Konzert: Oasis
Ort: Philipshalle Düsseldorf
Datum: 04.02.2009
Zuschauer: ausverkauft
Es gibt Bands, da verwischt blinde Begeisterung jede objektive Sichtweise auf das musikalische Schaffen. Sonic Youth sind so eine Band, Oasis eine andere. Sie können tun und lassen was sie wollen, einen Kern grandioses finde ich immer.
Im Fall von Oasis, und um die geht’s hier, sind es in der Phase der schwächeren Alben „Standing on the shoulder of Giants“ and „Heathen chemistry“ mit Peinlichkeiten wie Little James oder Hindu times kleine all-time-favourites wie Songbird oder She is love. Seinerzeit musste man Befürchtungen haben, dass die große Oasis Ära vorbei ist, dass Hallen wie die Philipshalle eine Nummer zu groß sind.
Nun ja, mittlerweile sind Oasis wieder für alle gut, die Philipshalle folglich rasch ausverkauft. (Das galt für den ersten angesetzten Termin, gestern gab es wohl noch 10 Restkarten).
Auch ich hatte mir zügig eine Karte gesichert, um dann, nach der Absage des Januartermins, vor einem kleinen Dilemma zu stehen. Ausgerechnet der 4. Februar. Spielen dann nicht auch Travis? Habe ich nicht auch für die Live Music Hall eine Karte? Keine Frage, Oasis lasse ich nicht sausen. Also schnell noch die Travis Karte verkaufen. Trugschluss. Weder über lastfm, noch über Fansale wurde ich das Ticket los. Auch hanebüchene Offerten von Auge-zu-Auge (10 Euro) brachten keinen Verkaufserfolg. Selbst als ich gestern die Karte verschenken wollte, keine Chance. „Ach, alleine hab ich keine Lust“, „ich muss zum Tanzkurs“ oder „wir haben heute Spieleabend“. Nee, ist klar! Musikignoranten!
Wer Oasis zum ersten Mal live sieht, ist vielleicht enttäuscht. Der Begriff „unspektakulär“ ist für ihre Bühnenshow noch übertrieben. Es passiert nichts.
Noel Gallagher gehört die rechte Bühnenhälfte. Der ältere der Gallagher-Bros verlässt den 2 Meter Raum um sein Mikro ebenso wenig wie Gem Archer und Andy Bell ihre Plätze am linken Bühnenrand. Vor den Boxen dudeln sie ihre Parts runter, als ob sie mit dem Ganzen nur bedingt etwas zu tun haben. Einzig Liam, der alte Rocker, verspürt einen Hauch von Bewegungsdrang, er läuft zwischen Schlagzeug und Mikro hin und her. Zwischendurch immer mal wieder Lad-Posen (die erwartet man, also bekommt man sie auch), und ein bisschen Schellenkranzgefurchtel. Das muss reichen.
Es hat sich nichts geändert bei Oasis. So war es schon immer, so wird es wahrscheinlich immer bleiben.
Mehr als bei anderen Bands ist es am Publikum, für ein gutes Konzert zu sorgen. Lässt sich die Meute von der Trägheit der Band anstecken, lässt sich wiederum die Band davon anstecken und es wird ein gruseliger Abend.
Akzeptiert das Publikum das arrogant und desinteressiert wirkende Gehabe der vier und feiert fröhlich ab, wird es ein guter Abend. Und wenn dann noch eine ausgeglichene Grundstimmung bei Noel und Liam vorhanden ist, wird es ein sehr guter Abend.
Gestern schien den beiden nichts quer gekommen zu sein. Auch die kleineren Soundprobleme bei Liam, die er nach seiner ersten Rückkehr zu Songbird augenscheinlich hatte, konnten ihn nicht aus der Bahn werfen. Ein durchaus gutes Zeichen. Ich habe schon erlebt, dass Liam wegen einer solchen Kleinigkeit komplett die Lust verliert, das jedem ungefragt mitteilt und der Abend gelaufen ist.
