Mittwoch, 21. Mai 2008

Björn Kleinhenz, Köln, 20.05.08


Konzert: Björn Kleinhenz
Ort: Stereo Wonderland, Köln
Datum: 20.05.2008

Zuschauer: 35 (ohne Band und Clubteam)

Konzertdauer: 65 min


Ich hatte alles ganz anders erwartet. Bei lastfm hatten zehn Benutzer angeklickt, daß sie zu Björn Kleinhenz ins kleine Stereo Wonderland gehen wollten. Ich war mir sicher, daß es knallvoll würde und frühes Erscheinen nicht die dümmste Idee wäre. Wir waren also um kurz nach neun da. So wie zehn, fünfzehn andere, darunter viele Schweden, die sich später als die Band rausstellten.

Die Größe der Band widersprach auch meinen Vorstellungen. Ich hatte bisher nichts von Björn gehört, kein Fitzelchen Musik. Meine Neugierde stützte sich alleine auf den Geschmack von Freunden, deren Musikvorlieben ich blind vertraue. Meine Phantasie hatte mir also einen einzelnen schwedischen Singer/Songwriter
präsentiert, der ruhige und melancholische Lieder spielen würde. Irgendetwas war da schiefgegangen, denn um zehn standen plötzlich sechs Schweden auf und plazierten sich irgendwie auf der Minibühne. Es war bis dahin deutlich voller geworden, die 35 Besucher (von denen die meisten sich nicht laut unterhielten) bedeuteten ein recht voll aussehendes Stereo Wonderland mit einigen Lücken.

Neben dem Sänger waren ein Schlagzeuger (namens Drama!), ein Bassist (Jacko) und ein Keyboarder (Martin) aufgebaut. Richtig spannend fand ich aber die Gitarristen. Björn Kleinhenz und die einzige Frau der Band, Susanna, spielten akustische Gitarren, Stefan eine E-Gitarre. Warum das so aufregend war, sollte ich erst später erfahren. Ihr also auch.

Das erste Lied klang schwedisch. Es kann aber auch sein (denke ich jetzt), daß mir das nur so vorkam, weil Björn nicht richtig gut verständlich sang. Bei einem einzelnen
Liedermacher wäre das vielleicht zu anstrengend gewesen, bei einer so großen und überraschend lauten Band überhaupt nicht!

Die Abstimmung der Instrumente empfand ich (mit meinem überragenden Gehör für so etwas...) als sehr ausgewogen. Martins Keyboard war sehr zurückhaltend, das pfiffige Element der Musik waren die Melodien, die Stefans E-Gitarre erzeugte. Der Gitarrist fiel eigentlich gar nicht richtig auf, weil er ganz rechts jenseits der Bühne stand, vor den Toiletten. Nachdem ich bemerkt hatte, wie wichtig sein Part war, war ich vollkommen fasziniert von dem Mann am Bühnenrand.

Björns Gesang ist nicht weit weg von den Jens Lekmans oder Pelle Carlbergs. Er traf vielleicht nicht jeden Ton hundertprozentig, aber auch das war vollkommen egal, weil das Ergebnis herausragend war. Ganz herrlich ist auch Björns leidender
Gesichtsausdruck beim Singen. Er erinnerte mich dann optisch an Shout Out Louds Frontmann Adam.

Die zweite Gitarristin singt Background-Parts, meist Uhuhuuhh- und Lalalaaas, auch dies ein wichtiges Element des kompletten Klangbilds.

"
Fast and slow" war eines der ersten großen musikalischen Highlights. Vorher gab es allerdings schon die ersten herrlichen Momente jenseits der Musik. Susanna war eine Saite gerissen. Björn erklärte die längere Pause und bat ihr dann Hilfe an. "What kind of string do you need? O 16?"* - "Whatever", lautete ihre lapidare Antwort. Ganz köstlich! Dann erzählte der Sänger Geschichten von einem intimen Konzert in Trier am Vorabend. Die Band hätte in einer Wohnung (in der Lindenstraße - die Hausnummer nannte er, ich bin allerdings diskret) mit "einem von diesen typischen deutschen Betten, die so unter der Decke angebracht wären" übernachtet. Jacko und er schliefen in diesem Hochbett (ich hatte diese tollen Dinger erfolgreich verdrängt). Morgens wachte er auf und sah den schlafenden Bassisten unmittelbar vor seinem Gesicht. Dazu passe das nächste Lied, denn das heisse "Jacky". Die anderen Bandmitglieder quittierten diese weltklasse Überleitung mit Gegrummel und Räuspern und guckten betroffen auf den Boden. Ein fabelhafter Moment!

