Konzert: Soko, Kim Novak & Nelson
Ort: Paris, Maroquinerie
Datum: 02.05.2007
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft
Grosse Medienereignisse werfen ihre Schatten auch auf den Haushalt der Familie Peel, so dass es Cécile heute vorzog, das Fernsehduell der Finalisten der französichen Präsidentschaftswahlen zwischen Segolène Royal und Nicolas Sarkozy zu sehen, anstatt auf das Konzert von Nelson und Kim Novak zu gehen. Ich hingegen zog schöne Musik schönen (und meist leeren) Wahlversprechungen allemal vor. Die wohl derzeit besten (Neo)-New Wave Bands Frankreichs gaben sich schliesslich die Ehre.
Ort: Paris, Maroquinerie
Datum: 02.05.2007
Zuschauer: nicht ganz ausverkauft
Grosse Medienereignisse werfen ihre Schatten auch auf den Haushalt der Familie Peel, so dass es Cécile heute vorzog, das Fernsehduell der Finalisten der französichen Präsidentschaftswahlen zwischen Segolène Royal und Nicolas Sarkozy zu sehen, anstatt auf das Konzert von Nelson und Kim Novak zu gehen. Ich hingegen zog schöne Musik schönen (und meist leeren) Wahlversprechungen allemal vor. Die wohl derzeit besten (Neo)-New Wave Bands Frankreichs gaben sich schliesslich die Ehre.
Bevor Kim Novak und Nelson auftraten, musste ich allerdings zunächst noch das Problem klären, was ich denn mit der überschüssigen Karte anfinge. Auf mein via MySpace verschicktes Bulletin, indem ich nach einem Abnehmer suchte, meldete sich keine Menschenseele, obwohl ich das Ticket unter Wert anbot (!). Haben die Leute etwa immer noch nicht kapiert, dass in Frankreich gerade die spannendste Phase der französischen Rockgeschichte läuft? Selbst der englische NME schreibt schon über "Le rock français" in einer seiner letzten Ausgaben. Nelson wurden dort zwar nicht erwähnt, aber immerhin ihre Freundinnen von Plasticine und zwar mit Bild!
Nun gut, die Karte wurde ich letztendlich los, vor allem Dank der Hilfe der ungemein netten, jungen Dame an der Kasse der Maroquinerie. Sie vermittelte mir kurzerhand den nächsten Karteninteressenten, der aber gar nicht so schnell um die Ecke kam, da anscheinend 80 % der Gäste auf irgendwelchen Einladungslisten standen! Da frage ich mich, wie solche Bands an einem derartigen Konzert etwas verdienen können... Etwas verdient hatte sich heute aber die dritte Band des Abends , "Soko" mit Namen, nämlich meine Symphatien und 6 Euro für die EP "Not sokute", die ich ihnen spontan abgekauft habe.
Ja, die Veranstalter haben kurzfristig noch eine dritte Band mit aufgenommen, obwohl "Soko", bestehend aus der süssen Stéphanie Sokolinski und Toma Semence, musikalisch nicht recht ins Programm passten. Anstatt NEW-WAVE spielen sie lieber eine quirlige Mischung aus Country, Pop und Folk, die es mir auf Anhieb angetan hat. Ein Besuch ihrer MySpace-Seite ist deshalb dringend zu empfehlen. Meint auch unser kompetenter Blogger-Freund Eike, der auf seinem informativen Blog klienicum die Band in seiner Rubrik "neue Töne" sehr frühzeitig vorgestellt hat.
Stéphanie sagte mir, dass sie alle Titel der EP gespielt hättten, deshalb biete ich im Folgenden einen Auszug aus der Setlist Soko an:
- The Dandy Cowboys
- Shitty day
- I'll kill her
- Take my heart
- It's raining outside
Nach einem kurzen Umbau war dann die Zeit für meine Lieblingsband aus der Normandie gekommen: Kim Novak bin ich auf den Fersen, seitdem sie mich als Vorgruppe von iliketrains im glaz'art begeistert haben. Seitdem wartete ich sehnsüchtig auf das Erscheinen ihres ersten Albums, von dem damals noch gar nicht feststand, ob es jemals erscheinen würde. Die trotz des Namens rein maskuline Band, besteht aus Jéremie dem Sänger mit der unglaublichen Stimme und drei weiteren Burschen an Bass, Schlagzeug und Gitarre. Von Anfang an zog mich das Set der französischen Antwort auf Interpol in seinen Bann. Herzerweichend der gebrechlich-melancholische Gesang von Jéremie, hochmelodisch das wavige Gitarrenspiel von "Hairday", treibend der Bass von Ugo und unfassbar dynamisch die Drumms von Cyrill. Wow, wow, wow! Was für eine unglaubliche tolle Band. Keine Klone im übrigen von Interpol, sodern lediglich mit der gleichen Musik im Plattenschrank gross geworden, als da wären The Cure, Joy Division, The Smiths, um nur einige zu nennen. Trotzdem aber eigenständig und innovativ, so gab es zum Beispiel phasenweise lange instrumentelle Passagen, die aber immer packend dargeboten wurden. Der Gesang von Jéremie scheint mir ohnehin einzigartig. Eine Stimme, die man nicht so schnell vergisst, die einen trotz der schleichenden Melancholie in Höchststimmung versetzt! Seit Katie Sketch und The Organ und eben Interpol habe ich nicht mehr so "schön" gelitten.
