Dienstag, 11. Juli 2017

The Courtneys, Offenbach, 14.06.17


Konzert: The Courtneys
Ort: Hafen 2, Offenbach
Datum: 14.06.2017
Dauer: 45 min
Zuschauer: ca. 40



Am Abend vor Fronleichnam war der Offenbacher Hafen der Ort, an dem man sein musste. Der westliche Teil des Nordrings war abgesperrt von Wachleuten, die Parkplätze rund um Hafen 2 und Ruderclub Hellas vollgestopft. Überall Menschenmassen. "Oh, die Courtneys sind riesig in Offenbach! Gut, daß wir Tickets gekauft haben!" Nicht nur die Menge, auch die Art des Publikums überraschte mich. Hätte ich es nicht besser gewußt, hätte ich die kanadische Indieband im Rap angesiedelt, sie lockte definitiv hessisches Hiphop-Volk an. Ich stellte mir vor, wir würden die einzigen ohne schwere Goldketten beim Konzert sein.


Yo, yo, yo! Es kam natürlich anders, die Leute waren wegen Haftbefehl da. Der Offenbacher Rapper hatte ein paar Wochen vorher in einem Video (mit Huhn) angekündigt, er eröffne die erste deutsche Los Pollos Hermanos-Filiale. Zur Eröffnung am 14.06. gebe es Chicken Wings für alle. Natürlich war das Quatsch, es ging um Promotion der neuen Better Call Saul Staffel, die bei Netflix aber schon ein paar Wochen lief. Jedenfalls schien ganz Offenbach auf den Beinen zu sein - und der Großteil der örtlichen Security-Branche. 

Im Konzertsaal des Hafen 2 war dagegen genau die Menge Menschen, die man erwarten konnte: rund 40. Auch wenn die Band aus Vancouver ihr zweites Album bei Flying Nun Records veröffentlicht hat und bei ihrer Europa-Tour auch in der Brixton Academy gespielt hat, ist 40 leider das Zuschauerpotential. Ob in Schorndorf beim anderen deutschen Clubkonzert mehr Leute waren, weiß ich nicht (ein dritter Deutschland-Termin war das Torstraßen Festival in Berlin).

Die Coutneys sind zu dritt: Sängerin und Schlagzeugerin Jen Twynn Payne (laut Facebook Classic Courtney), Bassistin Sydney Koke (Crazy Courtney) und Gitarristin Courtney Loove (Cute Courtney). Hmmm, die echteren Namen klingen auch ausgedacht.


Jens Schlagzeug stand in der Mitte der Bühne, allerdings vorne am Rand. Jen-Classic ist die Hauptsängerin, alle drei Frauen teilen sich aber den Gesang.

Musikalisch liegen die Courtneys irgendwo zwischen Best Coast, Pavement, den Pastels, Teenage Fanclub, Veronica Falls und irgendwas, auf das ich nicht komme. Die Teenage Fanclub-Assoziation wurde mir vom TFC-Shirt von Gitarristin Courtney eingeredet, sie ist aber gar nicht so abwegig. 



Das Konzert war im Prinzip toll. Die Lieder fast ausnahmslos (der Country song fiel etwas ab) hervorragend. Allerdings störte mich, daß bei einigen der Stücken hintendran noch lange Instrumentalparts kamen, die ganz offensichtlich dafür da waren, Zeit zu gewinnen. Also Zeit von der Uhr zu nehmen. Das wirkte ein wenig absurd. Die Songs waren wirklich toll, endeten aber in draufmontierten monotonen Instrumentals. Mit einem weiteren Album und mehr Auswahl an Stücken wird das sicher wegfallen. 


Bestes Lied des Abends war Lost boys - nicht nur wegen des popkulturellen Werts. Das Lied ist herrlich bestcoastish und es handelt von Vampiren! Überhaupt die Songthemen... Tour handelt davon, auf Tour zu sein, Mars attacks davon, von Aliens mißbraucht zu werden. Oh, mich haben die Courtneys spätestens damit bekommen! Andere tolle Stücke waren Minnesota und Frankie.

In der Zwischenzeit ist mir auch eingefallen, an wen mich die Band noch erinnert. Mein Hirn hat dabei einen kleinen Umweg genommen. Ich war auch vor ein paar Monaten in der Situation, von einer Band erklärt zu bekommen, daß sie eigentlich nur 25 Minuten spielen könne. Glücklicherweise hatten sie das schon beim ersten Deutschland-Auftritt am Abend vorher erklärt, der Promoter hatte entgegnet, hier spiele eine Band aber 40 bis 45 Minuten. Also streckten sie ihr Programm, spielten ein Cover, ein Lied zweimal, wie man das eben macht. Bei meinem Konzert probten sie am Nachmittag noch ein Stück, das sie nie spielen. Der Gig war dann super - die Band die Witching Waves aus England. Und genau an die erinnern mich die Courtneys musikalisch auch. 


Wären die monotonen Enden vieler Lieder nicht gewesen, hätte mich das Konzert viel mehr begeistert. Etwas schade war aber auch, daß - obwohl die Band immer wieder ansetzte - kein Dialog mit dem Publikum entstand (ja, habe auch nicht reagiert...). Die Courtneys fragten nach Fronleichnam, nach dem Popcorn, das es im Hafen 2 gibt, danach, wo man nachts noch schwimmen könne. Wir reagierten eher nicht. "You're so polite!" war die höfliche Interpretation der Sängerin.

Auch wenn ich etwas nörgele, für mich war Offenbach an dem Abend auch genau der richtige Ort. Ich bin heilfroh, die Courtneys nicht verpasst zu haben.


Setlist The Courtneys, Hafen 2, Offenbach:

01: Silver velvet
02: Country song
03: Minnesota
04: Lost boys
05: Virgo
06: Nu sundae
07: Mars attacks
08: Manion
09: Tour
10: Frankie

11: 25 (Z)


 

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