Mittwoch, 20. Juli 2016

Max Jury, Lana del Rey, Montreux, 13.07.16


Konzert: Max Jury, Lana del Rey
Ort: Auditorium Strawinski, Montreux
Datum: 13.07.2016
Dauer: 45 und 100 min
Zuschauer: 4000 (ausverkauft)

Der Junge von nebenan


Vorab: der zweite Abend in Montreux steht im Zeichen von Lana del Rey. Als Vorprogramm ist Max Jury angekündigt. Der 21-jährige aus Des Moines, Iowa betritt mit seiner Band die Bühne und wird herzlich begrüßt, offenbar ist er doch nicht so unbekannt wie ich dachte. Er hat vor kurzem sein erstes Album veröffentlicht und präsentiert sich hier mit Rock’n’roll-Band und mit souligen Backgroundsängerinnen.


Max Jury wirkt sympathisch, fröhlich und nett wie der Junge aus der Nachbarschaft. Er singt und spielt ein altes E-Piano oder Gitarre. Dabei wird er unterstützt von 3 Kollegen an Gitarre, Bass und Schlagzeug. Die beiden schwarzen Backgroundsängerinnen, die die Musik dunkel einfärben, sind für einige Titel mit auf der Bühne und werden von Max Jury aufs herzlichste vorgestellt. Sie sängen wesentlich besser als er selbst. Manchmal erinnern Sie mich an Pink Floyds Sängerinnen hinter der Band. Auch der Gitarrist holt ganz vereinzelt ein paar Reminiszenzen an Pink Floyd aus den Saiten. Offenbar ein paar unbewusste Erinnerungen an die musikalische Früherziehung im Hause Jury.


Max Jury aber ist im Rock'n'Roll zu Hause und würzt diesen mit Soul und etwas Melancholie immer dann, wenn er nur sich selbst am Klavier begleitet. Dieser Künstler ist eine echte Entdeckung des Festivals und als Vorband des Abends hat er ein großes Publikum bekommen und für sich eingenommen.

nächstes Konzert in Deutschland
12.08.2016 „A Summer’s Tale Festival“ Luhmühlen

Webseite: maxjury.com

Souverän in die 1950er


Die Begeisterung kennt keine Grenzen, als Lana del Rey die Bühne betritt. Über allen Köpfen schweben die Handys, die Deckel ihrer Schutzhüllen sind heruntergeklappt – beste Sicht. Zwei Tänzerinnen, die Lana auch mit Mikro zur Seite gehen, sind ebenso gekleidet wie Lana del Rey: ganz in weiß, kurz und sommerlich. Die Frisuren auf Retro gestylt, begleiten Sie Lana mal singend mal tanzend und immer sehr auf Entschleunigung achtend, die Bewegungen nicht zu schnell. Selbst das Verteilen von Blumen aus dem Hochzeitsstrauß ans Publikum bei „Honeymoon“ geht fast in Zeitlupe. Äußerlich spielt sie die Unschuld vom Lande im weißen Kleid. Die Art und Weise wie sie ihre Lieder präsentiert und sich immer wieder dem Publikum und den ersten Reihen im Besonderen zuwendet, lassen die tiefe Ernsthaftigkeit erahnen, die sie ihren Songs zugrunde legt.


Die Bühne ist gestaltet wie ein Motel aus den 1950er Jahren an einem der endlosen Interstate-Highways. Der Bühnenhintergrund wird dominiert von dem großen, neonfarbenen Schriftzug "del Rey" hoch über den Künstlern. Unter ihm laufen zur Untermalung der Songs Filme im Stile der Cinecitta zu Zeiten von Vittorio de Sica und Luchino Visconti. Großartig wir zum Beispiel "Born to die" mit Zitaten von Quentin Tarantino untermalt und endet in einem blutigen Finale.


Das Publikum geht gleich auf Tuchfühlung, vielerlei Liebesbezeugungen sind ebenso zu hören wie Songwünsche. Recht bald wird auch nach "Salvatore" gerufen und da Lana den Titel nicht im Repertoire hat, wie sie bemerkt, singt sie den Refrain spontan einfach solo und sorgt für allgemeine Verzückung.


Wie sich im Laufe des Konzertes herausstellt, hat Lana del Rey eine fantastische Live-Band zur Seite stehen. Der Mix der Titel aus allen 4 Alben gibt einen großartigen Überblick über ihr bisheriges Schaffen, musikalisch läuft der Abend etwa auf dem Niveau des Albums "Born to die", wodurch die Qualitäten der Band so richtig zum Tragen kommen, die Gitarre darf kreischen, der Schlagzeuger darf sich neben den elektronischen Pads auch an den lauten Toms und Becken austoben. Das Konzert ist ein exzellentes Beispiel für eine kritische Auseinandersetzung von Künstlern mit dem eigenen Katalog. Der Saal dankt es mit anhaltender Begeisterung.


Während des letzten Titels steigt Lana zu ihren Verehrern für die offenbar obligatorischen Selfies hinab in die ersten Reihen und signiert Tickets, Karten, Fotos oder was auch immer parat ist. Sie nimmt sich ausdauernd viel Zeit und gibt der Band ein paar extra Minuten, bevor sie sich ohne Zugabe verabschiedet. Das Licht geht an, die Show ist vorbei und irgendwie mag ich es noch gar nicht fassen, was ich da eben erlebt habe.

Webseite: lanadelrey.com

Setlist
  1. Cruel world
  2. Cola
  3. Blue jeans
  4. Born to die
  5. Honeymoon
  6. Salvatore (a Capella solo)
  7. High on the beach
  8. Freak
  9. Carmen
  10. Serial killer
  11. Lolita
  12. Ultraviolence
  13. Summertime sadness
  14. Yayo
  15. Video games
  16. Ride
  17. Off to the races
Aus unserem Archiv:
Lana Del Rey, Paris, 24.08.14
Lana Del Rey, Sao Paolo, 09.11.13
Lana Del Rey, Frankfurt, 20.04.13
Lana Del Rey, Paris, 23.11.11

1 Kommentare :

Parklife hat gesagt…

Dem Fazit des Lana-Konzerts kann ich mich nur anschließen - ich war auch in Montreux, extra aus Kiel angereist, und wirklich fassungslos, wie gut sie mittlerweile live ist und wie toll ihre Musik dargeboten wurde. Die beiden alten Songs - "Yayo" und "Serial killer" (unveröffentlichtes Stück von ca. 2010) - fand ich auch toll. Mein Konzertbericht fiel dementsprechend euphorisch aus. :-)
http://coast-is-clear.blogspot.com/2016/07/lana-del-rey-live-beim-montreux-jazz.html

 

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