Benommen vor Glück kaufte ich dann gleich fünf (!) Exemplare (für alle möglichen Freunde in Deutschland) ihres Albums "Luck & Accident" und besserte somit ihre Kasse erheblich auf. Sie haben es sich redlich verdient und bei 10 Euro pro Album (sie haben mir eine Ermässigung gegeben) kann man wohl nicht meckern, oder?
Setlist Kim Novak:
01: In the mirror
02: Better run
03: Deep show
04: Turn a rabbit
05: On my back
06: Some Photographs
07: White fever
08: Female Friends
09: If
10: Lost a play
11: Crash
12: Swallow
13: Reaction
14: Around your neck (Z)
Setlist Nelson:
01: People & Thieves
02: Silence
03: The (over) Song
04: Acrobatics
05: Inside
06: The darkest parts of your true confessions
07: Dämmerung
08: Freakshow
09: Slow falling
10: I (syc) stop
11: Rise & Fall
12: Paid it all
13: Seasons (Z)
von Oliver
Danach warteten Freunde, Freundinnen, Journalisten und ich gespannt auf den Auftritt von Nelson aus Paris. Nelson hatte ich ebenfalls-eine witzige Parallele zu Kim Novak- in dem "Partykeller" des glaz'art zum ersten Mal live erlebt. Seitdem hat das Quartett schon wieder zahlreiche Auftritte hingelegt, unter anderem auch auf dem renommierten Festival "Le printemps de Bourges", bei dem dieses Jahr Hochkaräter wie Bloc Party und Maximo Park spielten. Der Aufstieg der Dark-Rocker ist also unaufhaltsam und wer sie mal live erlebt hat, weiss auch warum.
Von Beginn an legen - und legten sich auch heute wieder - die stylishen Burschen voll ins Zeug und brachten die ohnehin schon heisse Maroqunierie noch weiter zum kochen. Ein trendiges Waver-Outfit ist Pflicht bei diesen "Beaux" aus der neuen Rock-Metropole Paris, sie wissen genau, dass auch die "Verpackung" zählt in dieser Branche und so sind sie zumindest optisch ihren Londoner Kollegen schon einmal weit überlegen. Dass aber auch der "Inhalt" stimmt und französische Rockmusik besser ist, als englischer Wein (Zitat John Lennon: "französische Rockmusik ist so gut wie englischer Wein"), bewiesen sie heute eindrucksvoll. Gleich mit " People & Thieves" von ihrem hochgelobten Debütalbum "Revolving Doors" gingen sie in die Vollen und sorgten für ein entspanntes Gesicht bei ihrem Labelchef Benjamin Diamond. Der Macher von Diamond Traxx kann sich glücklich schätzen, neben den Hushpuppies einen solch dicken Fisch an der Angel zu haben. Nelson rocken nämlich demnächst noch Spanien und England und mit ein bisschen Glück und einem guten Marketing wird das auch in Deutschland was.
Vor allem der (over) Song sollte sollte international gut ankommen. Dieser an dritter Stelle gebrachte Hit hat nämlich alles, was ein Indiechart-Breaker braucht: einen einprägsamen Refrain, fetzige und melodische Gitarren und ein explodierendes Schlagzeug. Toll!! Aber auch der Rest des Sets wusste zu gefallen, vor allem "The darkest part of your true confessions" und der Knüller "I (syc) stop". Der Unterschied zu Kim Novak liegt musikalisch vor allem darin, dass Nelson viele elektronische Elemente mit einbauen, so dass neben den Einflüssen Joy Division, PIL und My Bloody Valentine vor allem New Order herauszuhören ist. Da sie sich aber weiterentwickeln möchten, orientieren sie sich nun zunehmend auch an der spannenden New Yorker Szene (Liars, Animal Collective, TV on the Radio).
Mit ein Höhepunkt des Abends war der Einsatz einer zusätzlichen Streicherin bei einigen Lieder, was dem Konzert sehr gut tat, so dass die - gewollte - Kühle des Sounds aufgelockert wurde. Die zierliche Violinistin (ich glaube sie hiess Estelle), war dann auch noch bei der vielumjubelten Zugabe "Seasons" dabei, was sie sichtlich genoss.
Fazit: Nelson haben ordentlich gerockt und auch durch ihr spontanes Auftauchen zwischen den Zuschauern für Hochstimmung gesorgt. Durch die anschliessende politische Debatte im Restaurant der Maroquinerie wollte ich mir diese tolle Stimmung nicht mehr vermiesen lassen.
Setlist Nelson:
01: People & Thieves
02: Silence
03: The (over) Song
04: Acrobatics
05: Inside
06: The darkest parts of your true confessions
07: Dämmerung
08: Freakshow
09: Slow falling
10: I (syc) stop
11: Rise & Fall
12: Paid it all
13: Seasons (Z)
von Oliver
2 Kommentare :
schöner bericht!
und danke für die blumen!
Muss jetzt nur noch verlinkt werden, dann passt's, Eike!
Kommentar veröffentlichen