Samstag, 3. November 2012

Grizzly Bear, Köln, 02.11.2012



Konzert: Grizzly Bear
Ort: Essigfabrik, Köln
Datum: 02.12.2012
Zuschauer: viel zu voll - aber nicht ausverkauft
Dauer: Grizzly Bear knapp 105 min, Villagers fast 40 min



Draußen vor der Tür der Essigfabrik war es noch ein Witz. "Kirmes oder Grizzly Bear?" Natürlich wäre ich nie auf die Idee gekommen, den Konzertabend gegen Riesenrad, Autoscooter und "junger Mann zum Mitreisen gesucht"-Schilder einzutauschen. Auch wenn der Rummel am Deutzer Ufer mit Blick auf den Dom sicher einer der besseren ist, wollte ich die amerikanischen Folkrocker sehen. Zwei Minuten später auf der anderen Seite der Tür hielt ich die Kirmes-Idee nicht mehr für abwegig. Wir waren um fünf nach acht in der Halle - die Villagers spielten gerade ihr zweites Lied - und kamen schon nicht mehr über die letzte Reihe hinaus. Die seelenlose Halle war bis zum Anschlag vollgestopft, und es strömte in den kommenden vierzig Minuten ordentlich weiter. Als ich im August mit 80.000 anderen sehr weit vorne Blur im Hyde Park erlebt habe, wurde ich seltener angerempelt, rumgeschubst und auf die Füsse getreten als heute.

Der Saal der Essigfabrik gleicht dem der Live Music Hall. Rechts und links befinden sich langgestreckte Bars, dazwischen die Mischpulte. Allerdings ist die Fläche des Raums anders. Die Essigfabrik ist breiter aber kürzer als die Live Music Hall, der Platz, den die Mischpulte einnehmen enorm groß, der Merchbereich auf der gegenüberliegenden Seite der Bühne.


Als wir in den vollen Saal kamen, war die einzig mögliche Entscheidung, nach rechts oder links zu gehen. Wegen der mit Gittern abgesperrten Mischpulte war der Weg durch die Mitte versperrt. Wir stellten uns an den linken Rand und hofften, dort noch etwas näher nach vorne zu kommen, was sich schnell als naiv herausstellte. Wir kamen bis zum hinteren Ende der Bar und fanden einen kleinen Platz. Dummerweise war dieser Platz dann auch die einzige Möglichkeit für andere Wanderer, nach vorne zu kommen. Das es unglaublich eng war, bedeutete jeder Toilettengang von Leuten vorne, jedes gekaufte Bier und jede neu ankommende S-Bahn eine weitere Runde viel zu großer menschlicher Nähe.


Ich weiß nicht, wie viele lecker nach nassem Hund riechende Daunenjacken mit Teddy-Pelz* ich im Gesicht hatte. Mein Liebling waren aber die beiden Pärchen an der Theke, die sich zur Begrüßung umarmten, dabei aber so wenig Platz hatte, daß ich bei einer der Umarmungen noch dazwischen stand. 

Setlist Villagers, Essigfabrik, Köln:

01: Set the tigers free
02: Home
03: The bell
04: Becoming a jackal
05: Nothing arrived
06: My lighthouse
07: Passing a message
08: Earthly pleasure
09: The waves


Nach ein paar Liedern Grizzly Bear (die ich vor zwei, drei Jahren schon einmal wundervoll erlebt hatte) suchte ich mein Glück anderso (leider nicht auf der Kirmes). Langsam kannte ich die meisten Leute schon, die an und durch mich durch zur Bar oder Toilette wollten; Zeit also für einen Tapetenwechsel. Der Platz hinter dem Mischpult - hinter den Mischpulten, sehr eindrucksvoll! - erschien mir geeignet. Da erstaunlich viele Leute auch während des Konzerts raus und rein gingen, änderte sich nichts daran, daß ich, trotz der Enge enorm in Bewegung war, weil Leute durchwollten, wo keine Leute durchpassten. Dabei einer Band konzentriert zuzuhören, gelang mir nicht, machte mir auch keinen Spaß mehr, wurde aber dann spätestens durch die besonders rücksichtsvollen Menschen mit Puff Daddy T-Shirts beendet, die zu dem Schluß kamen, daß Plätze hinten perfekt für angeregte Gespräche sind.

Setlist Grizzly Bear, Essigfabrik, Köln:

01: Speak in rounds
02: Adelma
03: Sleeping Ute
04: Cheerleader
05: Lullaby
06: Yet again
07: Shift
08: Simple answer
09: Gunshy
10: Ready able
11: I live with you
12: Foreground
13: While you wait
14: What's wrong
15: Two weeks
16: Half gate
17: Sun in your eye**

Dies ist einer meiner dämlichsten Konzertberichte der letzten Jahre, aber beim besten Willen, es war nun einmal nicht anders. Immerhin hatte der Abend auch etwas Gutes: er hat mir viel Geld gespart. Ich habe nämlich alles, was ähnlich voll zu versprechen wird, gestrichen. Also kein Schwarzmarkt für Amanda Palmer und kein volles Palladium mit The xx. Vielleicht ist ja irgendwo eine Kirmes.