Aber gestern: zwei Gespräche nach Songbird und Slide away mit dem Tonmann am rechten Bühnenrand, Daumen hoch nach Morning Glory und alles war in bester Ordnung.
Die Zeiten scheinen sich zu ändern.
Was sich allerdings nicht ändert, sind große Teile der Setlist. Einige Sequenzen spielen Oasis bereits seit Jahren. So gibt es den Eröffnungsdreier des gestrigen Abends schon seit der „Standing of…“ Tour. Und überhaupt scheinen Oasis für diese Tour nur eine einzige Setlist parat zu haben. Gestern war wie Berlin, Berlin wie Dresden und Dresden wie Göteborg und Oslo. Wird das nicht auf Dauer dröge, Jungs?
Irgendwo habe ich gelesen, dass Liam keinen Bock drauf hat, viele Texte bzw. Songs einzuüben, so dass man bei Auftritten lieber auf bekanntes Material zurückgreift. So gab es vom neuen Album fünf Songs, das Hauptgerüst bildeten aber Stücke der ersten beiden Alben „Definitely maybe“ und „What’s the story…“
Von den großen Brechern fehlte einzig Live forever. Songs der „Be here now“ und „Standing on the shoulders…“ Alben wurden gänzlich unberücksichtigt gelassen (vom Fuckin’ in the Bushes Intro mal abgesehen).
Das Intro sowie Rock’n’Roll Star und Lyla gehen komplett an mir vorbei. Die Security hatte sich nämlich just mit Konzertbeginn dazu entschieden, noch einige Dutzend Leute mehr in den vorderen Bühnenbereich zu lassen. So war ich bemüht, dazuzugehören, und das Bühnengeschehen geriet kurzzeitig ins Abseits. Bei Shock of a lightning war ich drin, und voller Freude dem engen treiben an den Absperrgittern entkommen zu sein.
Das war auch mein eigentlicher Plan für diesen Abend, eines der begehrten Bändchen für den vordersten bereich zu erhaschen. Doch als ich um kurz nach sieben in die Philipshalle kam, war schon nichts mehr zu machen. Alle Kapazitäten erschöpft. Dabei war vor der Bühne augenscheinlich noch Platz für ca. 100 Leute, ohne das größere Verletzungsgefahren zu befürchten wären. Doch die Sicherheitsleute blieben hart. Nein, keiner kommt mehr rein, und nein, bitte nicht die Jacke über die Absperrgitter legen.
Um kurz nach 21 Uhr war dies alles Geschichte. Jetzt konnte der Abend so richtig beginnen.
Die Massen war bereits aus dem Häuschen. Kein Wunder, wer Rock’n’Roll Star als zweiten Song spielt, der kann nur gewinnen.
Nach dem ersten Noel Solopart mit Waiting for the rapture und The Masterplan kam Gallagher Zwo zu Songbird zurück auf die Bühne. Songbird, Slide away und Morning glory gehörtem dem Vorzeige- Lad. Cool Britannia! Liam ist einzigartig, wenn er in leicht gekrümmter Körperhaltung in sein Mikrofon grölt. Oder wenn er in längeren Gitarrenparts ein zwei Schritte an den Bühnenrand stolziert, die Hände in die Manteltaschen packt und seine Körpersprache vor Arroganz und Provokation nur so trieft. So steht er dann da, sekundenlang, ohne Bewegung. Ach ist das lustig!!!
Wonderwall, dass Liam so schnell singt, dass Noel kaum mit dem Gitarrenspiel hinterherkommt, und Supersonic bilden den Abschluss des Sets.
Der erste Zugabeteil gehört Noel. Das obligatorische Don’t look back in anger (den Song find‘ ich wunderbar, aber auch stark überbewertet) mit vollständigem Philipshallenchor, grandios. Falling down, nicht weniger schlecht.
