Samstag, 20. August 2011

Explosions In The Sky, Haldern Pop Festival, Rees-Haldern, 13.08.11


Konzert: Explosions In The Sky

Ort: Hauptbühne des Haldern Pop Festivals
Datum: 13.08.2011, 0 Uhr 45

Zuschauer: ein paar Leute waren schon gegangen, als es losging...



"Explosions In The Sky are next" hatte Ober-Fleet Foxes Robin Pecknold nach dem Ende der absolut gelungenen Show seiner Band gesagt und dabei einen vielversprechenden Unterton in seiner Stimme gehabt, so als würde die Zuschauer Großes erwarten.

Die Fleet Foxes Fans von Explosions In The Sky? Wirklich? Nun, zumindest haben beide in den zwei letzten Jahren etliche Festivals rund um den Globus gemeinsam bestritten, da ist es kein Wunder, wenn eine Folkband aus Seattle, die für ihre wundervollen Harmoniegesänge bekannt ist, Zugang zum epischen, instrumentalen Gitarrenrock einer Truppe aus Texas bekommt. Musikfans sollten ohnehin offen für alle möglichen Stile sein, sich auf ein Genre festzulegen zeugt von Verbohrtheit und Voreingenommenheit.


Last Known Surroundings from Explosions in the Sky on Vimeo.



Aber wer kann etwas mit Instrumentalmusik anfangen? Meine Frau jedenfalls nicht! Immer wenn ich im Urlaub die neue CD Take Care Take Care Take Care im Auto laufen lassen wollte, meckerte sie: "können wir nicht was anderes hören? irgend etwas mit Gesang?" Überflüsig zu sagen, daß mich diese Nörgeleien nervten. Im Falle von Explosions In The Sky stehe ich nämlich auf dem Standpunkt, daß auch ganz ohne Lyrics alle denkbaren Stimmungen perfekt ausgedrückt werden. Die Palette der Emotionen reicht von Hoffnung über Aufbegehren bis hin zur Euphorie, aber auch Momente des Innehaltens, des Träumens, des Besinnens werden wunderbar vertont. Durch den Wechsel von ruhigen hin zu stürmischen Passagen und das Variieren von Tempo und Lautstärke durchläuft der Hörer ein schaurig-schönes Wechselbad der Gefühle und fühlt sich am Ende überglücklich, schwerelos und unendlich berauscht. Zumindest mir ergeht es so.

Ob die Halderner beim Auftritt der Texaner ähnliche Glücksmomente empfanden, mag ich zumindest bezweifeln. Ein Teil des Publikums schien sich ein wenig zu langweilen, als die monumentalen Gitarrenwände hochgezogen wurden und wuchtigste Schlagzeugsalven abgeschossen wurden. Ihnen fehlte wohl der Zugang zu dieser Art von Musik, die so heroisch, ästhetisch und stolz ist wie keine Zweite. Aber diese Musik hatte kein Gesicht, die Visagen der Bandmitglieder hatte man hinterher schnell wieder vergessen und wenn einem einer der Burschen beim Pizzastand über den Weg gelaufen ist, fiel das sicherlich niemandem auf. Und dies obwohl die Explosionsinthesklyer wesentlich dynamischer, theatralischer und bewegunsgfreudiger ihren Sound darbieten als die enorm hüftsteifen und statischen Kollegen von Mogwai. Besonders cool, war daß der vermeintliche Chef der Band (der rotblonde, vom Haarausfall geplagte Kerl in der Mitte) manchmal sogar Luftgitarre spielte. Ich habe ihn genau beobachtet, manchmal flog seine Hand an den Saiten vorbei, die Aktion diente nur der Unterstreichung der Dramatik, musikalisch hatte sie keine Bedeutung. Aber natürlich wurde auch richtig gespielt. Und wie! Gleich mit drei Gitarren und einem Bass wurde einem die Birne windelweichgeklopft und wenn das Schlagzeug losgaloppierte, donnerte es aus dem Hintergund wie verrückt. Die ganze zuvor aufgebaute Spanung entlud sich in einem Gewitterhagel, den der Niederrhein so nocht nicht erlebt hatte (siehe Video beim Rockpalast), es schepperte und krachte aus allen Ecken und die Protagonisten auf der Bühne schrammelten sich in einen veritablen Rausch. Köpfe flogen, Gitarren wurden in die Luft gerissen und der Schweiß tropfte den modernen Helden in Rinnsälen von der Stirne. Extase pur, zumindest oben auf der Bühne. Unten im Publikum ging es indess gemächlicher zu. Ein heftiges Kopfnicken war das höchste der Gefühle, mehr Enthusiasmus war den Haldenern nicht zu entlocken. Dennoch bin ich überzeugt, daß die Fans keineswegs entäuscht und neue Anhänger hinzugewonnen wurden. So manch einer äußerte sich hinterher euphorisch auf Facebook und wer das epische Konzert gesehen hat, wird die Begeisterung nachvollziehen können.

Bei der Setlist ging es übrigens quer durch den Garten und das neue Album wurde lediglich mit zwei Titeln gewürdigt. Dafür gab es mit Your Hand in Mine einen der schönsten und heroischsten Titel im Katalog der Texaner und mit The Birth And Death Of The Day einen hochmelodischen Hammer luftigster Gitarren, der in der Vergangenheit unzählige Male auf meinem Ipod lief.

Seht euch Explosions in The Sky an, wenn sie in eurer Nähe aufkreuzen und lasst euch verzaubern von Instrumentalmusik, die viel mehr sagt, alsso mancher schwache Singer /Songwriter mit gestelzten Texten!

Achso: die Fahne, die über einer Box hing war natürlich die Fahne von Texas und nicht von Chile, obwohl sie dieser sehr ähnelt.

Setlist Explosions In The Sky, Haldern Pop Festival 2o11:

01: Let Me Back In (Take Care, Take Care, Take Care)
02: Catastrophe And The Cure (All Of A Sudden...)
03: Last Known Surroundings
04: Your Hand In Mine (The Earth is...)
05: The Birth And Death Of The Day (All Of A Sudden I Miss Everyone)
06: Postcard Form 1952 (Take Care...)
07: The Only Moment We Were Alone (The Earth Is Not A Cold Dead Place)



2 Kommentare :

E. hat gesagt…

ja, großartige band. nicht alle alben sind auf den punkt, aber einige! schöner bericht!

Christoph hat gesagt…

Deren Primavera Auftritt taucht ziemlich sicher in meiner Jahresbestenliste auf. Es gibt kaum eine passendere Band für einen nächtlichen Auftritt unter freiem Himmel.

 

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