Sonntag, 22. September 2013

Misteur Valaire, Karlsruhe, 21.09.13


Konzert: Misteur Valaire
Ort: Tollhaus in Karlsruhe
Datum: 21. September 2013
Dauer: 95 min
Zuschauer: 150-200



(English version below)


Manchmal bin ich mir selbst ein Rätsel. Die Konservenmusik von Misteur Valaire ist komplett nicht mein Ding. Ist sogar kurz davor mich hysterisch ausreißen zu lassen, wenn sie z.B. in einem Laden als Hintergrundberieselung liefe oder im Radio. Trotzdem habe ich mich total auf den Auftritt im Tollhaus gefreut und den Abend mit den verrückten fünf Jungs aus Sherbrooke (in Québec) in vollen Zügen genossen. Schon vor Beginn des Konzertes war klar, dass hier ein paar ziemliche Hardcore-Fans dabei sind und wer es zu Beginn nicht war, hat sich während des Konzertes in den Bann ziehen lassen. Es wurde getanzt, geklatscht und gejohlt ohne Ende.


Es ist unmöglich, eine passende Schublade zu finden, aber in den Mix gehen sehr dominante Beats ein mit wechselnden Referenzen zu Funk, Disco, Big Band, Rock und Hip Hop. Stets mit großer Geste und ein bisschen über die Stränge schlagend und ohne Respekt vor Konventionen. Man sieht dies schon ein Stück weit an der musikalischen Formation: 

François-Simon Déziel am Bass und Synthie,
Jonathan Drouin mit Saxophon und Synthie,
Julien Harbec an Schlagzeug und Turntables,
Thomas Hébert Klavier, Trompete und Synthies,
Louis-Pierre B. Phaneuf  mit Schlagwerk und Gesang,

die von drei Personen hinten am Sound und den Visuals unterstützt wurden.


Dann passierte es öfter am Abend, dass der coolste Basser der Welt wie der Leader in der Mitte der Band stand und ihn die anderen von hinten im Halbrund mit Rhythmus und Tasten anfeuerten. Oder bis zu drei Sänger rappten vorn - oder aber die Bläser kriegten die Rolle der Hingucker. Ans herkömmliche Schlagzeug gingen an dem Abend auch drei der fünf Musiker einmal. Wobei ja sowieso noch jeder etwas Beat an seiner Station machen kann. Was live klar wird: diese Jungs haben die Musik einfach im Blut und so ist das, was sie auf der Bühne abliefern, lebendig ohnegleichen. Was mir eigentlich eine unerträgliche Pose wäre, ist hier halbernst, halbironisch gebrochen und dient dazu, Lebensfreude zu teilen und alle zum Tanzen zu bringen.



Im letzten Jahr fand ich ihre krass durchchoreographierten Tanzeinlagen besonders unterhaltsam, bei denen sie sich sehr intelligent zum Obst gemacht haben. Die fielen diesmal komplett aus, aber es gab einen Moment, wo sich alle mit ihren gleichen schwarzen Lederjacken mit dem Rücken zum Publikum aufstellten und ein Lichtermuster auf dem Rücken leuchtete.

Und wenn alle I will always love you mitgrölen müssen, oder JUST LIKE THAT! an den richtigen Stellen füllen, ist dies einfach nur ein tolles Party-Gefühl. Das grandiose Set ging zu Ende mit einem sich immer weiter steigernden und am Ende fast explodierenden Space food von der aktuellen  und gerade erschienenen CD Bellevue. Anschließend gab es jedoch noch zwei Zugabenblocks und ich glaube, die Musiker haben sich vom Karlsruher Publikum ganz schön gebauchpinselt gefühlt.

Franz Ferdinand sagen ja über sich, sie hätten nur deshalb angefangen, Musik zu machen, weil sie die Mädchen zum tanzen bringen wollten. Die Kanadier von Misteur Valaire schaffen diese Aufgabe lässig, wobei die Mädchen auch schon mal in den sechzigern sein können. Was ich selbst am bemerkenswertesten fand, war eine Gruppe vorpubertärer Jungs ganz hinten. Das Alter, wo man eigentlich nur alles peinlich finden kann - besonders wenn Erwachsenen dabei sind. Die haben sich eine ganze Zeit lang nur ab und zu verstohlen lächelnd angesehen, aber tanzen war einfach mal zu uncool. Doch irgendwann haben sie es einfach nicht mehr ausgehalten und hatten einen mordsmäßigen Spaß beim ganz selbstvergessenen tanzen und toben.

