Konzert: Brenda Xu
Ort: Karlsruhe Kirchfeld
Datum: 28. April 2017
Dauer: 80 min
Zuschauer: etwa 25
Nach manchen Wohnzimmerkonzerten bin ich ganz besonders froh, dass mich die Launen des Schicksals auf diesen Weg geschubst haben. Als die in Seattle beheimatete (*) Brenda Xu mit ihrem Kollegen Kacy Sommers in Kirchfeld zwei Gitarren auspackten, deutete für mich nichts darauf hin, dass sich kurz darauf eine so ergriffene Stille über das Publikum senken würde, das wir hinterher von einem fast religiösen Erlebnis sprachen.
Schwerpunkt der ersten Hälfte des Abends waren die Lieder des Albums For the Winter (2014). Ich war ihnen schon in der veröffentlichten Albumversion begegnet, aber die sehr, sehr zurückgenommende Live-Umsetzung war ganz anders und wirkte unfassbar kostbar. Die Stimme von Brenda mit ihrem ganz eigenen tiefen und modulierbaren Timbre stand ganz im Mittelpunkt und Kacy beherrschte die Kunst, mit seiner Stimme und der zweiten Gitarre so mitzumusizieren, dass man nie einen Einsatz hörte, sondern sich nur über wechselnde Farben und Nuancen der Musik freute.
Was nicht heißt, dass hier nur die leisen Töne dominierten, denn z.B. Light Of The Moon war zwischendurch ordentlich laut und nachdrücklich rufend. Im Trumpet Song sollte man ja befürchten, dass ohne Trompete das wichtigste verloren geht, aber mit den typischen rhythmischen Akkorden und dem fast gesprochenem Text darüber ist das Lied einfach ein Instant-Aufhorcher. Mit dem lockenden und tänzelnden Gesangsteil wird die Spannung schließlich so aufgelöst, dass man wohl von einem potentiellen Radiohit sprechen muss, der sofort im Ohr hängen bleibt. Dagegen hatte Cold In Virginia ein sich einschmeichelndes Gitarren-Intro bevor es tänzelnd Fahrt aufnahm.
Ganz besonders im Gedächtnis geblieben ist mir auch das Lied We Die From It, das auch schon als Filmmusik in einem Coming-of-age-drama gedient hat. Sehr gute Wahl! In der besonders intimen Zweistimmigkeit hatte ich das Gefühl, dass sich die Stimmen punktuell regelrecht umschmiegten. Das ging allen ans Herz und unter die Haut. Außerdem kam es auch noch nie vor, dass in einem Konzert ein The National-cover geboten wurde - hier mit Start a war. Brenda konnte ja nicht wissen, dass wir im Konzerttagebuch 25 Konzertberichte aus 10 verschiedenen Ländern haben...
In der zweiten Hälfte des Konzertes standen die Lieder des gerade Ende März erschienenen Albums Overflow im Zentrum. Der Track Overflow ist rein a capella und wurde im Konzert wie auf der Platte gleich übergeleitet zu Officer mit einem ganz feinen Gitarren-Picking. Auch auf dieser Platte gibt es mit Real Sick Man einen sehr treibenden Song, aber die ruhigen und innigen Töne wie in I Can Visit You oder Flying und Just For Us überwogen.
Nach dem wunderbaren Erlebnis klatschten wir natürlich um eine Zugabe. Brenda und Kacy lächelten sich und uns an und kommentierten: Die Deutschen würden am Schluß immer so lang klatschen! Niemand vorher hatte ihnen also verraten, dass wir damit den Wunsch nach einer Zugabe ausdrücken - erst auf der letzten Deutschlandstation wurde das Rätsel des deutschen Dauerklatschens für sie aufgelöst...
Im von Brenda schließlich spontan als Zugabe gewählten Solostück von einem der älteren Alben klang dann erstmals an dem Abend tatsächlich auch für mich die in den Besprechungen oft erwähnte Ähnlichkeit zu Aimee Manns Stimme an.
Inzwischen entfliehen Brenda und Kacy dem Winter in Italien, um in Moncalieri, Turin, Mailand, Bologna, Lester, Rom und Neapel ihre musikalische Version von Überfluß zu teilen.
(*) geboren in China und in den USA aufgewachsen.
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