Konzert: Anything Maria
Ort: Le Baron, Paris
Datum: 11.04.11
Konzertdauer: etwa 40 Minuten
Die Deutschen können nicht flirten, stand in diesen Tagen in der französischen Kulturzeitschrift Les Inrockuptibles geschrieben.
Nicht nett sowas. Ich meine ich könnte ja auch hingehen und sagen, Franzosen seien alle impotent oder so. Aber das machen die Froschfresser gerne. Uns Germanen als plump, banausenhaft, schwerfällig, humorlos und ohne Geschmack , sprich als das genaue Gegneteil von ihnen selbst hinzustellen. Diese Klischees pflegen sie gerne, genau wie das Vorurteil, der deutsche Fußball sei kampfbetont, aber technisch schwach und unattraktiv. Mussten die Franzosen ja auch nach der letzten WM 2010 revidieren und voller Neid anerkennen, daß wir den schönsten Fußball gespielt haben und ihre Mannschaft peinlich schlecht war. Auch bezüglich der deutschen Frauen ist das Urteil oft vernichtend. Sie seien fett, rasierten sich nicht unter den Achseln und liefen alle mit Birkenstock-Sandalen rum. Erst kürzlich meinte Konzertfotografenzar Robert Gil die wuchtbrummige englische Soulsängerin Adele sehe für ihn wie die typische Deutsche aus. Mich konnte er damit freilich schwerlich verletzen, schließlich ist meine Frau Französin.
Aber trotz dieser Sticheleien habe ich den Eindruck, daß man in Frankreich Deutschland und die Deutschen (falls es so etwas überhaupt gibt in einem Land von 80 Millionen Individuen) gerne mag. Und um Berlin beneiden uns die Pariser ungemein. Die günstigen Mieten und Preise, die Kultur, das Nachtleben, viele würden gerne sofort von der Seine an die Spree ziehen, um davon zu profitieren.
Eine die dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt und nach Berlin rübergemacht hat, ist die Französin Sophie Gontier, die als Musikerin unter dem Pseudonym Anything Maria in Erscheinung tritt. In der deutschen Hauptstadt hat sie in Clubs und Cafes Bühnenerfahrung gesammelt und an ihrer Kunstfigur Maria gearbeitet. Inzwischen ist sie in Paris gestrandet und spielt sich langsam aber sicher aus dem Underground nach oben. Ihre Shows sind engergiegeladen, provokativ, körperbetont und sehr sexy. Dabei fühlt sich sich eigentlich eher dem weiblichen Geschlecht hingezogen, wobei wir wieder bei dem obigen Thema der Klischees wären. Warum dürfen lesbische Frauen eigentlich nicht feminin sein, hochhackige Schuhe tragen, sich die Lippen schminken? Natürlich dürfen sie das! Wäre doch auch engstirnig und verbohrt, wenn man sie sich nur mit kurzer, knabenhafter Frisur und ohne Make-Up vorstellen könnte.
Und Anything Maria ist ohnehin keine Musikerin die in Schubladen gepresst werden möchte. Sie setzt sich künstlerlisch keine Grenzen, vereint viele Stile, ist sowohl eine Art französsiche Antwort auf Gitarrenheldinnen PJ Harvey oder Scout Niblett, als auch eine Verteterin des Elektropop-Genres wie eine Peaches oder Ellen Allien. Letzteres prädestinierte sie dann auch dazu, wie heute in einer Discothek zu spielen. Im Baron, einer der nobelsten Adressen in Paris.
Ein selektiver Laden, der als Schickimicki Hochburg verschrien ist und über den die Indiegemeinde gerne derbe lästert. Ein paar der Vorwürfe mögen zutreffen, aber letztlich bin ich schon oft hier hingekommen, hatte nie Probleme den Einlasser zu passieren (obwohl ich nie gestylt ankam) und wurde stets höflich und nett empfangen. Beschweren kann ich mich eigentlich über niemanden hier, die Bedienungen sind zuvorkommend, der Programmgestalter (ein Deutscher!) offen für viele verschiedene Musikstile und die DJs richtig gut. Es ist ihnen untersagt, Techno zu spielen, sie dürfen nur Oldies, Rock, Pop und Folk auflegen, was sehr wohltuend ist.
