17: Each And Every Day





 

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