Konzert: [Down the Rabbit Hole Festival]
Ort: [Nijmwegen]
Datum: [23.06.-25.06.2017]
Dauer: [3 Tage]
Zuschauer: [ca. 20.000]
Trotz des nervigen Nieselregens und teilweise kühler Temperaturen zeigte sich das Konzept und die Umsetzung des "Down the Rabbit Hole Festivals" auch dieses Jahr wieder von seiner besten Seite. Unterschiede zum ansonsten sehr ähnlichen Konzept des "BKS "sind aber immer mehr auszumachen.
Das "Rabbit Hole" hatte, zumindest in diesem Jahr, das wesentlich jüngere Publikum. Das liegt sicherlich am Line-Up, denn im letzten Jahr mit den Headlinern "PJ Harvey" und "The National" war dies nicht so auffällig.
Das Rahmenprogramm (für ein "kleines" Festival riesig) wendet sich daher auch eher an die jüngeren 18-25jährigen. Dieses Jahr konnte man Mottopartys planen, von denen die besten dann direkt auf dem Hauptgelände, in eigens errichteten Discoräumen stattfanden.
So ergaben sich im Stundentakt witzige Veranstaltungen wie die "Glow in the Darkroom"-Party. Immer wieder sah ich Leute in bester Laune aus diesen Bauten taumeln,...sofort wurde ein neues Banner aufgehangen und weiter ging es mit der nächsten Party.
Dazu gab es wie immer ein Kino (Open-Air im Wald auf tollen Holzbauten), eine schwimmende Discothek der "wilden Haren" mit viel Rap und Gast-MC`s und ein kleines Spiegelzelt mit diversen Standard-Tanzkursen über den Tag verteilt.
Das Wochenende dort ließ sich also wieder gut auch ohne Konzerte aushalten, aber uns zog es natürlich sofort wieder vor die Zeltbühnen. Der Freitag begann "Moderat" im doppelten Sinne...Anfahrt und Aufbau wollten erledigt werden und der gleichnamige Headliner war aus Deutschland bekannt genug, um dort nochmal vorbei zu schauen.
Am Nachmittag zuvor, die dieses Jahr mit dem Grammy als bestes Independent-Album ausgezeichneten "Cage the Elephant", die ich seit ihrer ersten Tour und dem Megahit "Aberdeen" überhaupt nicht mehr auf dem Radar hatte.
Die Show der Truppe könnte man netterweise mit mindestens geistig verwirrt bezeichnen, vieles davon wird aber einstudierte Show gewesen sein. Unterhaltsam war es allemal, wenn der Gitarrist sofort von der Bühne springt und den kompletten ersten Song im Publikum spielt, oder wenn Sänger "Matthew Shultz" wie ein Flummi, einen halben Meter in der Luft, quer über die Bühne springt.
Allzu viele gute Songs konnte ich nicht erahnen, die gebotenen Versionen hatten wohl mit den CD`s der Band auch nicht viel gemeinsam.
Danach boten "Bear`s Den" eine konstant tolle Form, die aber auf der großen Hauptbühne nicht so recht zünden konnte. Im kleinen Zelt dann die steile Newcomerin "Tash Sultana" als Ein-Frauband.
Sich selbst ständig loopend und zwischen Trompete und Gitarre wechselnd, erinnerte sie stark an Ed Sheeran, so einsam, wie sie dort auf der Bühne stand. Ein starker Auftritt.
Vor Moderat traten dann noch "Bonobo" mit voller Band auf. Ein guter (weil ähnlicher) Ersatz für Massive Attack, die das Festival leider absagen mussten. Im Vergleich zu der CD von Bonobo ist das Ganze live viel zugänglicher und sehr poppig. Fehlen nur noch ein paar besondere Songs, dachte ich mir während "Nathan Fake" beim Verlassen des Geländes meine Ohren noch mit etwas Minimal-Techno verwöhnte.
Über den Samstag habe ich ja schon in den ausführlichen Einträgen zu "Benjamin Clementine" und den "Fleet Foxes" berichtet. Der Rest des Tages bot viel Standardware wie "Sohn" oder "Izzy Bizu" die ja auf vielen Festivals anzutreffen sind und einen großen und starken Benelux-Block mit "Warhaus", "Spinvis", "Bazart", "Typhoon", den tollen "Moss" und den Klassikern von "Soulwax", sowie einem DJ-Set der ergrauten "2ManyDJs".
Höhepunkt im kleinsten Zelt dann noch "Sinkane" mit seinem wirklich wahnsinnig guten Album "Life and livin`it" im Gepäck, schafft er es auch hier wieder spielend, das Zelt in eine tanzende Masse zu verwandeln.
Am Sonntag dann noch eine kleine Sensation. Die "Avalanches" stehen tatsächlich auf der Bühne. Ihre Geschichte ist lang und beschwerlich, aber schön war es trotzdem diese verrückte Truppe einmal live erleben zu dürfen.
Mit zwei Gastsängern ausgestattet, wurde eine Art "Gorillaz"-Kindergeburtstag veranstaltet, inclusive "The Clash"-Coverversion und einem überaus gelungenen Bühnenbild aus diversen Filmausschnitten als Mash-UP.
Direkt danach "Spoon", die sich ja ebenfalls zur Zeit in Topform befinden. Das neue Album fügt sich nathlos in die alten Hits, ein reines Best-Of bleibt aber aus, dafür ist die Spielfreude der Band deutlich höher.
Oft hat man den Eindruck, wäre Sänger "Britt Daniel" ein wenig verrückter, oder würde einfach unfassbar viel Wein auf der Bühne trinken, wäre die Band viel erfolgreicher. So bleiben sie weiterhin die Kritikerlieblinge und bewahren sich ihren Spaß auf der Bühne, auch nicht das Schlechteste.
"Roosevelt" beweisen dann am Abend noch, dass sie sich so langsam als eine der ganz wenigen deutschen Bands im Ausland festspielen können. Mitsingen konnten schon alle, aber das alles klingt ja auch sehr international und nicht typisch deutsch.
Als Fazit bleibt wieder einmal ein perfekt organisiertes Festival mit ausgewogenem Programm, bei dem die Terrorgefahr völlig gelassen ignoriert wurde. Einzig sinnvolles und sichtbares Zeichen, war die konsequente Durchleuchtung der Rucksäcke mit Flughafenscannern. Der Ruf nach mehr Polizei statt eigener, logischer Sicherheitsmaßnahmen war hier an keiner Stelle zu vernehmen. Top.
Fotos: Michael Graef/Dirk Langen
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