Die Rückkehr des Liam dritter Teil zu Champagne Supernova und I am the Walrus bildet den Abschluss des Konzerts. Irgendwas von den Beatles muss sein. Und wenn live das John Lennon Sample schon nicht stattfindet, dann zumindest der Beatles- Song. Ich glaube, I am the Walrus gehörte schon immer zur Setlist.
Noch ein Wort zu Andy Bell. Jedes Mal, wenn ich ihn Bass spielen sehen muss ich mit einem großen Stück Wehmut an Ride denken. Was war das doch für eine großartige Band. Können die nicht mal wieder was zusammen machen? Aber das bleibt wohl ein Traum, denn zu groß scheinen die Spannungen zwischen Andy Bell und Mark Gardener zu sein. Und dann fallen mir die nicht minder schlechten Hurricane #1 ein. Was für ein Schreibertalent sich doch in der zweiten Oasis- Reihe rumtreibt.
So wurde es ein perfekter Abend mit dem besten Oasiskonzert, das ich gesehen habe. Und erlebt habe ich einige in den letzten 14 Jahren.
Ach ja, und wie waren Travis? Diese Frage stelle ich mir eher, als mich mit der Vorband zu beschäftigen. Everlaunch nennt sie sich. Wer sie engagiert hat, ich weiß es nicht. Wir sind uns aber darüber einig, dass sie vollkommen fehl am Platz waren. Die Philipshalle machte auch keinen Hehl daraus, und ließ sie gnadenlos auflaufen. Naja, nach knappen 35 Endlosminuten war der Everdingens-Drops auch gelutscht. Er schmeckte mir nicht besonders. Everdingens machen die Art von langweiliger Gitarrenmusik, die mich nicht interessiert. Ich suche nach Referenzen. Blackmail ohne Zähne, Pearl Jam ohne Attitüde. Placebo im WDR 2 Format. Irgendwo hier. „Wir sind keine Engländer,“ sagt der Everlaunch Sänger. Ich bin auch keiner, erzähl’ das aber nicht ungefragt, weil es erstens egal ist und zweitens keinen interessiert. Ihr kommt also aus Deutschland. Das hört man euch an. Ich glaube, ihr habt heute keinen neuen Fan hinzugewonnen.
Da freue ich mich schon auf Zürich. Dort bestreiten zwar auch keine Engländer das Oasis-Vorprogramm, aber auch keine Deutschen!
Setlist Oasis, Philipshalle, Düsseldorf:
01: Fuckin’ in the Bushes
02: Rock’n’Roll Star
03: Lyla
04: The shock of the lightning
05: Cigarettes and Alcohol
06: The meaning of soul
07: To be where there’s life
08: Waiting for the rapture
09: The Masterplan
10: Songbird
11: Slide away
12: Morning Glory
13: Ain’t got nothin’
14: The importance of being idle
15: Wonderwall
16: Supersonic
17: Don’t look back in anger (Z)
18: Falling down (Z)
19: Champagne Supernova (Z)
20: I am the Walrus (Z)
von Frank von Pretty Paracetamol
(Fotos folgen gleich!)
3 Kommentare :
da können die berichte noch so euphorisch und prima geschrieben sein, ich ignoriere die band, der zwei ... vorstehen, auch weiterhin. keine chance.
Ihr habt völlig recht, das war auch für mich das beste Oasis-Konzert, das ich je gesehen habe.
Die Band soll ihren eigenen Stil beibehalten, egal was manche dummen Kritiker schreiben.
Dieser Sound ist einfach Oasis, i love it!
...so unterschiedlich können eindrücke sein: ich finde das neue album ausgesprochen gut...aber irgendwie hatte das konzert etwas lustloses...liam gallagher stand im wahrsten sinne neben sich (vielleicht war er ja noch nicht wirklich fit). ich jedenfalls bin ein wenig enttäuscht nach hause gegangen...
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