Montag, 15. August 2016

Glen Hansard + Damien Rice, Haldern Pop Festival, 11.-12.08.2016, Rees-Haldern


Konzert: Glen Hansard + Damien Rice
Ort: Haldern Pop Festival
Datum: 11.+ 12.08.2016
Dauer: je 90min
Zuschauer: ca. 5.000

Stefan Reichmann, der künstleriche Leiter des Festivals, betonte in der improvisierten Pressekonferenz (in einem romantischen Tipi-Zelt am späten Samstagabend), "die Iren hätten das Festival in diesem Jahr besonders geprägt". 

Zunächst erscheint diese Aussage logisch, waren doch beide vermeintlichen Headliner (bzw. die bekanntesten Namen) am Donnerstag und Freitag Iren. Beim Blick in die überbordende Vielfalt des sonstigen Programms mag diese Meinung allerdings erst einmal verwundern.

Damien Rice hatte auf jeden Fall den problematischeren Teil zu erledigen. Der Donnerstag war nicht nur durch Dauerregen, sondern auch von einer Art arktischen Kälte geprägt, beides im August so nicht unbedingt erwartbar. 

Der Platz war am Abend bereits fast unbespielbar, es regnete weiter und Damien Rice trat gegen Mitternacht vor ein müdes, nasses und fast trauriges Publikum. 

Rice tourt derzeit alleine, was in diesem Fall leider auch deshalb nicht recht funktionieren wollte, da vor ihm mit Jack Garratt ebenfalls, ein sich loopender Solist die Hauptbühne bespielt hatte. Und schon bei den ersten Songs spürt man das Manko, oder auch den Grund, warum Glen Hansard am nächsten Tag alles richtig machen sollte. 

Bei Rice wirken die Live-Versionen fast allesamt schwächer als auf seinen Platten. Trotz der Reduktion steht zwar ein ganz großer Künstler auf der riesigen Bühne, aber die Magie fehlt. 

Hansard erzeugt das genaue Gegenteil. Seine Solo-Alben klingen eher überproduziert und für sein Künsterleben zu glatt, live aber  holt er  aus jedem Song das Maximum mit seiner bestechenden, vielköpfigen Band heraus.

So steigert sich bereits der eigentlich unscheinbare Opener "Birds of sorrow" zu einem Finale, mit dem andere Künstler ihre Zugabe beenden würden. 

Das Konzept von Rice, loopende Spuren verschiedener Instrumente übereinander zu schichten um damit einen voluminöseren Sound erzeugen zu wollen, ist eben nur die Illusion einer Band. 

Hansard dirigiert sie wie ein echter Bandleader mit dem Heben und Senken der Gitarre so leicht, wie man es sonst nur bei den ganz Großen erlebt. Das Kumpehafte von Glen, das etwas Distanzierte von Rice, der mit Sicherheit über noch mehr Talent verfügt, hier spielt es keine Rolle mehr. 

Die reine musikalische Kraft, das Zusammenspiel der Musiker, die Blicke und schnellen Entscheidungen bei Änderungen in den Versionen oder Songs machen Hansard zum klaren Sieger. 

Das Publikum spürt den Atem und die Magie der tausenden Straßenkonzerte, die Hansard alljährlich wieder beschwört, wenn er am Heiligabend zusammen mit Freunden wie Rice, Bono und anderen Geld für einen guten Zweck sammelt. 



Beide vertrauen auf ein eigenes Lichtdesign: Rice setzt auf ein indirektes, bedrohliches von hinten eingesetztes Szenario, Hansard nutzt fast normale Stehlampen und einen schönen Hintergrund um Clubatmosphäre aufkommen zu lassen. 

Glen verzichtet hier leider auf die sonst gebotenen Bowie-Cover, dafür spielt er eine irrwitzige, akustische "Astral Weeks" Version von Van Morisson und am Ende ein Duett mit dem Sänger der Hothouse Flowers (Liam o Maonlai), Bob Dylans "Forever Young". 


Und natürlich erinnert sich Glen auch an die tolle Stimme aus dem Publikum vor drei Jahren (der Rockpalast hatte die beiden hier vorab im Interview wieder zusammengeführt) und trotzdem schien der erneute Auftritt bei "Falling Slowly" nicht geplant zu sein, so viele Tränen flossen vor und auf der Bühne. 

Und das schien auch das Fazit der beiden Abende zu sein: Bei Damien Rice weint man auf der Couch, bei Hansard vor der Bühne. 

Hansard sagte vor dem Konzert zu Stefan Reichman "Auf der Bühne musst du aussehen wie ein Sieger, die Leute mögen Sieger". An einem solchen Abend ist Hansard immer der Sieger, weil er mit dem Publikum spielt, und seine Energie und sein Wille alles überstrahlt.

Nach ihm auftreten, ein Albtraum für jeden anderen Musiker. 

Somit bleibt Rice das Wunderkind mit den besten Songs. Der beste Festivalact aber ist er nicht.

Hansard spricht am Ende von einem besonders tollen Abend. In dieser Form und mit dieser Band wird er damit auf seiner Tour bis zum Ende des Jahres noch viele erleben.

Fotos Glen Hansard: Michael Graef

 

Konzerttagebuch © 2010

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