Wie üblich ging es heute gegen 0 Uhr 15 los. Und wie üblich gab es ein paar respektlose Leute, die sich einen feuchten Kehricht um den Künstler auf der Bühne scherten und einfach laut mit ihren Freunden plauderten. Anything Maria ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Mit ihrer gewohnten weißen Gesichtsschminke (Kriegsbemalung?) und einem hübschen weißen Kleid erscheinen, zog sie ihre Show professionell durch. Die Französin hat eine erstaunliche Bühnenpräsenz und ein enormes Charisma. Elegant wie sie Gitarre spielte, lasziv wie sie ihre Hände und Arme einsetzte, beindruckend wie sie sang und performte. Sie bezog auch wie immer die Zuschauer mit ein, fixierte ein paar Besucher mit ihren stechend blauen Augen und zeigte sich bewegungsfreudig und immer in Action. Sophie ist keine Sängerin, die stur hinter ihrem Mikro verweilt. Sie zieht es weg von der Bühne, hin zu den Leuten. Manche guckten ganz verdutzt als die Blondine ihnen plötzlich ganz nahe kam. Aber das gehört zum Spektakel der Ex-Berlinerin dazu. Alles ein wenig verrucht, aggressiv, sündig, zweideutig. Sie spielt mit den Zuschauern, liebt es sie aufzurütteln, sie zu verblüffen.
Tanzfreudig wurde Anything Maria immer dann, wenn ihre Songs elektronisch wurden und wummernde Bässe aus den Verstärkern dröhnten. Dann tigerte sie hüftschwingend los, wie zu dem Indie Hit Cook Him Up, bei dem sie sich als männermordendes Vamp gerierte und zu Beginn sogar eine kleine Geschichte erzählte, die als Intro diente. Auch bei Holy Kiss, der nächsten Single, wippte sie im pluckernden Beat mit und gab Gas ohne Ende.
Aber auch die gitarrenlastigen Stücke wie beispielsweise der Opener Esctastic Pessismist hatten Biss und Angriffslust, faszinierten druch rasiermesserscharfe Riffs und einen kraftvollen, bisweilen hysterischen Gesang, dem dennoch eine melancholische, verletzliche Note innewohnte.
35 Minuten gab Sophie Gontier alles und dies unter wahrlich nicht leichten Bedingungen. Selten habe ich im Baron Musiker gesehen, die sich so gut an die dortigen Verhältnisse anpassen konnten.
Ich bleibe bei Anything Maria am Ball, sie faszinert mich, obwohl ihre Musik nicht unbedingt meinem herkömmlichen Beuteschema entspricht.
Setlist Anything Maria, Le Baron, Paris
01: Ecstatic Pessimist
02: White Silence
03: Cook Him Up
04: This Is Not A Pipe
05: Wild Hearts
06: Holy Kiss
Nützliche Adressen:
Tanzfreudig wurde Anything Maria immer dann, wenn ihre Songs elektronisch wurden und wummernde Bässe aus den Verstärkern dröhnten. Dann tigerte sie hüftschwingend los, wie zu dem Indie Hit Cook Him Up, bei dem sie sich als männermordendes Vamp gerierte und zu Beginn sogar eine kleine Geschichte erzählte, die als Intro diente. Auch bei Holy Kiss, der nächsten Single, wippte sie im pluckernden Beat mit und gab Gas ohne Ende.
Aber auch die gitarrenlastigen Stücke wie beispielsweise der Opener Esctastic Pessismist hatten Biss und Angriffslust, faszinierten druch rasiermesserscharfe Riffs und einen kraftvollen, bisweilen hysterischen Gesang, dem dennoch eine melancholische, verletzliche Note innewohnte.
35 Minuten gab Sophie Gontier alles und dies unter wahrlich nicht leichten Bedingungen. Selten habe ich im Baron Musiker gesehen, die sich so gut an die dortigen Verhältnisse anpassen konnten.
Ich bleibe bei Anything Maria am Ball, sie faszinert mich, obwohl ihre Musik nicht unbedingt meinem herkömmlichen Beuteschema entspricht.
Setlist Anything Maria, Le Baron, Paris
01: Ecstatic Pessimist
02: White Silence
03: Cook Him Up
04: This Is Not A Pipe
05: Wild Hearts
06: Holy Kiss
Nützliche Adressen:
http://www.noomiz.com/anythingmaria
http://www.soundcloud.com/anything-maria
http://twitter.com/anythingmaria
http://www.youtube.com/user/anythingmary
Anything MARIA - "Ecstatic pessimist" by Anything MARIA
http://www.soundcloud.com/anything-maria
http://twitter.com/anythingmaria
http://www.youtube.com/user/anythingmary
Anything MARIA - "Ecstatic pessimist" by Anything MARIA
3 Kommentare :
ich glaube, dass wäre ein prima zeitpunkt gewesen, an dem du dir etwas ruhe und erholung hättest gönnen können...
Ach komm, Eike, mach dich locker! Man kann doch nicht den ganzen Tag schnarchigen Folk hören. Auch Ross von June Madrona steht auf Anything Maria. So.
ich hab dich auch lieb.
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