"At night we die", eines der Stücke der neuen Platte und ein weiterer Höhepunkt, folgte, bevor Björn Kleinhenz wieder anfing, eine Geschichte zu erzählen. Allerdings ohne Auflösung. "Olis" handele nämlich von einem Freund diesen Namens, der Paketdienstfahrer sei und mit seinem Wagen mal in einer langweiligen Stadt bei Göteborg in ein Parkhaus fuhr. Was da passierte, hätte er vorher schon einmal erzählt. Wenn wir uns dafür interessierten, sollten wir ihn später ansprechen. Und dann begann das Stück (mir fällt jetzt erst ein, was für eine blendende Anmachmasche das eigentlich war).

Der komischste Moment kam vor dem achten Song ("Leipzig lover"). Der Sänger zog sich richtig mit Schmackes die Nase hoch, so intensiv, daß mancher Fußballspieler neidisch geworden wäre. Wir kicherten, wofür Björn keine Ursache fand. Jacko, der hinter ihm stand, erklärte es ihm, woraufhin auch der Sänger breit grinste... Aber auch das Lied selbst bescherte mir einen wundervollen Augenblick. Gegen Ende sang Björn Kleinhenz da irgendein "Badabada", weit weg vom Mikro. Das war unfassbar schön!

Beim nächsten, dem letzten Stück vor der Zugabe diskutierten Björn und Keyboarder Martin kurz, wie das Lied denn nun heisse. Der Sänger erklärte uns, daß Martin nicht wisse, wie der Name sei. "He has to buy the record." Das Lied "
Tredje Långgatan 26" (ein Straßenname) mündete in eindrucksvollen Gitarrenklängen, Postrock statt Singer/Songwriter in dem winzigkleinen Club. Ich fürchte, daß das auf CD nicht gleich gut wirken wird, das zeigt die Erfahrung ähnlicher Konzerte. Daher bin ich so unglaublich froh, ganz unbedarft in diesen Abend gegangen zu sein.

Auch die Zugabe war in jeder Hinsicht typisch. Nachdem das Lied langsam und mit Gesang begann, wurde es dann instrumental, unglaublich melodisch mit melodiemachender E-Gitarre. Dieser Teil des Lieds dauerte weit mehr als fünf Minuten, ich fühlte mich fast zu Built To Spill versetzt. Dieses tolle Stück handelte von einem Freund Tomas** und hieß "Diana". Wir fanden das komisch. Björn wunderte das. "Wie soll es denn heißen? Tomas?"

Setlist Björn Kleinhenz, Stereo Wonderland, Köln:

01: Poets dying
02: The strongest machine
03: Fast and slow
04: Jacky
05: At night we die
06: Olis
07: Göste Ekman d.y.
08: Leipzig lover
09: Tredje Långgatan 26

10: Diana (Z)

* Ich habe keine Ahnung, ob die Saitenbezeichnung Sinn macht. Das war das, was ich als blutiger Laie zu verstehen glaubte.

** Vermutlich schreiben sich schwedische Thomase so?



9 Kommentare :

Oliver Peel hat gesagt…

Klingt gut!

Christoph hat gesagt…

Das wäre was für Dich gewesen, Oliver! Sehr viele fette Gitarren und dazu schwedischer Indie-Pop. Perfekt!

Oliver Peel hat gesagt…

Fette Gitarren? Ich bin auf Diät, Christoph;-)

Christoph hat gesagt…

Das hier war low carb, wenig Zucker. Und sehr gut für Herz und Seele.

Oliver Peel hat gesagt…

Ist die "Low Carb" Diät eigentlich noch in Mode? Man hört gar nichts mehr davon. Auch in den USA stopfen sich die Leute wieder tonnenweise helles Brot rein.

Gut für Herz und Seele, das klingt sehr schön! Das wäre eigentlich schon ein perfekter letzter Satz für Deinen Konzertbericht...

Anonym hat gesagt…

Laut dem Statistika Centralbyrån (sollte ich mich da vielleicht bewerben?) heißen 59365 Schweden Thomas und 33160 Tomas. Falls dir das irgendwie weiterhilft.

Anonym hat gesagt…

...interessanter wäre ja, wie sich schwedische T(h)omasse aussprechen!

Anonym hat gesagt…

björn ist toll, ich mag seine musik sehr. er wird gerade auf stern gefeatured. die "stars von morgen" werden da gesucht. was auch immer man davon halten mag...
interessiert dich vielleicht, der link ist: stern.de/diestarsvonmorgen

viele grüße, schönes blog!

Christoph hat gesagt…

Vielen Dank!

Der Stern-Link hatte ich auch durch einen Zufall vor ein paar Tagen entdeckt und brav für Björn gestimmt!

 

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