Setlist:
1: Bellevue
2:Don't Get Là
3: Life Gets Brutal
4: Preacher and the Bear
5: Mountains of Illusion
6: Brandon Marlow
7: Dan Dan
8: Know by Sight
9: Mama Donte

10: Just Get Down
11: Casshole

12: La Nature à son Meilleur
13: Just Like That
14: Shaving

15: El Kid
16: Space Food
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17: Interlude (Z)
18: Ave Mucho (Z)

19: Sweet Charlemagne (Z)
20: Monster Donte (Z)



Weitere Tourdaten:
23.09. Studio 672, Köln
24.09. MarX, Hamburg
25.09. White Trash Fast Food, Berlin
26.09. Glashaus, Bayreuth
27.09. Schon Schön, Mainz
01.10. PAN PIPER, Paris
02.10. L'AmpéRage, Grenoble
04.10. Bunker Ulmenwall, Bielefeld
05.10. Sudhaus, Tübingen
07.10. Hafenkneipe, Zürich
08.10. Faust - Mephisto, Hannover
09.10. Gleis 22, Münster
10.10. Ampere / Muffatwerk, München
11.10. LE NOUMATROUFF, Mulhouse


Aus unserem Archiv:
Misteur Valaire in Karlsruhe am 6. August 2012

Sometimes I do not understand myself very well. The recorded music of Misteur Valaire is completely not to my taste. Indeed I would try to run away if confronted by it as background music in a store or coming from a radio station. Nevertheless, I was absolutely looking forward to their show at Tollhaus in Karlsruhe and, indeed, enjoyed the  five crazy boys from Sherbrooke (in Québec)  to the fullest. Already before the show had started it was obvious, that  in the audience there were some hardcore-fans. And even the ones which weren't at that moment became highly involved during the show. We danced, and clapped and hooted without end.

It is impossible to find a box fitting to that music, but the mix includes very dominant beats which refer to funk, disco, big band sound, rock and even hip hop. Always with grandeur and a bit over the top and without any respect for conventional restrictions. This is already a bit clear through the musical formation, namely:

François-Simon Déziel  (bass and synthie),
Jonathan Drouin  (sax and synthie),
Julien Harbec (drums and turntables,
Thomas Hébert (piano, trumpet and synthies),
Louis-Pierre B. Phaneuf  (percussion and voice),

which are supported by three engineers for sound and visuals.

Very often it happened, that the coolest bass player of the world would be the leader in the middle of the band and was cheered from the circle of co-musicians with the help of keys and rhythm. Or, up to three rappers or the brass section were the eye-catcher for the moment. Several musicians used the drum kit - whereas all of them could produce beats at their "station". What becomes obvious in that live performance is: they have music in their blood and so their performance is uniquely sanguine. What I would usually consider a maddening pose - here it is partly serious partly ironic and just there to share the joie de vivre and turn on the dancing mode in everybody.

In 2012 I was in love with the choreographed performances, which were highly entertaining and intelligent and funny at the same moment. They were missing but there was a moment were all of them turned their back to us and showed a lighted figure on the backs of their black jackets.

And having to shout "I will always love you" on the top of our voices or JUST LIKE THAT! at the right moments - that was a party in full swing. The wonderful set ended with an ever escalating and almost exploding "Space food" from the just released album Bellevue. After that we got two encores and I guess the musicians were kind of pleased with that reaction of the Karlsruhe audience.

Franz Ferdinand tell about themselves that they only started to make music to make the girls dance. The canadian Misteur Valaire do that with ease, and some of the girls are in their sixties. Nevertheless, I was deeply impressed by a bunch of pre-teen-boys in the back. In that age were everything is awkward especially if adults are having a look. At the beginning they were just exchanging guarded looks and smiles because dancing is just soo not cool. But finally, even they had to surrender and were dancing oblivious of notions like cool and uncool - just having the night of their live.
 





1 Kommentare :

Wieland hat gesagt…

Hej Gudrun,
Ich kann dir nur recht geben. Ich durfte Misteur Valaire zum zweiten Mal erleben und bin heilfroh diese Band zu kennen.

LG

Wieland //Canned Applause

 

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