* passt ja
** noch nicht kontrolliert


12 Kommentare :

Marc hat gesagt…

Genauso hab ich's auch erlebt, wobei ich nach gut der Hälfte des Konzerts das Weite gesucht habe... Mir stand dann aber auch nicht mehr der Sinn nach Riesenrad.

Anonym hat gesagt…

Hatte ein sehr gutes Konzerterlebnis, wenn nicht gar das beste Konzert welches ich dieses Jahr besucht habe. Hatte auch eine tolle Sicht, was vielleicht daran lag, dass ich bereits um 19:30 Uhr da war. Daumen hoch für den gestrigen Abend.

Christina hat gesagt…

Na Gott sei dank habe ich ein dauerunzufriedenes Baby, was mir den Besuch solcher Konzerte erspart :)

Rob hat gesagt…

Auch wenn wir recht spät kamen, haben wir vorne links dann doch einen guten Platz gehabt und das wirklich sehr sehr gute Konzert in vollen Zügen genießen können. Schade, dass es anderswo so unschön war.

Anonym hat gesagt…

Immer wieder bin ich erstaunt, wie beiläufig viele Menschen bei einem Konzert den Künstlern auf der Bühne überhaupt Beachtung schenken.

Bierholen und quatschen scheint wichtiger zu sein, und diese Leute sammeln sich eher hinten als vorn. Wenn ich weiß, dass ein Konzert voll wird, bin ich deswegen inzwischen immer rechtzeitig da. Vorne war die Stimmung gut, die Leute nett und haben zugehört. Nur der Sound ist hinten natürlich besser gewesen (hab ich bei den Zugaben getestet).

Christoph hat gesagt…

Christina: habe oft während des Konzerts an Dich gedacht - wie sehr das auch etwas für Dich gewesen wäre.

Christoph hat gesagt…

Anonym: ich versuche auch, dann früh da zu sein und vorne zu stehen. Aber vor acht Uhr an einem Werktag ist leider nicht immer machbar, wenn man nicht aus Köln kommt. Diese Unsitte an Wochenenden früher anzufangen als unter der Woche, ist sehr dämlich.

Die Leute, die zu Konzerten gehen (und dafür bezahlen), denen die Musik aber so egal ist, daß sie sich laut lachend unterhalten, werde ich nie versetehen. Warum gehen die nicht ins Stadion, wenn es eh nicht um die Musik geht.

Anonym hat gesagt…

Vielleicht sollte man sich nicht anstellen wie die Prinzessin auf der Erbse und sich einfach vorarbeiten. Wir standen vielleicht drei Meter von der Bühne entfernt und es war noch sehr viel Platz überall. Vor allem an den Seiten. Und wir waren auch erst kurz vor 20 Uhr da.
Absolut fantastisches Konzert. Guter Sound, tolle Setlist, besonders Ed Droste schien wirklich gut gelaunt zu sein, Vorband war auch in Ordnung. Was will man mehr?

Anonym hat gesagt…

mmm, wir kamen um viertel nach sieben, standen in der dritten reihe, und konnten das konzert in vollen zügen geniessen.
auffällig fand ich gerade eben, dass dort vorne überhaupt nicht gerempelt oder gedrückt wurde - ganz anders, als ich das schon bei anderen konzerten erlebt habe. ich fand die stimmung sehr entspannt und positiv.
hab mich vor allem über die akustische zugabe gefreut, das hatte ich mir gar nicht mehr erhofft.

Anonym hat gesagt…

das ist tatsächlich der dämlichste konzertbericht, den ich je gelesen hab. als ob der saal überfüllt gewesen wäre - so ist das nun mal, wenn ne gute (in diesem fall sogar überragend gute!) band spielt. am besten sucht man sich dann fürs nächste mal einen interpreten, der säuberlich getrennte sitzplätze anbietet :-p und wer sich dermaßen auf seine neben-, vor- und hinterleute samt deren bekleidung etc. einschießt, der kann eh nix von der band selbst mitbekommen... so, genug zurückgemeckert. schönen sonntag noch!

Frank hat gesagt…

Das ist nun wirklich der dämlichste Kommentar, den ich je gelesen habe.

pinkertoy hat gesagt…

It's interesting how two people could have really contrasting experiences in one event. I have no complaints about the concert (except for my height, I'm really short!) luckily I found an 'okay' spot in the front rows, the vibes were really good right there, though the sound might be better from the back.
Too bad that you had to go through such experience. For me it is one of those gigs where the euphoria stays for a for a week (or more!) after. Keep sharing! Cheers.
(sorry for writing in english, my deutsch sucks)

 

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