Montag, 10. Januar 2011

My Year in Lists: die 20 besten Konzerte des Jahres 2010.Teil 1 (Oliver Peel)


Kürzlich habe ich mit Christoph zusammen die Statistik für das Konzertjahr 2010 gemacht und wir haben erfreut und auch ein wenig stolz festgestellt, daß wir auch dank unserer Gastautoren (merci! ihr wisst, wer ihr seit!) einen neuen Rekord geschafft haben. 413 Konzertberichte! Ich glaube 287 davon gingen auf meine Kappe. Jetzt weiß ich also auch, warum ich während der Weihnachtsfeiertage so verflucht müde war!

Bei annähernd 300 besuchten Shows ist es natürlich äußerst schwierig, die Highlights rauszupicken. Zumal die meisten Konzerte glücklicherweise denkwürdig und hochkarätig waren. Dennoch setzten sich einige besonders in den Hirnwindungen fest und werden dort wohl auch für immer mit Wohlklang und prickelnden Gefühlen assoziiert werden.

Die besten Konzerte des Jahres, PLätze 20-11 (Oliver Peel)

20: Christina Antipa, Le Pop In, Paris, 11.05.2010

Die Kalifornierin Christina Antipa ist trotz ihres großen Talents viel zu unbekannt. Stimmlich erinnert sie mich an Laura Marling, bewegte mich allerdings 2010 deutlich stärker als die blonde Engländerin. Auch wenn Christina keine Oliver Peel Session bei uns gespielt hätte, würde ich ihre Musik mögen. Alles bei ihr klingt so warm, zärtlich, liebevoll. Im Pop In gab sie ihr vielleicht schönstes Konzert und verzauberte mich mit ihren wundervollen Folksongs, die auch eine Cat Power (aus der Phase You Are Free) nicht besser hinbekommen hätte. Künstlerisch ist also alles bestens bei Christina Antipa, nur die Vermarktung könnte noch effizienter sein.



19: Solvents, Le Vieux Leon, Paris, 22.05.2010

Noch so eine amerikanische Band, die in unserem Wohnzimmer gespielt hat. Aber auch hier gilt: ich würde die Solvents auch ohne diese schöne Erfahrung lieben. Jarred und seine Partnerin legten so unfassbar viel Herzblut und Intimität in den Gesang, daß es manchmal schon fast schmerzte. Im Vieux León, einem eher unpricklenden Schuppen in Paris, rührten sie mich damit zu Tränen. Und dann diese Geige...

18: Mohna, Le Scopitone, Paris, 16.03.2010:

Mohna Steinwidder kommt aus Hamburg, scheint aber in Paris fast bekannter zu sein, als in ihrer Heimat. Die Pianistin mit der Steineerweichstimme musizierte ebenfalls bei uns, trat dann aber noch einmal in einem 'richtigen" Konzertsal auf. Im inzwischen wieder geschlossenen Scopitone wickelte sie die Franzosen im Handumdrehen um ihre Klavierspielerinnenfinger und darf zur Belohnung im März 2011 beim renommierten Festival Les femmes s'en mêlent auftreten. Glückwunsch!

17: Your Kid Sister, In The Garden, Paris, 15.11.2010:

Your Kid Sister ist Maia Vidal, die in Spanien lebt, in den USA aufgewachsen ist und französische und amerikanische Elternteile hat. Ein wahnsinnig süßes Ding, das aber nicht auf ihr putziges Aussehen reduziert werden sollte. Sie spielt fantastisch Akkordeon und Toy Piano singt traumhaft schön und covert ganz frech die Punkband Rancid. In der kleinen Bar In The Garden provozierte sie mit ihrem super Auftritt minutenlange Beifallsstürme. Völlig verdient!



16: Heligoland, Le Scopitone, Paris, 05.05.2010:

Australier, die in Paris leben und feinsten Shoegaze spielen. Ihr melodienverliebtes Set im Scopitone benebelte meine Sinne und ließ mich für eine Stunde alles andere vergessen. Sängerin Karen hat eine Stimme aus Samt und Seide und Gitarrist Dave Olliffe kitzelt regelmäßig ein traumhaftes Riff nach dem anderen aus seiner Gitarre. Zum Davonschweben.

15: Faustine Seilman, International, Paris, 16.06.2010:

Faustine kommt aus Nantes und ist Pianistin und Sängerin. Ihr Bruder spielt Gitarre in ihrer Band, mit der sie durch Frankreich tourte. Ihre Musik ist unglaublich melancholisch, aber gleichzeitig hoffungspendend und herzerwärmend. Dunkler Postrock mit Piano made in France, so könnte man das Ganze stilistisch beschreiben. Damit hat sie mir im International erneut das Herz gebrochen.

14: Deer Tick, Fargo Store, Paris, 15.09.2010

Hey, war das ein Spaß in der urigen Boutique von Fargo Records! Die (im positiven Sinne) verrückten Amis Deer Tick legten einen Akustikgig hin, der sich gewaschen hatte. Vor vielleicht 30 Leuten schrie sich Frontman John Joseph McCauley III die ohnehin schon heisere Kehle noch heiserer und musizierte zusammen mit seinen Kumpels frei von der Leber weg. Dabei waren die Jungs am Vortag alles andere als in olympischer Form. Beim Konzert im Café de la danse bot John Joseph stark grippegeschwächt eine miese Leistung, päbbelte sich am 15. September aber mit Hilfe von einigen Bieren im Fargo Store so richtig auf und gab alles. Hut ab vor diesem Einsatz! Ich will nur hoffen, daß es die vier jungen Lebemänner von Deer Tick nicht zu bunt mit dem Alkohol treiben, denn dann würden sie ihr Talent unnütz vergeuden. Eine super Band! Achtung: das ganze (!) Konzert kann man sich in bester Qualität bei le-hiboo.com ansehen. Klick!

13: Beach House, Le Trabendo, 03.06.2010

Victoria Le Grand hauchte mich im Pariser Trabendo in Grund und Boden. Wahnsinn wie sie mich mit iher Stimme bearbeitete und regelrecht schwindelig sang! Das ging mir durch Mark und Bein und ließ mich hinterher fast bekifft zurück. Seltsam: weder im Frankfurter Bett noch beim Festival des Inrocks in der Pariser Cigale konnte sie mich ein paar Wochen bzw. Monate später ähnlich berühren. Vielleicht sind an den unterschiedlichen Konzerteindrücken die Hormone schuld, plausible Erklärungen gibt es oft nicht.

12: Chokebore, La Maroquinerie, Paris, 19.02.2010

Chokebore aus Hawaii sind zurück und wie! Die wiedervereinte Band um Womanizer Troy von Balthazar verwandelte die Maroquinerie ruck zuck in einen Hexenkessel. Schweißgebadete Menschen gingen von Anfang an voll mit und setzten oft zum Crowdsurfen an. So höllisch traurig wie Chokebore rockt halt eben keine Band auf der Welt. Kurt Cobain hatte recht, Chokebore sind die Besten. Troy, du Held!

11: Owen Pallett, Festival La Villete Sonique, Paris, 01.06.2010

Wunderkind oder so, wie? In meinen Ohren klang das, was Owen auf der Geige anstellte auf jeden Fall innovativ, virtuos und trotzdem herrlich unanstrengend. Talentierte Musiker tendieren ja teilweise dazu, zu nerven, aber bei dem Kanadier war das ganz und gar nicht der Fall. Hinzu kam, daß bei diesem Konzert die Akustik absolut perfet war. Hörgenuß pur!

Die Plätze 10-1 gibt es dann morgen. Stay tuned!



 

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