Konzert: Open Source Festival
Ort: Düsseldorf, Galopprennbahn Grafenberg
Datum: 08.07.2017
Dauer: 1 Tag
Zuschauer: 7.000 ausverkauft
Einmal im Jahr pilgern auch die nicht am Pferdesport interessierten, zur ehrwürdigen Galopprennbahn im feinen Düsseldorfer Stadtteil Grafenberg.
Wer die Vision hatte, hier ein Festival, ohne stilistische Grenzen stattfinden zu lassen, musste sich zumindest um die fehlende Wirkung eines Sonnenuntergangs keine Sorgen machen.
Wer zu später Stunde den Blick von der Tribüne über die unverbauten, bewaldeten Hügel neben und hinter der Hauptbühne schweifen lässt, vergisst für Minuten den Trubel und die laute Musik, für die er eigentlich angereist ist.
Bei gutem Wetter, und am Samstag war das Wetter perfekt, gibt es also eigentlich gar keine Ausreden, den Tag nicht mit netten Menschen in Grafenberg zu verbringen. Das Line-Up ist wie immer buntgemischt.
Entscheiden kann man sich zwischen Newcomern auf der kleinsten Bühne, aufstrebenden (meist elektronischen Künstlern) auf der "Carhartt-Stage" oder den bekannteren Acts auf der Hauptbühne, während man lässig auf der Wiese oder Tribüne Platz nimmt.
Obwohl der "richtig große" Name dieses Jahr fehlte, ist das Festival mit fast 7.000 Besuchern ausverkauft. Geboten wird für ein Tagesfestival viel, Kunststudenten präsentieren ihre Arbeiten in kleinen Zelten, diverse Foodtrucks bereichern das normale Festivalessen. Selten auch sieht man so viele Familien im Verbund anreisen.
"Die Sterne" beginnen zu früher Stunde, leider mit mäßigem Sound, auf der Hauptbühne. Sänger "Frank Spilker" schwitzt in der gleißenden Sonne und versucht alles, die Zuschauer schon zu etwas Bewegung zu animieren.
Das gelingt naturgemäß eher bei den älteren Mitsingklassikern wie "Universal Tellerwäscher" und "Was hat die bloß so ruiniert". Viele fragten, ob das eine Comeback-Tour sei, aber die Sterne waren nie ganz weg in den letzten 25 Jahren.
Auch das neue Material ist gewohnt anspruchsvoll und voller guter Lyrik und tanzbaren Elementen.
Danach hatten es "Austra" aus Kanada ebenfalls nicht leicht. Auch ihr, eigentlich sehr tanzbarer Elektropop, fiel der chilligen Atmosphäre des Nachmittags zum Opfer.
Beim Heimspiel der "Antilopen Gang" hatte ich eigentlich fest mit einem späteren Slot im Ablauf gerechnet, so mussten auch die sprachbegabtesten Düsseldorfer noch im Sonnenschein antreten.
Zunächst klassisch mit drei Mann am Mikro und einem DJ, im zweiten Teil dann mit heruntergerissenem Vorhang, hinter dem sich eine "Punkband" verbarg.
So wurden alle Fixpunkte des Antilopen-Kosmos abgedeckt. Schon immer stand hinter dem festen HipHop-Konzept ein Spiel mit Gitarren und Schlagzeug, dass die Wurzeln des Düsseldorfer Punk nicht verbergen konnte und wollte.
Der Legende nach (davon gibt es allerdings viele), stammt ja der Name aus einer negativen Abwandlung des ersten Hosen-Albums "Opel Gang" als "Anti-(l)open Gang".
Eigentlich zu logisch, um nicht wahr zu sein. 2011 hatten die Antilopen bereits einen besonderen Auftritt beim "Open-Source". Damals mieteten Sie auf eigene Faust, einen der beschriebenen Pavillions und rappten von früh bis spät für kleines Geld auf Zuruf.
Schon damals war der erfrischende Humor der Truppe einzigartig. Mein unscharfes Handy-Video von damals zeigt eine frühe Version von "F... die Uni". Leider ist die ebenfalls erworbene Live-Beschimpfung ("Dissen für Kleingeld nach Vornamen") nicht mehr auffindbar.
Zum Glück ist nichts von dem kindlichen, aber perfekten Witz verloren gegangen. Völlig zurecht ist die "Gang" in den letzten Jahren einen riesigen Schritt nach vorne gestürmt.
Unpeinlicher HipHop, der stilistisch aber immer das Genre ernstnimmt, ist leider selten anzutreffen.
Zeilen wie "Ich bin perfekt, guck mich an, ich trink Sekt, der nach Himbeer schmeckt", gepaart mit offenen, politischen Aussagen machen das Konzert zu einem Genuss, den man auch verstehen kann, wenn einem ansonsten Sprechgesang wenig bedeutet.
Am 23.12.2017 geben die "Antilopen" ein Klubkonzert im Düsseldorfer "Stahlwerk", ein "Fest der Liebe".
Passend zur Musik von "The Temper Trap" ging dann die Sonne langsam unter. Leider hat es die Band nicht leicht. Zu gut war ihr erstes Album "Conditions", das zweite viel zu perfekt produzierter Pop und beim dritten wollte dann keiner mehr so richtig hinhören. So ist das im schnelllebigen Popgeschäft.
Der charismatische, indonesische Sänger "Dougy Mandagi" bietet immer noch alles, was man von einer tollen Indierockband erwartet, nur leider erwarten die Zuschauer nur die alten Hits.
So bleibt der Zuspruch vor der Hauptbühne geringer als zuvor und erst am Ende mit den Klassikern "Drum Song" und "Sweet Desposition" lebt das Publikum wieder auf.
"Trentemoller" aus Dänemark machen danach dann noch den Deckel drauf. Eine perfekt inszenierte Live-Show beendet das Festival gegen Mitternacht.
Alles in allem wieder einmal ein gelungener Tag in Düsseldorf. Das Konzept ,viel Musik zu einem wirklich überschaubaren Eintrittspreis (36,00 EUR) auf einem tollen Gelände zu präsentieren, ging wieder einmal perfekt auf.
Kleinere Kritikpunkte, wie die langen Wartezeiten am Ausschank (gefühlte drei Zapfhähne reichen einfach nicht) und den Toiletten, sollten im nächsten Jahr schon der Vergangenheit angehören. Auf ein neues, beim "Ascot" der Festivals, in Düsseldorf.
Fotos: Michael Graef
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